the Hurt Locker - Tödliches Kommando

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
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the Hurt Locker - Tödliches Kommando

Beitrag von StS » 29.04.2009, 07:06

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Originaltitel: the Hurt Locker
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Kathryn Bigelow
Darsteller: Jeremy Renner, Anthony Mackie, Brian Geraghty, Ralph Fiennes, Guy Pearce, David Morse, Christian Camargo, Evangeline Lilly, ...

Trailer:
http://movies.yahoo.com/movie/1809914561/video/13022042


„the Hurt Locker“ ist eine US-Produktion aus dem Jahre 2008, welche von Drehbuchautor Mark Boal an einem der riskantesten „Arbeitsorte“ unserer Gegenwart angesiedelt wurde – nämlich mitten im gleichermaßen unübersichtlichen wie gefährlichen Stadtzentrum Bagdads, außerhalb der schwer gesicherten „Grünen Zone“, wo im Grunde genommen jede nicht den internationalen Streitkräften zugehörige Person als ein potentieller Attentäter sowie jeder Müll- oder Schutthaufen, jedes Hindernis (ja gar Objekt) entlang der unzähligen Straßenzüge als eine mögliche Sprengfalle angesehen werden muss. Wer schwache Nerven hat, ist entsprechend fehl am Platze. Die Männer der „Explosive Ordinace Disposal“-Einheit der US Army sehen sich diesen belastenden Umständen und Einwirkungen tagtäglich ausgesetzt, wie im Übrigen natürlich auch die meisten anderen der dort stationierten Soldaten – sie müssen damit umzugehen wissen sowie ihren Job im Angesicht der omnipräsenten Bedrohung frei von Unsicherheiten im höchsten Maße souverän ausüben, denn im Rahmen ihrer speziellen Profession, dem Entschärfen von Bomben in Kriegs- und Krisengebieten, könnte bereits die geringste Unaufmerksamkeit, der kleinste Fehler zu gravierenden Folgen (einschließlich des Verlusts von Menschenleben) führen...

Der Film eröffnet in Gestalt eines eben solchen Einsatzes: Dank eines mit Kameras ausgestatteten Roboters hat das betreffende „E.O.D.“-Dreierteam inzwischen die Gewissheit erlangt, es tatsächlich (mal wieder) mit einer scharfen Detonationsvorrichtung („Improvised Explosive Device“) zutun haben – und so wird kurzerhand die Entscheidung gefällt, diese mit einer eigenen Ladung C4 kontrolliert zu sprengen. Unglücklicherweise bricht auf dem holprigen Weg dorthin die Radaufhängung des kleinen Anhängers der ferngesteuerten Maschine, so dass Sgt. Thompson (Guy Pearce) wenig später dann (mit angelegtem Ganzkörper-Schutzanzug) selbst Hand anlegen muss: Unter den Augen diverser am Rande des Geschehens versammelter Schaulustiger sowie gesichert von seinen beiden Kollegen, Sgt. Sanborn (Anthony Mackie) und Specialist Eldridge (Brian Geraghy), schreitet er daraufhin also hinüber zum „Ground Zero“ und platziert das C4 an der dafür vorgesehenen Stelle. Plötzlich erspäht Eldridge einen Iraki mit einem Mobiltelefon in einiger Entfernung seiner Position: Auf seine Aufforderungen, dieses fallen zu lassen, reagiert der Mann nicht – und er selbst zögert, deshalb schon auf ihn zu schießen. Ein fataler Fehler, denn per Tastendruck zündet jener nun die Bombe…

