
Originaltitel: Huo Yuanjia
Herstellungsland: China / Hongkong / USA
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Ronny Yu
Darsteller: Jet Li, Collin Chou, Jon T. Benn, Anthony De Longis, Masato Harada, Nathan Jones, Mike Leeder, Jean Claude Leuyer, Shido Nakamura und im Dir's Cut : Michelle Yeoh
Huo Yuanjia wird eines Tages Zeuge, wie sein ungeheuer kampfstarker Vater in einem Turnier einen speziellen Schlag nicht ausführt und darum den Kampf verliert. Als wäre dies nicht Demütigung genug, wird auch noch Huo von dem Sohn des Gegners seines Vaters kräftig verprügelt. Huo schwört sich daraufhin, nie wieder einen Kampf zu verlieren. Er trainiert verbissen und stellt sich bald jedem möglichen Gegner zum Zweikampf. Auf dem Höhepunkt seines Aufstieges wird er allgemein als bester Kämpfer seiner Provinz Tianjin anerkannt. Doch sein Erfolg im Kampf schlägt sich in einem unsteten, sehr alkoholverliebten Privatleben nieder. Auch seine Arroganz und Selbstverliebtheit wächst proportional zu seinen Saufschulden. In dieser Situation stellt ein anderer großer Meister sein Können in Frage. Es kommt zu einem verbissenen Zweikampf, den der Meister nicht überlebt. Sein Schüler rächt sich darob in einer Kurzschlusshandlung, indem er Huo Yuanjias Mutter und seine Tochter tötet. Huo klinkt sich daraufhin aus seinem bisherigen Leben aus und landet bei ein paar Reisbauern, wo er ganz nebenbei wichtige Werte vermittelt bekommt. Werte, die er zwar schon von seinen Eltern aufgezählt bekommen hat, die er aber erst jetzt wirklich begreift. Jahre später kehrt er gereift in seine Heimat zurück. Diese wird gerade von westlichen Mächten überrollt, die die Chinesen unterdrücken, wo sie nur können. Endlich sieht Huo Yuanjia die Zeit gekommen, seine Kampfkünste in den Dienst eines höheren Wohles zu stellen ...

Der Film Fearless beackert - historisch nicht immer sehr genau - das Leben des tatsächlich gelebt habenden Huo Yuanjia. Dieser wurde um 1868 geboren und gilt als Meister der Kampfsportart Mízo-ngyì. Wirklich populär ist er für die Errichtung der Jin Wu Federation geworden. Ein Zusammenschluss von chinesischen Kampfkunstschulen, die nach seinen Werten und Moralvorstellungen unterrichten. Als Held wird Huo Yuanjia heute vor allem deshalb gefeiert, weil er sich in spektakulären Schaukämpfen den besten Kämpfern der imperialistischen Mächte stellte und stets als Sieger hervorging. 1910 verstarb er - angeblich - aufgrund einer Vergiftung ...
Dieser Person nähert sich Regisseur Ronny Yu in einem deutlich in drei Teile gegliederten Kampfkunstfilm. Im ersten Drittel erfahren wir alles über Huos Kindheit, sein ungestümes Wesen und seinen Aufstieg zu einem großen, aber arroganten und in Saus und Braus lebenden Kämpfer. In diesem Abschnitt lancieren Choreograph Yuen Woo Ping und Jet Li ein Feuerwerk an spektakulären, enorm abwechslungsreichen Kampfszenen, bei denen keine einzige einer anderen ähnelt. Haben wir einmal reine Hand to Hand Kombats, werden im nächsten die verschiedensten Wushuwaffen gebraucht. Ging es gerade noch bodenständig zu, wird im nächsten Kampf mittels gezieltem Wire Work Einsatzes elegant durch die Lüfte geschwebt oder findet ein Kampf in schwindelerregenden Höhen auf einer Holzbühne statt. Die Fights sind dabei allesamt vom Feinsten und transportieren eine gesunde Härte. Eingefangen werden sie aus teils spektakulären Perspektiven, wobei die Vogelperspektiven einfach den edelsten Eindruck machen. Dieser Abschnitt spitzt sich mehr und mehr auf einen dramatischen und sehr wuchtig vorgetragenen Höhepunkt zu und leitet das nächste Filmdrittel ein ...

