
Originaltitel: Hong Kong 97
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1994
Regie: Albert Pyun
Darsteller: Robert Patrick, Brion James, Tim Thomerson, Ming-Na, Michael Lee, Andrew Divoff, Selena Mangh, Steve Day, Joey Leung, Nonong Talbo u.a.
1997, wir schreiben den Tag der Übergabe der Kronkolonie Hongkong an das chinesische Festland. Die Zukunft erscheint ungewiss, die Börsennotationen fallen ins Bodenlose und sogar die Streitmächte diverser führender Nationen befinden sich im Alarmzustand. In dieser Phase der Unruhe erschießt ein adrett gekleideter Weißer einen rotchinesischen General, was diverse Spekulationen anheizt: Gibt es Gruppen, die die Rückgabe Hongkongs an die Chinesen um jeden Preis verhindern wollen?
Kurz darauf wird der Attentäter beim Kopulieren mit einer sexy Chinesin massiv von ein paar Vermummten gestört. Zwar kann er sich mithilfe seiner Freudenspenderin seiner sprichwörtlich nackten Haut erwehren, fragt sich aber, wie es sein kann, dass dieser Vergeltungsschlag so unerwartet schnell über ihn hereingebrochen ist. Reg Cameron ist im übrigen sein Name und er handelte bei dem Attentat im Auftrag des britischen Geheimdienstes, der den gerichteten General als korrupt ausgemacht haben will. Reg ahnt, dass hier etwas nicht stimmt und er wendet sich an seinen ehemaligen Ausbilder Simon, um herauszufinden, wer ihm warum ans Leder will. Die Nachforschungen legen bald offen, dass sein Attentat auf den "korrupten" General alles andere als koscher war ...
Die Geschichte von The last Chance ist alles mögliche, nur nicht neu, spannend oder irgendwie originell. Doch das stört hier gar nicht so sehr. Der Film kommt verdammt schnell zur Sache, führt seine Figuren zackig ein und nutzt diverse Gelegenheiten, die Temposchraube mittels Shoot Outs anzuziehen. Diese profitieren von Albert Pyuns Gespür für ansprechende Bilder und seinem Talent zur Nachahmung, denn die Shoot Outs zeigen sich doch deutlich von John Woo beeinflusst. Genannt sei hier nur ein Shoot Out, in dem zwei Männer eine Horde "Straßenkehrer" in Zeitlupe, beidhändig ballernd, mit massiven Blutzoll und nett dahinwabernden Blutwolken ohne irgendeine Deckung zu nutzen übercool zu ihren Ahnen schicken. Diese ansprechende Qualität in den Actionszenen kann Pyun weitestgehend auf seinen gesamten Film übertragen, hat aber auch mit diversen Problemen zu kämpfen, doch dazu später mehr.
Optisch dominieren farbintensive, teils sogar farblich vollkommen übersättigte Bilder, die Pyun mit seinen heißgeliebten Farbfiltern überzieht, um so eine fast schon unwirkliche Atmosphäre zu erschaffen. Dabei gelingt es ihm vor allem auch sehr schöne Bilder der ehemaligen Kronkolonie und des hektischen Treibens in der Millionenmetropole einzufangen. Seinem Film (übrigens 3 Jahre VOR der Übergabe entstanden!) kommt die heraufbeschworene Atmosphäre des Aufbruches und der Veränderung, die wie ein Damoklesschwert über der gesamten Handlung schwebt, sehr entgegen und lässt The last Chance schon per se deutlich interessanter wirken als einen Großteil der Werke aus seinem doch recht umfangreichen Oeuvre.
Interessant ist auch die ordentliche Besetzung. Andrew Divoff ist als Bad Ass eh immer gern gesehen, kann hier augrund mangelnder Screentime allerdings keine Akzente setzen. Brion James, ein Urgestein im Filmbusiness, liefert hier einmal eine seiner selteneren, vollkommen overacting freien Darstellungen, die seinen Simon sehr sympathisch wirken lässt. Ming Na Wen, die noch vor kurzem zur Stammbesetzung von ER gehörte, hat ebenfalls eine Rolle in The Last Chance übernommen und empfiehlt sich in ihrer Arschtreterrolle als Actiongirlie, das obendrein optisch einiges hermacht. Robert Patrick als Reg spult unglaublich steif und nuancenlos seine Rolle als Hans Dampf in allen Gassen herunter und gefällt eigentlich immer nur dann ausnehmend gut, wenn er beidhändig ballernd durch die Kante segelt. Man muss im Bezug auf den Robert aber auch konstatieren, dass er vor allem im Umfeld seines T2 Megaerfolges in vielen Projekten sein damals mangelndes schauspielerisches Talent offenbarte und eigentlich erst mit zunehmendem Alter zu dem sympathischen, schauspielerisch gereifteren Charmebolzen wurde, der er heute ohne Zweifel ist.
Und damit sind wir auch schon bei der Quintessenz eines jeden Albert Pyun Reviews: den negativen Aspekten! Denn last Chance ist sicher einer der besseren Pyun Filme, doch das hat im Grunde nicht viel zu heißen, denn von Perfektion ist der Film - wie immer bei Pyun - doch recht weit entfernt. Die Dialoge sind brasslig dumm, die Charaktere sind alles andere als schlüssig ausgearbeitet und immer, wenn Pyun merkte, dass eine Dialogszene länger als drei Minuten andauerte, ließ er es einfach krachen, was die Actionszenen extrem unbeholfen eingebunden wirken lässt. Und da Pyun die Actioneinlagen dann auch noch durchgehend in Zeitlupe präsentiert, geht hier viel Spannung verloren und sie wirken mühsam gestreckt. Obendrein muss man den megamiesen Score erwähnen, der wie eine Ansammlung vorgefertigter Jingles eines Homekeyboardes wirkt!
Dennoch muss man anerkennen, dass The last Chance ein überraschend unterhaltsamer Actioner von Albert Pyun geworden ist <-- diese Worte sind an und für sich Lob genug, vor allem eben wenn man bedenkt, was für Grütze Pyun sonst so zu stemmen in der Lage ist!

Das deutsche Tape von VPS bietet den Film in seiner ungeschnittenen Originalfassung. Eine DVD gibt es bei unseren tulpenzüchtenden Nachbarn von dem Label Bridge Pictures.
In diesem Sinne:
freeman