
Originaltitel: Daai Chui Hap / Come drink with me
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 1966
Regie: King Hu
Darsteller: Cheng Pei Pei, Yam Ho, Yueh Hua, Chen Hung Lieh, Yeung Chi Hing, Simon Yuen Siu Tin, Ku Feng, Lee Wan Chung, Kok Lee Yan, Han Ying Chieh, Fung Ngai, Wong Yeuk Ping, Jackie Chan
Es ist heute schwer zu verstehen, weshalb ausgerechnet “Come drink with me” als Genreklassiker, ja beinahe Referenz gilt, von Fans als herausstechend empfunden wird und ihnen zufolge die Messlatte für Swordsplay-Filme auch deutlich nach oben korrigiert hat.
Letzteres mag in Anbetracht des recht frühen Produktionsdatums noch nachzuvollziehen sein, immerhin zeigt Regiemeister King Hu parallel zum memorablen “Die Herberge zum Drachentor” und drei Jahre vor Beginn der Produktion seines Meisterwerkes “Ein Hauch von Zen” einmal mehr sein Talent dafür, einem inflationären und nicht immer seriösen Genre mit innerer Kraft und Ruhe ein qualitatives Fundament zu verleihen. Dass anno 1966 mit dieser Grundqualität Maßstäbe gesetzt wurden, ist also kein Ding der Unmöglichkeit. Doch “Come drink with me” ist zweifellos auch Opfer des Zahns der Zeit, und wer - wie ich - erst heute in den Genuss kommt, der hier erzählten “Rescue Mission” beizuwohnen, der wird Schwierigkeiten haben, in die Jubelarien eingefleischter Shaw Brothers-Anhänger einzustimmen. Denn zu sehen gibt es heuer nurmehr ordinäre Versatzstücke, gekonnt zusammengesetzt. Zu “Ein Hauch von Zen” bestehen einige Qualitätsunterschiede, der bedeutendeste ist aber die nicht vorhandene Zeitlosigkeit.
Einige Passagen bevorzugt in der ersten Hälfte lassen jedoch hier und da jene Zeitlosigkeit aufblitzen, aber jeweils nur kurz. Die einleitende Entführung des Gefängnisdirektors aus der streng bewachten Eskorte ist hervorragend choreografiert und gleichermaßen realistisch, dennoch künstlerisch-ikonisch eingefangen. Auch vor Blut macht die Kamera keinen Rückzieher; Leiber werden gewaltsam durchstoßen, Glieder abgetrennt. Manchmal im Off, jedoch nicht zwangsläufig; und wenn, spritzt doch eine Fontäne des roten Lebenssaftes aus ihm hervor, wie in der Tötung des neugierigen Mönches im Lager der Entführer, atmosphärisch bei strömendem Regen, als wenn Wasser und Blut in einem Gefecht aufeinander losgingen und sich vermischten.

Eine Szene in einem Restaurant stellt sich dann später gar als stilbildend für Ang Lees “Tiger & Dragon” heraus, als die weibliche Hauptfigur ihren Einstand gibt, und zwar mit einer Präsenz, die im folgenden den kompletten Film bestimmen wird. Interessanterweise handelt es sich bei der hier noch 20-jährigen Darstellerin um Cheng Pei-Pei, die 34 Jahre später in “Tiger & Dragon” den Charakter “Jadefuchs” verkörperte. Wie dort Zhang Ziyi demonstriert sie hier ziemlich entertainmentfreundlichen Minimalismus und kämpferische Effizienz auf höchstem Niveau, als sie bloß am Tisch sitzt und ungerührt wartet, bis sich ihre Angreifer von hinten oder von der Seite nähern. Da ist eine Frau, deren Allmacht die hampelnden Männer um sie herum geradezu erniedrigt, und im folgenden wird es darum gehen, dass der ebenso unnahbare Hauptgegner “Jade Face Tiger” sich mit ihr, die den Namen “Golden Swallow” (so wurde dann auch das Sequel getauft) auserkor, ein Duell der “Unbesiegbaren” liefert.
Mitnichten jedoch bleibt die Unbesiegbarkeit der mächtigen Figuren erhalten und das macht sie unter anderem so ausgesprochen interessant. “Golden Swallow” und “Jade Face Tiger” werden bluten, die weiße Schminke des Letzteren ist eine Maske, die aufgebrochen werden wird. Während die Charakterkonstellationen allzu konventionell bleiben, sträuben sich die Figuren mit aller Macht dagegen, bloß Stereotype wiederzugeben. Dazu ist ohne schlechtes Gewissen auch Yueh Huas kauzig angelegter “Drunken Cat” zu zählen, der ergiebig die Komödie bedient, ohne ins Chargierende zu verfallen, auch weil seiner Figur eine unberechenbare Schattenseite anhaftet, die man nie so recht einschätzen kann.
Das macht mit Sicherheit einen guten Film in der Endabrechnung, dessen eigentliche Qualitäten nur leider heute nicht mehr so gut zur Geltung kommen, zumal ihm in der zweiten Hälfte die Puste ausgeht - was recht ansprechend vorbereitet wird, kann nicht mehr ansprechend beendet werden. Aber alleine schon produktionstechnisch lohnt der Blick, möglicherweise als Vorbereitung auf die ganz großen Filme des King Hu.
Trivia am Rande: In der Restaurantszene führt eine Gruppe von Kindern unter der Aufsicht des Charakters “Drunken Cat” Gesang und Tanz auf. Laut seiner Autobiografie soll Jackie Chan damals eines dieser Kinder gespielt haben. Trotz Bemühung von Standbild und Slow Motion konnte ich ihn allerdings nicht identifizieren, was aber aufgrund seines damaligen Alters von zwölf Jahren und der relativ unübersichtlichen Anzahl von Kindern nicht notwendigerweise etwas zu sagen hat.

Die DVD kommt recht günstig von MIB, ungeschnitten ab 16 Jahren. Die Bildqualität ist nicht schlecht, vor allem die Farben kommen gut zur Geltung. Sprache: Deutsch und Mandarin mit englischen UT, Bonusmaterial beschränkt sich auf Produktionsnotizen, Filmografien, Bildergalerien und Kinotrailer.