Mit diesem fantastisch umgesetzten Einstieg, selbstverständlich inklusive des daran anknüpfenden Werks in seiner Gänze, meldet(e) sich Regisseurin Kathryn Bigelow nach einer sechsjährigen Leinwand-Abstinenz, welche dem finanziellen Scheitern ihres U-Boot-Thrillers „K-19: the Widowmaker“ an den weltweiten Kinokassen folgte und in der sie unter anderem eine Folge der kurzlebigen Serie „Karen Sisco“ sowie den „Pirelli“-Kurzfilm „Mission Zero“ (2007) realisiere, eindrucksvoll auf der breiteren Bildfläche zurück. Bereits dieses hochdramatische und technisch perfekt ins rechte Licht gerückte Anfangssegment beweist zu ebenbürtigen Teilen anschaulich wie fraglos, dass sie ihr Handwerk noch immer virtuos beherrscht: Der beinahe „dokumentarisch“ anmutende, in einer (von der Auflösung her) bewusst grob gehaltenen Optik daherkommende sowie eine „nervös und angespannt“ wirkende Kamera- und Editing-Arbeit aufweisende Stil, in welchem man das Vorgehen der Soldaten stimmig arrangiert bzw. eingefangen hat, wird im Zuge der Explosion übergangslos um einige „hyper-ästhetische“ Zeitlupen-Impressionen ergänzt, die den Effekt der Druckwelle auf verschiedene sich in der unmittelbaren Umgebung befindliche Objekte (wie Steine, Staub, Sand und Rost, ja gar den menschlichen Körper) aufzeigen – eine stark in Szene gesetzte, atemberaubend wuchtige Sequenz, welche den Kernbereich der Handlung einleitet und zugleich (aus dem Stand heraus) den angestrebten (und insgesamt auch erzielten) Grundton des Streifens treffend veranschaulicht. Damit verknüpft, wird zu Beginn außerdem noch ein aus dem Buch „War Is a Force That Gives Us Meaning“ des Autoren Chris Hedges stammendes Zitat eingeblendet: „War is a drug“. Wie eine Droge, so kann auch der Krieg faszinieren, ein aufputschendes, befriedigendes Gefühl mit sich bringen – allerdings ebenso rasch (und insbesondere auf Dauer) zu physischen und/oder psychischen Schädigungen sowie letzten Endes gar zum Eintreten des Todes führen…

Wenige Wochen vor dem geplanten Abzug der „Bravo Company“ gen Heimat, da dieser Abschnitt ihrer festgelegten (Dienst-)Rotation dann vorüber ist, stößt nun also Staff Sergeant James (Jeremy Renner) zu der Einheit, um die Nachfolge des gefallenen Teamleaders anzutreten. Dass ihr neuer Vorgesetzter nicht nur ein Meister seines Faches ist, der sich im Laufe seiner Karriere schon der Herausforderung von rund 870 Entschärfungen erfolgreich gestellt hat, sondern er zudem über eine ausgeprägte „draufgängerisch-wagemutige Ader“ verfügt, welche der Grenze zum Leichtsinn des Öfteren erschreckend nahe kommt, wird Sanborn und Eldridge auf Anhieb bewusst. Einen unberechenbaren Adrenalinjunkie, der sie durch sein Verhalten in akute Gefahr bringt und gelegentlich sogar klare Befehle ignoriert, können sie weder in dieser Situation noch innerhalb des Jobs an sich gebrauchen, weshalb er ihnen beileibe nicht geheuer ist und sie auch deshalb regelmäßig mit ihm aneinander geraten. James hält zum Beispiel nicht viel von „einengenden“ Schutzanzügen und in bestimmten Situationen schlichtweg nicht präzise und vielseitig genug einsetzbaren Robotern – er geht die Sache lieber direkt an, sich völlig auf seine Erfahrung und sein Können verlassend. Nicht mehr viele Tage trennen die Männer noch von ihrem Flug raus aus diesem im Chaos versinkenden Land – aber absolut alles kann sich (im Prinzip jederzeit) binnen einer einzigen Sekunde verändern, und davon sind es erhebliche mehr, die es bis dato heil zu überstehen gilt…

