freeman im Woo Fieber
Red Cliff I und II
Originaltitel: Chi bi
Herstellungsland: China
Erscheinungsjahr: 2008
Regie:
John Woo
Darsteller:
Tony Leung Chiu Wai, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Lin Chi Ling, Vicki Zhao Wie, You Yong, Shidô Nakamura, Hou Yong, Sun Chun, Song Jia u.a.
Red Cliff oder: Der Mozart der Zerstörung kehrt zurück zu seinen Wurzeln.
John Woo ... Vor Jahren kehrte er kurz vor der Rückgabe der Kronkolonie Hongkong an die Chinesen seiner Heimat den Rücken und folgte dem Ruf der amerikanischen Filmfabrik. Den Einstieg ermöglichte ihm van Damme mit seinem Vehikel Hard Target. Dieses wurde von der Kritik als einer der schlechtesten Woo Filme und als bester van Damme Filme abgetan, machte aber mit seiner Actionkettenreaktion im Showdown eines unmissverständlich klar: Hier war ein ganz Großer nach Hollywood gekommen, um den Actionmachern der Traumfabrik – die er dank Hongkong Krachern wie The Killer, A Better Tomorrow oder Hard Boiled seit Jahren beeinflusst hatte – das Fürchten zu lehren. Es folgte mit Broken Arrow eine Speed mit Atombomben Actionextravaganz und darauf sein ultimatives US Meisterwerk: Face/Off, mit dem er das Genre gewaltig durcheinanderwirbelte und aufzeigte, dass gute Story, Top Darsteller und brachiale Action einander nicht ausschließen müssen. Erfolgstechnisch stand nun mit Mission Impossible 2 der absolute Höhenflug in den Startlöchern, doch danach ging es bergab. Woo verhob sich an dem etwas unausgegorenen und unglücklich besetzten Ben Assleck Flop Paycheck. Die Tatsache, dass in der deutschen Journalie bei Ankündigung des hier zu besprechenden Streifens Red Cliff behauptet wurde, dies sei der erste Film von Woo seit Paycheck, deutet bereits an, dass auch sein letzter US Streifen Windtalkers nicht ganz den Zuspruch erhielt, den man von einem Woo Werk erwartet hätte.
Woo hatte vorerst genug von der Traumfabrik und folgte nach einer längeren Auszeit dem Ruf der ehemaligen Heimat. Er sollte eines der größten Prestigeprojekte des Landes stemmen. Red Cliff, die Geschichte des Übergangs von der Han Dynastie in die geschichtliche Phase der Drei Königreiche und damit eine Episode aus der im 14.Jahrhundert veröffentlichten "Geschichte der Drei Reiche" nach Luo Guanzhong, die Literatur und Filmschaffen der Chinesen über Jahrhunderte hinweg beschäftigte. Woo erhielt vollkommen freie Hand, ein überbordendes Budget und die Zusicherung, sein mehr als episch angelegtes Werk als Zweiteiler in die Kinos bringen zu dürfen. Damit haben wir die einleitende Phrase schon einmal mit der offensichtlichsten Ausprägung umschrieben. John Woo kehrte nach Jahren des Fremdelns für Red Cliff in seine Heimat zurück. Doch auch filmisch kehrte er zu seinen Wurzeln zurück, waren doch seine ganz frühen Werke Filme für das große HK Studio Golden Harvest, das zu Woos Lehrjahren vor allem mit astreinen Kung Fu Krachern Geld machte. Red Cliff ist nun auch eine Hommage an diese Zeit, ein übermächtiges Kostümspektakel mit ausufernden Martial Arts Einlagen. Eines, das ihm auch ermöglichte, thematisch zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Dazu nun mehr ...
