
Originaltitel: Unspeakable
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2002
Regie: Thomas J. Wright
Darsteller: Dina Meyer, Dennis Hopper, Lance Henriksen, Jeff Fahey, Pavan Grover, Marco Rodriguez, …
Gegenüber Hollywood-Mainstream-Produktionen können Independent-Filme oft den Vorteil mit sich bringen, dass sie bestimmte Aspekte oder Motive risikofreudiger als die großen Studios angehen – wie etwa kontroverse Themen oder Formen massenuntauglicher bzw unkommerzieller Darstellungen (beispielsweise in den Bereichen Sex oder Gewalt). Oft kommen dabei allerdings nur minderwertige Ergebnisse heraus, was aus einer Reihe von Gründen, von Geldmangel bis Talent- und/oder Ideenlosigkeit, resultieren kann.
„Unspeakable“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie man sich einen reinrassigen B-Film vorzustellen hat: Ein geringes Budget, Stars der zweiten Reihe, deren Namen man zumindest öfters mal gehört hat, sowie auf der Grundlage eines derart abstrusen Drehbuchs umgesetzt, dass man dabei kaum auf die Idee kommen würde, es einem Major Studio für eine Kinoauswertung anzubieten…
Der Film eröffnet an der Grenze zu Mexiko, wo der zufällig vorbeifahrende Caesar (Marco Rodriguez) eine schwerverletzte Grenzpolizistin mitnimmt, welche gerade von einem vermeintlichen Schleuser angegriffen wurde. Auf dem Weg ins Krankenhaus verstirbt sie jedoch, da ihr Gehirn aus einer klaffenden Wunde am Hinterkopf rutscht (!), worauf man Caesar umgehend verhaftet, da man ihn für den Killer hält, anschließend des Mordes anklagt und letztendlich auch verurteilt.
3 Jahre später: Die Psychologin Diana Purlow (Dina Meyer: „Starship Troopers“) hat ein Gerät/Programm entwickelt, mit dem es ihr möglich ist, menschliche Gehirnimpulse zu visualisieren. Diese Technik, welche man als eine Art Wahrheitsdetektor beschreiben kann, wendet sie an Caesar bezüglich jener angeblich von ihm begangenen Tat an – mit Erfolg, doch da es sich nicht um ein anerkanntes Verfahren handelt, ist es Diana nicht möglich, den Gouverneur (Jeff „Darkman 3“ Fahey) zu einer Begnadigung zu bewegen, weshalb Caesar schließlich trotzdem auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wird.
Derweil wird der Massenmörder Jesse Mowatt (Newcomer Pavan Grover, der sich zudem fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet) nach über 50 begangenen Taten ebenfalls in jenes Gefängnis überführt, wo er in wenigen Tagen vom Staat exekutiert werden soll. Mit Hilfe der Verbindungen ihres Bekannten Jack Pitchford (Lance Henriksen: „Hard Target“), kann Diana den zuständigen Gefängnisdirektor (Dennis Hopper: „Blue Velvet“) erfolgreich davon überzeugen, ihr Verfahren versuchsweise an ihm anwenden zu dürfen, um mal einen tatsächlichen Mörder zu testen (im Gegensatz zu Personen, die eventuell unschuldig waren). Fortan taucht sie in Mowatts Gedankenwelt ein und erlebt seine harte Kindheit (mitsamt des gewalttätigen, religiösen Vaters) sowie die verübten Morde via Bildschirm mit. Auf diesem Wege stellt sich heraus, dass er damals die Grenzpolizistin tötete, worauf der Gouverneur Diana von dem Fall abziehen will, da eine Verbreitung der Meldung, er hätte einen Unschuldigen hinrichten lassen, gar nicht gut für seine Wiederwahl wäre. Darüber hinaus verbindet ihn eine gemeinsame Vergangenheit mit ihr: Er hat sie nämlich früher als minderjährige Wahlkampfhelferin geschwängert sowie im Anschluss zur Abtreibung gezwungen...
Hört sich etwas merkwürdig an? Ist es auch – doch ab diesem Zeitpunkt werden die Dinge zunehmend bizarrer: Es fängt mit einem Wurm-ähnlichen Insekt an, welches beim Verhör einfach mal so aus Mowatts Ohr krabbelt, und steigert sich immer weiter in Form seltsamer Geschehnisse im Gefängnis – neben einigen Personen, welche über ungewöhnlich starke Kopfschmerzen klagen, wegen denen sich eine Wache gar selbst erschießt, dringt Mowatt geistig immer tiefer in Dianas Psyche und Gedankenwelt vor, während sie ihn sowie seine Taten weiter analysiert...
Der Höhepunkt offenbart sich schließlich in Mowatts Hinrichtung, bei welcher der Gefängnisdirektor anfangs den Verstand zu verlieren scheint, bevor er sich selbst die Haut vom Gesicht kratzt und in Folge dessen qualvoll verstirbt. Die Exekution wird im Anschluss trotzdem durchgeführt, worauf eine Obduktion ersterer Leiche ergibt, dass ein Wurm das Gehirn des Direktors in den letzten Tagen von innen heraus angefressen hat, was in den unvorstellbaren Kopfschmerzen resultierte...
