A Girl, 3 Guys and a Gun
A Girl, 3 Guys and a Gun
Originaltitel: A Girl, 3 Guys and a Gun
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2001
Regie: Brent Florence
Darsteller: Robin Clark, Tracy Zahoryin, Brent Florence, Josh Holland, Christian Leffler, John Lexing, Natasha Henstridge, ...
Einer der Gründe, warum ich die weite Welt des Independent-Films so schätze, ist dass sich in dieser nahezu unüberschaubaren Masse an unabhängig sowie (meist) kostengünstig realisierten Produktionen immer wieder cineastische Schmuckstücke finden lassen, welche es noch aktiv zu entdecken gilt, da sie einem nicht mit Hilfe zugkräftiger Namen und/oder offensiver Werbestrategien mitten ins Blickfeld gedrängt werden – von bestimmten Ausnahmen (wie spezielle Internetkampagnen oder bekannte Involvierte) mal abgesehen. „A Girl, 3 Guys and a Gun“ ist solch eine kleine Perle, auf die ich nur dank dem Erscheinen einer gewissen Natasha Henstridge („Species“) auf der Besetzungsliste aufmerksam geworden bin – man muss dazu allerdings sagen, dass sie hier (aus irgendwelchen (mir unbekannten) Gründen) nur einen rund 20-sekündigen Kurzauftritt besitzt, welcher zudem vollkommen unauffällig daherkommt (sie telefoniert im Garten neben dem Pool). Zum Erwecken meiner Neugier sowie für einen „Special Thanks“-Eintrag in den Credits reichte es jedoch aus – und das ist gut so, denn ansonsten hätte ich mir die DVD sicher nicht zugelegt, auf deren Cover ihr Name übrigens nirgends auftaucht, also nicht irgendwie verkaufsfördernd verwendet wird…
Eine typische ländliche Kleinstadt irgendwo in den USA: Da die Umgebung nicht gerade reichhaltige Zukunftsaussichten zu bieten hat, leben die drei Freunde Frank, Joey und Neil größtenteils einfach nur in den Tag hinein. Letzterer (Christian Leffler) leidet darunter, dass sein krimineller Vater die Familie im Stich gelassen hat, Joey (Kenny Luper) gibt sich schon mit kleinen Dingen zufrieden und schwärmt von seiner Nachbarin (Henstridge), die sich täglich um fünf Uhr nach der Arbeit im Garten entspannt, Frank (Brent Florence) kommt einfach nicht darüber hinweg, dass seine Freundin Alyssa (Tava Smiley) mit ihm Schluss gemacht hat – schlimmer noch: Während er sie durch das ständige Hinterlassen von Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter zurück zu gewinnen versucht, amüsiert sie sich inzwischen mit Trevor (Michael Trucco), ihrem neuen Lover. Eine Veränderung muss her, und so entscheidet man sich, dem Kaff zugunsten der großen Stadt ein für alle Mal den Rücken zu kehren – fehlt nur noch das nötige Startkapital, für welches das örtliche Senioren Bingo Turnier herhalten soll. Schnell ist der Plan ausgearbeitet, genauso zügig der Überfall auch begangen, doch die erbeutete Summe von 512 Dollar deckt sich leider nicht ganz mit der erwarteten Größenordnung. Egal, denkt sich das Trio nach der Bestandsaufnahme, besser als gar nichts, weshalb sie trotzdem an ihrem Ziel eines Neuanfangs woanders festhalten und sich optimistisch auf den Weg begeben.
Zeitgleich fährt das Pärchen Dave (Josh Holland) und Hope (Tracy Zahoryin) raus an einen abgelegenen See, wo er seiner Freundin mit Worten sowie einem Ring erneut das Gefühl zurückgeben möchte, dass ihre Beziehung selbst auf längere Sicht noch eine Chance hat. Es ist nämlich so, dass Hope stark unter der Tatsache leidet, sich mit ihrer Mutter zerstritten zu haben, als jene Dave an ihrer Seite nicht akzeptierte – seither zweifelt sie an der Richtigkeit ihrer Entscheidung, zumal sich nicht alles so harmonisch wie vorgestellt weiterentwickelt hatte. Als ihre Reaktion auf seine Bemühungen dann allerdings weniger enthusiastisch wie (aus seiner Sicht) erwartet ausfällt, rutscht ihm (erneut mal?) die Hand aus, was die Atmosphäre natürlich, trotz seiner Beteuerungen, es täte ihm leid (etc), nahezu vollends vergiftet – wobei Hope eher eine Person ist, die alles in sich hineinfrisst und so zu verarbeiten versucht, ohne jedoch „schwach“ zu wirken.