Red Cliff I
Die Han Dynastie hat sich mehr oder weniger inzwischen selbst überlebt. Der aktuell amtierende, viel zu junge Kaiser des Landes herrscht über ein zersplittertes Reich, das sein Premierminister Cao Cao, ein engagierter und karriereversessener Mann, gewaltsam unter seiner Knute einen will. Er manipuliert den Kaiser ausgiebig, der ihm daraufhin den Befehl erteilt, die „rebellischen“ Teile des Landes zu unterwerfen. Der erste Leidtragende ist der Herrscher des Westens, Liu Bei, der den mit aller Kraft in seine Machgefilde drängenden Nordchinesen nichts entgegenzusetzen hat und umsichtig vor allem das Wohl der Millionen Flüchtlinge seines Landes im Blick hat. Sein strategischer Berater Zhuge Liang weiß, dass man den Truppen Cao Caos nichts entgegenzusetzen hat und man Verbündete suchen muss. Also wendet er sich an die Südchinesen unter Sun Quan, ein junger Herrscher, der sich aber gegen seine der Tradition verhafteten Minister nicht so recht durchsetzen kann. Also wendet sich Zhuge Liang an den eigentlichen militärischen Befehlshaber des Südens. Zhou Yu ist der Bruder des südchinesischen Herrschers und mehr als nur angetan von dem taktischen Geschick Zhuge Liangs. Um sein Land zu retten, bewegt er seinen Bruder zum Kriegseintritt und zum Kampf gegen Cao Cao. Dieser stellt die verbündeten Heere am Red Cliff ...
Red Cliff I dient Woo vor allem dazu, die Figuren für die große Endschlacht in Teil II in Position zu bringen. Dabei bewegt er sich zunächst auf ihm vertrauten Terrain und lässt in den ersten 25 Minuten Actionszene auf Actionszene folgen und postuliert das Ziel seines Filmes: Die Schaffung eines Machtdreiecks in China, das sich machttechnisch vollkommen ausbalanciert und drei Reiche präsentiert, bei denen es ein einzelnes nicht schaffen wird, die anderen zu unterjochen. In flottem Tempo liefert Woo wuchtige Actioneinlagen und zeichnet ein gar düsteres Bild der Zustände in China. In der Folge beginnt das große Taktieren. Parteien, die sich belauern, aufeinander zugehen, sich wieder voneinander entfernen und er legt den moralischen und emotionalen Grundstein für seine Geschichte, indem er die Männerfreundschaft (Woos absolutes Lieblingsthema) von Zhuge Liang und Zhou Yu anberaumt und immer weiter vertieft, was in einer seiner grandiosen Heroic Blooshed Beziehungen mündet, die dem Zuschauer beide Figuren aufs Innigste ans Herz wachsen lässt. Zudem spielen Woos favorisierte Themen Freundschaft, Ehre und Loyalität die Hauptrollen im umfangreichen Handlungsabschnitt von Red Cliff I, was den Zuschauer ungeheuer wirkungsvoll mitten in die Geschichte von Red Cliff hineinzieht.
Und obwohl im Mittelteil des Filmes eigentlich actiontechnisch gar nichts passiert, flirrt der Film vor Spannung und erschafft Woo einzigartige Szenen, wie die großartige Sequenz, in der sich Zhuge Liang und Zhou Yu eine Art Musikwettstreit liefern, um kurz darauf aus der Art des Spiels des Gegenübers Schlussfolgerungen über dessen Charakter und Einstellung zu ziehen. Hier ist Woo absolut auf der Höhe seines Schaffens und er kreiert beinahe beiläufig endlich mal wieder einen echten Höhepunkt in seiner Karriere. Der zudem mit einer echten Neuerung aufwartet. Denn so stark manche Frauenfigur in Face/Off auch angemutet haben mag, Frauen spielten für Woo noch nie eine Rolle. Man munkelte gar häufig, dass er mit Frauenfiguren so gar nichts anfangen könne und er seine Moralkodizes nicht in der Art auf sie übertragen könne, wie es ihm bei seinen grandiosen Männerfreundschaften immer wieder gelang. Doch in Red Cliff sieht das ganz anders aus. Und in Red Cliff II wird sich dieser Eindruck noch verstärken. Denn die Frauenfiguren in Red Cliff lassen sich nicht herumschubsen, sich nicht bevormunden und begehren sogar gegen Traditionen wie abgesprochene Heiraten auf, nur um in Teil II sogar aktiv ins kriegerische Geschehen einzugreifen und für echte emotionale Berg und Talbahnen in der Spannungskurve des Filmes zu sorgen.
