Kurzkommentar vom 18.08.2018:
Der Film zur Klimawandel-Debatte. Man nehme:
- einen tatkräftigen Helden, der gleich am Anfang wider die Justiz, aber pro Menschheit agiert und sich damit ins Abseits manövriert (und in unsere Herzen)
- ein Töchterlein, damit sich der Überlebenskampf auch lohnt
- Michael-Bay-Sonnenuntergangsromantik mit wehenden Gräsern und Blutorangenhimmel, weil die Welt doch zu schön ist, um sie zu verlieren
- ein Multikulti-Team der Sorte "Armageddon", damit sich das Ganze weltweit möglichst gut verkauft (unter der Leitung jedoch von den Weltmächten USA und China... sind ja folgerichtig auch die größten Filmmärkte, und, naja... so viel Stolz muss sein)
- zünftige Weltraum-Action mit Splitterteilen vor schwarzem Vakuum, weil das so schön Hi-Tech aussieht und an „Gravity“ erinnert
- Wetterphänomene, soweit die Vorstellungskraft der Autoren und Effektleute reicht. Zieh dich warm an, Emmerich!
Man bekommt:
Bigger-Budget-Rührsuppe auf dem Trash-Pegel von "The Core".
Ehrlich, man kann vielleicht sogar seinen Spaß haben mit diesem SciFi-Katastrophenfilm, der mit einem Auge auf zeitgenössische Polit-Debatten schielt und mit dem anderen auf ungezügelte Unterhaltung. Die aus dieser Anspruchsschere entstehende Scheinheiligkeit sollte man für den reuelosen Genuss aber ausklammern können. Und es ist schwer, den bitteren Ernst zu akzeptieren, mit dem Gerard Butler am Wetter herumbastelt, um ein Ungleichgewicht auszumerzen, das da unten auf der Erdkugel immerhin so coole (oder hotte, je nach Phänomen) Effektspektakel erzeugt. Natürlich möchten wir darüber staunen, wie ein Dorf in Afghanistan einfriert, obwohl ein Meter weiter entfernt knapp 50 Grad herrschen, wir wollen dicke Flutwellen durch Abu Dhabi pflügen sehen, Tornados wie gnadenlose Furien in Aktion erleben. Nach Barcelona fliegt man gerne in den Sommerurlaub... sofern man als Grillwürstchen auf dem Asphalt enden will. Und natürlich haben wir uns alle nach einer Rückkehr von "Godzilla" gesehnt. Ach, Moment, das sind ja nur explodierende Straßen und einstürzende Hochhäuser zwischen Feuersäulen. Also quasi "Godzilla" in unsichtbar. Ob Gareth Edwards womöglich Second-Unit-Director im Tokyo-Abschnitt mit Daniel Wu war?
Überhaupt ist der Umgang mit Länderklischees bemerkenswert offensiv, nicht nur was die Japaner und ihren Gojira-Komplex angeht. So beschwert sich der Brite über die Cowboy-Attitüde Butlers, ordnet sich ihm aber im Endeffekt aber wie jede der Nationen unter, die mit ihren kleinen Flaggen jeweils ein Stück Nationalstolz am Arm tragen, der als kleines Quadrat gerade eben noch geduldet wird. Erstaunlich, dass sich das schwarz-rot-goldene Quadrat auf dem Overall von Alexandra Maria Lara sogar zum Second Lead aufplustern darf. Aus amerikanischer Perspektive muss diese Entscheidung wohl irgendwas mit der Assoziation Merkel zu tun haben.
Die Schaulust an Wetter-Abnormitäten verurteilt "Geostorm" dabei nicht etwa, sondern reicht dem Publikum auch noch das Popcorn. Liefert Spezialeffekte nicht als Warnung, sondern als Schmankerl. Was ja in Ordnung wäre, würde man nicht zeitgleich mit dem grünen Daumen wedeln. Und wenn die Effekte dann wenigstens noch aus einem Guss wären... wer auch immer für das Konzeptdesign verantwortlich war, orderte seinerzeit als Kind im altmodischen Süßwarenladen vermutlich auch stets mit der Bemerkung "Egal, Hauptsache bunt gemischt".
Man muss da schon von einem Kandidaten für den gröbsten Unfug des Jahres sprechen. Positiv zu vermerken ist, dass der Unterhaltungswert eigentlich nur in den theoretischen, nicht-aktionsbezogenen Dialogen in den Keller fällt. Und von denen gibt es nicht viele, weil im Grunde alle paar Minuten irgendwo etwas schmilzt, einfriert, aufgewirbelt, überflutet oder in die Luft gesprengt wird. Noch selten hat ein Film allerdings seinen eigenen Stoff derart falsch eingeschätzt.