Böse Schatten
Originaltitel: Love, Cheat & Steal
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1993
Regie: William Curran
Darsteller: John Lithgow, Eric Roberts, Mädchen Amick, Richard Edson, Donald Moffat, David Ackroyd, Dan O'Herlihy, Jason Workman, Claude Earl Jones, Jack Axelrod, Bill McKinney, John Pyper-Ferguson, Tom Kindle, Mary Fanaro, Chuck Zito u.a.
Irrungen und Wirrungen, Charaktere mit undurchsichtigen Absichten - daraus sind Thrillerträume gemacht.
“Böse Schatten”, im Original “Love, Cheat & Steal” bietet davon reichlich mit zunehmender Laufzeit, nachdem er doch mit scheinbar geklärten Fronten beginnt. Eric Roberts zu casten bedeutet zumeist, einen Bösewicht zu casten, während John Lithgow in seinen Rollen nicht selten ein gutmütiger Mensch ist, den man leicht überrumpeln kann. Wenn man nun noch die um einiges jüngere Mädchen Amick als Ehefrau an seine Seite stellt, kann man sich vorstellen, welches Szenario sich anbahnt in der Dreierkonstellation dieses Films: Der böse Roberts wird die manipulierbare Amick für seine Zwecke missbrauchen, um den gutmütigen Lithgow zu überrumpeln.
Es ist aller Ehren wert, dass Regiedebütant William Curran (auch Drehbuch) versucht, dieses bewusst offensichtlich gezeichnete Ausgangsszenario mit zunehmender Entwicklung des Plots durch unvorhergesehene Wendungen aufzubrechen, um den Zuschauer zu überraschen. Dass dies nicht immer gelingt, ist ob des TV-Niveaus, auf dem man sich hier bewegt, keine sonderliche Überraschung, bleibt aber mit den richtigen Erwartungen gut auszuhalten. Traut man dem Film nämlich die Ambitionen zu, sich etwas vom Einheitsbrei der Fernsehlandschaft abzuheben - und das tut man nach den recht spannenden ersten Minuten mit dem Ausbruch Roberts aus dem Gefängnis - so erwartet man schlichtweg, mit Wendungen überrascht zu werden. Und so weit, diese Erwartungen des Zuschauers auch noch einzukalkulieren, denkt das Skript dann doch nicht. Dass plötzlich alles in einem anderen Licht steht als zu Beginn, fällt also noch in den Bereich des zu Erwartenden - leider.
Weshalb kann man sich mit dem altbekannten Lug- und Trugspiel dennoch einen schönen Abend machen? Nun, da wäre in erster Linie das hübsch interagierende Dreigespann zu nennen. Lithgow, Amick und Roberts pflegen unter einem gemeinsamen Dach ein unterschwellig bebendes Beziehungsverhältnis, dessen Spannung sich vor allem daraus ergibt, dass Lithgows Figur Paul Herrington glaubt, seine Frau Lauren (Amick) und der ihm bisher fremde Reno (Roberts) seien Bruder und Schwester, wobei Reno in Wirklichkeit Laurens Mann ist und von ihr vor sieben Jahren nach einem gemeinsamen Coup hinter Gitter gebracht wurde. Und nun kehrt Reno zu Lauren zurück und zwingt sie unter Gewalt (die Lauren mit der Zeit aber zu gefallen scheint), Paul dazu zu missbrauchen, die Bank auszurauben, in der er arbeitet.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei sicherlich Mädchen Amick, bleiben Roberts und Lithgow bis zum getwisteten Ende doch in ihren Gut-Böse-Rollenschemata. Amick bewegt sich aber als Vermittlungslinie zwischen den beiden Männern und ist einmal die brave, treue Ehefrau, zum anderen aber das verruchte Luder, das durchaus dazu in der Lage wäre, ihren jetzigen Mann zu übergehen. Amick wird zur lolitahaften Femme Fatale, die sich nur zu gerne in die Opferrolle begibt, um vielleicht irgendwann mal aus ihrer Dummspielerei auszubrechen und alle auszutricksen. Auf eine passive Art zeigt sie sich verführerisch und aufreizend, was darzustellen absolut akzeptabel gelingt. Die Beinahe-Vergewaltigung durch Reno, die ständige sexuelle Erniedrigung im eigenen Haus und die abfällige Behandlung durch den ungebetenen Gast im Haus nimmt sie mit offen ausgetragenem Missfallen hin, das hinter der Fassade aber ein Gefallen nicht verbergen kann. So wird der Zuschauer verunsichert, inwiefern er Amicks Figur einschätzen soll.
Überraschend hochwertig sind auch die Dialoge, die entgegen der grauen TV-Inszenierung beinahe kinotauglich sind und jegliche Anzeichen eines B-Movies vermissen lassen. Sicher sind es keine Geistesblitze, die abgeschossen werden, doch hat man bei den Dialogsequenzen kaum mal ein verstimmtes Gefühl im Magen und wenn Roberts seine Gedanken vorträgt, die er im Gefängnis über seine Frau hatte, wird es teils sogar richtig stark.
Ein Schwachpunkt ist der bis zum Ende formelhafte Ablauf der Planungen rund um den Coup. Mit Richard Edson wird das kindliche Technikgenie in den Plot gebracht, das loyal seinen Komplizen steht, um am Ende dafür seine ungerechte Quittung zu bekommen. Der eigentliche Coup verläuft alles in allem ziemlich unspektakulär (wenn auch nicht ganz so unspektakulär wie in “The Hard Truth”), was auch für die Planungen gilt, wenn sich etwa Reno durch Paul eine Führung durch das Bankgebäude verschafft, um dadurch einen Plan zu erstellen von allen Räumen und Kameras. Andererseits werden spätere Plottwists in vorhergehenden Szenen doch überdurchschnittlich intelligent schon mal präpariert, so dass später vieles sinniger erscheint, als dies sonst der Fall gewesen wäre.
Gedanken an Filme wie “Wild Things” kommen einem beim Gedanken an “Böse Schatten” jedenfalls in den Sinn, qualitativ in vielen Bereichen freilich tieferklassig. Doch das Verwirrspiel zwischen Lithgow, Amick und Roberts hält viele würzige Situationen bereit, wenn Freund und Feind unter einem Haus leben, Freund von Feind dabei nicht zu unterscheiden ist, wenn Reno Lauren in die Ecke drängt und in den Schritt greift, während ein Zimmer weiter Paul durchs Haus schleicht und nach seiner Frau sucht. Der Plot selbst leidet an seiner Vorhersehbarkeit, was auch das wendungsreiche Finale mit einschließt, und die Inszenierung bleibt trotz Gefängnisausbruch und Autoverfolgungsjagd eher farblos, eben auf TV-Niveau. In gewisser Weise dennoch eine nette Darbietung.
Eine DVD ist nicht erhältlich, lediglich ein Video von VCL.
Böse Schatten
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