Verschwörungsthriller, Actionfilm, Einzelgänger-Drama und Face-To-Face-Abrechnung in einem - nicht umsonst scheitern ambitionierte B-Produktionen mit der Anlage von Martin Campbells "The Foreigner" normalerweise daran, all das gleichzeitig bieten zu wollen. Um so höher ist zu bewerten, dass die Verästelung der Genre-Zweige, zumindest aus Perspektive der Unterhaltung, in diesem Fall funktioniert wie ein Uhrwerk.
Für Jackie Chan bietet sich zudem eine völlig ungewohnte Herausforderung, denn seit "New Police Story" zeigte ihn kein Film mehr so vom Leben gezeichnet. Seither hat er schauspielerisch allerdings eine Menge dazugelernt. Mit seinem Co-Star Pierce Brosnan, der seinerseits ein kleines Feuerwerk abbrennt, agiert er auf Augenhöhe, was sich spätestens dann als notwendig erweist, wenn der Eine den Anderen erstmals in die Defensive drängt. Obwohl in erster Linie politische Dinge behandelt werden, gelingt es den beiden Hauptdarstellern, den Plot auf eine persönliche Ebene zu ziehen. Als ehemalige Vietcong-Kämpfer bzw. IRA-Mitglieder erlegen sie der Gegenwart das Diktat der Vergangenheit auf; ihr Handeln ist stets verknüpft mit den Personen, die sie in einem früheren Leben waren.
Dabei folgt "The Foreigner" keiner klassischen Gut-Böse-Konstellation. Obwohl Campbell eine explosive Mischung aus Action und Suspense als Treibstoff verwendet, ist es sein Anspruch, vielschichtige Charakterprofile zu zeichnen. Natürlich ist das nur so weit möglich, wie es die übrigen Bausteine erlauben, es reicht aber immerhin, um die Selbstjustiz der Chan-Figur zu hinterfragen und die Brosnan-Figur mit Selbstzweifeln zu quälen. Ein besonderer Reiz ergibt sich im direkten Vergleich mit dem jüngst erschienenen Flugabsturz-Drama "The Aftermath", dessen Hauptfiguren in einer ähnlichen Konstellation zueinander stehen und die von ähnlichen Motiven angetrieben werden. Während die Verbitterung dort allerdings eine Filmlänge Zeit hat, in Gift umzuschlagen und mit einem großen Knall an die Oberfläche zu drängen, verteilt Campbell Explosionen, Fallen, Verfolgungsjagden und Schusswechsel über die gesamte Laufzeit, legitimiert durch die Anlage der Hauptfigur, die anders als der Familienvater aus „The Aftermath“ einen Hintergrund mit Kampfausbildung hat.
Dass die fordernde bis penetrante Art des chinesischen Restaurantbesitzers im unwirtlichen England bald mit Rache-Mustern zu kokettieren beginnt, manövriert das Duell Brosnan - Chan in eine Seitenspur zu den polizeilichen Hauptermittlungen, die im Hintergrund langsam, aber beständig voranschreiten. Gerade das verrät aber den tatsächlichen Fokus des Films, der in letzter Instanz weniger an der IRA-Verschwörung interessiert ist, die er zum Aufhänger macht, sondern vielmehr am Spannungsverhältnis zweier Männer, die als Figuren auf dem Spielfeld mit persönlichen Verlusten hadern.
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Bei der Diskussion um die Wichtigkeit von Chans Figur geh ich eher mit freeman mit. Man kann das schon so sehen, dass der alte Bombenbastler da im Grunde nur ein paar Knallteufel zündet und die Ermittlungen dadurch höchstens mit etwas mehr Geräuschkulisse vonstatten gehen, aber der Fokus des Films ist ja ein ganz anderer, insofern finde ich den Punkt eher vernachlässigenswert.