Die Läuterung Huos. Bei Reisbauern lernt er, dass das höchste Gut nicht darin besteht, andere Leben zu beenden, sondern sie zu achten. Er beginnt zu begreifen, was sein Vater und seine Mutter ihm vermitteln wollten, wenn sie ihn darauf verwiesen, dass Martial Arts nur zur Selbstverteidigung dienen und er beginnt zu erkennen, was seine Eltern meinten, wenn sie sagten, der größte Gegner eines Kämpfers sei er selbst. Frei nach dem Lao Tse Sprichwort: Andere zu beherrschen erfordert Kraft, sich selbst zu beherrschen erfordert Stärke. Mit grandios stillen Momenten (traumhaft schön die Szenen der Bauern, die die frische Brise genießen), wunderschönen Landschaftspanoramen und einem schauspielerisch unglaublich starken Jet Li gerät ausgerechnet der ruhigste und vollkommen actionfreie Abschnitt zum Besten des gesamten Filmes. Aufgrund der vorherigen, hochdramatischen Ereignisse in Abschnitt eins transportiert der zweite Abschnitt obendrein - auch und vor allem dank des wundervollen Scores von Shigeru Umebayashi - eine melancholische, sehr berührende Grundnote, die den Wandel Huos absolut nachvollziehbar und glaubwürdig macht, auch wenn genau dieser Abschnitt ruhig noch ein wenig länger hätte sein können (was er im DC ja dann auch ist).
In Abschnitt drei lässt dann Ping den Kampfkunst Li wieder von der Leine. Li bleibt allerdings auch in diesem Abschnitt darstellerisch hochgradig beweglich und überrascht mit einem mehr als subtilen Minenspiel und einem umfangreichen, ebenfalls eher understatementartig angehauchten Gestenrepertoire. Gerade die Abschnitte zwei und drei präsentieren einen darstellerisch ungemein gereiften Li und lassen für neuere Produktionen nur hoffen. Und bevor es zu Unklarheiten kommt: Natürlich funktionieren die beiden letzten Abschnitte darstellerisch nur deshalb so gut, weil Li auch den ungestümen Charakter sehr eindrücklich wiedergibt, doch die ruhigen und überlegten Momente überraschen eben deutlich mehr. Doch zurück zur Action. Diese bleibt auch im dritten Abschnitt auf reine Turnierkämpfe beschränkt und bietet reine Mann gegen Mann Kämpfe, die ebenfalls wieder so abwechslungsreich wie möglich gestaltet wurden.

Wie aus der Darstellung der Abschnitte und der Inhaltsangabe hervorgeht, ist die eigentliche Geschichte hinter Fearless nun wahrlich nicht die Ausführlichste oder Komplexeste. Doch darauf kommt es in Fearless auch gar nicht an. Der Film wird zusammengehalten und getragen von dem, was Kampfkünste ausmacht. Er ist eine Art Reflexion sowohl über den Geist der Kampfsportarten als auch über einen Mann, der erst sich selbst besiegen muss, um wirklich sein Leben meistern zu können. Diese Ansätze sind es, die den Film hochinteressant machen und wohl vor allem Kampfkunstfans ziemlich begeistern dürften. Und das ein Jet Li nach ebenjenen vermittelten Grundsätzen lebt, machen Bemerkungen wie: "Das ist mein persönlichster und wichtigster Martial Arts Film!" überdeutlich. Li selber hat ja nun mit Fearless seinen Rückzug aus dem Wuxia Genre angekündigt. Ob nun aus Altersgründen oder weil sich das Genre allmählich selber überholt, ist zwar nicht klar, in jedem Fall ist es allerdings ein großer Verlust. Immerhin hat gerade Jet Li das Genre deutlich mitgeprägt und war dabei, als es dank Tsui Harks Once Upon a Time in China eine neue Initialzündung erhielt und dem Hongkongkino zu einem unglaublichen Aufschwung verhalf. Li wurde durch diese Werke zum Star und auch der Abstecher in die USA entfernte ihn nie von dem Genre, wie bereits Hero bewies. Umso trauriger ist dann auch der Umgang mit dem Streifen, der für eine internationale Auswertung um 40 Minuten erleichtert wurde. Dieses Vorgehen zeugt nicht wirklich von viel Respekt gegenüber Li und dem doch hochkarätigen Drehteam, das mit Yuen Woo Ping eine der Ikonen der Martial Arts in Filmen aufbieten kann und mit Regisseur Ronny Yu den Inszenator der grandiosen Blut-, Schwert- und Liebesoper Jiang Hu - Magie des Schwertes (Bride with White Hair) auf der Habenseite verbuchen kann.

