Twin Dragons
Originaltitel: Shuang long hui
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1992
Regie: Tsui Hark, Ringo Lam
Darsteller: Jackie Chan, Maggie Cheung, Teddy Robin Kwan, Anthony Chan Yau, Nina Li Chi, Philip Chan, Sylvia Chang, Alfred Cheung, Jacob Cheung Chi-Leung, Joe Cheung Tung-Cho, Chu Yuan, David Chiang, Ringo Lam, Liu Chia Liang, Guy Lai, John Woo als Pfaffe...muahahaha u.a.
Manchmal ist es schon verblüffend, wie sehr sich Filme aus den verschiedensten Teilen der Erde ähneln, sofern sie sich, was den Anspruch anbelangt, auf einem Niveau befinden. Denn was Bud Spencer und Terence Hill handlungstechnisch schon über den ein oder anderen Film hinweggeholfen hat, sollte Jackie Chan Anfang der Neunziger ebenfalls in Anspruch nehmen - eine Zwillingskomödie mit Verwechslungssituationen als dem entscheidenden komödiantischen Moment - abgedroschener geht’s nimmer. Aber selten war der Humor vortrefflicher konzipiert als hier.
Mit Ringo Lam und Tsui Hark teilen sich hier zwei erfahrene Regisseure das Werk, womit “Twin Dragons” aus einem Fundus schöpfen kann, der bereits Filme wie “Once Upon A Time in China” oder “Prison on Fire” hervorgebracht hatte. Der regietechnische Aufwand ist von der ersten Szene an spürbar. Der Film beginnt mit einem Blau-Weiss-Prolog, der stilistisch vom Restfeld abgegrenzt und zeigt, wie das Zwillings-Hauptdarstellerpaar John Ma und Boomer (zweimal Jackie Chan) kurz nach der Geburt durch einen flüchtigen Verbrecher getrennt wurde.
Man kann sich denken, wie es kurz darauf weitergeht: Beide wachsen getrennt voneinander auf, entwickeln sich vollkommen unterschiedlich, so dass der eine Konzertpianist wird und der andere Mechaniker und Bodyguard. Dann treffen sie sich durch Zufall irgendwo mal wieder und bringen ihr ganzes Umfeld durcheinander - denn der Mechaniker wird für den Pianisten gehalten und umgekehrt. Als dann noch zwei Frauen hinzukommen und sich unwissend mit dem jeweils anderen einlassen, ist das Chaos vorprogrammiert...
Inhaltlich darf man sich entsprechend dieser Kurzzusammenfassung rein gar nichts erwarten. Einmal mehr wird schlicht und einfach das äußerliche Erscheinungsmerkmal durch die Zwillingskonstellation getilgt, um so zwei völlig unterschiedliche Charaktere in eine Situation zu bringen, die eigentlich der jeweils anderen Person zugeordnet werden müsste. Diese Thematik ist so ausgelutscht wie der klebrige Stiel eines Lollys und kann kaum noch neue Facetten hinzugewinnen, mal abgesehen von dem etwas seltsamen Umstand, dass die Zwillinge so eine Art Shining-Verbindung miteinander haben, denn spielt der eine Piano, hat der andere plötzlich, während er das Auto repariert, Zuckungen an den Fingern. Und kriegt der eine gerade bei einem Kampf eins auf die Nase, fängt die Nase des anderen plötzlich an zu bluten. Diese Kuriosität soll allerdings erst im Finale so richtig einen Sinn bekommen.