Das Skript, auf dem „the Hurt Locker“ basiert, stammt aus der Feder des freiberuflichen Journalisten Mark Boal, der selbst einige Zeit lang amerikanische Truppen im Irak begleitete und auch schon die Story-Vorlage der 2007er Veröffentlichung „In the Valley of Elah“ lieferte. Die Handlung des vorliegenden Films ist (mit Absicht) nicht sonderlich reichhaltig, feinfühlig oder komplex gestaltet worden – stattdessen besteht sie aus nicht viel mehr als episodenhaft aneinander gereihten Segmenten, die überwiegend ebenso gut für sich allein stehen bzw. existieren und funktionieren könnten. Immer wieder wird zwischen Einsätze aufzeigende Set-Pieces und den ruhigeren Phasen im Camp gewechselt. In letzteren werden die Soldaten vornehmlich dabei gezeigt, wie sie jene Stunden verbringen (diese etwa per Drinks und Videogames totschlagen), ihre Erlebnisse zu verarbeiten versuchen (u.a. durch Gespräche mit Kameraden) oder erkeimte Reibereien untereinander ausfechten – auf diese Weise wird den Charakteren zumindest ein solides Maß an Tiefe verliehen. Die gewählte und präsentierte inhaltliche Struktur dürfte so manch einem Zuschauer mit Sicherheit eine gewisse „Eingewöhnung“ abverlangen, doch harmoniert sie ersprießlich mit dem gesamten Kontext des Werks: Nach der Mission ist nichts weiter als vor der nächsten – so sieht die Arbeit bzw. der Alltag für sie nunmal aus. Es ist (lebens-)notwendig, sich stets nur auf den aktuellen Moment zu konzentrieren – den Kopf im Einsatz also frei von jeglichen Ablenkungen der Vergangenheit und Zukunft zu halten, bis die jeweilige Schicht vorüber ist und möglichst keiner im Verlauf dieser irgendwie zu Schaden kam…

Solche unverarbeitete Gedanken und Betrachtungen sind es, die Eldridge bei der optimalen Ausübung seines Jobs behindern: Er gibt sich die Schuld an Thompson´s Tod, was wiederholt zu Unsicherheiten führt und sein Team unweigerlich Gefahren aussetzt. Er ist das jüngste „E.O.D.“-Mitglied und hat seine „Idealspur“ in der Armee noch nicht gefunden – und die offenen Gegensätze seiner erfahrenen Partner (der ruhige Sanborn vs. den hitzköpfigen James) helfen ihm in der Hinsicht auch kein Stückchen weiter, ebenso wenig wie die wie Phrasen wirkenden Worte des Militär-Psychologen (Christian Camargo), der von seinem Schreibtisch aus die Lage „da draußen im Felde“ überhaupt nicht realistisch einschätzen kann – was später in Form eines „Vorfalls“ gar tragische Bestätigung findet. Brian Geraghy („Bobby“) und Anthony Mackie („Notorious“) liefern anständige Performances ab, stehen allerdings klar im Schatten von Hauptdarsteller Jeremy Renner („28 Weeks later“), welcher seinem Part, trotz der teils unverantwortlichen Verhaltensausprägungen und der damit verbundenen Abgrenzung seiner Person von den anderen um ihn herum, dennoch genügend Charisma einverleibt, um dem Publikum den nötigen Sympathiezuspruch abzugewinnen. Ihm allein ist es zu verdanken, dass die stereotypen Elemente seiner Figur nie wirklich störend in den Vordergrund treten. James sucht den Kick bzw. Thrill, die ihm seine Profession offeriert, bleibt dabei aber „menschlich“, also nicht völlig unnahbar und abgeschottet. Unter seinem Bett sammelt er sogar spezielle Dinge (á la Zünder), die ihn beinahe umgebracht hätten, um ihn permanent daran zu erinnern, wie schmal der Grat zwischen Leben und Tod ja eigentlich bloß ist – darauf bezieht sich auch der (inspiriert gewählte) Titel des Films.

