
Originaltitel: Jing Cha Gu Shi 4Zhi Jian Chan Ren Wu
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1996
Regie: Stanley Tong
Darsteller: Jackie Chan, Jackson Lou, Annie Wu, Bill Tung, Yuri Petrov, Nonna Grishayeva, John Eaves, Terry Woo, Kristopher Kazmarek, Ailen Sit Chun Wai, Chan Man Ching, Rocky Lai Keung-Kun, Chan Wai To, Brett Arthur, Mark French u.a.
Der vierte Teil der “Police Story”-Reihe wurde als erster Film des seinerzeit national schon lange und international seit kurzem (“Rumble in the Bronx”, 1995) erfolgreichen Martial Arts Superstars Jackie Chan auch in Deutschland massiv beworben. Der Trailer in Kino und Fernsehen verkündete voller Stolz das neue Actionfeuerwerk eines offenbar legendären Schauspielers, von dem die Masse aber wahrscheinlich noch nichts gehört hatte. Das wurde dann auch in den Titel mit einbezogen: “Jackie Chan’s First Strike”, so ließen es die vielversprechenden Ausschnitte verlauten. Jemand ohne Kenntnisse mag verstärkt die Egozentrik des ganzen Konzeptes auf diesen Schauspieler mit dem frechen Namen aufgenommen haben, das Gefühl, dass sich alles um diesen “Jackie Chan” dreht. Womöglich mag der Chinese gar als arrogant und künstlich cool aufgefasst worden sein, denn ihn selbst sah man im Trailer so gut wie gar nicht, wenn überhaupt, dann nur als kleines Männchen in einer Panorama-Einstellung. Im Vordergrund standen die Stunts, die eine brachiale Pyroschlacht versprachen. Von Jackies liebenswertem Humor keine Spur, dazu hatte man dann doch ein Kinoticket einlösen müssen.
Langjährige Fans hingegen wussten, dies würde ein neuer “Police Story”-Film werden. Sie nutzten den exzessiv gebrauchten Namen ihres Lieblingsdarstellers nicht als Informationsquelle, sondern alleine dafür, sich selbst eine Gänsehaut zu verursachen. Da war im Trailer dieser Stunt - vorweg: eines der Filmhighlights - wo Jackie auf dem Snowboard von einer schneebedeckten Klippe hüpft, unter ihm ein Nichts aus Wasser und Eis, vor ihm in der Luft stehend ein Hubschrauber, dessen Flugblätter in Zeitlupe rotierten - und ihnen wurde klar, der durch “Rumble in the Bronx” verursachte Hype hatte auch seine guten Seiten. Denn “First Strike” war immer noch ein Hong Kong-Film, und “First Strike” war der vierte Teil einer brillanten Actionreihe, die man vielleicht sogar als “diejenige welche” bezeichnen konnte und kann. Die Hubschraubersache ließ einem das Wasser im Mund zusammenlaufen, denn Assoziationen zum grandiosen Finale aus “Police Story 3" wurden geweckt.
Eines ist klar: Stanley Tongs Film ist eine Ansage an jedermann. “First Strike” sollte natürlich alte Hasen zufriedenstellen, und so handelt es sich um einen Schritt in vertraute Fußstapfen, gedreht in der Heimat. Andererseits hatte man gerade erst einen gigantischen neuen Markt erschlossen, den man natürlich auch nicht durch vertrackte Autarkie und insiderhafte, ausschließende Filme wieder aus der Hand geben wollte.
Da bot sich die “Police Story”-Reihe wunderbar an. Nicht nur deswegen, weil der erste Film eine Reaktion auf die Enttäuschungen Chans war, die er bei seinen ersten Gehversuchen in den USA mitgenommen hatte - auch deswegen, weil es sich bei den Geschichten um den wagemutigen Cop Jackie spätestens seit dem dritten Teil sowieso um ein loses Konstrukt handelt, das nach Belieben variiert werden kann und dessen Elemente nach bestem Gutdünken herausgenommen oder hinzugefügt werden können. Die Freundin Jackies und damit sogleich die komplette lokale Situation wurden bereits in “Police Story 3" recht stark verdrängt. Der Weg war frei für neue Handlungsstränge, die sich ungeachtet der Serienursprünge entfalten konnten, und diese Freiheit nutzte Stanley Tong, um auch das westliche Publikum an ihr teilhaben zu lassen.
