Sanctimony - Auf mörderischem Kurs

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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Sanctimony - Auf mörderischem Kurs

Beitrag von StS » 19.11.2005, 18:09

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Originaltitel: Sanctimony
Herstellungsland: USA / D
Erscheinungsjahr: 2000
Regie: Uwe Boll
Darsteller: Casper van Dien, Michael Pare, Jennifer Rubin, Eric Roberts, Catherine Oxenberg, …


„Sanctimony“ hätte ein netter, dreckiger kleiner B-Film-Reißer werden können, denn für einen solchen waren auf jeden Fall alle nötigen Zutaten vorhanden, nämlich hauptsächlich bekannte Gesichter aus der zweiten Darstellerriege (Casper van Dien, Michael Pare, Eric Roberts, Jennifer Rubin) sowie eine klassische Serienkiller-Geschichte, welche man in einer modernen visuellen Umsetzung verpackte. Zwar bedienen sich Story und Optik ungeniert bei großen Vorbildern wie „American Psycho“ oder „se7en“ – doch hey, „Resurrection“ war auch trotz fehlender Originalität gut. Leider scheitert das Projekt an seinem (die Fäden ziehenden) „Mastermind“, nämlich dem „kontroversen“ Filmemacher (the Man, the Myth, the Legend!) Uwe Boll, welcher sich fürs Drehbuch und die Regie verantwortlich zeichnet…

In der Stadt geht ein brutaler Serienkiller um, welcher von der Presse „Monkey Maker“ getauft wurde (nach Vorbild der 3 „see no evil, hear no evil, speak no evil“-Affen) sowie bereits 16 Opfer auf dem Gewissen hat – sechs von ihnen fehlten die Augen, sechs von ihnen die Ohren, den letzten 4 hat man die Zunge herausgeschnitten. Ein erfahrener Cop (Michael Pare aus „Straßen in Flammen“: hier der Typ „harte Schale, weicher Kern“) und seine Partnerin (Jennifer Rubin: „the Crush“) sind ihm zwar seit Anbeginn der Tötungen auf der Spur, können jedoch noch immer keinen konkreten Verdächtigen vorweisen – bis sie schließlich auf den erfolgreichen Investmentbanker Tom Turner (Casper van Dien: „Starship Troopers“) treffen, der sich ihnen bereitwillig als Zeuge zur Verfügung stellt...

Zu diesem Zeitpunkt weiß der Zuschauer bereits, dass es sich bei ihm um den Killer handelt, was ja im ersten Augenblick nicht unbedingt negativ einzuordnen ist, doch leider kann das nun folgende Katz-und-Maus-Spiel zwischen Turner und den Cops zu keiner Zeit wirklich überzeugen, denn man kennt dieses Schema nun einmal aus einer Vielzahl anderer Genre-Beiträge, welche mit der Materie (größtenteils) deutlich besser umgingen sowie treffenderes Gespür für Spannung und Atmosphäre bewiesen.

Insgesamt wirkt der Film (fast) vollkommen unausgegoren. Zudem existiert eine Parallelhandlung, welche sich mit dem Konsumieren bzw Erstellen von „Snuff“-Filmen im Rahmen einer „Underground“-Sub-Kultur beschäftigt (in einer Szene wird beispielsweise eine derartige Inszenierung/Durchführung gezeigt, an der Turner als Betrachter teilnimmt), doch dieser Aspekt wird irgendwann einfach nicht mehr thematisiert oder erwähnt, worauf man sich zwangsweise fragen muss – was sollte das nur?!

„Sanctimony“ wartet mit einer Vielzahl Eigenschaften auf, welche man allgemein mit der Kategorisierung „B-Film“ (im negativen Sinne) verbindet: Bei allen Figuren handelt es sich um pure Stereotypen (der routinierte Cop, auf den zuhause eine schwangere Freundin (Catherine Oxenberg) wartet, die nette Partnerin, welche schnell in direkte Gefahr gerät, der einkalte, aber überhebliche Killer etc), Eigenschaften/Elemente der Handlung und Umsetzung sind wild zusammengeklaubt worden. Man nehme also die Morde und Optik von David Finchers zweiten Regiearbeit (inklusive Aufmachung und Vorspann), etwas „8mm“ (der „Snuff“-Aspekt) sowie viel „American Psycho“ (die gesamte Figur des Tom Turner (allerdings nur eine traurige Kopie von Patrick Bateman) inklusive seiner Gewaltbereitschaft, Einstellung, Sex-Vorlieben), vermenge diese kräftig (unter Verzicht auf eigene Innovationen) und setze sie kostengünstig in Kanada um … fertig ist ein neuer, gesichtsloser „DTV“-Beitrag, welcher höchstens anspruchslosen Genre-Konsumenten zusagen bzw Kritikern „unseres Uwes“ neue Munition liefern dürfte.