Bis dahin sollte man die Sache einfach so hinnehmen, wie sie ist, und sich an der stilistischen Ausrichtung des Films erfreuen, welche die Comedy zeitweise hervorragend zur Geltung bringt. Jackie Chan ist dabei gleich doppelt in ziemlich ungewohnter Erscheinung zu sehen. Für gewöhnlich ist er der nette Kerl von nebenan oder wenigstens ein quirliger Frechdachs, der auf seine Weise Sympathien ausstrahlt. Jene Sympathien sind diesmal auf den ersten Blick nicht unbedingt gegeben. Sowohl Pianist John Ma als auch Mechaniker Boomer sind überzeichnete Figuren und damit zunächst keine authentischen Charaktere. In beiden Rollen trägt Chan unsägliche Frisuren, sein Boomer zudem eine von diesen monströsen Sonnenbrillen und obendrein wurde er in der deutschen Synchronisation mit einer Stimme belegt, die üblicherweise für seine Gegenspieler aufgehoben werden würde - bewusst übertrieben dunkel, um den Kontrast zum Zwillingsbruder zu erschaffen. Dessen Stimme und komplette äußere Erscheinung ist dabei ziemlich snobistisch angelegt, was ebenfalls nicht unbedingt ein Sympathiegarant ist. Darüber hinaus musste Jackie hier eine Figur spielen, die nicht kämpfen kann - und dies darzustellen, damit hatte er ganz offenbar Probleme, denn immer wieder schleichen sich Ansätze einer Kampfstellung ein.
Mit der Zeit jedoch wachsen dem Zuschauer diese enorm schrägen Figuren ans Herz und eröffnen ihm einen Zugang, der es erlaubt, den ganzen Humor noch lockerer aufzunehmen. Nicht, dass dieser Humor Anstrengungen bereiten würde - ganz im Gegenteil.
Zunächst wäre da auf der ersten Stufe der am stärksten verbreitete Verwechslungshumor aus der Konserve zu nennen. Der bietet nichts, was neu wäre, aber er unterhält über die gesamte Laufzeit gut und sicher. Er häuft sich speziell zu dem Zeitpunkt, als die beiden Frauen (Maggie Cheung und Nina Li Chi) ins Spiel kommen. Stets wird die Erwartungshaltung, die beide Frauen an ihre Liebsten haben, wegen deren unterschiedlicher Charaktere enttäuscht, denn wo John Ma es ruhiger angehen lässt, ist Boomer seinem Gemüt entsprechend ein Draufgänger. Während das erste Zusammentreffen der beiden Zwillinge untereinander noch enttäuschend trocken ausfällt (Nach einem kurzen Anrempeln auf dem Flughafen treffen sie sich so richtig erstmals auf der Toilette , wo sie sich verdutzt ansehen und sogleich wie selbstverständlich Schlüsse ziehen, was die jüngsten Kuriositäten betrifft - ohne sich mal richtig auszusprechen und ihre Vergangenheit zu entschlüsseln), bereitet das Versteckspiel der eingeweihten Zwillinge vor den Frauen bereits mehr Freude. Die Badesequenz ist beispielsweise mehr als absurd.
Nahezu genial wird es dann auf der zweiten Stufe. Hier spielen Tsui Hark und Ringo Lam all ihre Trümpfe aus und versetzen die Comedy mit einem auf die Filmstruktur bezogenen Unterbau. Eine Szene ist hier ganz speziell zu erwähnen. Boomer soll vor einem riesigen Publikum ein Orchester dirigieren, was er mit dem echten Dirigenten, seinem Bruder, über Funk abspricht. Der wiederum befindet sich mitten in einer Schießerei, die eigentlich für Boomer gedacht war. In einem Auto eingeklemmt, kündigt er Boomer also an, das Konzert würde ihn im Moment herzlich wenig interessieren, er solle einfach irgendwie mit den Armen herumfuchteln. Und prompt fuchtelt Boomer mit den Armen herum - und findet schnell Spaß daran, dass seine Armbewegungen stimmige Töne produzieren.
Jackie Chan lässt seinen Boomer nun also höchst amüsant und theatralisch durch die Oper hüpfen und Martial Arts-mäßig (wir bedenken: Boomer ist derjenige, der sonst kämpft) mit den Armen wedeln, und sein Orchester reagiert darauf mit einem den Bewegungen entsprechenden Spiel. Der ebenfalls von Chan gespielte John Ma hat das Auto inzwischen zum Fluchtwagen umfunktioniert und kommt dabei an den Radioknopf. Und da ertönt auch schon ausgerechnet das Konzert seines Zwillingsbruders, das den Regisseuren von nun an auch noch als Fluchtwagenmusik dient. Wenn das nicht einfach nur übergenial ist, dann weiß ich auch nicht.