“First Strike” ist enorm stark daran interessiert, sich international auszuweiten. So kam es, dass den kompletten Film eine rote Leitlinie durchzieht, die parallel zum Handlungsverlauf steht. Und zwar soll dieser Handlungsverlauf gleichgesetzt werden mit einem Abenteuer des Sinnbildes eines westlichen Actionhelden und weltmännischen Gentlemans: Mister James Bond. Vor allem ein Vorzug ist damit verbunden: Indem “First Strike” zum verkappten, selbstironisch aufgezogenen James Bond-Abenteuer wird, ergibt sich die Möglichkeit, die Handlung über diverse Ortschaften auf der ganzen Welt aufzuziehen - sei es nun die Ukraine oder am Ende doch die traute Heimat Hong Kong.
Mehr als passend ist es derweil, dass Jackies Charakter schon im dritten Teil stets überschwänglich als “Supercop” bezeichnet wurde und diese Bezeichnung sogar den offiziellen Filmtitel flankierte. Betrachtet man Jackies Kampstil, kann dies natürlich nur ironisch aufgefasst werden; zwar wird er seinem Spitznamen in seinen Filmen stets insofern gerecht, als dass er Unmögliches vollbringt und am Ende immer als Sieger dasteht, Prügel muss er dennoch zuhauf einstecken. Jackie ist eben nicht James Bond, wenngleich er das im Film zweimal selbst anmerkt. Zu diesem Status fehlen ihm nicht nur die hübschen Frauen (wie er dann doch selbst zugibt) - denn erotisch inszenierte Liebschaften sind nicht gerade das Spezialgebiet von Jackie Chan - dazu fehlt ihm auch die Unantastbarkeit. Jackie ist verletzbar. Dass er dies auch emotional ist, sollte dann in “New Police Story” unter dem Scheffel stehen. Körperlich ist er es aber auch, und wie üblich, dennoch stark betont gibt er das in diesem Film nun preis. Die Fights des kleinen Chinesen, so spektakulär und kinnladebrechend sie auch sein mögen, legen den Fokus auch auf die Schwachstellen Jackies. Lange nicht alles, was er sich in den Kopf setzt, funktioniert auch wirklich. Was man eben auch oft in den Outtakes sieht, wurde stellenweise im Film belassen: Jackie klemmt sich die Finger in einer Leiter ein, die er als Kampfobjekt missbrauchte, er muss vor den Stahlkappen von Annie (Annie Wu) kapitulieren und gegen den Schrank von einem Killer hat er mit all seinen Fähigkeiten im Zweikampf einfach keine Chance.
Unter diesem Gesichtspunkt funktioniert die James Bond-Parodie zweifellos, denn indem betont wird, wie unperfekt Jackie als Agent ist, wird auch betont, wie übermenschlich perfekt und idealisiert ein James Bond ist. Dadurch wiederum gerät das Identifikationspotenzial von Jackie in den Scheinwerferkegel, und das gehört nun mal seit Anbeginn seiner Karriere zu seinen Stärken. Zuschauer, die ohne Kenntnisse von Jackies Lebenswerk in seinen neuen Film gegangen sind und ihn im Vorfeld vielleicht auch wegen der Bond-Anleihen schon als arrogant abgestempelt hatten, mussten sich kleinlaut eingestehen, dass Jackies Konzept den vollkommen gegenteiligen Weg beschreitet. No more Mr. Bond, no more Mr. Rambo... guess who’s there? It’s Mr. Nice Guy!
Auch von der Inszenierung her ist der omnipräsenten Parallelität zu James Bond kein Vorwurf zu machen. Das von der Mischung her stark an “Im Geheimdienst Ihrer Majestät” erinnernde Setting verfehlt seine Wirkung nicht und bietet Platz für allerlei Goutierbares auf dem Action-Sektor. Während der Hauptdarsteller seine teils zugegeben infantilen Scherze mit einer Mütze in Eisbärenform treibt, geht auf der “männlichen” Ebene zweifellos die Post ab. Etwas mehr Blut hätte man dem ganzen Treiben im Schnee sicherlich zumuten können, dennoch überzeugt die Schießerei mit anschließender Verfolgungsjagd, die dann im besagten Superstunt mündet, der für viele offene Münder gesorgt hat wegen seiner praxisnahen Machart. Etwas eingedämmt wird die Freude am Fest für die Augen durch die Ohren, denn der Score besteht leider (wenigstens in der US-Variante von J. Peter Robinson) aus viel zu oft wiederholten Versatzteilen bereits bekannter Stücke, die sich nur selten allzu harmonisch zum Gesamtgeschehen verhalten, mal abgesehen von der hübschen Einleitung zu Filmbeginn.