Inszenatorisch erkennt man Woo natürlich vor allem in den Actionszenen wieder, die alle seine Manierismen transportieren, die man so kennt. Highlight ist dahingehend freilich die erste große Schlacht, die mit einer so noch nie gesehenen Kriegstaktik aufwartet, die sich nicht nur Anregungen aus der Natur holt, sondern auch Kriegerformationen auffährt, die erstaunlich organisch anmuten und sich scheinbar andauernd zu verändern und an die Gegebenheiten anzupassen scheinen. Dies ist eine weitere Stärke der Actionszenen in Red Cliff, denn hier spielen in bisher unbekanntem Maße Taktiken eine große Rolle. Es gibt Einsatzbesprechungen vor den Schlachten, Gruppenbewegungen werden geplant, sogar das Wetter eingerechnet und nichts in den Schlachtenszenen mutet irgendwie zufällig an. Dazu kommt dann freilich noch Woos Auge für großartige Actionszenen. Gemeinsam mit dem Choreographen Corey Yuen entwirft er gigantische Actioneinlagen, die wuchtig, brachial, urstbrutal und martialisch daherkommen und dennoch die für Woo typische Poesie in den heftigsten Materialschlachten transportieren. In Ultrazeitlupe wird hier durchbohrt, aufgeschlitzt und zerhackt. Jede noch so brutale Szene wird überstilisiert und in etwas Formvollendetes und Wunderschönes verwandelt und um die Kamera herum tanzen die Gegner den Tanz des Todes und spritzt das Blut fast schon anmutig an der Kameralinse vorbei. Fraglos, so kann aktuell nur einer inszenieren UND das Beste: Er hat endlich wieder bemerkt, dass er es kann! Klar, die daraus resultierende Action gewinnt keinen Preis in Sachen Realismus und Wirework in heftigstem Schlachtengetümmel wird so manchem Nichtasiaten sauer aufstoßen, aber wenn man sich darauf einlässt, wird man belohnt mit einem Bildgedicht in Dunkelrot ...
Das Ergebnis präsentiert den Actionmaestro John Woo in vollendeter, aus der Asche emporgestiegener, phönixscher Größe. Er besinnt sich vollkommen auf seine größten Stärken und wetzt einige altbekannten Scharten (Die Damenwelt!) gar formidabel aus. Das Ergebnis ist ein optischer Bilderrausch voll von Figuren, die handeln, wie Figuren im John Woo Kosmos eben handeln: selbst in aussichtlosesten Situationen fordern sie Fairness und gegenseitigen Respekt voneinander ein, lassen die Freundschaft und Ehre hochleben und schwelgen in überhöhten Männerritualen. Garniert mit fettester Action kommt hier zu keiner Sekunde Langeweile auf und kann man eigentlich nur an einem Punkt wirklich mäkeln: Die Effektfirma The Orphanage liefert zwar gute Arbeit ab, erreicht aber leider bei Weitem keinen durchweg befriedigenden Standard ...
Red Cliff II
Red Cliff II beginnt, wie man es sich am Ende von Teil I denken konnte. Die Nordchinesen belagern die Südchinesen und deren westchinesische Verbündete am Red Cliff mit einem gigantischen Heer auf der Landseite und einer riesigen Flotte auf der Seeseite. Doch nicht die Belagerten haben mit dieser Situation ihre Probleme, vielmehr sind es die Belagerer. Diese kommen mit den klimatischen Bedingungen im Süden des Landes nicht klar und Typhus bricht aus. Während sich die Belagerten aus Gründen der Ehre weigern, einen hinterhältigen Guerillakrieg zu führen, verschiffen die Belagerer ihre Toten ins belagerte Feindesland und lassen dort den Virus wüten. Und wirklich, der Virus ereilt auch die Südchinesen und das ohnehin fragile Bündnis zwischen West- und Südchinesen zerbricht. Bis auf den Taktiker Zhuge Liang ziehen die Mannen um Liu Bei ab, um fortan nur noch ihr eigenes Land gegen Cao Cao zu verteidigen. Ihrem Schicksal überlassen beginnen sich die Südchinesen auf die finale Schlacht vorzubereiten und versuchen dem übermächtigen Gegner trotz aller Hindernisse niederzuringen. Da erfährt die Frau von Zhou Yu, dass Cao Cao nicht nur wegen der Eroberung des Südens und Westen ausgezogen ist! Vielmehr hat er seit Jahren ein Interesse an ihr und hofft, mit der Unterwerfung des Südens und ihres Mannes auch ihr Herz erobern zu können ...