Die amerikanische „unrated“-Freigabe bezieht sich wohl hauptsächlich auf eine härtere Sex-Szene zwischen Turner und seiner Verlobten, die recht freizügig ausgefallen ist, sich jedoch selbst mit einem fatalen Anschlussfehler ein Teil seiner Wirkung beraubt: Allem Anschein nach wurden 2 Versionen jener Sequenz gedreht (einmal ist Turner (ebenfalls) komplett nackt, während er fürs „R“-Rating eine Unterhose trägt) – beim Erstellen der „uncut“-Fassung gerieten dann wohl einige Schnipsel im Schneideraum durcheinander, weshalb van Diens entblößter Hintern zwischendurch auch kurz mal verhüllt erscheint. Die Morde an sich werden nicht unbedingt explizit ins Bild gerückt und wirken in ihrer Präsentation eher plump – und warum zwei der Opfer mit Pfeil und Bogen getötet werden, entzieht sich meiner Kenntnis (vielleicht, um Abwechslung zu schaffen?). Erst am Ende tritt die Gewalt deutlicher hervor, allerdings auch nicht kreativer oder über das (Genre-) Standard-Maß hinaus.

Der Inszenierung angepasst, bewegt sich darstellerisch ebenfalls alles im Bereich der filmischen zweiten Liga: Casper van Dien („Sleepy Hollow“) ist einfach kein Christian Bale, weshalb seine Figur in der Oberflächlichkeit versandet, Catherine Oxenberg („Omega Code“), die Frau an Caspers Seite im wahren Leben, Jennifer Rubin („Agoraphobia“) und Michael Pare („Virgin Suicides“) spulen ihre über die Jahre gewonnene Routine ab, einzig Eric Roberts („Heaven´s Prisoners“) gefiel mir als Police Chief, denn er vermittelt seine Rolle, im Gegensatz zum Rest der Cast, auf eine zurückhaltende, irgendwie natürliche Weise.

Der deutsche Regisseur Uwe Boll („Blackwoods“) hat sich in den letzten Jahren einen Ruf „erarbeitet“, welcher ihm weit vorauseilt – allerdings eher in negativer Hinsicht. Die Sache ist die, dass Uwe ein (unfreiwilliges) Händchen dafür besitzt, großen Trash zu kreieren, wie etwa im Falle von „House of the Dead“ oder „Alone in the Dark“. Ich bin davon überzeugt, dass er, wenn er den Videospiel-Verfilmungen endlich mal den Rücken kehren würde, mit kleineren Produktionen durchaus Punkten könnte – so wie er es mit dem erstaunlich seriösen/ruhigen „Heart of America“ sogar schon bewiesen hat. In diesem Fall scheitert er jedoch erneut, denn von seiner schwachen Skriptvorlage mal zu schweigen, wirkt auch die Umsetzung grob und nicht unbedingt hochwertig.

Inhaltlich absolut nicht neu bzw einfallsreich, besteht der Film fast ausschließlich aus kopierten Szenen, welche mehr oder minder wahllos zu einer Story verbunden wurden, ohne eine wirkliche Einheit zu bilden. Eine konsequentere (härtere) Inszenierung hätte als Ausgleich dafür vielleicht noch etwas Potential mobilisieren können, doch Boll enttäuscht selbst auf jenem Sektor.

Es ist mir allerdings wichtig, trotz allem einen interessanten Ansatz noch herauszustellen: Turner ist großer Fan einer bestimmten TV-Talkshow, zu der er gar aufgrund seines beruflichen Erfolgs eingeladen wird. Dieses Element stammt zweifelsohne aus der Romanversion von „American Psycho“, welches in dessen Verfilmung nicht aufgegriffen wurde – das Angehen hier fand ich eigentlich sehr passend und ergänzend, doch der Ausgangs dieses Aspekts (er schneidet dem Talkmaster bei laufender Sendung die Kehle durch) wirkt hingegen (nicht nur etwas) unglaubwürdig und überzogen...

Fazit: „Sanctimony“ ist ein unterdurchschnittlicher Serienkiller-Streifen ohne neue Impulse – schwach umgesetzt, leidlich unterhaltsam, aber letztendlich auch nicht total zu verwerfen …

:liquid3:


In Deutschland ist der Film von "VCL / CinePlus" (ungeschnitten) auf DVD veröffentlicht worden.

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freeman
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Beitrag von freeman » 02.06.2014, 09:13

Traumbesetzung, Spitzenregie, was sollte da noch schiefgehen? Stefan nennt in seiner Kritik ein paar kleinere Problemherde ;-). Was Boll aber trotz allem gelingt: Er nimmt das aalglatte Bubiface vom Casper her, lässt es ein paar seltsame Dialoge aufsagen und peng, es funktioniert! Casper van Dien wirkt tatsächlich komplett neben der Spur und liefert, vermutlich ohne es zu wissen, eine seiner besten Schauspielleistungen ab! Allgemein war ich erstaunt, mit wie viel Spielfreude hier so mancher am Werk war. Vor allem Pare darf sich zum Affen machen und freut sich auch noch darüber! Echt crazy. Der Film selber ist recht spannungsfrei, aber zumindest technisch besser inszeniert als so manch andere Bollgurke danach. Kann man lassen...
:liquid4:

In diesem Sinne:
freeman
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MarS
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Beitrag von MarS » 02.06.2014, 15:49

Was ihr für Filme auch immer rauskramt. Den hab ich vor Ewigkeiten mal gesehen. Ich glaube ich habe die DVD sogar noch. Kann mich kaum daran erinnern, vom Gefühl her würde ich aber auch sagen, dass der recht lahm war.

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