the Piano Player

Der Action Film der 80er, der 90er und heute.
Antworten
Benutzeravatar
StS
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 28245
Registriert: 04.10.2005, 21:43
Wohnort: Harsh Realm, Hannover

the Piano Player

Beitrag von StS » 12.10.2005, 11:00

Bild


Originaltitel: the Piano Player
Herstellungsland: UK / USA / Germany / Spain
Erscheinungsjahr: 2002
Regie: Jean-Pierre Roux
Darsteller: Christopher Lambert, Dennis Hopper, Diane Kruger, James Faulkner, ...


„the Piano Player“ ist eine Produktion aus dem Hause „Bauer Martinez“ – einem B-Film-Studio, dem es in den letzten Jahren gelungen ist, einigen bekannten Darstellern, deren Glanzzeiten schon länger zurückliegen, erstaunlich passende und ansprechende Projekte als Plattform zu bieten (sei es van Damme mit „Wake of Death“ oder Lundgren mit „the Defender“). In diesem Fall spielen Christopher Lambert („Highlander“) und Dennis Hopper („Speed“) die Hauptrollen, und wiederum handelt es sich um das beste Material, mit dem die beiden seit längerer Zeit arbeiten durften…

Alex Laney (Lambert) ist ein zurückgezogen lebender „Mann für alle Fälle“ des zwielichtigen Milieus – oftmals als Profikiller eingesetzt, führt ihn sein neuster Auftrag nach Kapstadt, wo er den ebenfalls „nicht ganz sauberen“ Geschäftsmann Robert Nile (Hopper) beschützen soll, der bislang für einige gewichtige Unterweltgrößen deren Geldangelegenheiten verwaltete, nun aber gegen den mysteriösen Christo (Simon Majiba) aussagen will. Nachdem der Freund von Niles Tochter Erika (Diane Kruger) von Christos Schergen auf brutale Weise ermordet wird, spitzt sich die Lage bedrohlich zu: Als Alex mit vollem Körper- und Schusswaffeneinsatz ein Attentatsversuch knapp verhindern kann, entführt man stattdessen Erika, deren folgende Befreiung zwar glückt, in dessen Verlauf Alex jedoch angeschossen wird – es gelingt ihm im Anschluss gerade noch, seine beiden Schutzpersonen sicher aus der Stadt zu bringen, bevor er schließlich bewusstlos zusammenbricht.
Als er wieder zu sich kommt, findet er sich in einem abgelegenen, armen Bergbaudorf wieder, in welchem Nile seine Kindheit verbracht hat. Die Konfrontation mit seinen Wurzeln zwingt Robert zu einer intensiven Reflexion über sich und seinem bisherigen Leben, und auch Alex kommt angesichts der Freundlichkeit der Menschen etwas aus seinem persönlichen Schneckenhaus heraus. Ohne belastende Aussage ist es der Polizei in Kapstadt derweil nicht mehr möglich, Christo in Gewahrsam zu behalten, weshalb jener sich nach seiner Entlassung umgehend auf die Suche nach den Flüchtigen begibt…

Wenn man sich „the Piano Player“ (aka „the Target“) ansieht, würde man nie auf die Idee kommen, dass es sich um eine TV-Produktion handelt, denn allein von der Optik her wird manch Kinofilm locker abgehängt. Kameramann Larry Smith („Eyes Wide Shut“) hat wunderbare Ansichten der Landschaften eingefangen – vor allem die Helikopteraufnahmen können überzeugen und vermitteln einen Sinn für die Schönheit der Region. Eigentlich geht es ohnehin hauptsächlich um Südafrika mitsamt seiner Kultur, Vergangenheit und Musik. Das von den Oscar-prämierten Produktionsdesigner Eva und Osvaldo Desideri detailgetreu errichtete Bergbaudorf trägt viel zur Atmosphäre bei, genauso wie die traditionsreichen Klänge und Tänze, welche dort ganz natürlich zum Leben der Menschen dazugehören. Regisseur Jean-Pierre Roux legt viel Gewicht auf die Rahmenbedingungen, in denen seine Protagonisten agieren. Besonders auffällig ist das in einer Szene, als sich Alex mit seinem Auftraggeber in einem Stripclub trifft – die gespielte Jazz-Musik drängt das Gespräch komplett in den Hintergrund, da man sich den verbalen Inhalt ohnehin denken kann.

Das Problem des Films ist seine erste Hälfte, welche aufgrund geballter 08/15-Standard-Elemente knietief in Klischees verharrt: Der Killer wird in Form eines Hits eingeführt, obligatorische Flashbacks blitzen auf, der neue Boss ist unsympathisch, es kommt zu Mordanschlägen, die Beziehung verbessert sich, nachdem der Bodyguard seiner Schutzperson das Leben gerettet hat und so weiter. Zu dieser Zeit ist das Editing noch recht zügig, der Action-Gehalt annehmbar sowie einige nackte Tatsachen vorhanden – und trotzdem bewegt sich alles auf dermaßen ausgelatschten Pfaden, dass es einem die Lust am Weiterschauen durchaus vermiesen kann.