Teil II beginnt im Vergleich zum rasant voranpreschenden Erstling tempomäßig ein wenig verhalten, ist dafür aber vor allem zu Beginn ungleich düsterer geraten. Vor allem die Szenen um die typhuserkrankten Soldaten und das Taktieren mit dieser verheerenden Krankheit verschaffen dem Film einige beklemmende Momente. In der Folge und zur Auflockerung der düsteren Grundstimmung entwirft John Woo ein erstaunlich witziges Intrigenverwirrspiel, das absolut vollendet auf die beiden Hauptfiguren Zhuge Liang und Zhou Yu zugeschnitten ist, die hier mit schelmischen Witz beweisen, dass man, egal wie aussichtslos eine Lage auch scheinen mag, niemals den Mut und seinen Humor verlieren sollte. In dieser Entwicklungsphase seines Filmes legt Woo dann auch den Grundstein für den emotional unwahrscheinlich aufgeladenen Schlussakt um verschmähte und wirklich gelebte, tief empfundene Liebe, was der Darstellerin von Chiling Lin und damit Zhou Yus Frau viele Momente zum Glänzen beschert. Auch um Wei Zhao, die andere Frau im Film, webt Woo ein fragiles, höchst zerbrechliches Liebesgewirr, eingebettet in eine niedliche Verwechslungsposse, die wie die anderen humorigen Einlagen im Film zwar für Verschnaufpausen ob der Dramatik sorgen, aber niemals ins Alberne oder Überzogene abdriften. Denn freilich liegt das Hauptaugenmerk des Drehbuches und der Geschichte auf der Schlacht von Red Cliff ...
Diese bildet dann den knapp 40minütigen, waffenstarrenden, blutspritzenden, knochenzerberstenden Höhepunkt der beiden Red Cliff Teile und entfesselt eine Feuerwalze, die einem reinigenden Gewitter gleich in die Figurenkonstellationen fährt und keinerlei Fragen mehr offen lässt. In allerfeinster Heroic Bloodshed Manier sterben hier die Helden, die Bösewichter, scheinbar unschuldige Soldatenseelen und auch die ganze Gegend um Red Cliff scheint bis auf die Grundmauern niedergebrannt zu werden, um auf der Asche etwas Neues errichten zu können, das Jahrhunderte überdauern soll. Zwar ist The Orphanage mit diesem gigantischen Inferno wieder ein wenig überfordert, doch Woos straffe Actionregie setzt nicht allzu oft auf computergenerierte Komplettansichten, sondern geht mitten rein ins Geschehen, um in nie gesehener Detailverliebtheit Gegnerhorden aufeinanderprallen und sterben zu lassen.
