Habe ihn im Kino eigentlich verstreichen und erst zu Hause sichten wollen, aber da unser Kino gestern 10-jähriges hatte und pro Kartenkauf eine Freikarte ausgab, haben wir uns gestern spontan zu ner Doppelsession Kino getroffen:
Es hat sich im wahren Leben viel getan, seit Sylvester Stallone seine "Expendables" erstmals zum Klassentreffen bat. Mel Gibson ist aus der Ungnade zurückgekehrt und hat seine Rollen leicht seinem neuen Baddie-Image angepasst, Wesley Snipes aus dem Knast. Bruce Willis sieht seinen Beruf zunehmend aus der Dollar-Perspektive, derweil Harrison Ford sich längst nicht mehr zu schade ist als Ersatzmann. Schwarzenegger ist so langsam nicht nur einfach "back in business", sondern fast schon wieder heimisch vor der Kamera. Und Zoe Bell und Gina Carano haben dafür gesorgt, dass der Einsatz von Stuntwomen und Kampfsportlerinnen auf dem B-Action-Sektor eine Lobby genießt. Aber sind die "Expendables" inzwischen auch ein Kulturgut der jüngeren Generation?
Bei so mancher Gleichung bewies der Action-Großmeister wieder die richtige Nase, doch bei der letzten Gleichung hat er sich offenbar gehörig verkalkuliert. Es hagelte barsche Kritik bei der Story-Ausrichtung des dritten Veteranen-Abenteuers, und das nicht zu Unrecht: Zwar setzt es mit Wesley Snipes, Antonia Banderas und Mel Gibson gleich drei markante Profile in größeren Rollen, die in Aktion teilweise auch gut einschlagen, allerdings ist "Expendables 3" geradezu besessen von der Idee des Generationenwechsels und macht eben hier seine fatalsten Fehler.
Denn leider funktioniert die Franchise nur durch den direkten Bezug zu Hollywood. Ein Generationenwechsel vor der Kamera würde nur funktionieren, fände ein solcher bereits hinter der Kamera statt, was alleine kategorisch schon ausgeschlossen erscheint. Der ganze Witz der "Expendables" besteht darin, stereotype Kampfmaschinen zu feiern, die für eine Ära stehen, die bereits abgeschlossen ist. Jason Statham ist mit seinen 47 Jahren der jüngste reine Action-Darsteller (sieht man vielleicht vom 42-jährigen Dwayne Johnson ab) und Nachwuchs ist weit und breit nicht in Sicht.
Also füllt Stallone seinen proppevollen Kader weiter mit überwiegend milchgesichtigen Nachwuchsdarstellern und zapft den ohnehin schon unter Wert verkauften Altstars damit noch weitere Zeit ab. Noch dazu fährt er mit Kelsey Grammer endlos lange durch die Gegend, um potenzielle neue Mitglieder schon mit einem Blick auf eine aussagelose Kneipenschlägerei als tauglich einzustufen.
Zunehmend stellt sich dabei natürlich auch die Frage nach dem Wert des Casts, wenn er nicht zeigen darf, was er kann. Zum zweiten Mal in Folge beispielsweise wird ein Jet Li völlig verheizt, den man eigentlich mit mindestens einer ausschweifenden Wushu-Sequenz küren müsste, anstatt ihn auf dem Hintern sitzen und den Abzug drücken zu lassen. Schwarzeneggers Auftritte haben in ihrer Plötzlichkeit den Charme eines Geists oder Phantoms (eine unausgesprochene Hommage an "Phantom Kommando?) und Dolph Lundgren und Randy Couture sitzen den gesamten Film über eigentlich nur wie zwei tumbe Steine im Hintergrund und lassen sich wahlweise von Wesley Snipes oder Antonio Banderas blöd anmachen. Stallone muss sich also nicht wundern, dass Jackie Chan bislang dankend abgelehnt hat. Dass es sich mit den jüngeren Darstellern ebenso verhält, muss allerspätestens zu denken geben: MMA-Kämpferin Ronda Rousey zum Beispiel ist nur sekundenlang in Aktion zu sehen, so dass eher im Gedächtnis bleibt, wie sie Antonio Banderas' Anmachversuche mit seltsam fragenden Blicken kontert, bei denen man nicht erkennen kann, ob sie Angst, Hohn, erwiderte Anziehung oder "was will der Typ von mir?" aussagen sollen.
Positiv zu bewerten ist immerhin Wesley Snipes' Mitwirken: Schon in der spritzigen Eröffnungssequenz wird deutlich, dass der Humor etwas pointierter und ungezwungener gestaltet ist und nicht mehr so krampfhaft auf Zitatesammlungen ausgelegt ist. Die Antwort auf die Frage nach dem Grund für den Gefängnisaufenthalt wird erst durch Snipes' Flapsigkeit witzig, ebenso wie die kurz darauf folgende "Thank You"-Szene. Banderas funktioniert sehr ähnlich: Eigentlich spielt er eine klassische nervige Jar-Jar-Binks-Sidekick-Figur und bedient sich auch reichlich bei seiner eigenen Sprechrolle für "Der gestiefelte Kater" (inklusiver groooßer Hundeaugen), und dennoch zieht er so manche amüsante Szene aus seinen Momenten, als er seiner eigenen Aufforderung aus "The Assassins" nachkommt: "Lass uns schnattern". Aus Mel Gibson hätte man hingegen den ihm innewohnenden Wahnsinn viel deutlicher herauskitzeln müssen.
Actiontechnisch ginge das Gebotene in Ordnung, wäre der Film nicht so stümperhaft montiert und offensichtlich für die Kinoauswertung schmerzhaft um Gewalt erleichtert worden, die hoffentlich reichlich für den Heimkinomarkt nachgeliefert wird, denn blutlos durchlöcherte und nur halb umfallende Schergen sorgen nicht für Freude. Immerhin gefällt die Zerstörung des alten Fabrikgebäudes zum Finale (sonst wäre mit der Zugkaperung ja auch schon wieder das Highlight gleich am Anfang verbraten worden), auch wenn die finale Auseinandersetzung zwischen Stallone und Gibson zu den schlechtesten Stand Offs der Kinogeschichte gehört.
Sehnsüchte und Wünsche für Teil 4 werden also konkreter als gehofft: Nach einem ausgedünnten Cast mit der Prämisse "Qualität vor Quantität". Nach mehr Action und Gewalt. Danach, die Darsteller verdammt noch mal das machen zu lassen, was ihnen überhaupt erst die Eintrittskarte zu den "Expendables" verschafft hat. Und das Ganze bitte so schnell es geht, denn so langsam spürt man die fliehende Zeit.