Was die Action betrifft, steigert sich “Twin Dragons” wie viele seiner Artgenossen mit zunehmender Laufzeit und mündet in einem explosiven Finale, das als actiontechnischer Klimax fungiert, wenngleich es zuvor bereits den ein oder anderen sehenswerten Autostunt und ein paar nette Kampfeinlagen gegeben hat. Das Finale findet originellerweise diesmal in einer Crashtest-Dummy-Lagerhalle statt und hat erneut eine famose Idee zu bieten. Die Shining-Beziehung der Brüder wieder aufgreifend, steuert der bewegungsunfähig gemachte Boomer seinen kampfunfähigen Bruder quasi fern und lässt ihn gegen den Baddie antreten, indem er seine eigenen Extremitäten bewegt. Originalität kann man diesem Film in ausgewählten Szenen also wahrlich nicht streitig machen. Auch sonst gibt es hier nichts zu bemäkeln: Boomer-Jackie führt Kicks, Punches und Stunts aus, dass man mal wieder aus dem Staunen nicht herauskommt. So springt Jackie unter anderem aus der geöffneten Fensterscheibe einer geschlossenen Autotür hinaus und auch wieder hinein wie ein Flughörnchen.
Mit “Twin Dragons” ist also gerade, was die Comedy betrifft, ein besonderes Juwel aus dem umfangreichen Repertoire des Jackie Chan gegeben, auch wenn die Grundidee alles andere als neu ist und alleine von Spencer und Hill bereits mehrfach vorweggenommen wurde. Dennoch macht der Film Spaß, auch gerade weil er teilweise so vertrackt und verflochten ist, dass wohl selbst die Darsteller nicht immer gewusst haben, wen sie spielen und mit wem sie interagieren.
Von Splendid kommt der Film als siebter Teil der "Jackie Chan Collection" auf Wunsch im massiven Metallschuber - uncut.
Screens
Der Moment der Wahrheit rückt näher... vor dem Pissoir
Jackie ist und bleibt ein Schlingel...
...in diesem Film sogar doppelt!
Boomer beginnt langsam, den Rollentausch zu genießen...
...im Gegensatz zu seinem Bruder.
SO werden in Hongkong Crash Tests ausgeführt!
Ja, wer ist denn da unter die Pfaffen gegangen?
Twin Dragons
Da ich unversehens für 4,99€ beim Saturn über diese Stahlschuber-Edition gestolpert bin, hab ich den jetzt auch mal angeschaut und gehe bei der mit.
Teilweise sehr lustig (v.a. erwähnte Badewannen-Szene) und die Martial-Arts-Szenen rocken sowieso, v.a. im Showdown, wenngleich man für meinen Geschmack noch ein paar mehr hätte einbauen können.
Teilweise sehr lustig (v.a. erwähnte Badewannen-Szene) und die Martial-Arts-Szenen rocken sowieso, v.a. im Showdown, wenngleich man für meinen Geschmack noch ein paar mehr hätte einbauen können.
Hab den jetzt nach langer Zeit mal wieder gesehen und bin begeistert: Der Film gehört sicher zu Jackies lustigsten, die Gags sitzen, die verbalen ebenso wie die physischen, die Action ist grandios und die gigantische Starbesetzung lädt beim wiederholten Schauen zum "Wen erkenne ich alles?"-Spielen ein. Das absolute Highlight ist ganz klar die parallelmontierte Gefangenenbefreiung/Konzert, ich habe wieder Tränen gelacht.
Pflichtprogramm, könnte ob seines recht westlichen Humors auch Jackie-Ignoranten gefallen.
,5
Pflichtprogramm, könnte ob seines recht westlichen Humors auch Jackie-Ignoranten gefallen.
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