
Originaltitel: Junior
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1994
Regie: Ivan Reitman
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Danny DeVito, Emma Thompson, Frank Langella, Pamela Reed, Aida Turturro u.a.
Was haben “Romeo Must Die”, “Born 2 Die” und “Exit Wounds” gemeinsam? Es sind inhaltlich nicht miteinander zusammenhängende Filme aus einem gemeinsamen Pool. Es gibt Übereinstimmungen bei Regisseur, Darstellern, Drehbuch, Genre, Look, Score und Anspruch, eigentlich bei so ziemlich jedem Kriterium. Am Ende kommt dabei eine Art eigenes kleines Universum heraus.
Was haben “Voll auf die Nüsse”, “Die Hochzeits-Crasher”, “Starsky & Hutch”, “Zoolander” und noch ein paar andere gemeinsam?
Dasselbe: ein Pool, dessen Grundgerüst speziell die Darsteller Ben Stiller, Owen Wilson und Vince Vaughn bilden.
Es gibt noch einige dieser Pools aus der älteren und jungen Filmgeschichte. Einen davon bilden auch die Komödienausflüge des Arnold Schwarzenegger.
Im Kern sind dazu die Filme “Twins - Zwillinge”, “Kindergarten Cop”, “Junior” und “Versprochen ist versprochen” zu zählen; peripher, weil zum Teil mit handfester Action vermischt, auch noch “Last Action Hero” und “True Lies”.
Auch in diesen Filmen wiederholten sich seit “Twins” (1988), dem ersten seiner Art, sämtliche Einzelkriterien: Der zwergengleiche Danny De Vito erwies sich beispielsweise als ausgezeichneter Buddy-Partner an der Seite des muskulösen Hünen, Ivan Reitman als optimaler Inszenator der Schwarzenegger-Comedy.
Aber nur eines war wirklich allen Komödien gemein, die Schwarzenegger zum Hauptdarsteller hatten: das Ziel, seine glorreiche Vergangenheit als Action-Legende zu persiflieren.
Anders ist auch nicht die Grundidee von “Junior” zu erklären. Nachdem in “Twins” die Differenz zwischen der äußeren Erscheinung und dem inneren Gefühlsleben thematisiert und in “Kindergarten Cop” die Unschuld der Kinder als Gegengewicht zum Verbrechen in der Welt aufbereitet wurde, besann man sich nun wieder auf das offensichtlichste aller persiflierbaren Elemente: die maskuline Ausstrahlung des Mannes, der einst als Killermaschine aus der Zukunft kam, der einen außerirdischen Jäger zur Strecke gebracht hat, der sich als martialischer Bastard in den Zeiten des Barbarismus einen gefürchteten Namen machte und sich in der Zukunft gegen ein ganzes System von menschenverachtenden Medien auflehnte.
Arnold Schwarzenegger,
formerly known as
Terminator
Major Dutch
Conan
Running Man
is
pregnant!
Hört sich eigentlich alles ganz amüsant an und ist es in der ersten Hälfte auch durchaus. Über den Sinn dieser erneuten Persiflage kann man streiten, da spätestens mit “Kindergarten Cop” schon alles gesagt wurde, was gesagt werden musste. Mit der richtigen inszenatorischen Herangehensweise konnte eine ordentliche Portion Selbstironie aber immer noch begeistern, zumindest, solange actionmäßig noch alles im Lot war. Nun befand sich Schwarzenegger 1994 natürlich schon im letzten Reifestadium, und irgendwo war das damals, als die ersten Kinoplakate der neuen Schwarzenegger-Komödie aufgehängt wurden, sogar spürbar, dass es von nun an abwärts gehen würde - aber im gleichen Jahr schlug die “steirische Eiche” mit dem erfrischenden Knallbonbon “True Lies” nochmal ordentlich zu am Buffet für Actionhelden. Insofern machte “Junior” durchaus noch Sinn.
Mit an Bord war wieder Danny De Vito, der durch den rein körperlichen Unterschied zum Hauptdarsteller auf der Leinwand angenehme 80er-Jahre-Assoziationen hochbringt. Außerdem brachte man aus “Kindergarten Cop” einerseits Ivan Reitman wieder zurück, der dem Ganzen wieder seinen Stempel aufdrücken würde, sowie Schauspielerin Pamela Reed, die einstmals als freßsüchtige Kollegin Schwarzeneggers ihr komödiantisches Talent aufzeigen durfte und diesmal als schwangere Ex-Frau De Vitos in die gleiche Kerbe schlägt.
Jegliche wissenschaftlichen Erklärungsansätze sollte man freilich in dieser spekulativen Handlung ebenso weglassen wie Vorgriffe auf neuere Erkenntnisse in der Biotechnologie. Dabei ist die Wissenschaft sogar der Aufhänger für den kompletten Plot, was aber glücklicherweise derart geschickt getrickst wurde, dass man nicht notwendigerweise über Sinn und Unsinn der Experimente nachdenkt, die Dr. Hesse (Schwarzenegger) und Arbogast (De Vito) hier verzapfen.
