Es gab mal eine Zeit, sie liegt noch nicht in allzu weiter Ferne, da schaute man sich mit quälendem Gesichtsausdruck jene neue Art von Trashfilm an, der auf den Geschmack von CGI gekommen war und einige der schlechtesten digitalen Effekte der Filmgeschichte präsentierte. Man hatte Spaß an den völlig hanebüchenen Story-Ideen, doch die visuelle Umsetzung brannte in den Augen wie Glassplitter und man wünschte sich, ein großes Studio möge doch mal auf den halbseriösen Pseudo-Trash verzichten, den es normalerweise produziert, um einfach mal mit einem völlig hirnrissigen Skript so richtig die Sau rauszulassen und das Ganze mit State-Of-Art-Spezialeffekten zu zelebrieren.
Tja, dieser Wunsch ist nun seit geraumer Zeit Realität, wenn vielleicht auch aus den falschen Gründen (in der Regel aufgrund akuten Ideenmangels für wirklich gute Stoffe); aber tatsächlich sitzen wir nun hier und schauen uns eine Big-Budget-Produktion an, in der ein weißer Riesenaffe, ein Krokodil mit Godzilla-Ausmaßen und ein hochhausgroßer Wolf mit Stacheln Chicago zu Kleinholz zerlegen. So ein Film wie "Rampage" kommt natürlich nicht aus dem Nichts; allerhand Getier, vom Kaiju bis zum mutierten Superhelden, hat im Phantastischen Film in den letzten Jahren den Boden bereitet, um so eine unvorstellbare Kombination der absurdesten Zutaten auf die großen Kinosäle loszulassen. Gerade dass ein Affe mitmischt, ist nicht nur Verdienst der Computerspielvorlage aus den frühen 90ern; WETA, die für die Effekte verantwortlich zeichnen, haben schließlich eine Menge Erfahrung mit allen möglichen Kreaturen, die in der Evolutionsstufe zwischen vier- und zweibeinigem Gang feststecken (Gollum, King Kong, Caesar). Solche Erfahrungswerte lassen die Effekte kostengünstiger und damit die Realisierung wahrscheinlicher werden - deshalb werden wir in Großproduktionen seit geraumer Zeit mit einstürzenden Hochhäusern und amoklaufenden Primaten überhäuft, denn: Anders kostet Geld.
Das ist nur einer der Gründe, weshalb man "Rampage" mit aller Skepsis begegnen sollte. Andere Gründe wären, dass er seine Geschichte (trotz der kalkuliert eingesetzten Auflockerungsgags) bierernst vorträgt, dass er sich um kein Klischee drückt (alleine schon wieder das reaktionär handelnde Militär oder die Schießbudenfiguren in der obersten Chefetage) und dass er in Stromlinien so ziemlich jeder Form folgt, die der Popcornfilm in diesem Jahrhundert ausgelegt hat.
Und doch hinterlässt er ein befriedigerendes Gefühl als fast alle selbsterklärten No-Brainer zuletzt. Weshalb das so ist, lässt sich gar nicht so einfach erklären. Natürlich haben wir The Rock in der Hauptrolle, einen der letzten Helden Hollywoods aus einer Generation, die das Heldentum eigentlich nicht mehr an Schauspieler knüpft, sondern an Kostüme; und wir haben eben die Effektspezialisten, die längst dazu in der Lage sind, glaubwürdige Interaktionen mit realen Darstellern auszulösen, was in diesem Fall zu rührenden Szenen zwischen Mensch und Affe führt, die den humanitären Untertönen von "King Kong" oder "Mein großer Freund Joe" Reminiszenz erweisen. Dann ist da noch Chicago. Auch wenn es im Grunde nur eine weitere Stadt mit funkelnden Wolkenkratzern ist, nach den ewigen Kinostädten New York und L.A. erweist sich die Stadt am Lake Michigan als durchaus passable Abwechslung, die sich dank des Chicago River auch architektonisch und logistisch als idealer Spielplatz für den Angriff der Kuscheltiere eignet.
Darüber hinaus hat Brad Peyton schon mit "San Andreas" bewiesen, dass er XXL-Action sehr wohl zu inszenieren weiß. Wie schon die letzte krankt auch seine aktuelle Zerstörungsorgie daran, dass Kollateralschaden mit reichlich Tempo einfach zur Seite gewischt wird; man ahnt, dass im Hintergrund Abertausende Menschen sterben müssen, man sieht es jedoch kaum. Einige derbere Sequenzen (für wenige Frames sieht man einen zerteilten Körper, eine Person wird mit dickem Blutspritzer von einem Betonklotz erschlagen, eine andere von einem der Ungetüme lebendig verschluckt) stellen die hierzulande vergebene FSK12 auf eine harte Probe, werden aber jederzeit durch den irrealen Rahmen abgemildert, der nicht weniger offensichtlich der Fantasie angehört als ein Dinotopia oder die Thundercats vom Planeten Thundera. Wie der letzte "King Kong" (und anders als der letzte "Godzilla") liefert Peyton auch satt; was würde es schließlich für einen Sinn ergeben, so bunte Hunde wie das Rampage-Trio in der Garage zu parken.
Es bleibt Verständnis zurück für jeden, der "Rampage" als Fallbeispiel für den Untergang von Amerikas Kinokultur anführt. Aber obwohl er alle Bestandteile in sich vereint, die in anderen Kontexten längst zu Tode langweilen und nach einer Revolution des klassischen Blockbusters rufen lassen... irgendwie gelingt es Peyton, dass man über all diese Dinge hinwegsehen möchte. Vielleicht macht's ja einfach die Mischung.
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