City Under Siege

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
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kami
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City Under Siege

Beitrag von kami » 22.03.2011, 10:52

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Originaltitel: City Under Siege/ Chun sing gai bei
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 2010
Regie: Benny Chan
Darsteller: Aaron Kwok, Shu Qi, Collin Chou, Wu Jing, Zhang Jingchu, Yuen Wah

Betrachtet man den Zustand des heutigen HK-Kinos, kommt man nicht umhin, festzustellen, dass der Anteil an Regisseuren, die sich noch in besseren Zeiten ihre ersten Sporen verdienten, mittlerweile ziemlich klein geworden ist. Ein Mann wie Benny Chan, der 1990 mit A MOMENT OF ROMANCE sein fulminantes Debüt hinlegte, erscheint da schon fast als Veteran und gilt spätestens seit seinem 1996er Copactioner THE BIG BULLET auch als Autorität auf dem Gebiet des Actionkinos. Und in der Tat, Chan versteht es, Action zu inszenieren, Choreografie, Kamera, Montage und Musik zur Maximierung der Dynamik zusammenzuführen, Druck zu machen. Auch das Inszenieren von Spannungsmomenten geht Chan locker von der Hand. Vorsicht ist aber geboten, wenn er menschliches Drama auf die Leinwand bringt, da kennt der Regisseur weder Feingefühl noch beweist er sich als geschickter Manipulator. In Chans Filmen wird regelmäßig und ausufernd geweint und gezetert, gehofft und gebetet, und kein filmischer Trick, kein gnädiges Abblenden schützt das Publikum vor dem gleichermaßen peinlichen wie nervtötenden Pathosporno der ungeschickt erzählten Sorte. Höhepunkte dieser inszenatorischen Grobschlächtigkeit sind unter anderem das Post-Showdown-Finale in HEROIC DUO, aber auch Jackie Chans tränennasse Trauerszene in NEW POLICE STORY erweist sich als wahre Belastungsprobe für etwas sensiblere Naturen.
Kombiniert man diese Vorliebe für ungefesseltes Gefühltsoveracting mit einer hanebüchernen Story, dann erhält man ein filmisches Desaster wie CITY UNDER SIEGE, einem raren Superheldenfilm aus Hongkong.
In diesem mimt Aaron Kwok den geistig zurückgeblieben wirkenden Zirkusakrobaten Sunny, dessen Kollegen bei einer Auslandstour einen von den Japanern im Zweiten Weltkrieg vergrabenen Schatz heben wollen. Als Sunny sie bei dem Bergungsversuch überrascht, wird er von der verbrecherischen Kollegenschar gezwungen, eine gefundene Box zu öffnen. Diese erweist sich als eine Art Box der Pandora, ein experimenteller Virus entweicht, der die Versammelten kontaminiert. Auf dem Rückweg nach Hongkong wird der arme Sunny auch noch vom Schiff geworfen und treibt im Meer so vor sich hin. Wieder an Land ist Sunny schwammartig mit Wasser vollgesogen, welches aber mit der Zeit wieder aus ihm raustropft. Im Gegenzug bemerkt der arme Tropf aber Superkräfte in sich, die ihn nach kurzem schon in die Lage versetzen, das Verbrechen in Hongkong zu bekämpfen. Allerdings verfügen auch seine ehemaligen Kollegen dank des Virus über ähnliche Kräfte und nutzen diese natürlich weniger altruistisch. Nun ist es an Sunny, sich ihnen in den Weg zu stellen.
Zugegeben, die Story liest sich weder originell noch sonderlich vielversprechend, hätte aber gerade bei einem versierten Actionregisseur wie Benny Chan ein unterhaltsames Nonstop-Spektakel werden können. Chan jedoch entschied sich für einen anderen Weg und beschloss, sein fehlendes Talent für für das Inszenieren von „human drama“ an der behämmerten Geschichte auszuprobieren und scheitert damit völlig. Das beginnt vom Start weg, wenn der Aaron Kwok-Charakter eingeführt wird, der wie eine nervtötende Karikatur seiner naiven Figuren aus BAREFOOTED KID und 2000 A.D. wirkt und vom Schauspieler mit einem beeindruckenden Mangel an Subtilität und Feingefühl wild overactend verkörpert wird. Sämtliche wichtigen Charaktere im Film sind ähnlich überzeichnet und wirken entsprechend grotesk. Das wär nicht weiter schlimm, wenn nicht Benny Chan beschlossen hätte, dass ihr Schicksal Stoff für großes Drama wäre und den Figuren deswegen viel zu viel Platz für nicht enden wollende Gefühlsausbrüche einräumt. Flashbacks, Selbstzweifel, Flashbacks, Weinen, Flashbacks, Unfähigkeit, der Liebe Ausdruck zu verleihen und, man ahnt es, Flashbacks, mit diesem Programm wird der deutlich zu große Raum zwischen den Actionszenen zugekleistert, was weder die Charaktere interessant noch die Story spannend macht. Vielmehr stellen sie ein großes Ärgernis dar, welches den Unterhaltungswert des Filmes ordentlich nach unten drückt. Die gelegentlichen Actionszenen kommen gegen das verkorkste Fundament des Filmes leider schon rein quantitativ nicht an, gehören mit ihren stark drahtlastigen Fights, gelegentlichem blutarmen Geballer und der einen oder anderen netten Explosion aber auch nicht unbedingt zu den Highlights des Genres. Das ist insofern tröstlich, da auch sensationelle Kämpfe den Film nicht aus dem Sumpf der Langeweile hätten ziehen können, so kann man sich zumindst nicht über ihre Verschwendung beklagen.
Darstellerisch sollte man hier seine Ansprüche sinnvollerweise tieferlegen, vom grimassierenden Hauptdarstellerin über eine blasse Shu Qi bis hin zum immerhin routiniert spielenden Collin Chou gibt es wenig explizit Positives zu vermelden. Auch Wu Jing ist eher dabei als wirklich involviert, seine Filmpartnerin Zhang Jingchu (PROTEGÉ, RUSH HOUR 3) ist wieder ein echter Augenschmeichler, hat in anderen Filmen aber auch schon engagierter gewirkt.
Was bleibt sind mittelmäßige CGI, schlechte Make-up-FX, ein durchschnittler Score und, alles in allem, ein ordentlich unterdurchschnittliches Gesamtwerk, welches eine fette Enttäuschung im Schaffen des Regisseurs darstellt, der langsam beginnen sollte, seine inszenatorischen Schwächen zu erkennen und zu beheben, zumindest aber zu kaschieren und nicht exhibitionistisch zur Schau zu stellen.
:liquid3:
Erhältlich ist CITY UNDER SIEGE bisher nur in HK, wahlweise als technisch sehr gute DVD oder als Blu-ray. Da der Film in den Kinos floppte, ist das Bonusmaterial deutlich spartanischer als be Benny Chan-Filmen üblich.
Eine dt.Veröffentlichung ist für Mai angekündigt und soll eine 3D-Fassung enthalten, die dann offenbar von Ascot-Elite selbst erstellt wird. Yeah!!!

