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Originaltitel: Black Dynamite
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Scott Sanders
Darsteller: Michael Jai White, Tommy Davidson, Salli Richardson-Whitfield, Arsenio Hall, Kevin Chapman, Richard Edson, Darrel Heath, Buddy Lewis, Pete Antico, Phyllis Applegate, Obba Babatundé u.a.
Yo, Brothers and Sisters! Jimmy ist tot. Per se nix besonderes, allerdings wurde Jimmy von einer Handvoll Halunken ermordet! Und das ruft seinen Bruder Black Dynamite auf den Plan. Der kampfsportversierte Ex CIA Agent beginnt nachzuforschen, wer Jimmy auf dem Gewissen hat. Seine Ermittlungen führen ihn durch die Betten diverser williger Chicks über harte Hinterhofschlägereien in zwielichtige Bars und letztendlich sogar ins weiße Haus, wo der fiese Richard Nixon nach der Watergate Affäre ordentlich einen Scheitel gezogen bekommen wird. Warum? Nun, Jimmy ist tot ... und irgendwie scheint dieser geahnt zu haben, dass Präsident Nixon schon immer neidisch auf die Manneskraft schwarzer Männer wie Black Dynamite war ...
Die Legende will, dass Michael Jay White, zuletzt in "The Dark Knight" zu sehen, Hauptdarsteller aus "Spawn" und diversen B-Krachern wie "Universal Soldier II", "Blood and Boones" oder "Undisputed II", den Song "Superbad" von James Brown auf seinem I-Pod hörte und plötzlich die Idee zu einem Film hatte, der das schwarze Kino der 70er Jahre liebevoll auf die Schippe nimmt, ohne in Scary Movie- oder ähnlichen aktuellen Filmverarscheuntiefen abzusaufen. Gemeinsam mit Regisseur und Kumpel Scott Sanders drehte er einen Faketrailer, der eine Vorstellung vom anvisierten Ton der Parodie gab und zum Hauptverkaufsargument für "Black Dynamite" wurde. Erstaunlich schnell fand man ein produzierendes Studio und konnte sich nun nach und nach den einzelnen Punkten der Produktion widmen, deren Hauptziel eine Hommage an das Blaxploitationkino war.
Blaxploitation setzt sich zusammen aus den Begriffen black (englisch für schwarz) und Exploitation (ein Begriff, der in Filmkreisen für billig heruntergekurbelte Streifen mit Hang zu expliziten Darstellungen in den Bereichen Sex und Gewalt steht). Das heißt, wir haben es bei Blaxploitationfilmen mit Exploitationfilmen zu tun, die von Afroamerikanern zusammengezimmert wurden und vor allem in den dank Quentin Tarantino und Robert Rodriguez unlängst wieder entdeckten Grindhousekinos liefen.
Dabei handelte es sich meist um eilig heruntergekurbelte und storytechnisch stark überzeichnete Gangsterfilme, bei denen Quantität definitiv vor Qualität ging. Der Grund dafür ist ziemlich einfach: Der Bedarf war einfach da! Warum? Nun, in den späten 60er und den frühen 70er Jahren begannen die Afroamerikaner in den USA ein größeres Selbstbewusstsein zu entwickeln und sie wollten natürlich auch die Lebensumstände in ihren Vierteln auf der großen Leinwand abgebildet sehen. Schwarze, omnipotente Helden, die in einem vornehmlich kriminellen Umfeld aus mafiaähnlichen Strukturen, Drogenmilieu, Kriminalität und Prostitution agierten und ganz nebenbei – immerhin wollte man ja unterhalten werden – eine hilflose Dame vor ihrem Pimp retteten, wurden schnell zum prägenden Rollentypus. Der Film "Shaft" (1971) sei dahingehend als vermutlich bekanntester Vertreter genannt.
Doch auch für starke Frauen war Platz in diesem Filmgenre. Pam Grier zeigte so 1973 in "Coffy" und ein Jahr darauf in "Foxy Brown" der kriminellen Männerwelt, wo der Hammer hängt und auch Tamara Dobson sei als schwarze Amazone angeführt ("Cleopatra Jones" war ihre bekannteste Rolle).
Heute gelten viele Filme dieser Ära als unbedingter Kult, sind aber bei näherer Betrachtung ziemlich offensichtlich gealtert, teils ziemlich langweilig und vor allem aufgrund ihres sehr billigen Charakters häufig extrem unfreiwillig komisch. Allerdings schöpfen sie aber auch gerade daraus ungeahntes Unterhaltungspotential. Aus heutigen Gesichtspunkten hat aber vor allem die in diesen Filmen aufgefahrene Filmmusik den größten Nährwert und inspiriert noch heute eine Vielzahl an Musikern. Als wichtigste Soundtracklieferanten damaliger Zeiten seien Isaac Hayes, Curtis Mayfield oder Marvin Gaye genannt.
Genau diese Art Film lebt in "Black Dynamite" eindrucksvoll wieder auf. Seien es die grandios schrecklichen Designs und Dekors der Schauplätze und der darin befindlichen Ausstattung, die wundervoll authentischen, vor Polyester und augenkrebserregenden Farben überfließenden Kostüme, die wilden Afros und Oberschenkelbürsten, die herrlich funky abgehende Musik oder die radebrechend dämliche Geschichte, die mit irrem Ernst abgespult wird und sich ganz nebenbei in immer absurdere Sphären schraubt.