Doch nicht nur die Stunts sind eine Erwähnung wert, auch das handwerkliche Geschick des Meisters ist anno ‘96 so phänomenal wie je zuvor. Herauszuheben ist natürlich der Kampf mit der Leiter in der Halle, dessen Choreografie mal wieder ins Staunen versetzt. Gerade hier übertreibt es Jackie fast schon mit den Hinweisen darauf, dass er doch eigentlich gar nix Böses will und nur ein lieber Kerl ist, der einfach nur die Wahrheit herausfinden und den Fall lösen möchte. Gelungene Einfälle wie der Kick auf den Stelzen oder das Versteckspiel durch das Apartment sorgen für die nötige Abwechslung im Detail, die den ansonsten schematisch ja immer sehr ähnlichen Jackie-Filmen Individualität verleiht. Geschmacksfrage ist da der Kampf unter Wasser - ich persönlich empfand ihn als recht gelungen, weil hier doch der Witz im Vordergrund stand, überhaupt den Versuch zu unternehmen, eine Unterwasser-Choreografie zu erstellen, weniger deren Misslingen bedingt durch die Unbeweglichkeit der Akteure unter Wasser. Alles in allem sei zu diesem Aspekt gesagt: Ziehen Sie sich warm an, Mr. Bond.
Wo aber leider der Hase im Pfeffer begraben liegt, das ist die Art und Weise, wie die Bond-Parallele stimmungsmäßig aufgezogen wird. Man hat am Ende dann doch den Eindruck, Stanley Tongs Regie wolle darauf hinaus, Bond nachzueifern und die Ironie darauf zu beschränken, dass man es eben nicht mit dem weltberühmten Superkerl aufnehmen kann. Jackies Stärken Bond gegenüber ergeben sich da eher beiläufig und werden nur bedingt in das selbstironische Konzept eingewoben.
Der Humor ergibt sich auch oftmals woanders, nämlich auf dem altbewährten Spielfeld. Es gibt einige Insider zu bestaunen (“Ach, und Jackie... lassen Sie das Singen.”) und viel von den klassischen Albernheiten - hässliche Koalabärenunterhosen, Nackt-Situationen und mehr. Dabei hilft nicht selten das Zusammenspiel mit alten Kollegen, wie etwa Bill Tung, der zum vierten Mal den lustigen Vorgesetzten gibt. Aber auch mit diversen Bösewichten wird herumgescherzt, die man bereits aus Filmen wie “Rumble in the Bronx” kennt.
Nimmt man alles zusammen, so mag vielleicht doch die Radikalität der ersten drei “Police Story”- Filme fehlen. Überhaupt ist “First Strike” vielmehr eine reine Comedyveranstaltung mit Untermauerung durch Actionszenen, was dem halb gelungenen, halb aber auch fehlgeschlagenen Versuch anzuschreiben ist, sich in Form einer Parodie an James Bond zu entfalten. In der Folge sehen wir aber leider nur wenig von der dunklen Seite unseres Seriencops, die bislang immer wieder aufblitzte. So ist die Action nicht mehr ganz so konsequent wie bislang, wenn halt auch vom technischen Aspekt aus betrachtet weiterhin ohne Zweifel herausragend.
Zu den positiven Veränderungen darf die Internationalisierung des Konzeptes gezählt werden, mitsamt der facettenreichen Drehorte und abwechslungsreichen Settings. Der Film vergeht quasi wie im Flug, ist also im höchsten Maße kurzweilig und lässt daher Längen vermissen, die bei den Vorgängern an der ein oder anderen Stelle vielleicht doch mal eingetreten sind. Schönes Ding und überraschenderweise immer noch kein deutlich wahrnehmbarer Qualitätsabfall in einer wahrlich sehenswerten Filmreihe, die zu Recht hiermit noch keinen Abschluss fand.

In Deutschland ist leider nur eine DVD erhältlich, die an Handlung und Action massiv gekürzt wurde. Wer eine ungeschnittene DVD haben will, kann seinen Blick beispielsweise nach Japan richten, wo Warner eine DVD mit der Hong Kong- sowie der US-Fassung in einem Paket veröffentlichte - der Laufzeitunterschied liegt bei etwa 20 Minuten.