Pure Reason Revolution
Amor Vincit Omnia
Technische Daten
Genre: Elektronika / ArtPop
Vertrieb: Superball Music
VÖ: 06.03.2009
Laufzeit: 46:53 Min.
Anzahl der Tracks: 9
Extras: Bonus-DVD mit 6 Live-Videos
Booklet: 16 Seiten
Verpackung: Digipak
Besetzung:
• Chloe Alper - Gesang, Keyboard
• Jon Courtney - Gesang, Gitarre, Bass- und Keyboardprogrammierung
• Paul Glover - Schlagzeug
• Jamie Wilcox - Gesang, Gitarre
Tracklist
1. Les Malheurs - 5:02
2. Victorious Cupid - 3:39
3. I) Keep Me Sane / Insane - 0:54
4. II) Apogee / III) Requiem For The Lovers - 5:22
5. Deus Ex Machina - 5:40
6. Bloodless - 4:55
7. Disconnect - 5:54
8. The Gloaming - 9:10
9. AVO - 4:46
Kritik
“The Dark Third” von PURE REASON REVOLUTION war zweifellos einer der Aufreger des Jahres, als es 2007 InsideOut zum Dank endlich zu uns importiert wurde - das auch noch in einer erweiterten Fassung mit Bonus-CD (die erste komplette Fassung weltweit). Dieser Sound... harmonische Mann-Frau-Mischchöre, die an ABBA denken ließen, getragen von Ohrwurmmelodien im progressivrockigen Gewand mit deutlichen Elektronik-Anleihen. Das Gemisch klang distanziert, als würden fremdartige Wesen von einem hohen Turm aus das Volk auf dem Boden besingen. Unheilverkündend, als könnten diese Wesen von da oben eine drohende Gefahr erkennen, welche die Zukunft der Erde in Zweifel stellen würde. Beruhigend aber auch, als wenn man uns beschwichtigen wollte: “Alles wird gut”.
Man musste der sirenenhaften Wirkung beinahe zwangsläufig verfallen. Ich tat es mit der großen Menge und lobte das einschmeichelnde Debüt, behielt mir aber mein Misstrauen: Irgendwas stimmt nicht mit diesen Außerirdischen. Sind das wirklich unsere Freunde?
2008: PURE REASON REVOLUTION kehren zurück und sorgen mindestens für den Aufreger des Monats März. Wer die Szene so aufwühlt wie die Briten, steht unter Beobachtung, und wenn man dann ein derart kontroverses Album wie “Amor Vincit Omnia” vorgelegt bekommt, werden sich die Reaktionen auf Gottes grüner Erde überschlagen.
Was mich betrifft, hat die Band mit dem zweiten Album endlich die Maske abgestreift. Alles Lüge! Nichts wird gut, PURE REASON REVOLUTION packen ihre elektronisch betriebenen Strahlenkanonen aus und feuern wild auf die entsetzte Menge, die noch Sekunden zuvor in Anbetung erstarrt war. Der gleich gebliebene beschwichtigende Chorgesang verkündet im Hintergrund höhnisch immer noch die “Alles wird gut”-Prophezeiung, aber die Synthesizerattacken verwandeln einen Fan des Debüts nach dem anderen humorlos zu Staub. Amor Vincit Omnia? Wohl kaum... eher umgekehrt.
Es soll nicht der Verdacht aufkommen, dass hier eine generelle Abneigung gegen Trance-Sounds und Techno-Beats vorliegen würde (dieser Vorwurf ist in wohlmeinenden Kritiken zum Album immer mal wieder aufgetaucht) , haben diese Zutaten den Erstling doch gerade bereichert. Aber auch oder gerade solche genrefremden Merkmale wollen klug eingesetzt werden.
Sehr schnell allerdings hat man den unangenehmen Eindruck, sich in einem Remix-Album wiederzufinden - nicht in einem solchen der Kategorie NINE INCH NAILS, wohlgemerkt, sondern eher von LINKIN PARKs “Reanimation” oder LIMP BIZKITs unsäglichem “New Old Songs”. Der Remix-Eindruck hält sich auch deswegen, weil die Gesangslinien des wie gehabt lieblichen Männer-Frauenchors denen des Vorgängers so nahe kommen, dass es an Selbstkopie grenzt. Man hatte schon auf “The Dark Third” hin und wieder den Eindruck, im Gesang würde sich manches wiederholen, aber “Amor Vincit Omnia” setzt noch einen drauf. Streckenweise sind die Unterschiede ähnlich signifikant wie die zwischen den beiden Singleauskopplungen der 90er-Jahre-Pop-Country-Technoband REDNEX, “Cotton Eye Joe” und “Old Pop In An Oak”, soll heißen: so gut wie gar nicht.
