Große Keilerei, Die

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
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Vince
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Große Keilerei, Die

Beitrag von Vince » 31.12.2005, 13:42

Die Große Keilerei

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Originaltitel: Big Brawl, The
Herstellungsland: Hongkong / USA
Erscheinungsjahr: 1980
Regie: Robert Clouse
Darsteller: Jackie Chan, José Ferrer, Kristine DeBell, Mako, Ron Max, David Sheiner, Rosalind Chao, Lenny Montana, Pat E. Johnson, Mary Ellen O'Neill, H.B. Haggerty, Chao Li Chi, Joycelyne Lew, Larry Drake, Gene Rader u.a.

Was haben wir denn hier? Na, das ist doch ganz eindeutig eine Neuinterpretation des “King Kong”-Themas. Was? Das ist Unsinn? Dann mal aufgepasst:

Nr. 1. Kong ist ein uralter Affe, auf seiner Insel berühmt und berüchtigt, in der restlichen Welt hat man jedoch nie von ihm gehört. Jackie Chan ist in Hongkong anno 1980 bereits ein gefeierter Star mit viel Filmerfahrung, im Westen jedoch hat keiner einen Schimmer, wer dieser kleine Chinese ist, der in “Auf dem Highway ist die Hölle los” eine Minirolle abbekommen hat und dem man nun eine Hauptrolle zugeteilt hat.

Nr. 2. In “King Kong” verirrte sich ein amerikanisches Filmteam auf die unforstliche Insel “Skull Island” und stieß dort auf das Wesen, das sich auf seinem Heimateiland niemandem mehr vorstellen muss. Die Amerikaner richteten ihren Schielblick derweil in den Osten und fanden in der fremden Kultur jenen Darsteller, der vom Hörensagen her als legitimer Nachfolger Bruce Lees galt.

Nr. 3. Sich der sensationellen Körpermaße des Kong und seiner Wirkung auf die Menschen in der Heimat bewusst seiend, fing das Filmteam aus “King Kong” den Riesenaffen ein und verfrachtete ihn in die USA, um ihn dort als “Sensation” und “Weltwunder” zu verkaufen.
Sich der sensationellen Körperbeherrschung des Jackie Chan und seiner Wirkung auf die Menschen in der Heimat bewusst seiend, nahm man den Hongkong-Star unter Vertrag, um ihn in einem neuen Film als “Sensation” und “Weltwunder” zu verkaufen.

Worauf ich in diesem Zusammenhang hinauswill, ist nun nicht mehr schwer zu erraten: “The Big Brawl”, mit dem Jackie Chan sein Hauptdarsteller-Debüt in den USA feierte, versteht sich ganz klassisch als Zirkusveranstaltung nach dem Motto “Menschen, Tiere, Sensationen”. Erleben Sie den unglaublichen Schlangenmenschen aus einer fernen Welt. Sehen Sie und staunen Sie, meine Damenundherrn, welche Körperbeherrschung dieser Mensch an den Tag legt. Trrrrreten Sie ein, Erwachsene zum halben Preis und Kinder für umsonst. Erzählen Sie Ihren Kindern und Kindeskindern von dem Tag, als Sie den unglaublichen Jackie Chan kennenlernten...

Dem Filmtitel wird damit wenigstens alle Ehre gemacht - Kaum wird ein Hehl daraus gemacht, dass die “Handlung” nichts ist als ein Vorwand, die Fähigkeiten des Jackie Chan unter Beweis zu stellen. Alles, aber wirklich alles dreht sich hier um Prügeleien, Rangeleien, Kämpfe, Wettbewerbe und so weiter. Wird jemand getötet, entführt oder bedroht, dann geschieht das immer unter dem Vorwand, den quirligen Chinesen zum Kämpfen zu überreden.
Lediglich die Tatsache, dass dieser Film im Chicago der Dreißiger Jahre spielt, kann man so auslegen, dass hier versucht wurde, dem Film einen Pseudo-Mehrwert über die Kämpfe hinaus zu verleihen. Obwohl aber die Einordnung der Handlung in die Dreißiger Jahre für ebenjene keine Bedeutung hat und damit irgendwo überflüssig ist, ist es letztendlich eine glückliche Fügung, denn das historische Flair kommt durch die Kostüme und den Titel-Ohrwurm herrlich zur Geltung und macht einen nicht unerheblichen Teil des Charmes aus.

