Deutschland und Kampfsport-Action? Für den Rest der Welt eignet sich der durchschnittliche Deutsche vermutlich bestenfalls als hölzerne Trainingspuppe, wohl kaum aber würde man ihm eine Martial-Arts-Actionkomödie zutrauen. Beim Wort "Komödie" spitzt man in Deutschland zwar wieder die Löffel in dem Irrglauben, darin Experte zu sein, aber gelacht wird doch bloß mit der Stimme. Der Körper, ja selbst die Mimik bleibt dabei unveränderliches Granit.
Oder sind das etwa ab sofort überholte Erkenntnisse? Ein "Plan B" steht für das festgefahrene deutsche Genre-Kino jedenfalls schon seit einigen Jahren auf der Agenda und im Bereich Horror hat der Mut zur Andersartigkeit immerhin ein paar Früchte getragen. Nun wagt man sich auf völlig abwegiges Terrain, den Kampfsportfilm, und kombiniert ihn mit den vermeintlichen hausgemachten Stärken. In der Tat ist "Plan B - Scheiß auf Plan A" ein großer Schritt raus aus der urig eingerichteten Komfortzone. Zumindest oberflächlich betrachtet. Kein Schweig(höf)er weit und breit, diesmal wird Deutschland repräsentiert von einem Quartett mit türkischen, ghanaischen, koreanischen und vietnamesischen Wurzeln.
Der Multikulturalismus, den der deutsche Fußball als Volkssport immerhin schon seit Jahren pflegt, hat nun also endlich auch den deutschen Film erreicht. Längst machen Kultur-Übersetzungen à la "Deutsch - Türkisch, Türkisch - Deutsch" natürlich einen großen Anteil deutscher Komödien aus, doch wie könnte man solche trocken nach Migrationsstatistiken zusammengesetzten, risikofreien Marktanalyse-Produkte mit dem vorliegenden Versuch vergleichen, eine absolute kulturelle Offenheit abzubilden - und diese auch noch in ein neonfarbenes Genre-Framework der 80er Jahre einzubetten?
So sind Can Aydin, Cha-Lee Yoon, Phong Giang und Eugene Boateng vielleicht nicht die begabtesten Charakterdarsteller unter der Sonne, aber zweifellos sind sie das Salz, das der faden Comedy-Suppe "Made In Germany" gefehlt hat - insbesondere, da sie auch noch die Klamotten von Bruce Lee, Michael J. Fox, Michael Jackson und Sylvester Stallone auftragen (anstatt etwa von Gottschalk, Bohlen, Schimanski oder dem Bullen von Tölz). Gleich in der Eröffnungsszene wird außerdem unter Beweis gestellt, welch beachtliche, international konkurrenzfähige Kampfchoreografien man von diesem Film erwarten können wird - ein absolutes Novum auf nationaler Ebene. Das sorgt für enorme Aha-Effekte, selbst dann, wenn man aus den großen USA oder aus den asiatischen Ländern Gleichwertiges und Besseres längst gewohnt ist.
Schade nur, dass unter der Oberfläche weiterhin die Basis eines deutschen Humorverständnis waltet und wie ein Braten mürbe im eigenen Safte schmort. Etwas davon retten zu können, indem man es mit frischen Elementen ausstattet, ist ein Irrglaube, dem leider auch "Plan B" in letzter Instanz auf den Leim geht, trotz seiner herrlich bunten, mit Referenzen gespickten und episodisch aufgeschnürten Außenpräsentation. Schlussendlich muss eine Revolution her und für eine solche bedarf es noch mehr Vertrauen in die vielleicht ungewohnten, aber belebenden Protagonisten, ohne jede Angst davor, die eigene Identität verlieren zu können. Für den Anfang ist das aber schon mal die richtige Richtung und vielleicht geht Plan C ja dann endlich völlig auf.