Obwohl der lebensmüde Stunt-Wahnsinn, den man in so manch thailändischer Produktion in den letzten Jahren bestaunen konnte, hier einer reguliert wirkenden Choreografie weicht, kann "
The Raid" seine Actionszenen, die quantitativ wie qualitativ in reicher Anzahl vorhanden sind, mit der maximalen Intensität präsentieren. Das gelingt ihm vor allem durch die Konzentration auf die komprimierte Raumsituation: Der gesamte Film spielt sich auf mehreren Stöcken eines heruntergekommenen Reihenhauses ab, das eine Polizeieinheit von unten bis oben zu säubern versucht. Befleckte, unverputzte Decken und Wände, kahle Wohnungseinrichtungen und niedrige Decken erzeugen ein beengendes Raumgefühl, das die Waffen- und Martial-Arts-Konfrontationen zur architektonischen Herausforderung macht. Die Umgebung tritt aus ihrem Schattendasein als hübscher Hintergrund heraus und wird direkt in die Kämpfe einbezogen. Diese wiederum werden stets mit extrem brutalen Pointen abgeschlossen, die perfekt in die schmuddelige Situation passen: Kopfschüsse in Nahaufnahme, Messer, die im Oberschenkel angesetzt und dann bis zum Knie runtergezogen werden etc.. Bei ein, zwei Figuren wird auch ein "Über"-Effekt eingebracht, durch welchen eine gewisse Unbezwingbarkeit behauptet wird. Ins Comicfach schlittert "
The Raid" dennoch nicht, weil er die typischen "Comic Villain"-Eigenarten mit dem Realismus von Männern erdet, die in einer Extremsituation über sich hinauswachsen. Als ein soclher Moment auf die Spitze getrieben wird, gibt es im Kino sogar kurz Szenenapplaus.
Auch erweist sich "
The Raid" erzählerisch als extrem komprimiert. Gareth Evans erkennt, dass ausladende Dialogszenen in seinem Genre im Grunde nichts gewinnträchtiges erzählen können, also setzt er seine Charaktere ohne Umschweife der Ausnahmesituation aus, die man allenfalls in ihren Grundzügen mit "Stirb Langsam" oder "Hard Boiled" in Verbindung bringen kann (und dann wiederum muss man sich eingestehen, dass "
The Raid" wohl die originellste "Stirb Langsam"-Variation überhaupt ist). Folgerichtig bleiben die Charaktere zwar unterwentwickelt und identifikationsarm, erheben aber auch nie den Anspruch, dass man sie verstehen müsse; ihre Rätselhaftigkeit ist ihre Stärke, denn ihre Kämpfe schaut man sich mit dem Gebähren eines "Godzilla"-Publikums an: Man wohnt den Aufeinandertreffen zwischen zwei fremden Spezies mit dem Anspruch eines Spektakels bei.