Und obwohl er nun von den Filmemachern einfach nur zur Schau gestellt wird, macht Jackie seine Sache nicht einmal schlecht - wobei er das auch ein wenig der sympathisch geschriebenen Rolle zu verdanken hat. Während der Hauptdarsteller nun zum ersten Mal seine Rolle auf englisch sprechen muss und dies durch reines phonetisches Auswendiglernen dessen tut, was sich akustisch in seinen Gehörgang drängt, stellt er für den Zuschauer zugleich uneingeschränkte Sympathien bereit. Die unbeholfene Art, die ihm deutlich anzusehen ist (fast wird man an seine erste Hongkong-Hauptrolle “Der Meister mit den gebrochenen Händen” erinnert), entfaltet tatsächlich eine Wirkung, die ungewollt sein mag, aber ihr Übriges tut, damit man sich auf die Seite des Hauptdarstellers schlägt.
Natürlich werden seine amerikanischen Gegenspieler absichtlich enorm überzeichnet, so dass man nach beträchtlich kurzer Zeit nur noch Gift und Galle übrig hat für all jene, die sich gegen den kleinen Mann stellen - und das sind nicht gerade Wenige. Sicherlich auch hervorgerufen durch die Migrationsthematik - Jackie spielt Jerry, einen in den USA aufgewachsenen Chinesen, der als kleiner Junge mit seinem Vater in den Westen übersiedelte - entwickelt sich der Plot schnell zur Underdogthematik, und Kämpfen ist die Sache, die dem Underdog Respekt zuteil werden lässt.

Der Werdegang des Jerry entpuppt sich demnach zu einem einzigen Prüfungsmarathon, der immer wieder Kämpfe in den verschiedensten Formen zur Folge hat, angefangen bei einem Stablaufspiel bis zum eigentlichen Event, dem “Big Brawl” in Texas, wo bereits der “Küsser” (einer der originellsten Kampfnamen überhaupt) wartet, dessen Fähigkeiten man bereits im Prolog begutachten konnte. Über die quantitative Seite der Action kann man sich beileibe nicht beschweren. Immer wieder sehen wir Jackie entweder bei Kämpfen oder bei Übungen. Zwischendurch wird mal der übliche Vater-Sohn-Konflikt eingeflochten (der Vater, gespielt von Mako, lebt erstaunlicherweise nach ökonomischen Idealen und hält das Kämpfen für Zeitverschwendung), ein Mädchen ist auch im Spiel, und der Onkel komplettiert das Dreigespann, das hinter unserem Jerry steht und ihn beeinflusst. Zwischen diesen wenigen zwischenmenschlichen Momenten dominieren aber wie gesagt die Fights, und die sind durchaus unterhaltsam geworden. Aber: Was die reine Choreografie betrifft, wirkt vieles leider recht unbeholfen. Jackie Chan waren hier offenbar Fesseln angelegt, so dass er sich nicht frei austoben konnte. Ein paar nette Kicks und Punches sind dabei, aber von ausgelassener Kreativität kann nicht die Rede sein. Man war offensichtlich darauf bedacht, die flinke Seite des kleinen Chinesen hervorzuheben - von der Klasse der Martial Arts, wie man sie aus seinen Heimatwerken kennt, ist dabei leider nichts zu spüren. Allerdings fehlt es da auch an den entsprechenden Gegnern - für gewöhnlich sind es hier bullenhafte Klopse, gegen die sich Jackie bewähren muss, und da ergibt sich automatisch eine ganz andere Art von Duell - siehe auch Van Dammes “The Quest”.

