Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil 1
Da ist sie wieder, die "Der Tom macht alles selbst"-Begeisterung, die Kritiker und Publikum zu derartigen Begeisterungsstürmen hinreißt, dass sie dem neuen "Mission: Impossible" sämtliche Schlurigkeiten verzeihen, die sie anderen Blockbustern reihenweise um die Ohren gehauen hätten.
Fangen wir bei den Bösewichten an, die vielleicht sogar die schlechtesten der ganzen Reihe sein könnten. Eine KI als Gegner, das gab es sonst eher im Sci-Fi-Bereich. Ultron hatte immerhin die Stimme von James Spader und einen Plan. Die Entität hat keine Stimme und welchen Plan sie verfolgt, das erfährt man erst in "Dead Reckoning 2". Esai Morales ist ein Handlanger der KI, dessen eigenen Pläne ebensp nebulös bleiben wie seine gemeinsame Vergangenheit mit Ethan Hunt. Auch da muss man für mehr Details wohl auf "Dead Reckoning 2" warten. In "Dead Reckoning 1" bleibt es dabei, dass er einst jemandem gemeuchelt hat, der Ethan sehr nahe stand, was man schon ziemlich zu Beginn des Films passiert. Und dann ist da noch Pom Klementieff im Harley-Quinn-Gedächtnislook, die sichtlich Spaß an der Rolle hat, aber ein ziemliches Abziehbild bleibt.
Die Killermaschine mit Spaß an der Arbeit, die sich gegen ihre Auftraggeber wendet, wenn diese sie abservieren wollen, das kennt man zur Genüge.
Für zweieinhalb Stunden hat "Dead Reckoning 1" dann auch gar nicht so viel zu erzählen und wäre vermutlich 15 bis 20 Minuten kürzer, wenn sich die Figuren nicht alle naselang daran erinnern müssten, dass man die Einzelteile des Schlüssels und die Location dessen, was er öffnet, zusammen benötigt. Entweder ist die große Vergesslichkeit im "M:I"-Land ausgebrochen oder McQuarrie hält sein Publikum für blöd.
Auch sonst sind da dramaturgisch und drehbuchtechnisch große Lücken drin. Hayley Atwells Diebin verhält sich in der ersten Filmhälfte wie ein dummes Kind, das mindestens vier mal vor Ethan flüchtet, obwohl er der einzige ist, der sie beschützt, während ihr alle anderen Parteien ans Leder wollen. Der größte Facepalm-Moment kommt aber in der Filmmitte, wenn der Schurke zum Helden sagt, dass er bald jemanden töten werde, der ihm sehr wichtig sei: Entweder seiner große Liebe Ilsa Faust - oder eine Diebin, die Hunt keine zwei Tage kennt. Und Film und Figuren nehme das auch nopch für bare Münze. WOLLT IHR MICH VERARSCHEN?
Auch kein Meisterwerk der Drehbuchkunst oder etwas, das erst in "Dead Reckoning 2" aufgeklärt wird: Was war der eigentlich der Plan von Hunts Auftraggeber? Sowohl die White Widow als auch Hunt auf den Schlüssel ansetzen? Macht das sie Sache nicht komplizierter? Ohne Hunts Eingreifen hätte die Witwe den Schlüssel easy eingetütet.
Immerhin ist die Besetzung toll und die Chemie stimmt auch. Trotz der erwähnten Drehbuchprobleme macht das Hin und Her zwischen Cruise und Atwell Laune, während das eingespielte IMF-Team gewohnt stark harmoniert, auch wenn gerade Ilsa Faust etwas verschenkt wird.
Eigentlich ist sie in erster Linie da, um in der Mitte des Films umgebracht zu werden. Das zeichnet sich auch schon ein wenig an, denn die glückliche traute Zweisamkeit mit Hunt ist ungefähr das Äquivalent zum Soldaten im Kriegsfilm, der stolz Fotos von Frau und Kindern herumzeigt.
Auch bei den Set-Pieces ist nicht jedes so makellos wie das Finale auf dem Zug. Die Autojagd in Italien geht irgendwann von Selbstironie zu Klamauk über, ein wichtiger Fight in der Filmmitte wird in einer Montage zusammengefasst. Dafür gibt es wieder jene halsbrecherischen, handgemachten Stunts (mit gelegentlichen CGI-Pimps), für die man die Reihe kennt und mag. Allen voran natürlich von Mr. Cruise himself, der auf fahrenden Zügen herumturnt und halsbrecherische Fallschirmsprünge durchführt. Doch auch die nicht actionreichen Kabinettstückchen wie das Belauern am Flughafen von Abu Dhabi inklusive amüsantem Bombenentschärfung-Subplot machen Laune. Hinzu kommen ein paar starke Additionen wie Shea Whigham als Verfolger mit Prinzpien. Die zweieinhalb Stunden fühlen sich dann letzten Endes auch kürzer an als sie sind und "M:I 7" ist eine nette Sache, aber alles andere als perfekt.

Jimmy Dix: "Du glaubst wohl nicht an die Liebe?" - Joe Hallenbeck: "Doch ich glaube an die Liebe. Ich glaube auch an Krebs." [Last Boy Scout]
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