Es war definitiv eine gute Entscheidung, in erster Linie Akteure zu casten, die der breiteren Masse „minder geläufig“ sind, so dass man sich besser auf die Rollen an sich zu konzentrieren vermag. Bekanntere Gesichter sind zwar ebenfalls auszumachen, doch verfügen jene allesamt über jeweils nur wenige Augenblicke Screen-Time – wie beispielsweise Guy Pearce („Memento“), David Morse („Disturbia“), Ralph Fiennes („Strange Days“) als ein britischer „Contractor“ sowie Evangeline Lilly (TV´s „Lost“) als Ehefrau (mit Kind) daheim in den Staaten. Die Szenen letzterer hätte man, zumindest meiner Meinung nach, im Übrigen getrost weglassen können, denn während es den Verantwortlichen (bis dato) gelungen war, auf die meisten der in diesem Genre sonst üblichen Klischees zu verzichten, schlägt dieser Part leider genau in jene (ungünstige) Kerbe und wird am Ende zudem dafür verwendet, die umfassende Botschaft noch einmal konkret herauszustellen. Darüber hinaus empfand ich die Einbindung eines Psychologen ebenso zu sehr auf den Zweck der „passiven Charakter-Anreicherung“ ausgerichtet wie eine Freundschaft zwischen James und einem vor der Base Bootleg-DVDs verkaufenden irakischen Jungen (Christopher Sayegh) – eine intensivere Entwicklung und Ausgestaltung der Innenleben der zentralen Protagonisten hätte gewiss nicht geschadet, jedoch wäre dafür offenkundig mehr Zeit nötig gewesen (vgl. die Mini-Serie „Generation Kill“), was den geschmeidigen Fluss der sich (hier) entfaltenden Geschehnisse aber aller Wahrscheinlichkeit nach zu sehr ausgebremst bzw. „beruhigt“ hätte. So wird man zwar das Gefühl einer bestimmten Oberflächlichkeit in dieser Beziehung nicht los – allerdings fügt sich selbst das durchaus vertretbar in den vermittelten Eindruck der eher aufzeigenden als hinterfragenden Herangehensweise ein, welche ausschließlich die Perspektive der Amerikaner darbietet, weshalb die arabisch-stämmigen Figuren und Mitwirkenden auch vorwiegend „gesichtslos“ verbleiben, ähnlich wie das (z.B.) bereits bei „Black Hawk Down“ der Fall war…

„the Hurt Locker“ schafft es vortrefflich, die unbehagliche Atmosphäre einer konstanten imminenten Bedrohung, welche von einem unsichtbaren Feind aus den Reihen der lokalen Bevölkerung ausgeht und somit im Prinzip jeden entlang der Route der Soldaten zu einem Verdächtigen bzw. möglichen Attentäter werden lässt, zum Schneiden dicht zu präsentieren. Kontinuierlich besteht die Gefahr eines Anschlags – und wenn einen die Umstände dann außerdem noch dazu zwingen, in unübersichtlichen Straßenzügen das (zumindest einigen zusätzlichen Schutz bietende) Fahrzeug verlassen zu müssen, erreicht der auf die Männer lastende Druck zügig extreme Ausmaße, was im nächsten Schritt wiederum leicht zu Anflügen von Paranoia ebenso wie falschen Entscheidungen führen kann. Diese Sequenzen sind mindestens genauso spannend wie die Bombenentschärfungen an sich, deren „Ursprungs-Bandbreite“ von einem mit Explosivstoffen prall gefüllten Kofferraum bis hin zu einer Sprengstoffweste reicht, welche an eine unglückselige Person gekettet wurde, die nun verzweifelt darum bettelt, von dieser befreit zu werden, während der Timer unaufhörlich die verbleibenden Sekunden herunterzählt. Erfreulich in diesem Zusammenhang auch, dass wir (die Zuschauer) von „pseudo-informativen Vorgangsbeschreibungen“ seitens des die Sache jeweils angehenden Spezialisten verschont werden – der schweißtreibende Suspense-Grad generiert sich rein aus der Natur der Situation an sich. Brillant ebenfalls ein großartig arrangiertes Sniper-Duell in der Wüste. Kathryn Bigelow („Point Break“/„Blue Steel“) war schon immer eine Meisterin des Adrenalin-Kinos – und diese „Gabe“ kommt verschiedenen Set-Pieces hier äußerst dienlich zugute. Abgesehen von einigen Einstellungen im Rahmen des Einstiegs, welcher ja rasch (gezielt wie unweigerlich) Aufmerksamkeit sichert, verzichtete sie weitestgehend auf die Verwendung der meisten der heutzutage üblichen modernen Stilmittel (á la durchkomponierte Kamerafahrten, Staccato-Schnittfolgen oder Zeitlupen-Exzesse) zugunsten des erwähnten sowie mit der Erzählstruktur konform gehenden „dokumentarisch orientierten“ Ansatzes. Unterlegt mit einem angenehm zurückhaltenden Score, welchen Komponist Marco Beltrami („Scream“/„Knowing“) beisteuerte, kommt das komplette (übrigens in Jordanien gedrehte) Werk weder reißerisch noch primär auf visuelle Schauwerte ausgerichtet daher, sondern entfaltet sich stattdessen (inklusive der Action-Szenen, wohlgemerkt) auffällig „ungekünstelt“ und geradezu authentisch anmutend, was gleichermaßen ein Verdienst des Cinematographers Barry Ackroyd („Battle in Seattle“) ist, dessen grobkörnig-verwackelte, diverse schnelle Zooms aufweisende, nie ruhende sowie von den Editoren Chris Innis und Bob Murawski in der Post-Production dann inspiriert aneinander gefügte Handkamera-Aufnahmen das gewünschte (hektisch-eindringliche) Feeling optimal transportieren…