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Beitrag von freeman » 23.03.2011, 08:01

Uff, der deutsche Verleih erstellt selbst eine 3D Fassung? Da scheint jemand zuviel Geld zu haben ... wobei ja sogar Marketing beim Running Man diesen zweifelhaften Weg ging ... Dennoch sehr erstaunlich.

Erstaunlich irgendwie auch, dass der so verlässliche Benny Chan hier so ins Klo gegriffen zu haben scheint. Muss ich bald mal überprüfen ... allerdings in 2D :lol:

In diesem Sinne:
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Beitrag von kami » 23.03.2011, 08:14

freeman hat geschrieben:Uff, der deutsche Verleih erstellt selbst eine 3D Fassung? Da scheint jemand zuviel Geld zu haben ... wobei ja sogar Marketing beim Running Man diesen zweifelhaften Weg ging ... Dennoch sehr erstaunlich.

Erstaunlich irgendwie auch, dass der so verlässliche Benny Chan hier so ins Klo gegriffen zu haben scheint.
Yup! Allerdings ist sein neuester Film, SHAOLIN, leider auch nicht so richtig toll, wenn auch um einiges besser als diese Gurke.

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Beitrag von freeman » 11.05.2011, 08:05

City Under Siege
Die erste Benny Chan Krampe. Und was für eine! Mag der Einstieg noch klar gehen, bekommt der Regisseur seinen Streifen fortan nicht mehr unter Kontrolle, der ihm zur bunten, overacteten und witzlosen Actiontravestie verkommt, die in peinlichem Asiahumor ersäuft und nicht einmal in den sonst so packenden Actionszenen des Chinesen kickt! Nicht einmal Kampfsportfloh Wu Jing hat eine einzige brauchbare Actionszene spendiert bekommen und der Showdown ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Genau wie die urplötzlich auftauchenden melodramatischen Momente. Vollgurke, die keinerlei Insignien des Actionzampanos Benny Chan erkennen lässt, selbst die Optik ist langweilig bis zum Anschlag ...
:liquid2:

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