Sinking of Japan

Filme abseits des Actiongenres mit Actionhelden (irgendwie so in der Art).
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kami
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Sinking of Japan

Beitrag von kami » 09.02.2007, 19:04

Sinking of Japan

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Originaltitel: Nihon Chinbotsu
Entstehungsland: Japan
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Shinji Higuchi
Darsteller: Etsushi Toyokawa, Mao Taiichi, Akira Emoto, Mayuko Fukuda, Koji Ishizaka, Kunimura Jun, Tsuyoshi Kusanagi, Mitsuhiro Oikawa, Kou Shibasaki, Hideko Yoshida

Es hätte so schön werden können: Japans vielleicht bester Katastrophenroman, Sakyo Komatsus NIHON CHINBOTSU (unter dem Titel „Japan sinkt“ auch deutsch erschienen), welcher bereits 1973 sehr erfolgreich verfilmt worden war, noch einmal für die Leinwand adaptiert mit gigantischem Budget und modernsten Tricks unter der Regie von Japans bestem FX-Künstler Shinji Higuchi, der filmgewordene feuchte Traum eines jeden Spektakelfreundes.
Doch die Erwartungen trogen, der feuchte Traum entpuppte sich als ein langwährendes Alpträumchen, zu belanglos, um daraus aufzuwachen, dennoch quälend und unangenehm.

Im Prinzip standen die Filmemacher vor keiner allzu schwierigen Herausforderung: Die Story war durch die Vorlage vorgegeben, eine bewährte Dramaturgie hatte man bereits durch die Erstverfilmung zur Hand, auftrumpfen hätte man jetzt nur noch mit zeitgemäßerer Optik und spektakuläreren Effektszenen müssen, die zu bewerkstelligen mit dem über 20Millionen US$ schweren Budget sicher auch kein Problem gewesen wäre.
Aber Drehbuchautor Masato Kato, Videospielfans eventuell als kreativer Kopf hinter den Rollenspielklassikern XENOGEARS, CHRONO CROSS oder BATEN KAITOS ein Begriff, hatte andere Pläne, er übernahm von der Romanvorlage nur die Prämisse und einige Charakternamen, die eigentliche Handlung wurde neu geschrieben, der Fokus vom politischen Geschehen und dem Ringen um Asylmöglichkeiten für die Japaner hin zu Einzelschicksalen von Tiefseeforschern und Feuerwehrfrauen nebst Anhang gelenkt.
Wo in Vorlage und Erstverfilmung das tragische Schicksal Japans sich erst im Laufe der Handlung herauskristallisiert, steht es in der 2006er Neuverfilmung schon während den Openingcredits fest und wird später nur noch etwas konkretisiert.
Die Einführung ins Geschehen misslingt SINKING OF JAPAN dabei grandios, eine fette Spektakelszene gleich zu Beginn sieht zwar durchaus beeindruckend aus, hinterlässt aber den Zuschauer zunächst einmal ratlos, zumal die folgenden Szenen keinerlei Aufschluss erlauben, wie genau das gerade gesehene denn einzuordnen ist. Die erste halbe Stunde des Filmes verstreicht dann auch, ohne zu fesseln und steht bereits symptomatisch für den gesamten 140 Minuten langen Film. Der Zuschauer wird Zeuge diverser Einzelszenen, die allesamt, wenn überhaupt, nur höchst locker in eine Gesamtdramaturgie eingebunden sind. Menschen, die gleichgültig lassen, tun Dinge, die nicht interessieren, das, was man sehen möchte, nämlich das Untergangsszenario und seine direkten Konsequenzen, wird sträflich vernachlässigt.
Während der gesamten Lauflänge schafft es der Film, weder Interesse an den Charakteren noch wirkliche Spannung aufzubauen. Die Bedrohung durch das Absinken der japanischen Inseln wird nur selten konkret und fassbar, im Kontext zur Katastrophe wirkt aber auch das Geschwätz der Charaktere fehl am Platz und uninteressant. Wenn gerade halb Hokkaido am Brennen, Explodieren und Absaufen ist, tangiert es wahrscheinlich nur die wenigsten, warum die weibliche Sympathieträgerin unbedingt Feuerwehrfrau werden wollte, man erfährt es aber trotzdem in epischer Breite.
Diese Fehlentscheidungen bezüglich Dramaturgie und Storyfokus sind im Prinzip der Kardinalsfehler dieses Filmes, welcher dadurch nämlich streckenweise gähnend langweilig ist. Vor diesem Hintergrund verblasst selbst die gravierendste Storyneuerung. Im Gegensatz zum Original ergibt sich Japan nämlich nicht einfach seinem Schicksal, nein, das neue Japan kämpft. Professor Tadokoro, in der neuen Fassung ebenso wie in den Vorlagen oberste fachliche Autorität, zaubert nämlich eher beiläufig einen genialen Plan zur Rettung des geliebten Vaterlandes aus der Tasche, der zu allem Überfluss den Filmemachern auch noch Möglichkeiten für Zeitlupengeschmuse zu grauenhaften Pop-Geseiere, Heldentode und ordentlich Extrapathos einräumt, so dass man natürlich zum Finale ganz deutlich ARMAGEDDON trappsen hört.
Traurigerweise wird die wenig begeisternde Handlung nur unzureichend durch den für Katastrophenfilme üblichen Effektzauber kompensiert. Trotz des hohen Budgets war das Geld für die Effekte ganz offensichtlich sehr begrenzt, denn erstens gibt es verhältnismäßig wenige FX-Szenen (da gab es in der 1973-Verfilmung deutlich mehr), zweitens sind diese auch noch sehr kurz, im Gegensatz zu DAY AFTER TOMORROW oder auch ARMAGEDDON werden diese Sequenzen nie richtig ausgespielt, und drittens ist die Effektqualität zwar anständig, aber auch nur selten spektakulär. Was in Japan heute State-of-the Art ist, sah eben schon vor 8 Jahren in DEEP IMPACT deutlich beeindruckender aus, Stichwort Riesenwelle, hier eher trauriges Rinnsal. Bei dem für japanische Verhältnisse sehr großem Budget sind Effektqualität und -quantität auf alle Fälle enttäuschend und machen das magere Handlungskraut nicht fett.
Gelungen ist dafür die formale Umsetzung des Stoffes. Die Kameraarbeit ist gediegen und liefert schöne und teuer wirkende Bilder, der Ausstattung sieht man im Gegensatz zu den Effekten das hohe Budget sofort an, die Darsteller agieren mehr oder weniger überzeugend, Tarô Iwashiros Soundtrack untermalt den Film akkustisch auf Hollywood-Niveau.
Doch was hilft die schönste Panier, wenn der Fisch stinkt, und SINKING OF JAPAN stinkt leider ganz gewaltig. Die verschenkte Möglichkeit, einen wirklich beklemmenden Katastrophenthriller mit moderner Technik und hohem Budget noch einmal zu neuem Glanz zu verhelfen, ist ärgerlich, aber auch als eigenständiges Kunstwerk besteht dieser Film nicht, jeder durchschnittliche Hollywood-Beitrag mit Katastrophenthematik fällt überzeugender und vor allem unterhaltsamer aus.
:liquid3:

Die HK-DVD von Edko bietet den Film in erstklassiger Bild- und Tonqualität (anamorphes und gestochen scharfes Scope-Bild, krachender DD5.1EX und DTS-ES-Sound), dazu sehr gute englische UT, an Extras gibt´s den Trailer und eine Fotogallerie.

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Beitrag von SFI » 10.02.2007, 07:26

schade, darauf hatte ich mich gefreut! Trotzdem starkes Review!
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Beitrag von wolfman » 10.02.2007, 07:37

Ah, da ist der Film wohl gleich mit versunken. Danke fürs gute Review. Da einem der Film ja gerade in jedem Shop begegnet wird er da jetzt aber auch vorerst mal bleiben.

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Beitrag von freeman » 30.03.2010, 08:37

Ich fand die Prämisse des Filmes cool, das ganze Geschehen fast schon dokumentarisch aufzuziehen und mittels Texttafeln beispielsweise zu erklären, wa da gerade abgeht, wozu diese und jene Forschungseinrichtung da ist usw. Genau durch diesen Ansatz wird man aber auch net wirklich warm mit den Figuren, die obendrein wirklich katastrophal gezeichnet sind und eben eher eine praktische denn eine involvierende Existenzgrundlage haben. Die Desasterszenen reißen dann leider auch erstaunlich wenig (FX sind in Ordnung, wirken aber enorm altbacken!) und die dazwischen platzierten Showstopper, sind eben genau das: Enorme Unterhaltungsbremsen. Gegen Ende soll ein wenig Sentiment in den Film gespritzt werden, aber ich gebe zu, da hab ich dann schon rumgespult, weil die 140 Minuten dann doch enorm lang wurden ...
:liquid4:

In diesem Sinne:
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Beitrag von kami » 30.03.2010, 11:36

Schön, dass mal jemand hier den Film gesehen hat. Und offenbar sind unsere Eindrücke ja ähnlich.

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