Unabhängig all des Lobes, welchen man den Verantwortlichen zugestehen kann (und getrost auch sollte), ist aber ebenso manch eine die Qualität des gebotenen Gesamtbilds ein wenig trübende Schwachstelle auszumachen – und das partiell bereits auf den ersten Blick: Es geht zum Beispiel nicht eindeutig hervor, wo genau die „E.O.D.“-Einheit innerhalb der generellen Struktur der Streitkräfte zu verorten ist, da keine klare Befehlskette vorzuherrschen scheint. Zudem wird das Team nie in einem wirklichkeitsnahen Maße von anderen Truppenteilen bei ihren Einsätzen geschützt – und selbst fachunkundige Betrachter sollten eigentlich wissen, dass heutzutage kaum noch Sprengsätze per Hand entschärft werden, weshalb jene Momente, so großartig sie auch sein mögen, unvermeidlich einen gewissen Beigeschmack erhalten. Zwar meinte Produzent Nic Chartier mal, dieser Film sei nur ein „action-adventure movie that happens to be set in Iraq“ und würde jenen Krieg somit gar nicht direkt thematisieren (im Sinne von: die Story hätte genauso gut im Nordirland-Konflikt eingebettet funktionieren können) – bloß bleiben die Mängel im Bereich des zur Schau gestellten Grads an Realismus natürlich dennoch bestehen, gänzlich unabhängig dieser Aussage bzw. Auffassung, welche überdies die Aufmerksamkeit auf einen wesentlich bedeutungsträchtigeren Punkt lenkt, der seinerseits ein viel zweischneidigeres Schwert markiert: Da bei dem Film die Soldaten und ihre Aufträge im Mittelpunkt stehen, der Fokus also starr auf sie fixiert gehalten wurde, entzieht er sich weitestgehend der Abgabe eines direkten politischen Kommentars – Dinge wie Pathos, Patriotismus oder tiefgründige (hinterfragende) Diskussionen sucht man nahezu vergebens. Sicher: Images eines toten Kindes, in dessen Bauch man Explosivstoffe platziert hat, oder Dialoge wie „Camp Victory? I thought it was called Camp Liberty?“-„No, they changed that about a week ago. Victory sounds better.“ tendieren in eine klare Richtung, und wenn man es denn möchte, könnte man die Profession dieser Männer sogar als eine einzige große Allegorie der amerikanischen Präsenz in jenem Land ansehen – nur geschah die Einbindung und Ausgestaltung dieser Elemente spürbar zaghaft, ja annähernd vorsichtig anmutend, so dass man sich schon etwas wundern muss, speziell bei jemandem wie Boal dahinter. Ob nun ein Versäumnis, eine verpasste Chance oder weise Entscheidung – das liegt wohl allein im Auge bzw. Denken des Betrachters. Ich persönlich hätte mir ein wenig mehr „Mut zur Aussage“ gewünscht – die Materie hätte es sowohl hergegeben als auch verdient. So bleibt einem (in dieser inhaltlichen Hinsicht) allerdings zumindest die geglückte Veranschaulichung des eingangs in den Raum gestellten Statements: „War is a drug“ – und die letzten Minuten verdeutlichen es einem zusätzlich, dass der „Entzug“ für manche der nach diesem „speziellen Kick“ süchtigen Personen gar noch weitaus schlimmer sein kann…