Was bei dem Komplettwerk erstaunt, ist, dass Red Cliff zwar ungemein episch angelegt ist, die Personenzahl, die es zu beobachten gilt, aber durchaus begrenzt anmutet. Es gibt keine von der Haupthandlung wegführenden Nebenhandlungen und –schauplätze. Jede Szene ist einzig und allein auf die finale Schlacht ausgerichtet und genauso kommen nur die Figuren zum Zug, mit denen der Regisseur eben straight auf dieses Finale hinarbeiten kann. Dementsprechend werden zwar manche Randfiguren immer mal kurz ins Rampenlicht gerückt, doch erfahren tut man über sie nichts. Genannt sei einmal stellvertretend Zhao Zilong, ein Held der chinesischen Geschichte, der hier wirklich nur eine fast dialoglose Nebenrolle spielt. Wer mehr über ihn erfahren möchte sollte sich den hyperkinetischen Genrekracher Three Kingdoms zu Gemüte führen, dessen Fokus dann komplett auf der von Superstar Andy Lau verkörperten Heldenfigur liegt. Doch in Red Cliff ist im Grunde nur Platz für Zhuge Liang, Zhou Yu, Cao Cao, Chiling Lin und Wei Zhao. Und von diesen Figuren sind Wootypisch die in inniger Freundschaft verbundenen Zhuge Liang und Zhou Yu die wichtigsten Figuren, die den Film auch durchweg tragen und dafür vom Drehbuch mit vielschichtigen, interessanten Charakterprofilen belohnt werden. Wofür sich beide Darsteller der Figuren mit absoluten Edelperformances bedanken. Zwar wirkt Takeshi Kaneshiro als Supertaktiker Zhuge Liang ein wenig zu jung, doch diesen Eindruck lässt man ob seiner charmanten und ungemein verschmitzten Darstellung schnell fahren. (Wann immer er im Film erleuchtet lächelt, muss man als Zuschauer auch immer sofort mitschmunzeln!) Kaneshiro wurde mit Tony Leung als Zhou Yu einer der Edelschauspieler Hongkongs an die Seite gestellt, der zunächst rückhaltend agiert, um dann im weiteren Verlauf zunächst immer diffiziler und dann immer wuchtiger aufzuspielen. Zudem gibt er sogar seit Langem mal wieder einen sehr kämpferischen Actioncharakter, was ihm ebenfalls hervorragend steht. Und wir erinnern uns: Der letzte Film von John Woo in Hongkong war Hard Boiled. Wer war hier einer der großen Actionhelden? Genau, Tony Leung. Man sieht, hier schließen sich einfach viele Kreise.
Ein gelungener Bösewicht ist bei einem solch epischen Filmgroßunterfangen immer die halbe Miete und Fengyi Zhang gibt als Cao Cao einen gar formidablen Gegner der beiden Helden ab. In Teil I wirkt er zwar noch recht eindimensional, dafür umso grausamer und rücksichtsloser. Doch mit zunehmender Laufzeit wächst sein Charakter. Er wird verschlagener, gewiefter, zugleich aber auch menschlicher, denn seine fast schon irreal anmutende Liebesbeziehung zu einer Frau, in der er meint, seine große Liebe gefunden zu haben, bricht seinen Charakter enorm auf und entschärft die bloße Machtmenschanmutung. Großartig. Die Frauen haben – wie bereits angedeutet – eine unerwartet wichtige Rolle in dem Film inne und spielen beide im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr ordentlich, kommen aber gegen das großartige männliche Ensemble nicht so recht an. Nur Xiao Qiao darf als Chiling Lin im direkten Duell mit Cao Cao einen eindrücklichen und lange nachwirkenden Schauspielmoment generieren. Der Rest des Castes spielt großartig und auf den Punkt, fernab von den gewohnten asiatischen Overacting Einlagen und macht durchweg Laune. Hier beweist sich, das Woo auch als Schauspielführer zu alter Größe aufläuft und sich von keinem Ben Assleck der Welt mehr eine 0815 Performance bieten lassen wird.
Und Woo selber ist auch in Teil II absolut auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Heroic Bloodshed Momente geraten noch eindrücklicher als in seinen größten Klassikern, die emotionalen Momente sitzen auf den Punkt und Szenen, in denen er die Siegesfeiern der Einen mit den Trauerfeiern der Anderen parallel montiert, beweisen in ihrer Wirkung die ganze Klasse des kleinen Chinesen. Der schafft es sogar Standoffs / Pattsituationen in einen Schwertkampffilm zu integrieren und selbst die seit längerem zur Selbstdemontage / Selbstverarsche verkommenen Taubeneinsätze machen in Red Cliff richtig Sinn und bringen den Film voran bzw. verschaffen ihm eindrückliche optische Momente. Dazu kommt eine vor Dynamik förmlich berstende Kameraarbeit (alleine wie Woo hier manchen Dialog zwischen Zhuge Liang und Zhou Yu inszeniert und ihnen mittels seiner Kameraarbeit eine ganz eigene Dramatik verleiht, ist ganz großes Kino!) und die wie schon in Teil I Staunen machende detailverliebte Ausstattung überzeugt in jedweder Hinsicht.
