
Originaltitel: Adam Resurrected
Herstellungsland: Deutschland, Israel, USA
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Paul Schrader
Darsteller: Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Derek Jacobi u.A.


Adam Stein ist ein Lebemann. Immer dran an den Frauen, genug Geld bis zum Rest seines Lebens und dazu noch ein großartiger Entertainer. Der Film beginnt, als er wieder zurück in die Wüste gebracht wird, zu einem Sanatorium für Überlebende des Holocaust, denn Adam ist ein wenig verrückt, wie eigentlich alle hier Anwesenden, Ärzte und Personal nicht unbedingt ausgenommen.
Die Überlebenden haben alle ihre Methoden gefunden am Leben zu bleiben, eigene Tricks aus dem Hut gezaubert, um sich selber und ihr Leben wieder ertragen zu können, Schuldgefühle, Tränenausbrüche und ausgelassene Stimmung bestimmen das Tagesgeschehen. Adam gibt sich unnahbar, hat ein masochistisches Verhältnis zu einer (heißen) Krankenschwester und fällt immer wieder in Nahtodzustände, ausgelöst durch sein psychisches Trauma, dass sich nun auch physisch manifestiert.
Im KZ musste er als persönlicher Alleinunterhalter, ja als "Haustier" von Lagerkommandant Klein (Willem Defoe) leben und ansonsten Violine spielen, während die Anderen in die Verbrennungsöfen getrieben werden. Als wäre das nicht schlimm genug, wird Steins Geschichte nachher publik gemacht und so zieht er sich auch den Hass vieler Mitmenschen zu, der aber nicht ansatzweise so stark ist wie der Hass, den Adam gegen sich selbst verspührt.


Bis das Sanatorium zuwachs bekommt. Ein Junge, der die letzten paar Jahre von einem Verwandten wie ein Hund gehalten wurde, wird eingeliefert. Man hofft, dass die für die Holocaust-Überlebenden gedachten Behandlungsmethoden dem Kleinen auch helfen könnten. Adam wird neugierig, erkennt er sich doch selbst in dem Jungen wieder und versucht nun von sich herraus, den "Hundejungen" zu therapieren, um so vielleicht auch für sich eine Möglichkeit des Weiterlebens zu finden...


Wow. Einfach nur "WOW!" Was Paul Schrader hier abgeliefert hat zieht einem einfach vor lauter Intensität die Schuhe aus. Präzise auf den Punkt wird jede Szene inszeniert, dauert genau so lang wie sie dauern muss und viele besitzen so viele Denkanstöße, dass man fast schon versucht ist mitzuschreiben. Wäre da nicht die unglaublich intensive Atmosphäre des Films, der sofort in seinen Bann zieht.
Mit eleganter Kameraführung und feinen, musikalischen Akzenten übergibt Schrader die Bühne ganz Jeff Goldblum, der hier eine schauspielerische Meisterleistung abliefert. Sein Adam Stein ist genauso Arschloch wie Sympathieträger, Spaßmacher als auch Leidender und meistens alles gleichzeitig. Die verschiedenen, oftmals ziemlich gegensätzlichen Seiten des Charakters werden wunderbar auf den Punkt gebracht und Goldblum zieht eine One-Man-Show ab, die völlig zu unrecht nicht einmal mit einem Oscar nominiert wurde.


Dazu gesellt sich Willem Defoe als mindestens genauso interessanter Charakter Kommandant Stein, den wir Zuschauer interessanterweise zuerst als 08/15-Besucher von Adams pausenlos ausverkauftem Cabaret-Zirkus erblicken. Auch hier wieder: Wunderbar gegensätzliche Charaktermomente, die aber in sich stimmig sind und eine Figur erschaffen, die so furchtbar menschenverachtend handelt, dass man es kaum fassen kann. Und das alles ohne irgend eine Art von plakativer Darstellung. Der Hammer!


Eigentlich reihen sich auch ansonsten alle Darsteller auf diesem verdammt hohen Niveau ein, Ausfälle gibt es nicht zu vermelden. Zu viel möchte ich ansonsten nun aber auch nicht über den Film verraten, denn gerade manch packende Szene im Vorfeld zu beschreiben, würde vielleicht ihre Wirkung etwas herabsetzen, auch wenn ich mir das kaum vorstellen kann.
Gerade beim Durchzappen der DVD zur Bildererstellung hat mich das Teil schon wieder gepackt wie wenig Filme zuvor und ich habe Lust, mir wieder die ganze Packung zu geben, weiß aber auch noch, wie fertig ich nach "Adam Hundesohn" war und dass ich danach erstmal ne Rauch-Pause brauchte. Das bezieht sich weniger auf manche Downer oder sonstiges, sondern viel mehr auf die absolut packende Stimmung, die von der ersten Szene an ans Geschehen fesselt und mich erst beim Abspann wieder losgelassen hat.


Ganz abgesehen von der Tatsache, dass "Adam Hundesohn" zwischendurch auch schonmal sehr humorvolle Szenen parat hält, die zwischen "ironischem Humor" und "so zynisch, da bleibt der Löffel drin stecken"-Schwanken, das Geschehen noch weiter beleben, aber auch niemals der Atmosphäre hinderlich sind. Im Gegenteil, Adams offen nach außen getragener Zynismus ist zu großen Teilen ständig präsent und sorgt so für eine schier unendliche Menge an kleinen, kruden Momenten oder trockenen Einzeilern. Auch sind die anderen Überlebenden meist ebenfalls mit einem ziemlich krassen, eben typisch jüdischem Sinn für Humor ausgestattet.
Weshalb es vom Humor her wohl so etwas wie die Anti-These zu "Das Leben ist schön" ist, der ja trotz der Thematik ziemlich froh-humorig rüberkam, hier regiert eben zu großen Teilen der bittere Zynismus der Überlebenden, die sich ständig fragen warum ausgerechnet sie denn noch am Leben sind.
Kuriose Zwischenmeldung kurz vor Schluss: Veronica Ferres und Moritz Bleibtreu springen auch durch den Film, während Erstere nicht weiter auffällt muss ich sagen, dass ich sowohl nie erwartet hätte, Bleibtreu und Goldblum in einer Szene zu sehen (keine Ahnung wieso), als auch Bleibtreus Charakter als einzige Figur im Kopf habe, die nicht so gut rüberkam wie der Rest. Ob das jetzt am Darsteller oder doch eher an den etwas forcierten Szenen mit ihm liegt, ich weiß es nicht. Aber das wäre dann auch das Einzige, was ich ansatzweise negatives zu diesem Film schreiben kann.

Fazit: "Ein Leben für ein Leben" ist ein absolutes Meisterwerk: Intesiv, spannend und voller interessanter Charaktere, die grandios gespielt sind. Beide Daumen und große Zehen nach oben!

(Und auch nur deshalb, weil mir im Nachhinein der Bleibtreu nicht so gut gefallen hat wie der Rest, aber vielleicht ändert sich das ja bei der Zweitsichtung und die Wertung wandert auf die vollen 10 Punkte.)
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