Glücklicherweise haben diese vor der Auswertung noch nichts von diesem lieblosen Umgang mit ihrem "Baby" geahnt und präsentieren sich allesamt in absoluter Topform. Ronny Yu lanciert wunderschöne und knallig bunte Bilder der prachtvoll und stimmig ausgestatteten Schauplätze, lässt die Kamera kreisen, schweben und nur selten ruhig verharren und erlaubt es jedem einzelnen Fight zu einem optischen Hochgenuss zu mutieren. Hier dominieren Totalen des spektakulären Treibens und als kleines Leckerlie obendrauf lanciert er einige der wohl anmutigsten Zeitlupenstudien der versierten Kampfkünste von Jet Li überhaupt. Li selber überzeugt erstmals auch endlich nicht nur kämpferisch, sondern - wie bereits mehrfach angedeutet - auch darstellerisch. Der Rest des ihn flankierenden Castes leidet zwar unter einer extremen Vernachlässigung jeglicher Art von Charakterzeichnung, macht aber dennoch das Beste aus der Situation und hält sich vor allem mit dem allseits gefürchteten Overacting vollkommen zurück. Eigentlich ist es nur der starke Li, der im hustenden und keuchenden Finale ein wenig zu sehr überzieht. Im Dir's Cut von Fearless kommt es in einer umklammernden Rahmenhandlung noch zu einem Wiedersehen mit Michelle Yeoh, mit der Li bereits in dem Wuxia Streifen Tai Chi unter der Regie von Yuen Woo Ping spielte. Über allem thront der große Score von Shigeru Umebayashi, der dem Streifen einen ganz eigenen, melancholischen, niemals melodramatischen Grundton verleiht und mit wunderschön nur unzureichend umschrieben werden kann.
Das Ergebnis ist ein würdiger Abschied Jet Lis von einem Genre, das ihn einst groß gemacht hat. Er bedankt sich bei "seinem" Genre mit einem wirklich gelungenen Portrait eines Nationalhelden von China und einer umfassenden Reflexion zu verschiedenen, den Kampfsportarten allgemein inhärenten Wertvorstellungen. Dabei werden munter alle bekannten Klischees des Wuxia Genres aufgefahren und abgehakt. Dass dies nicht zu einer lieblosen Aneinanderreihung von Altbekanntem oder gar zu einer trockenen bzw. langweiligen Schulmeisterei mit erhobenen Zeigefinger verkommt, garantieren enorme Schauwerte, grandiose Fightsequenzen, gelungene Schauspielleistungen und ein weithin strahlender Score. Großes Kino, das wirklich auf die große Leinwand gehört hätte ...

Die deutsche DVD von Constantin kommt mit einer FSK 12 uncut (entsprechend der internationalen - eher actionorientierteren Filmauswertung von Fearless), ist gegenüber dem Dir's Cut allerdings stark ausgedünnt wurden. Die Langfassung erhält man unter anderem aus Hongkong von dem Label: Edko Films Ltd.
In diesem Sinne:
freeman