Fazit: „the Hurt Locker“ ist ein von Regisseurin Kathryn Bigelow handwerklich perfekt in Szene gesetzter dramatischer Action-Thriller, welcher simultan einen dokumentarischen wie episodenhaften Stil aufweist und (trotz der Ansiedlung seiner Handlung inmitten der gegenwärtigen Situation im Irak) erstaunlich unpolitisch daherkommt. In erster Linie hat man sich, statt auf eine gewichtige Botschaft oder ein tempo- und actionreiches Spektakel, auf die Psyche sowie den gefährlichen Alltag der drei (zu diesem Zweck auserwählten bzw. seitens des Skripts konzipierten) Hauptprotagonisten konzentriert – und das auf eine sehr ansehnliche, spannende und unterhaltsame Art und Weise…

:liquid8:


In Deutschland und den USA wird der Film erst noch in der 2. Jahreshälfte 2009 in die Kinos kommen - in Italien hingegen ist er bereits auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht worden. Letztere Scheibe kann ich (u.a. aufgrund der sehr guten Bild- und Tonqualität) vorbehaltlos empfehlen.

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Beitrag von Joker6686 » 29.04.2009, 07:18

Wirklich hervorragendes Review! Vielen Dank dafür.

Den Film sehe ich minimal schwächer, die Entschärfungssequenzen strotzen nur vor Spannung und sind ein einziger Adrenalinschub, genau wie der ShootOut in der Wüste, der sowohl optisch als auch technisch sehr überzeugend daherkommt, allerdings bietet Hurt Locker abseits der wirklich starken "Actionszenen" nicht sehr viel, vorallem die Szenen "back in the USA" sind doch ziemlich kitschig und klischeehaft. Desweiteren wollte mich die Story nicht so recht überzeugen, da wie schon im Review angesprochen, es anscheinend keine Hirarchien mehr im US Militär gibt und jeder schalten und walten kann wie er möchte. Das halte ich doch für arg konstruiert.


:liquid7:

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Beitrag von StS » 29.04.2009, 07:26

Jip, da scheinen wir wohl vor allem in den Kritikpunken überein zu stimmen - naja, von der Wertung und der Quali der "Actionszenen" her ja auch fast punktgenau. ;) Gerade die Szenen mit der Lilly hätte imo man getrost weglassen können, da einfach zu plump in ihrer Art und Aussage...

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Beitrag von daemonicus » 26.06.2009, 07:09

The Hurt Locker knappe :liquid8:

The Hurt Locker lief heute in der Sneak. Sehr gut in Szene gesetzt, spannend, gute Leistungen der Akteure. Kleinere Punkte haben mich zwar leicht gestört, den guten Gesamteindruck aber nur unwesentlich gemindert. Negativ ausgewirkt hat sich dann die etwas zu lange Laufzeit, die gerade im letzten Drittel zu Längen führt.

Interessant war dann noch, dass die grössten "Namen" unter den Akteuren, die kürzesten Auftritte hatten.

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Beitrag von MysteryBobisCREEPY » 26.06.2009, 10:27

oh wie cool, wusste gar nicht das wir dazu ein Review haben,
ließt sich ja alles sehr gut.
Freue mich richtig darauf....
der deutsche Titel ist mal wieder total Banane
Tödliches Kommando :roll:
Wollt Ihr 'nen Ritt auf meinem Discostick?
Putzt euch die Zähne mit 'ner bottle of shit
Nein Mann ich will noch nicht gehen
Ich will weiter auf dich schiffen
Solang bis du erkennst
Dass meine Pisse keine Fanta ist :D
Callejon <3

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Beitrag von Joker6686 » 26.06.2009, 15:17

MysteryBobisCREEPY hat geschrieben:oh wie cool, wusste gar nicht das wir dazu ein Review haben,
ließt sich ja alles sehr gut.
Freue mich richtig darauf....
der deutsche Titel ist mal wieder total Banane
Tödliches Kommando :roll:
Jo die deutsche Tagline ist mal wieder vollkommen blödsinnig gewählt, klingt wie nen strunzdoofer Actionfilm, was einem das Cover ja auch son bisschen suggerieren will.