Derweil hat ganz in der Nähe das betagte „Fluchtfahrzeug“ der drei Freunde endgültig seinen Geist aufgegeben, weshalb sich jene kurzerhand dazu entschließen, mit gezückten Waffen (Revolver und Luftgewehr) den Wagen des Pärchens zu übernehmen/stehlen, doch aufgrund einer Reihe von Umständen enden die beiden als Geiseln, während zwei bestenfalls mäßig clevere Provinz-Cops, die ihre große Chance wittern, da der Sheriff gerade nicht in der Gegend ist, längst die direkte Verfolgung aufgenommen haben. Die gemeinsame Zeit der fünf Personen lässt schnell ihre jeweiligen charakterlichen Eigenschaften hervortreten, wobei man sich vor allem Hope zuwendet, da ihr selbst in dieser Situation eine gewisse Distanz zu Dave deutlich anzumerken ist, der sich zwar um sie kümmert, ihre Gedanken und Empfindungen aber schlichtweg nicht nachvollziehen oder verstehen kann. Vor allem Frank setzt es sich in den Kopf, ihr zu helfen und somit einen frischen Neustart zu ermöglichen, denn erst angesichts ihrer Situation beginnt er, eigene Entscheidungen zu überdenken. Auch Neil und Joey sehen sich mit ihrem persönlichen Frust konfrontiert, welchen sie teilweise auf Dave projizieren. Auf einer abgelegenen Farm lassen sich bestimmte Entscheidungen aller Beteiligten schließlich nicht weiter ignorieren oder aufschieben…
Ursprünglich unter dem Titel „Solid Ones“ umgesetzt, geriet der Film irgendwann ins Blickfeld von Branchen-Legende Roger Corman, welcher daraufhin den Vertrieb übernahm und das Werk zu „A Girl, 3 Guys and a Gun“ umbenannte – unabhängig des kommerzielleren Klangs hat mich dabei aber vor allem die Tatsache verwundert, dass im Verlauf eigentlich vier Typen zentrale Rollen bekleiden (merkwürdiger noch: „Joey“/Kenny Luper, immerhin einer der drei Kumpel, ist nicht einmal auf dem Cover abgebildet). Was soll´s, denn schließlich geht es nicht um die Verpackung, sondern den Inhalt, und jener überzeugt primär aufgrund einer Allzweckwaffe, welche (nicht nur) im „Indie“-Bereich schon manch eine (z.B. finanzielle) Limitierung erfolgreich wettzumachen vermochte: Sympathische Charaktere, zu denen der Zuschauer problemlos eine Verbindung aufzubauen vermag, also entweder ihre Handlungen/Empfindungen gut nachvollziehen oder sich gar mit ihnen identifizieren kann. Hier gelingt das in Form von leicht skurrilen Persönlichkeiten, welche sich mit „normalen“ Problemen des Erwachsenwerdens (Langeweile, Perspektivlosigkeit, Liebeskummer, Drang nach Anerkennung usw) auseinandersetzen müssen sowie im Verlauf auch (wie es nunmal im Leben üblich ist) gelegentlich falsche Entscheidung treffen. Die gekonnte Art, wie die Figuren eingeführt und bis zum Schluss konstant weiter ausgebaut werden, lässt den Zuschauer ihre Absichten und Taten verstehen, selbst wenn sie teilweise Verhaltensweisen an den Tag legen, die man so nicht gutheißen kann. Zusätzlich werden immer wieder Szenen eingewoben, welche sich (sowohl positiv als auch negativ) entgegen des entstandenen Bildes ausrichten: Beispielsweise scheint Dave ernsthaft um Hope zu kämpfen, und dann schlägt er sie plötzlich in einem emotionalen Augenblick, Neil trägt (wider der Absprache) eine scharfe Waffe bei sich, Alyssa reagiert gegen Ende ungewöhnlich auf eine offene Beichte von Frank (etc). Insgesamt wirken alle durch ihre speziellen Eigenarten lebendig und verkommen so nie zu Stereotypen oder gar Karikaturen, was allerdings nicht ganz für die beiden zuständigen Polizisten gilt, welche in dieser Hinsicht (tendenziell negative) Ausnahmen bilden – und trotzdem wird selbst das von netten Einfällen des Skripts zumindest teilweise kaschiert, wie etwa Sgt.Hellmans (Robin Clark) Hoffnung, mit einem Erfolg bei den Ermittlungen endlich aus dem Schatten des Sheriffs heraustreten zu können, wobei er jedoch strikt die Zusammenarbeit mit einer älteren Dame verweigert, obwohl diese aller Wahrscheinlichkeit nach eine wichtige Zeugin des Überfalls ist, da jene ihm (als Lehrerin) früher seine Zeit in der 6.Klasse zur Hölle gemacht hat.