Denn was als kleiner Rachethriller beginnt, erlebt bald Schlenker ins Martial Arts Genre, bringt einen Vietnamrückblick unter, in dem irrigerweise immer von Chinesen gesprochen wird, geht über die Black Panther Bewegung hin zu politischen Verschwörungen, irren Chinesen, bösen Präsidenten, heißen Krankenschwestern und endet noch lange nicht mit drogenverseuchten Waisenhäusern, die erstaunlicherweise nur Kinder beherbergen, deren Eltern tot sind!
Kurzum: Der Wahnsinn hat Methode in "Black Dynamite" und auch wenn längst nicht jeder Gag hundertprozentig sitzt, so hat man doch gewaltigen Spaß an der vor Ideen und filmischen Bezugnahmen nur so überfließenden Chose. Und alles wirkt so wunderbar authentisch. Das beginnt schon beim Look des Filmes. Auf sehr körnigen Filmmaterial gedreht, das sehr steile Kontraste zur Folge hat, saufen gerne mal Details ab und knallen einige Farben erst so richtig. Dazu wird fast schon dilettantisch schlecht geschnitten (in einer Szene wechselt mitten im Kampf der Gegner des Helden!!!), teils sinnlose Zooms sind ein beliebtes Stilmittel und Erkennungsmelodien einzelner Figuren werden derart penetrant wiederholt, dass man sie gar nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Dazu kommen absichtlich eingebaute Filmfehler wie Galgenmikrofone, die ins Bild hängen und an denen sich die Darsteller sogar rammeln, und wenn Autos explodieren, bekommt man immer ein und dieselbe Aufnahme irgendeines explodierenden Autos präsentiert, das gerade einen Berg runterfällt. Blöd, wenn es eigentlich mitten in der Stadt explodiert. Doch genauso wird in "Black Dynamite" wunderbar angedeutet, unter welchen Bedingungen die Blaxploitationfilme einst entstanden sind, und dass man irgendwie nie genug Geld hatte, um derartig versaute Aufnahmen zu wiederholen. Und ebenjene Fehlerchen sind es ja auch, die neben diversen hanebüchenen Geschichtchen auch den Charme dieser billig heruntergekurbelten Filme ausmachen.
Dass die Dreharbeiten zu dem Film eine einzige große Party gewesen sein müssen, sieht man den leidenschaftlich und brutal overactenden Darstellern rundweg an. Alle haben riesigen Spaß an ihren irren Figuren, den grandios debilen One Linern, den herrlich geschmacklosen Klamotten, in denen sie stecken oder aus denen sie sich schälen dürfen, und dem Overload an Actionszenen, die größtenteils nicht einmal einen echten Grund brauchen, um anzurollen.
In jenen ist es meist Michael Jay White, der ordentlich abgehen darf und ein paar hübsche Moves präsentiert oder mit seiner Zimmerflak diverse Brandherde befriedet. Gerade Michael Jay Whites herrlich ernstes Spiel, das in den besten Szenen an die Hochglanzzeiten des Leslie Nielsen in "Die nackte Kanone" erinnert, ist es, was die meisten Lacher auf sich zieht. Es gibt so viele Momente, da zerreißt es seine Mitspieler fast sichtbar vor Lachen, doch er steht mittendrin und gibt den Fels in der Brandung. Oder den Schwanz auf zwei Beinen, denn Black Dynamite ist freilich auch genau das! Sexuelles schwarzes Dynamit! Denn wer sonst könnte Frauen mit solchen - teilweise wie gerapt wirkenden - Anmachsprüchen ins Bett bekommen?
Und auch sonst lässt Black Dynamite nichts anbrennen. Eingeführt wird er mit einem flotten Vierer, der in Wirklichkeit ein flotter Sexer äääh Sechser war, wenn er zum Arzt muss, versorgt ER die offenen Wunden der Krankenschwestern und wenn er die Hauptdarstellerin nagelt, ist das selbst für Blaxploitation zu heiß und wird daher nur als Trickfilm gezeigt. Wird dann irgendwann klar, dass es die Bösewichter vollends auf Blacks "Dynamitstange" abgesehen haben, läuft er erst so richtig warm … und der Zuschauer kommt aus dem Feiern nicht mehr heraus.Du kannst in die Kiste oder raus auf die Piste.
Ist mir vollkommen egal.
Du hast die Wahl.
Du kannst gehen oder du kannst kommen.
Alles klar?
Was bleibt, ist eine wunderbar überdrehte, erstaunlich liebevolle Hommage an eine irre Zeit des Filmschaffens, die man im Übrigen auch genießen kann, ohne dass man die Richard Roundtrees, Jim Browns oder Fred Williamsons dieser Welt kennen muss. Die komplett abdrehende Geschichte, diverse Brachialgags und die herrlich authentische Inszenierung, die sich bis in kleinste Detail an ihre Vorbilder anlehnt, wird jedem Zuschauer Respekt bzw. den einen oder anderen Lacher abringen. Obendrein ist der Soundtrack mal richtig phat! Wer freilich richtig in der Materie drin steckt, wird hier sein El Dorado in Sachen Filmparodie gefunden haben. Großartig.
Die DVD von Universum präsentiert den Film in guter Bild- und Tonqualität und bietet ein Füllhorn an interessanten, vor allem aber ziemlich schrägen Extras, die den Zuschauer über 80 Minuten grandios zu unterhalten wissen und weitestgehend auf den gleichen Look getrimmt wurden, wie der Hauptfilm. Vorbildlich! Absoluter Kult sind dabei die "Drogen im Waisenhaus" Werbespots. Nicht verpassen!
In diesem Sinne:
freeman