Dann geschieht jedoch etwas, mit dem der durchschnittliche B-Film-Fan ganz sicher nicht so einfach klar kommen dürfte: Der Film wird unkonventionell, ruhig und tiefgründiger. Die Straßenschluchten Kapstadts werden gegen die weiten Bergregionen des Hinterlands ausgetauscht, die Action- und Thriller-Elemente vernachlässigt und die Charaktere treten in den Vordergrund der Geschichte. Nile, bislang mit Macht und Wohlstand gesegnet, erinnert sich an seine Wurzeln sowie grundlegende Werte: Während er zuvor hinter seinem Schreibtisch gelebt hatte, über dem sein Portrait als Ölgemälde hängt, ein Toupet trug und sich den Bart färbte, erkennt er in dieser ärmlichen Umgebung, worauf es wirklich ankommt – u.a. die Familie, weshalb er alles daran setzt, die Beziehung zu seiner Tochter wieder zu richten, die ihren Vater so das erste Mal richtig kennen lernt. Auch Alex muss sich mit seinen inneren Dämonen auseinandersetzen – der frühe, gewaltsame Tod seiner Eltern hat ein tiefes Trauma hinterlassen, und mit der Zeit entdeckt er in Nile eine Art Vaterfigur. Außerdem fühlt er sich emotional zu Erika hingezogen, was sie zu erwidern scheint – eine zarte Bande bahnt sich an, die aber nie vordergründig, sondern angenehm subtil präsentiert wird.

Sowohl Hopper als auch Lambert haben in der letzten Zeit nahezu ausschließlich unterdurchschnittliche Rollen in schwachen Filmen gespielt („the Keeper“ oder „Crow 4“ bzw „Absolon“ oder „a ton Image“), doch hier meistern sie ihre Rollen ziemlich gut. Hopper nimmt man seine Wandlung mitsamt dem steinigen Weg dorthin problemlos ab, auch wenn sich dieser in teils bizarren Szenen manifestiert (er bringt zwei Prostituierte zum Grab seiner Frau, raucht einen Joint in Gesellschaft einer Ziege etc). Lamberts Leistung geht ebenfalls in Ordnung – er überlässt Hopper zudem in der zweiten Hälfte bereitwillig die Bühne und agiert mehr im Hintergrund. Newcomerin Diane Kruger („National Treasure“), hier noch vor ihrem „Troy“-Durchbruch, ist natürlich hübsch anzusehen, bekommt vom Skript jedoch nicht viel Raum geboten, weshalb sie sich nie bewähren muss, so aber auch nicht negativ auffallen kann. Simon Majiba musste als Christo nicht viel mehr tun, als grimmig zu schauen oder im Gegenlicht seiner Zelle zu hocken. Seine Figur vereint einen Hauch Spiritualität, was in den Kontext des Landes passt, doch die meiste Zeit verbringt er mit Posing, bevor er sich zufuß (!) sowie in einer Art Mönchskutte an die Verfolgung macht…

Die unoriginelle Ausgangshandlung sowie der belanglose Einstieg, den man schon zig Male woanders gesehen hat (und da größtenteils besser), liefern die gravierendsten Kritikpunkte, die den Gesamteindruck deutlich trüben. Als der Film schließlich im Dorf zu einer Charakterstudie wird, durch die etwaige Vorurteile und Klischees bezüglich der Figuren bei näherer Betrachtung an Gewicht verlieren, erhält man deutlich mehr, als man angesichts der Zeit zuvor für möglich gehalten hatte. Der Selbstfindungsprozess der Beteiligten ist zudem nicht allzu sperrig und gestreckt ausgefallen, so dass es zu keiner Zeit langweilig wird – selbst wenn sich eine finale Offenbarung schon Meilen im Voraus erspähen lässt. Trotz des netten Showdowns werden anspruchslosere Zuschauer jedoch gewiss im Verlauf der Vergangenheitsbewältigung das Interesse verloren haben…

Fazit: Für einen TV-Film besitzt „the Piano Player“ eine erstaunlich hohe Produktionsqualität, leidet aber stark unter der konventionellen sowie Action-orientierten ersten Hälfte, bevor das Werk im Anschluss in Form eines gelungenen menschlichen Dramas seine wahren Stärken entfalten kann …

:liquid5:


Die deutsche DVD ist von "Splendid" / "Warner" veröffentlicht worden, natürlich uncut.

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste