Kill Zone + Lethal Warrior + Paradox
Verfasst: 15.03.2007, 00:13
Kill Zone
Originaltitel: Sha Po Lang
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: Wilson Yip
Darsteller: Donnie Yen, Simon Yam, Jacky Wu Jing, Sammo Hung, Timmy Hung, Liang Jing Ke, Cheung Chi Yiu, Liu Kai Chi, Austin Wai Tin Chi, Kenji Tanigaki u.a.
Inspektor Chan Kwok Chung versucht seit einer halben Ewigkeit den Gangsterboss Wong Po festzusetzen, kann seiner aber nicht habhaft werden. Da gelingt es ihm plötzlich einen Kronzeugen gegen Wong aufzuspüren. Leider erlebt dieser die Gerichtsverhandlung nicht mehr, denn auf dem Weg ins Gericht werden der Zeuge und seine Familie Opfer eines Attentates von Wongs bestem Killer Jack. Aus Mangel an Beweisen kommt Wong frei. Drei Jahre später ist Chan zum Adoptivvater der Tochter seines Kronzeugen mutiert und steht kurz vor seiner Pensionierung, da bei ihm ein unheilbarer Hirntumor entdeckt wurde. In dieser Phase trifft Ma Kwan in dem Polizeirevier ein. Er soll nach Chans Ausscheiden die Truppe an Getreuen um Chan übernehmen und wird im Zuge dessen Zeuge einer wahren Obsession. Denn Chan hat sich offensichtlich vorgenommen, Wong noch vor seiner Pensionierung das Handwerk zu legen. Dabei schreckt er vor der Fälschung von Beweisen ebenso wenig zurück wie vor Mord. Als Wongs bester Killer erneut zuschlägt und die Reihen um Chan empfindlich ausdünnt, ist es an der Zeit für Chan und Ma Kwan zurückzuschlagen ...
Diese kurze Inhaltsangabe sollte eigentlich sofort deutlich machen, dass Kill Zone nicht wirklich viel Neues zu erzählen hat. Der obsessive Cop, der gnadenlose Bösewicht und der zwischen den Fronten stehende neue Kollege ... das Polizeithrillerrad erfindet Kill Zone handlungstechnisch sicher nicht neu, doch seine Qualitäten liegen an ganz anderer Stelle. So beginnt und endet Kill Zone wie Filme von Beat Takeshi gerne beginnen und enden. Es ist eine Szene mit Bildern vollkommener Ruhe, gesegnet mit einem Motiv unglaublicher Schönheit und untermalt von herrlicher Musik, was im Handumdrehen eine melancholische Grundstimmung etabliert, die man so seit langem in keinem Film aus der ehemaligen Kronkolonie mehr gesehen hat. Und genau diese melancholische Grundstimmung zieht sich durch den gesamten Streifen und tritt nicht einmal in den brachialen Actionszenen in den Hintergrund. Seien es die toll durchkomponierten Bilder, die Handlungen der Akteure oder der geniale Score. Kill Zone atmet pure Melancholie. In jeder Filmminute!