Wirklich treffsicher wird es halt immer nur dann, wenn dem Image des Österreichers ein ironisierender Zerrspiegel vorgesetzt wird. Hervorstechend ist dabei ein Dialog zwischen Schwarzenegger und De Vito, der bestimmt drei, vier Minuten andauert und durchgehend in einen Subtext bezüglich seiner Karriere gesetzt werden kann. Filminhaltlich geht es nur darum, dass Dr. Hesse aus seinem Labor verdrängt wurde und nun zurück nach Europa (Österreich?) will und den Beteuerungen des Dr. Arbogast nicht glauben will, dass er und alle Kollegen Hesse im Land halten möchten; zwischen den Zeilen ist eine Anspielung auf den ruhmreichen Verlauf der Schwarzenegger-Karriere zu hören, das Bewusstsein, inzwischen auf dem Mittelpunkt angekommen zu sein, die Selbstzweifel, das Lebenswerk noch toppen zu können und die Zusprüche von Kritikern und Publikum, einfach weiterzumachen. Ein Karriereabschnitt wird beendet, ein neuer begonnen. Wenn “Junior” irgendwo über die Selbstironie der komödiantischen Vorgänger hinausgeht, dann hier.
Ansonsten hält man sich nämlich peinlich genau an die Rezepte jener Vorgänger, was aber zweifellos zunächst noch funktioniert. Es ist ganz einfach komisch, wenn der Muskelprotz über Schmerzen an den Nippeln jammert, absurde Gefühlsschwankungen mit sich trägt, launisch wird und auch sonst sämtliche Symptome einer schwangeren Frau aufzeigt. Ganz zu schweigen von den körperlichen Veränderungen, denn der angeschwollene Bauch ist für Filmfreunde enorm gewöhnungsbedürftig an dem Körper, der einmal ein anatomisch perfektes mechanisches Endoskelett mit neuronal adaptierten Nerven, Muskeln, Blutlaufbahn und Haut dargestellt hat.
Recht schnell wird’s leider gefühlswarm und schmierig romantisch, womit dem Regisseur Ivan Reitman sowie den Drehbuchautoren Kevin Wade und Chris Conrad Inkonsequenz zu unterstellen ist.
Denn natürlich birgt schon das Skript selbst die Gefahr, in belanglose Familientauglichkeit abzudriften, und Reitman fiel nach einem guten Drittel doch recht schnell in diese Sparte ab. Schuld ist vor allem die Rolle der Dr. Reddin (Emma Thompson), die dafür sorgt, dass sich der selbstironisierende Ansatz in eine Frauenversteher-Story wandelt. Mit einem Mal steht nicht mehr der zur Frau abstrahierte ehemalige Actionheld im Vordergrund, sondern die Schwierigkeit, Frau zu sein und das Verständnis des Mannes für diese Schwierigkeiten - natürlich süßlich abgeschmeckt mit einer rührenden Liebesgeschichte, die sich aus dem verdrehten Umstand heraus ergibt, dass Dr. Hesse das Baby von Dr. Reddin gebärt. Selbst wenn man schon diesen Pfad gehen will, ist das einfach nicht genug Substanz. Zwischen Schwarzenegger und Thompson will es einfach nicht funken; wohl auch deswegen, weil der Zuschauer mit einer Erwartungshaltung dasitzt, die nichts mit irgendwelchen Liebeleien zwischen Mommy und Daddy - oder umgekehrt - zu tun hat.
Dann trat auch langsam wieder das Transvestitentum auf die ein oder andere Weise zurück ins Rampenlicht. 1993 machte Robin Williams als “Mrs. Doubtfire” die Kinos unsicher, ein Jahr später ging zusammen mit “Junior” “Priscilla - Königin der Wüste” on Air. So ließ man es sich auch nicht nehmen, Schwarzenegger nicht nur schwanger werden zu lassen, sondern ihn gleich mal in Frauenkleider zu packen. Die einzige Erkenntnis, die sich nun daraus schließen lässt, ist die Tatsache, dass Arnie als Frau unglaublich hässlich ist - sonst ist dem Theater leider nicht viel abzugewinnen. Die ganze Verkleidungspose in der Schwangeren-Gruppe mag zwar gut gemeint sein, will aber einfach nicht so recht funktionieren. Das komplette Ende ist derart öde, dass es nicht einmal durch die diversen Missverständnis-Situationen gerettet werden kann. Einem Film, der so vielversprechend angefangen hatte, geht auf halber Strecke die Puste aus, und auf der Zielgeraden ist nur noch ein schwaches Keuchen zu hören.
Die Weihnachtskomödie “Versprochen ist versprochen” schnitt meines Wissens bei Kritikern und an der Kinokasse schlechter ab als diese etwas andere Bodyswitch-Komödie; im Rahmen des Selbstironisierungs-Pools der Schwarzenegger-Komödien sehe ich “Junior” allerdings in der Summe am schwächsten. Der Beginn lässt viel verlauten. De Vito und Schwarzenegger harmonieren wieder auf Anhieb, Pamela Reed ist wieder für ein paar lustige Seitenhiebe gut und der Selbstbezug des Österreichers läuft auf Hochtouren. Aber noch vor der Halbzeit dreht Ivan Reitmans Vehikel ab und verfolgt ausgehend von Emma Thompsons Rolle eine Richtung, die nicht mehr zweispurig zu lesen ist und sich voll und ganz auf blütenweiße Familienunterhaltung ausrichtet. Der Schwarzenegger-Fan hat schnell nichts mehr zu lachen und wird das Filmende wohl nur dann noch erleben, wenn er Komplettist ist.
Verschenktes Potenzial:

Die DVD lohnt sich insofern, als dass der Film in 1,85:1 mit anamorphem Bild gezeigt wird, während er in der Free-TV-Ausstrahlung meist als Vollbild gesendet wurde. Zu sehen ist er in Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch bei ein paar kleineren Specials.