Red Cliff II setzt damit nahtlos fort, was Red Cliff andeutete. John Woo kehrt zurück zu alter Größe. Sein zweiter Teil beginnt ruhiger als der rasante Vorgänger, wirkt aber im Storyteil weitaus ausgereifter als Teil I. Die Dialoge sind griffiger, die Figurenbeziehungen werden deutlicher und sowohl Gegner als auch Helden gewinnen eindeutig an Kontur. Auch wird der Sinn des Krieges offensiver hinterfragt und die Fragilität jedes Friedens ob der menschlichen Natur, die sich immer wieder in Zerstörung äußert, angedeutet. Zwar schaltet Woo daraufhin selbst komplett in den Zerstörungsmodus und präsentiert eine der epischsten Schlachten der jüngeren Filmgeschichte, doch der unsentimentale Schluss, der ungewöhnliche Ausgang für den Bösewicht usw. beweisen, dass die philosophisch angehauchten Gespräche in den Momenten vor dem großen Showdown kein bloßer Vorwand waren. Ganz großes Actionkino ...
Kurzum: Red Cliff ist in seiner Gesamtheit der begeisternde Befreiungsschlag von John Woo, dem im Grunde gar nichts Besseres passieren konnte, als sich auf seine Wurzeln zu besinnen. Egal ob er in seine Heimat zurückkehrte, ein urvertrautes Genre bediente oder seine Lieblingsthemen eindrucksvoll filmisch umsetzte. Der Mozart der Zerstörung is back! Zum Glück!
Und was machen die Ausländer draus? Als hätte der Name John Woo kein Gewicht und sei eine asiatische Prestigeproduktion zu anspruchsvoll oder zu voll mit Leuten, die alle gleich aussehen, wird der Film vom internationalen Verleih komplett kastriert! Aus einem Zweiteiler wird ein Einteiler. Aus 275 Minuten geballter Filmpower wird ein 150minütiges Skelett, das es schwer machen wird, die Figurenkonstellationen und deren Beziehungen so zu verstehen, dass der Film seine Wucht behält. Apropos Wucht: In Deutschland traute man sich dann nicht einmal das Ergebnis dieses Schnittwirrsinns auf die große Leinwand loszulassen ... und vermarktet diesen Film, der die große Leinwand schlicht und ergreifend wie die Luft zum Atmen braucht, auf DVD ... Stattdessen bringt man lieber das x-te Remake eines Horrorfilmes in die Kinos, den im Original schon keiner mochte. Schöne neue Filmwelt ...
Dieses Review basiert auf der chinesischen Veröffentlichung von Zoke Culture, die in ordentlicher, leider nicht anamorpher Bildqualität daherkommt und neben simplifizierten chinesischen Untertiteln auch eine englische Variante anbietet. Die deutsche DVD, basierend auf der internationalen Schnittfassung, kommt von Constantin. Was dort alles fehlt, ist schwer abzuschätzen. Ersten Informationen zufolge ist einiges aus dem Film geflogen, das ihn in der neuen Kürze stimmungstechnisch unrund wirken lässt. Ergo sind die schlitzohrigen Momente aus Teil II (die gesamte von mir erwähnte Intrigensequenz soll beispielsweise gewichen sein) vollkommen Geschichte. Auch und vor allem einige wichtige Charaktermomente, wie die grandios metaphorische Tigerjagd in Teil I, die man braucht, um zu verstehen, warum der König der Südchinesen mit in den Krieg zieht, sollen ebenfalls rausgeflogen sein. Was bleibt, dürfte eine Fassung sein, die von einem optischen Highlight zum nächsten switcht und ziemlich kalt wirken dürfte ...
In diesem Sinne:
freeman