Dazu kommt eine herrlich ambivalente Figurenzeichnung, die man bei einem schnellen Überfliegen gängiger Inhaltsangaben zu Kill Zone so niemals erwartet hätte. Hier gibt es kein Schwarz oder Weiß ... nur Grautöne. So agieren die Cops um Inspektor Chan wirklich in einer Art Kill Zone, in einem rechtsfreien Raum, in dem sie die Regeln aufstellen. Sie hinterziehen Geld für ihren Chef, wovon er gar nichts weiß, sie ermorden Mitwisser, sie erpressen Zeugen und fälschen Beweise. Dafür brauchen sie keine Befehle von Chan, sie machen es einfach. Doch sie wissen zumindest noch, dass sie falsch handeln. So stirbt einer der Kollegen von Chan mit folgenden Worten auf den Lippen: Wir sind schlecht. Ganz anders Chan. In seinen Handlungen steht er seinen Kollegen in nichts nach. Dabei nimmt sein Verlangen, Wong festzusetzen, aber so manische Züge an, dass er irgendwann aufhört, Cop zu sein. Beispielsweise gibt es einen Moment in Kill Zone, in dem er - nachdem er von Grund auf falsch gehandelt hat, selber aber meint, korrekt gehandelt zu haben - seinen sich empörenden neuen Kollegen Ma Kwan fragt, ob er denn noch wisse, was Recht und Gerechtigkeit ist. Dem Zuschauer bleibt in genau diesem Moment nur ein extrem bitteres Lachen ... Demgegenüber steht Wong Po, der immer wieder durch die Cops verbal dämonisiert wird, dessen Gefährlichkeit sich aber zu keinem Zeitpunkt dem Zuschauer äußert! Wong bringt im ganzen Film keinen einzigen Menschen um und man sieht ihn eigentlich nie ein Verbrechen begehen. Als Zuschauer meint man so irgendwann, dass Wong wohl eher positiv belegt ist, während Chan wohl eher den Fehlgeleiteten zugeordnet werden muss. Doch Chan ist nun einmal Cop und Wong der Bösewicht. Genau in der Phase der größten Verunsicherung beim Zuschauer tritt Ma Kwan auf den Plan und fungiert als Schnittstelle zwischen Film und Zuschauer. Denn genau wie wir, weiß er, dass hier irgendetwas grundlegend falsch läuft. Doch genau wie wir kann er sich dem massiven Charisma seines Vorgängers zu keinem Zeitpunkt entziehen. Er laviert wie wir beständig zwischen den Fronten hin und her und schlägt sich dann irgendwann auf die Seite der Cops, einfach weil es sich richtig anfühlt. Ob es das ist, weiß er ebenso wenig wie der Zuschauer.
Bei diesem gewagten Spiel mit dem Zuschauer kann sich Regisseur Yip Wai Shun vollkommen auf seinen Cast verlassen. Insbesondere Simon Yam als Chan wirft seine über die Jahre angesammelte und trainierte Leinwandpräsenz in ihrer Gesamtheit in die Waagschale und entwirft einen Charakter, dem man einfach glauben möchte, dass alles was er tut, schon seine Richtigkeit haben wird. Es ist unglaublich, wie sehr Yam den Zuschauer (und eben auch Ma Kwan) dahingehend einwickeln kann und man muss konstatieren, dass dies ohne Zweifel eine seiner beeindruckendsten Großtaten im schauspielerischen Sinne darstellt. Dieser Urgewalt sehen sich vor allem Donnie Yen als Ma Kwan und Sammo Hung als Wong Po ausgesetzt und sie kommen dagegen nicht an. Donnie Yen, der eigentlich noch nie als versierter Schauspieler aufgefallen ist, funktioniert zumindest als Bindeglied zum Zuschauer hervorragend, wirklich schauspielern muss Yen dafür aber nicht. Er wirkt im Vergleich zu vielen früheren Auftritten, in denen er offensichtlich immer nur wegen seinen Fightfähigkeiten gecastet wurde, präziser und souveräner, keine Frage. Dennoch gibt es Momente, in denen er offensichtlich vor seinen Gegenübern kapituliert und die Arme lässig an den Gürtel seiner Hose legt, um zumindest souverän zu wirken. Sehr viel besser als in Kill Zone habe ich ihn aber wirklich noch nicht erlebt. Ergo zolle ich ihm durchaus auch ordentlich Respekt. Sammo Hung leidet ein wenig unter seiner arg beschränkten Screentime und gefällt sich wieder extrem darin, mit dicker Zigarre irgendwo herumzusitzen. Freilich leidet er obendrein ein wenig darunter, dass seine Figur aus dramaturgischen Gründen, die ich oben dargestellt habe, niemals richtig über die Stränge schlagen darf und seine Gefährlichkeit eben irgendwo immer ein klein wenig geheimnisvoll über seiner Figur schwebt, aber nie greifbar wird.
Dass Hung und Yen ihre Qualitäten eh in einem ganz anderen Bereich haben, beweist uns dann Actionregisseur Donnie Yen. Yen hat es sich nämlich nicht nehmen lassen, die Action selbst zu choreographieren und wird zu Beginn des Filmes extrem zurückgenommen. Es gibt kleinere Scharmützel, die kurz antrailern dürfen, was da noch auf den Zuschauer zukommen wird, insgesamt ist das Actionaufkommen in dieser Phase aber eher gering. Doch dann lässt Regisseur Yip Wai Shun seinen Actionregisseur von der Kette und der haut dann so richtig auf den Tisch! Eingestiegen wird mit einem kleinerem Shoot Out der brachial blutspritzenden Headshotart! Als Hauptakteur darf hier Simon Yam glänzen, der ja mit Martial Arts selber noch nie viel am Hut hatte, und darum eben auch in dem darauf folgenden Showdown ziemlich zurückgenommen wird. Dieser besteht nämlich "nur" aus zwei Fights von Donnie Yen:
Der erste findet in einer Seitenstraße statt und lässt ihn auf Jack treffen, der im Vorfeld schon deutlich machen durfte, dass er mit seinem Kurzschwert SEHR gut umzugehen weiß. Yen agiert mit einer Art Knüppel und inszeniert den Fight als Swordplayeinlage, in der Jing Wu (Jack) und Donnie Yen richtig glänzen dürfen. Dabei wird der Fight von Sekunde zu Sekunde besser. Nicht brachialer oder unrealistischer, nein, nur besser. Denn Yen inszeniert den Fight sehr bodenständig. Bricht in der Choreographie nicht aus dem realen Unterbau des Filmes aus und schafft es dennoch, dem Kampf eine Art Poesie angedeihen zu lassen. Da spritzen in Zeitlupe und absolut beiläufig kleine Blutstropfen an der Kamera vorbei, kann man den Kampfverlauf in den Gesichtern der Kämpfer lesen und eröffnet die Musik mit einer feinen Frauenstimme neue Dimensionen der Melancholie für den ansonsten ultraharten Streetfight! Unglaublich. Und dabei ist das nur der Einstieg in die Tour de Force, die da noch kommen wird. Denn unweit der Seitenstraße wartet Sammo Hung auf Donnie Yen und der Zuschauer bekommt einen brachial inszenierten, bodenständigen und dabei unglaublich spektakulären Schlussfight geboten, der selbst aktuelle Gassenhauer wie Revenge of the Warrior und Co mühelos in die Schranken verweist. Was Yen und Hung hier ohne Seile (bzw. minimalsten Wireworkeinsatz) und sonstige Hilfsmittel abliefern, ist einfach der Hammer. Und wo wir gerade bei einem Hammer sind: Das Ende des Schlussfights kommt einem emotionalen Vorschlaghammer gleich und ist auf emotionaler Ebene unglaublich brutal! Die erneut megageniale Musik (ein riesiges Lob geht an Chan Kwong Wing und Ken Chan für ihren absolut genialen Score), die Reaktionen der Beteiligten, ein simples Handyklingeln und der anschließende Schluss des Filmes, mit dem Bild, mit dem Kill Zone begann, allerdings bereichert um einen zusätzlichen dramatischen Einschub, machen dieses Ende zu einem perfiden Erlebnis von enormer Wucht!
Das Ergebnis ist ein Film, der in seiner Grundstruktur den großen Heroic Bloodshed Klassikern huldigt, sich Zeit lässt für seine sehr ambivalenten Figuren, grandiose Action auffährt und ein Ende aufbietet, das hinsichtlich seiner Emotionalität in Superlativen zu schwelgen vermag ohne dabei kitschig zu wirken. Zudem ist Kill Zone die perfekte Simon Yam Show und obendrein optisch absolut perfekt auf Hochglanz a la Infernal Affairs getrimmt. Seit langem hat mich kein Film aus Hongkong mehr so sprachlos und überwältigt zurückgelassen und das ist mir folgendes Fazit wert:
Die deutsche DVD von Ascot Elite kommt im sehr netten Hochglanzschuber mit einer FSK 18 uncut und hat eine sehr solide und vor allem treffende Synchronisation an Bord.
In diesem Sinne:
freeman
Originaltitel: Sha Po Lang
Herstellungsland: Hongkong
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: Wilson Yip
Darsteller: Donnie Yen, Simon Yam, Jacky Wu Jing, Sammo Hung, Timmy Hung, Liang Jing Ke, Cheung Chi Yiu, Liu Kai Chi, Austin Wai Tin Chi, Kenji Tanigaki u.a.
Inspektor Chan Kwok Chung versucht seit einer halben Ewigkeit den Gangsterboss Wong Po festzusetzen, kann seiner aber nicht habhaft werden. Da gelingt es ihm plötzlich einen Kronzeugen gegen Wong aufzuspüren. Leider erlebt dieser die Gerichtsverhandlung nicht mehr, denn auf dem Weg ins Gericht werden der Zeuge und seine Familie Opfer eines Attentates von Wongs bestem Killer Jack. Aus Mangel an Beweisen kommt Wong frei. Drei Jahre später ist Chan zum Adoptivvater der Tochter seines Kronzeugen mutiert und steht kurz vor seiner Pensionierung, da bei ihm ein unheilbarer Hirntumor entdeckt wurde. In dieser Phase trifft Ma Kwan in dem Polizeirevier ein. Er soll nach Chans Ausscheiden die Truppe an Getreuen um Chan übernehmen und wird im Zuge dessen Zeuge einer wahren Obsession. Denn Chan hat sich offensichtlich vorgenommen, Wong noch vor seiner Pensionierung das Handwerk zu legen. Dabei schreckt er vor der Fälschung von Beweisen ebenso wenig zurück wie vor Mord. Als Wongs bester Killer erneut zuschlägt und die Reihen um Chan empfindlich ausdünnt, ist es an der Zeit für Chan und Ma Kwan zurückzuschlagen ...
Diese kurze Inhaltsangabe sollte eigentlich sofort deutlich machen, dass Kill Zone nicht wirklich viel Neues zu erzählen hat. Der obsessive Cop, der gnadenlose Bösewicht und der zwischen den Fronten stehende neue Kollege ... das Polizeithrillerrad erfindet Kill Zone handlungstechnisch sicher nicht neu, doch seine Qualitäten liegen an ganz anderer Stelle. So beginnt und endet Kill Zone wie Filme von Beat Takeshi gerne beginnen und enden. Es ist eine Szene mit Bildern vollkommener Ruhe, gesegnet mit einem Motiv unglaublicher Schönheit und untermalt von herrlicher Musik, was im Handumdrehen eine melancholische Grundstimmung etabliert, die man so seit langem in keinem Film aus der ehemaligen Kronkolonie mehr gesehen hat. Und genau diese melancholische Grundstimmung zieht sich durch den gesamten Streifen und tritt nicht einmal in den brachialen Actionszenen in den Hintergrund. Seien es die toll durchkomponierten Bilder, die Handlungen der Akteure oder der geniale Score. Kill Zone atmet pure Melancholie. In jeder Filmminute!
Dazu kommt eine herrlich ambivalente Figurenzeichnung, die man bei einem schnellen Überfliegen gängiger Inhaltsangaben zu Kill Zone so niemals erwartet hätte. Hier gibt es kein Schwarz oder Weiß ... nur Grautöne. So agieren die Cops um Inspektor Chan wirklich in einer Art Kill Zone, in einem rechtsfreien Raum, in dem sie die Regeln aufstellen. Sie hinterziehen Geld für ihren Chef, wovon er gar nichts weiß, sie ermorden Mitwisser, sie erpressen Zeugen und fälschen Beweise. Dafür brauchen sie keine Befehle von Chan, sie machen es einfach. Doch sie wissen zumindest noch, dass sie falsch handeln. So stirbt einer der Kollegen von Chan mit folgenden Worten auf den Lippen: Wir sind schlecht. Ganz anders Chan. In seinen Handlungen steht er seinen Kollegen in nichts nach. Dabei nimmt sein Verlangen, Wong festzusetzen, aber so manische Züge an, dass er irgendwann aufhört, Cop zu sein. Beispielsweise gibt es einen Moment in Kill Zone, in dem er - nachdem er von Grund auf falsch gehandelt hat, selber aber meint, korrekt gehandelt zu haben - seinen sich empörenden neuen Kollegen Ma Kwan fragt, ob er denn noch wisse, was Recht und Gerechtigkeit ist. Dem Zuschauer bleibt in genau diesem Moment nur ein extrem bitteres Lachen ... Demgegenüber steht Wong Po, der immer wieder durch die Cops verbal dämonisiert wird, dessen Gefährlichkeit sich aber zu keinem Zeitpunkt dem Zuschauer äußert! Wong bringt im ganzen Film keinen einzigen Menschen um und man sieht ihn eigentlich nie ein Verbrechen begehen. Als Zuschauer meint man so irgendwann, dass Wong wohl eher positiv belegt ist, während Chan wohl eher den Fehlgeleiteten zugeordnet werden muss. Doch Chan ist nun einmal Cop und Wong der Bösewicht. Genau in der Phase der größten Verunsicherung beim Zuschauer tritt Ma Kwan auf den Plan und fungiert als Schnittstelle zwischen Film und Zuschauer. Denn genau wie wir, weiß er, dass hier irgendetwas grundlegend falsch läuft. Doch genau wie wir kann er sich dem massiven Charisma seines Vorgängers zu keinem Zeitpunkt entziehen. Er laviert wie wir beständig zwischen den Fronten hin und her und schlägt sich dann irgendwann auf die Seite der Cops, einfach weil es sich richtig anfühlt. Ob es das ist, weiß er ebenso wenig wie der Zuschauer.
Bei diesem gewagten Spiel mit dem Zuschauer kann sich Regisseur Yip Wai Shun vollkommen auf seinen Cast verlassen. Insbesondere Simon Yam als Chan wirft seine über die Jahre angesammelte und trainierte Leinwandpräsenz in ihrer Gesamtheit in die Waagschale und entwirft einen Charakter, dem man einfach glauben möchte, dass alles was er tut, schon seine Richtigkeit haben wird. Es ist unglaublich, wie sehr Yam den Zuschauer (und eben auch Ma Kwan) dahingehend einwickeln kann und man muss konstatieren, dass dies ohne Zweifel eine seiner beeindruckendsten Großtaten im schauspielerischen Sinne darstellt. Dieser Urgewalt sehen sich vor allem Donnie Yen als Ma Kwan und Sammo Hung als Wong Po ausgesetzt und sie kommen dagegen nicht an. Donnie Yen, der eigentlich noch nie als versierter Schauspieler aufgefallen ist, funktioniert zumindest als Bindeglied zum Zuschauer hervorragend, wirklich schauspielern muss Yen dafür aber nicht. Er wirkt im Vergleich zu vielen früheren Auftritten, in denen er offensichtlich immer nur wegen seinen Fightfähigkeiten gecastet wurde, präziser und souveräner, keine Frage. Dennoch gibt es Momente, in denen er offensichtlich vor seinen Gegenübern kapituliert und die Arme lässig an den Gürtel seiner Hose legt, um zumindest souverän zu wirken. Sehr viel besser als in Kill Zone habe ich ihn aber wirklich noch nicht erlebt. Ergo zolle ich ihm durchaus auch ordentlich Respekt. Sammo Hung leidet ein wenig unter seiner arg beschränkten Screentime und gefällt sich wieder extrem darin, mit dicker Zigarre irgendwo herumzusitzen. Freilich leidet er obendrein ein wenig darunter, dass seine Figur aus dramaturgischen Gründen, die ich oben dargestellt habe, niemals richtig über die Stränge schlagen darf und seine Gefährlichkeit eben irgendwo immer ein klein wenig geheimnisvoll über seiner Figur schwebt, aber nie greifbar wird.
