Sonne, Meer, Schirmchendrinks... und Kopfschüsse. Als Mitch Rapp (Dylan O'Brien) seiner Freundin am Strand einen Heiratsantrag macht (und sich dabei fast den Arm verrenkt, um auf dem Smartphone alles festzuhalten), ahnen beide unter dem Applaus der übrigen Strandbesucher noch nicht, dass ihr Glück schon Minuten später ein jähes Ende finden wird. Der Betrachter hingegen schon; zu süßlich ist die Szene und zu bitter ihre musikalische Untermalung für einen dem Selbstverständnis nach realistischen Agententhriller, als dass sie gut ausgehen könnte. Und tatsächlich, kurz darauf tauchen Terroristen auf und schießen alles gnadenlos nieder, was sich bewegt.
Ein ziemlich radikaler Auftakt und zugleich das Fundament für alles, was "American Assassin" im folgenden zu bieten hat. Das Drehbuch strebt ein Tauziehen zwischen persönlichen Gefühlen und Professionalität an. Es versucht, die unerfahrene Hauptfigur zu diesem Zweck wie eine Puppe zu lenken, falsche Fährten auszulegen und überraschende Charakterentwicklungen einzubinden. Man fragt sich, wann dem jungen Auszubildenden endgültig die Sicherungen durchbrennen. O'Brien hält die Spannung, indem er sturköpfig immer auf sein Ziel fokussiert bleibt und dazu auch mal Befehle von oben ignoriert, was in der Regel zu riskanten Alleingängen führt. Allerdings ist er als Schauspieler noch nicht komplett genug, das psychologische Dilemma nach außen zu transportieren, dem er sich konfrontiert sieht. Kurz gesagt, er überzeugt als unberechenbare Variable X, scheitert aber, wenn es darum geht, emotionale Verwirrung auszudrücken, die seine Beweggründe verständlicher machen würden.
Der relativ zerfahrene Mittelteil trägt nicht gerade viel dazu bei, diesen Eindruck zu verbessern. Es folgt Einsatz um Einsatz, Agenten sterben, andere werden als Maulwürfe enttarnt, doch dramaturgisch tritt der Film in dieser Phase auf der Stelle. Festmachen lässt sich das womöglich sogar am Auf- und Abtauchen Michael Keatons: Als harter Ausbilder hat er anfangs entscheidenden Anteil daran, Struktur in den Ablauf zu bringen und auch gegen Ende kann er dank seiner starken Präsenz noch einmal ein paar Akzente setzen. Ist er jedoch nicht im Fokus, neigt alles zum Chaos, dem auch das irritierend spektakuläre Finale angehört. Für dieses wird noch einmal die Trickkiste nach bildsprengenden Computereffekten durchwühlt. Eine Maßnahme, die man bei einem Thriller dieser Kategorie nicht unbedingt erwarten würde.
Eine interessante Alternative zu etablierten Marken wie "Jack Ryan" oder "Jason Bourne" bietet "American Assassin" aber allemal, auch wenn er sich vor deren Beiträgen tief verbeugen muss.