An dieser Stelle ist die Geschichte aber noch lange nicht vorbei: Mowatt ist nämlich gar nicht wirklich tot, sondern erhebt sich aus seinem Leichensack und tötet noch etliche Gefängnisbedienstete, bevor er Diana aufsucht, um für sich Erlösung zu suchen sowie sie mit ihrer eigenen unaufgearbeiteten Vergangenheit zu konfrontieren...
Bizarr genug? Wie gut, dass der Film gar nicht erst irgendwelche Erklärungsversuche wagt, sondern die Fähigkeiten und Geschehnisse einfach als gegeben präsentiert. Von der Vorstellung einer sinnvollen Story muss sich der Zuschauer ohnehin bereits nach wenigen Minuten des Sichtens verabschieden – mit derartigen Erwartungen wäre er hier aber ohnehin falsch aufgehoben. Die Produktionsqualität kann man insgesamt als „solide“ bezeichnen, obwohl diverse Fehler leider ins Auge fallen: Eine Hubschrauber-Sequenz wurde dem Film „Outbreak“ entliehen (typischer Fall von „Stock Footage“, allerdings nur eine wirklich kurze Einstellung), und zwar in Form eines militärischen Gefangenen-Überführungsfluges – nur leider sieht man (wenn man ganz genau hinsieht!), dass der hintere Hubschrauber just in dieser Einstellung das Feuer auf den vorweg fliegenden Heli eröffnet, was rein gar nicht in diesen Film passt (wurde wohl einfach übersehen, doch man hat wenigstens die Schuss-Geräusche unterdrückt). Ferner gibt es einige Anschlussfehler (Blut an der Scheibe bei der Hinrichtung), bei einem Verhör sieht man die Reflektion der Kamera in der Trennscheibe, beim Umkippen von Mowatts Transportkäfig ist das dafür genutzte Seil noch im Bild zu erkennen (etc). Zudem wirken einige Elemente recht billig, was wohl am Budget lag, der Glaubwürdigkeit allerdings nicht unbedingt dienlich ist – beispielsweise ist Dianas „Wahrheitsdetektor“ (äußerlich) nicht mehr als ein einfacher Laptop.
Warum also sich diesen Film antun? Tja, wen die „Story“ nicht abschreckt (manche werden von ihr sicherlich gar angelockt), kann sich über einen genial agierenden Dennis Hopper freuen – er spielt mal wieder wie entfesselt den psychopatisch angehauchten Gefängnisdirektor im texanischen Stil. Es ist einfach köstlich, wie er die Rolle inzwischen beherrscht – hier tanzt er um die zum Tode verurteilten, verhöhnt und misshandelt sie, bis er sein blutiges Ende findet. Dina Meyer („Saw“) spielt ihre Rolle routiniert, Pavan Grover macht seine Sache okay, wenn auch nicht vollends überzeugend, Jeff Fahey („Body Parts“) fällt zum Glück nicht weiter negativ auf – und es ist immer gut, Genre-Veteran Lance Henriksen („AvP“) vor einer Kamera agieren zu sehen, in diesem Fall mal nicht als Bösewicht. Regisseur Thomas J.Wright hat zuvor an diversen guten TV-Serien (von „C.S.I“ über „Dark Angel“ bis hin zu „Millenium“) mitgewirkt, und obwohl dieser Film handwerklich in bestimmten Bereichen (siehe die oben angeführten Punkte) nicht ganz optimal gelungen ist, geht die Inszenierung trotzdem für eine Produktion dieser Art noch in Ordnung, unter anderem weil im Gesamtbild vieles gut zueinander passt sowie passable Ansätze von Atmosphäre durchaus vorhanden sind (selbst wenn man diese nicht sonderlich spannend umgesetzt hat).
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auf jeden Fall noch die Gewalt: In Deutschland sind (mindestens) zwei DVD-Versionen (von „MIB“) erschienen – eine gekürzte Fassung mit 95 Minuten Lauflänge („keine Jugendfreigabe“) sowie eine „special uncut Version“ (104 Minuten: „Freigabe durch die Juristenkommission“). Letztere hat es teilweise wirklich in sich – zwei grausame, explizit dargestellte Hinrichtungen, ein Wurm, der sich durch Hoppers bei der Obduktion freigelegtes Gehirn frisst, sein langer, grausamer Tod sowie diverse andere blutige Einstellungen.
Eine abschließende Bewertung des Films gestaltet sich recht schwierig, da er, objektiv betrachtet, nicht viele positive Qualitätseigenschaften zu bieten hat, subjektiv hingegen auf Freunde diesartiger B-Movies durchaus einen unwiderlegbaren Reiz ausübt...
Fazit: „Unspeakable“ ist eine recht harte, bizarr-abstruse B-Film-Mischung aus „the Cell“ und „Silence of the Lambs“, welche leider an etlichen (inhaltlichen wie initiatorischen) Fehlern krankt. Wer sich an dieser Umschreibung nicht stört, könnte durchaus ruhig mal einen Blick riskieren – alle anderen sollten dieses krude Machwerk eher meiden ...