Gerade das zerstört selbst den prinzipiell durchaus anhörbaren Block “Victorius Cupid - Keep Me Sane / Insane - Apogee - Deus Ex Machina - Bloodless” (Song 2 - 6), der für PRR-Einsteiger sogar vereinzelt grandiose Momente aufbieten kann. Besonders “Deus Ex Machina” hat ordentlich Druck geladen und verbindet harte Gitarrenriffs (einer der wenigen Momente, in denen die sonst viel zu defensiven Gitarren mal Akzente setzen) mit aggressiven Elektronika zu einem explosiven Gemisch. Wäre da eben nicht die penetrante Selbstwiederholung, würde man hier noch von einem leidlich gelungenen Fusion-Experiment reden können.
Spätestens mit der zweiten Hälfte jedoch ist die Platte verloren. “Disconnect” nervt mit einer gewaltig auf den Senkel gehenden Computerstimme und einem derart blutleeren Beat, dass man beim Nachbartrack “Bloodless” mal anfragen müsste, ob man nicht dessen Titel mal ausleihen könne. “The Gloaming” maßt sich an, fast 10 Minuten zu dauern - mit dem Ergebnis, abgesehen von einem sekundenlangen anarchischen Synthesizergezwirbel à la APHEX TWIN, das nicht gerade uncool ist, nichts von Belang vorweisen zu können. Mit “AVO”, das in fragmentarische Einzelteile aus Piano, Chor und Nintendo-Sounds zerfällt, geht’s in den Feierabend.
FAZIT: Über weite Strecken uninspiriertes Elektro-Artrock-Synthiepop-Experiment, das in erschreckendem Ausmaß an die Struktur von Remix-Alben erinnert, sich also nicht nach Neuerschaffung, sondern nach Überarbeitung anhört. Die verlockenden Melodien, die warme Atmosphäre, all das hat sich verabschiedet, als wäre das damals bloß der Lockstoff einer Venusfliegenfalle gewesen, die just in diesem Moment zuschnappt und uns, die zahlende Hörerschaft, verschluckt. Doch zum Glück haben wir die Gelegenheit, zum Messer zu greifen und uns durch die weichen Blütenblätter den Weg ins Freie zu schlagen. Liebe mag ja einiges überwinden, aber sicher nicht ein Album wie “Amor Vincit Omnia”... bei aller Liebe.
Artdesign
Ein Layouttechnisch vollkommen verwursteter herzförmiger Fleischklops (jaja, Amore Baby!) total unmittig vor einem Hintergrund mit verschiedenen Graustufen platziert... wie hässlich ist das denn bitte? Das schlichte Cover und der unauffällige CD-Druck macht das Design auch nicht besser. Zum Glück ist wenigstens die Special Edition im netten Digi verpackt...
Extras
Die Bonus-DVD enthält folgende Live-Aufnahmen:
1. Deus Ex Machina (Live at Nearfest, Pennsylvania, USA) - 5:43
2. Victorious Cupid (Live at Nearfest, Pennsylvania, USA) - 3:45
3. Les Malheurs (Live at Rockpalast, Bonn, Germany) - 5:09
4. The Gloaming (Live at Rockpalast, Bonn, Germany) - 10:11
5. Apogee (at Cargo, London, UK) - 5:25
Fazit
Da ist jemand mit den an ihn gesetzten Erwartungen nicht klar gekommen. Enttäuschung auf ganzer Linie, obwohl ich fürs zweite Album sowas irgendwie fast schon befürchtet habe, es aber nicht wahrhaben wollte. Eine vielversprechende Newcomerband muss zumindest in meinen Augen jetzt wieder komplett von Null an beginnen.
Weitere Bilder
Backcover
Digi
DVD-Menü
Testequipment
AIWA NSX-SZ315[/quote]
[CD] Pure Reason Revolution - Amor Vincit Omnia
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Ist die wirklich so schlecht? Alex, einer der Autoren von laut.de, hat das Ding schon als mittlere Katastrophe bezeichnet. Du gehst ja noch weiter.
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So, ich habs gelesen und letztendlich auf Youtube mal reingehört. Irgendwie sehr durchschnittlich und auch eine ziemliche Anbiederung an aktuelle Trends. Letztendlich würde ich wohl bewertungstechnisch irgendwo in der Mitte landen, wenn ich mir mal das komplette Album besorge. Dein Linkin Park Vergleich ist übrigens absolut bösartig und geht unter die Gürtellinie.
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