Wie bei vielen Werken der Independent-Sparte, sieht man dem fertigen Produkt deutlich an, dass viel Herzblut in das Projekt geflossen ist – in diesem Fall hauptsächlich das von Brent Florence („Cerberus“), der nicht nur die Hauptrolle und Regie übernahm, sondern sich zudem fürs Drehbuch und Editing verantwortlich zeichnet, wobei er in allen Bereichen sogar debütierte, was die vollbrachte Leistung umso beachtlicher erscheinen lässt. Es gelingt ihm, komödiantische Elemente gekonnt mit ernsthaften Thematiken sowie Motiven eines „Coming of Age“-Dramas zu verbinden. Auf den ersten Blick tendiert die Ausrichtung zwar eher in Richtung des „Spaß“-Faktors, doch bei näherer Betrachtung erhält man eine ganze Menge Ansätze, über die man durchaus gehaltvoll nachdenken kann. Die Besetzung besteht, mit Ausnahme von Frau Henstridge und „Altstar“ June Allyson („Little Women“, 1949), aus unbekannten, unverbrauchten Gesichtern, welche allesamt spielfreudig sowie darüber hinaus optisch ansprechend auftreten (nur Joey fällt mit seinen längeren Haaren und der uncoolen Kleidung leicht aus dem Rahmen, was vielleicht erklärt, warum er es nicht aufs Cover geschafft hat). Frank muss bestimmte Dinge in seinem chaotischen Leben auf die Reihe bringen, Joey (Kenny Luper: „Walkabout“) freut sich selbst über die geringe erbeutete Summe, da er sich so endlich mal ne neue Jeans kaufen kann, Dave (Josh Holland: „Horror 101“) vermag es nicht, genügend auf seine Freundin einzugehen, Neil (Christian Leffler: „Madhouse“) will nicht als Versager wie sein Vater enden, Alyssa (Tava Smiley: TV´s“General Hospital“) und Trevor (Michael Trucco: „Wishmaster 4“) tauchen eher am Rande auf, dienen aber indirekt als Auslöser der Geschehnisse – allesamt portraitieren die Schauspieler ihre Figuren gut bzw agieren überzeugend. Und dann wäre da noch Tracy Zahoryin („Gun Shy“), die durch ihren Auftritt in einer von Michael Bay inszenierten Jeans-Werbung („Elevator“) bekannt wurde und mich hier (in Sachen Ausstrahlung, Können sowie Schönheit) immerzu an die großartige Sarah Polley erinnerte. Ihre feinfühlige Vorstellung bleibt im Gedächtnis, weshalb ich mich ernsthaft frage, warum sie seit 2001 in keinem Film mehr zu sehen war. Tracy meistert den schwierigen Part, der (je nach Situation) eine genaue Balance zwischen Stärke und Verletzlichkeit erfordert, bravourös, was den Gesamteindruck spürbar bereichert.
„It is good to know what we want…but it is better to realize how much we have“ – diese Kernaussage, festgehalten als Zitat in einem Buch, das Hopes Mutter für sie geschrieben hat, lässt sich auf nahezu alle Figuren übertragen. Brent Florence gelang es, jene skurril und witzig, dabei aber weder dumm, albern noch nervig zu konzipieren, unterlegte alles mit einem unaufdringlichen, sorgsam ausgewählten Soundtrack und konzentrierte sich voll auf seine Story und Charaktere. Das minimale Budget ist zwar nicht zu übersehen, doch die optische Nachbearbeitung wertet das auf „Hi-Def“-Video gedrehte Material ansehnlich auf, wodurch zu keiner Zeit dieser gewisse „billige“ Touch entsteht. Zugegeben, der Plot (Amateur-Kriminelle lernen in den Nachwirkungen ihrer Tat wichtige Lektionen über sich selbst) ist kaum reichhaltig und die kurzen „Flash“-Rückblenden (in Schwarzweiß gehalten) sind letztendlich überflüssig, der Rest bietet allerdings gute, kurzweilige Unterhaltung mit einigen tiefergehenden Momenten, eingebettet in einer humorvollen Geschichte, unter deren Oberfläche ein Herz schlägt, zu dem vor allem Hope (im doppelten Sinne) ein Fenster darstellt.
Fazit: „A Girl, 3 Guys and a Gun“ ist eine kleine, sympathische Kombination aus Drama und Komödie – leichtfüßig mit einer Reihe skurriler Elemente inszeniert, jedoch inklusive eines starken emotionalen Kerns, der den Zuschauer mit einem positiven Gefühl in den Abspann entlässt … nach oben hin tendierende
In Deutschland ist der Film bislang noch nicht auf DVD erschienen. In Holland gibt es eine sehr einfach ausgestattete RC2 - ansonsten sollte man besser zur RC1 greifen.
- MysteryBobisCREEPY
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