Letzten Endes kann man nicht behaupten, nicht unterhalten worden zu sein - “Die Große Keilerei” ist durchgängig kurzweilig und hat kaum einen Hänger. Das Dreißiger-Ambiente macht Spaß, der Plot ist nichtig und das Ganze ist wirklich eine einzige Keilerei - so, wie es der Titel verspricht. Dass Jackie Chan von seiner ersten US-Hauptrolle jedoch enttäuscht war, ist nur zu einfach nachzuvollziehen. Vom echten Jackie, von seinem Humor, seinem Charisma und seinem Wesen ist hier nicht die Bohne zu spüren. Hier sind Unmengen von ungenutztem Potenzial verborgen - weil die Amerikaner nur die Äußerlichkeiten sehen, nicht jedoch, was die eigentliche Faszination an Jackie Chan ausmacht. Genau wie beim auf die Körpergröße reduzierten “King Kong” - nur Ann Darrow hat sein wahres Wesen entdeckt. Und die Amerikaner, das sind wahrlich keine Ann Darrows...
:liquid6:

Erhältlich ist der Film ungeschnitten als zehnter Teil der "Jackie Chan Collection" von Splendid - auf Wunsch mit Metallummantelung.

Screens

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Der "Küsser" bei seinem Finishing Move

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Jerry und sein Vater haben ein kleines, aber feines Geschäft...

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...doch diese Ganoven stören die Familienruhe schon bald.

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Sie haben Jerrys Onkel gekidnappt...

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...damit Jerry beginnt, zu trainieren...

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...für den BIG BRAWL!

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Beitrag von MarS » 15.01.2013, 14:10

Den hab ich noch als VHS zuhause rumliegen. Das waren noch seelige Zeiten. In Erinnerung ist der mir als durchschnittlicher typischer Jackie Chan Film in Erinnerung geblieben, mit eben diesen durchschnittlichen Unterhaltungswert. So rein aus dem Gedächtnis heraus gebe ich :liquid5:

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Beitrag von kami » 15.01.2013, 14:20

Die Action ist schon unspektakulärer als bei Jackies HK-Filmen, sieht aber nicht schlecht aus und sorgt mit für einen unterhaltsamen Film. Der weibliche Ko-Star Kristine DeBell, die ich recht niedlich finde, macht sich übrigens in ALICE IN WONDERLAND - AN X-RATED MUSICAL FANTASY nackig und treibt allerlei Erwachsenes. Sehr nett und sehenswert.

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Beitrag von Sir Jay » 15.01.2013, 20:01

einer der wenigen jackies, die ich bis heute nicht gesehen habe zusammen mit "the protector"

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Beitrag von kami » 16.01.2013, 08:51

Sir Jay hat geschrieben:einer der wenigen jackies, die ich bis heute nicht gesehen habe zusammen mit "the protector"
Schau dir mal PROTECTOR im HK-Cut an, da gibt's einige sehr schicke Kämpfe.

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Beitrag von Sir Jay » 16.01.2013, 11:08

welche fassungen enthalten denn den US Cut und welche den HK cut?

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Beitrag von kami » 16.01.2013, 14:18

Sir Jay hat geschrieben:welche fassungen enthalten denn den US Cut und welche den HK cut?
Den HK-Cut gibt's, Überraschung, aus HK (Billig-DVD von Universe mit durchschnittlicher Bildqualität), auf der frz.DVD (ohne engl.UT) und als Bonus auf der neuen PROTECTOR/CRIME STORY-Blu-ray aus den Staaten, die auch einiges interessantes Bonusmaterial bereithält, z.B. ein Interview mit Glickenhaus. Die restlichen Veröffentlichungen beinhalten den US-Cut.

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Beitrag von Sir Jay » 17.01.2013, 10:22

shit ich dachte, die fassung aus der collectors edition wäre auch der HK cut...ich kenne die unterschiede ja aus der "my story" doku...

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