Dass Hung und Yen ihre Qualitäten eh in einem ganz anderen Bereich haben, beweist uns dann Actionregisseur Donnie Yen. Yen hat es sich nämlich nicht nehmen lassen, die Action selbst zu choreographieren und wird zu Beginn des Filmes extrem zurückgenommen. Es gibt kleinere Scharmützel, die kurz antrailern dürfen, was da noch auf den Zuschauer zukommen wird, insgesamt ist das Actionaufkommen in dieser Phase aber eher gering. Doch dann lässt Regisseur Yip Wai Shun seinen Actionregisseur von der Kette und der haut dann so richtig auf den Tisch! Eingestiegen wird mit einem kleinerem Shoot Out der brachial blutspritzenden Headshotart! Als Hauptakteur darf hier Simon Yam glänzen, der ja mit Martial Arts selber noch nie viel am Hut hatte, und darum eben auch in dem darauf folgenden Showdown ziemlich zurückgenommen wird. Dieser besteht nämlich "nur" aus zwei Fights von Donnie Yen:
Der erste findet in einer Seitenstraße statt und lässt ihn auf Jack treffen, der im Vorfeld schon deutlich machen durfte, dass er mit seinem Kurzschwert SEHR gut umzugehen weiß. Yen agiert mit einer Art Knüppel und inszeniert den Fight als Swordplayeinlage, in der Jing Wu (Jack) und Donnie Yen richtig glänzen dürfen. Dabei wird der Fight von Sekunde zu Sekunde besser. Nicht brachialer oder unrealistischer, nein, nur besser. Denn Yen inszeniert den Fight sehr bodenständig. Bricht in der Choreographie nicht aus dem realen Unterbau des Filmes aus und schafft es dennoch, dem Kampf eine Art Poesie angedeihen zu lassen. Da spritzen in Zeitlupe und absolut beiläufig kleine Blutstropfen an der Kamera vorbei, kann man den Kampfverlauf in den Gesichtern der Kämpfer lesen und eröffnet die Musik mit einer feinen Frauenstimme neue Dimensionen der Melancholie für den ansonsten ultraharten Streetfight! Unglaublich. Und dabei ist das nur der Einstieg in die Tour de Force, die da noch kommen wird. Denn unweit der Seitenstraße wartet Sammo Hung auf Donnie Yen und der Zuschauer bekommt einen brachial inszenierten, bodenständigen und dabei unglaublich spektakulären Schlussfight geboten, der selbst aktuelle Gassenhauer wie Revenge of the Warrior und Co mühelos in die Schranken verweist. Was Yen und Hung hier ohne Seile (bzw. minimalsten Wireworkeinsatz) und sonstige Hilfsmittel abliefern, ist einfach der Hammer. Und wo wir gerade bei einem Hammer sind: Das Ende des Schlussfights kommt einem emotionalen Vorschlaghammer gleich und ist auf emotionaler Ebene unglaublich brutal! Die erneut megageniale Musik (ein riesiges Lob geht an Chan Kwong Wing und Ken Chan für ihren absolut genialen Score), die Reaktionen der Beteiligten, ein simples Handyklingeln und der anschließende Schluss des Filmes, mit dem Bild, mit dem Kill Zone begann, allerdings bereichert um einen zusätzlichen dramatischen Einschub, machen dieses Ende zu einem perfiden Erlebnis von enormer Wucht!
Das Ergebnis ist ein Film, der in seiner Grundstruktur den großen Heroic Bloodshed Klassikern huldigt, sich Zeit lässt für seine sehr ambivalenten Figuren, grandiose Action auffährt und ein Ende aufbietet, das hinsichtlich seiner Emotionalität in Superlativen zu schwelgen vermag ohne dabei kitschig zu wirken. Zudem ist Kill Zone die perfekte Simon Yam Show und obendrein optisch absolut perfekt auf Hochglanz a la Infernal Affairs getrimmt. Seit langem hat mich kein Film aus Hongkong mehr so sprachlos und überwältigt zurückgelassen und das ist mir folgendes Fazit wert:
Die deutsche DVD von Ascot Elite kommt im sehr netten Hochglanzschuber mit einer FSK 18 uncut und hat eine sehr solide und vor allem treffende Synchronisation an Bord.
In diesem Sinne:
freeman