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Beitrag von C4rter » 06.07.2009, 10:20

Als bekannt wurde, dass Kathryn Bigelow, die für ihre meist sehr männlichen, harten Filme in den 80er und 90er Jahren bekannt ist, einen Irak-Kriegsfilm dreht, hatte ich zunächst mal das Interesse daran verloren. Als ich dann aber die ersten Reviews gelesen hatte, stellte sich schnell heraus, dass die Bigelow auch mit "The Hurt Locker" wieder einen guten Film abgeliefert hat und somit war ich dann auch an "The Hurt Locker" sehr interessiert.
Der Film verfolgt keinen wirklichen Handlungsstrang. Man sieht im Film, wie sich eine Gruppe Soldaten eines Bombenentschärfungskommandos in den letzten knapp 28 Tagen ihrer Irak-Dienstzeit schlägt. Es werden Tagsüber Bomben entschärft, in der Basis wird sich gefetzt, gesoffen, geprügelt, am nächsten Tag gerät man in einen Hinterhalt und kämpft ums überleben. Der Film ist ziemlich spannend und durch die sehr Action- und Spannungs-Orientierte Inszenierung wird er auch nur selten langweilig. Die 122 Minuten Laufzeit sind aber doch am Ende etwas zu großzügig bemessen finde ich, ca. 105 Minuten hätten es evtl. auch getan. Für Army-Film Fans eine ganz klar Empfehlung. Leute die damit noch nie was anfangen konnten wird auch Kathryn Bigelow nicht überzeugen können.

:liquid8:

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Beitrag von McClane » 10.07.2009, 10:12

Hui, feines Filmchen, definitiv. Dramaturgisch zwar etwas lose, da ja in erster Linie Epsioden aneinander gereiht werden, aber die Hauptdarsteller sind stark genug, um das Ganze zusammenzuhalten, sodass daraus gleichzeitig eines schönes Porträt dreier Soldaten unter Druck gerät. Die Einsätze sind stets großartig in Szene gesetzt, der Verzicht auf große Action und der dafür herrschende Realismus treiben die Spannung deutlich nach oben, gerade das Sniper-Duell und das Herumkrauchen im Sprengstoff-Auto sind echte Highlights. Ohne falschen Patriotismus erzählt, gelegentlich wird das tough guy Image von Renner etwas sehr in den Vordergrund gestellt, aber gegen Ende wieder schön gebrochen: Gerade die Szenen daheim, in denen er mit dem Zivilleben weitaus weniger klarkommt als mit der Lebensgefahr im Irak, sagen schon viel aus.

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Beitrag von freeman » 13.01.2010, 08:49

Ich fand die Gegenüberstellung Tough Guy Renner und Daheim vollkommen verloren Renner auch äußerst reizvoll. Zumal man anfangs gar nicht so recht wusste, ob diese Szenen nun nach dem Einsatz oder davor spielen. Zumindest ging es mir so. Im Irak ist dann Spannungspolen offen. Die Entschärfungsszenen sind extrem spannend umgesetzt, das Sniperduell ist irre und so manche Szene ruft echte Beklemmung hervor (Warum filmen Iraker beispielsweise Entschärfungsszenarios?). Da flirrte der Film förmlich vor Spannung. Renner fand ich am Anfang etwas overpaced, glücklicherweise wird er extrem aufgebrochen, was den Einstieg wieder trefflich erdet. Allgemein sind aber alle drei Hauptdarsteller eine sichere Bank. Schön zu sehen, dass die Amis das nun dann auch endlich würdigen und den Film mit Jahren Verspätung für den Golden Globe nominierten. Nicht perfekt (zu episodisch, manchmal einen roten Faden vermissen lassend, zu fokussiert auf Renner) aber nahe dran!
:liquid8:

In diesem Sinne:
freeman
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