Man hätte auch den Titel "Icarus Rising" wählen können, "King Kong Returns" oder meinetwegen auch "Have you tried to turn off and on again - The Movie"... egal, wie man den Wolkenkratzer-Actionthriller nennen möchte, er bleibt eine Collage aus viel zu oft verwendeten Schablonen.
Wer mit "Stirb Langsam" vergleicht, dem wohl meistgestohlenen Konzept der jüngeren Filmgeschichte, dürfte wohl am wenigsten Spaß haben mit dem Film, denn gegen Gruber und McClane anzutreten, das kann nur in die Hose gehen. Um sich überhaupt für einen solchen Vergleich zu qualifizieren, bleiben die Villains eigentlich auch viel zu unausgearbeitet; fast so, als wolle man der Gegenüberstellung von vornherein aus dem Weg gehen. Und doch spricht natürlich vieles dafür, dass hier und da vom Nakatomi Plaza abgepaust wurde: das abgeriegelte Setting, das Polizisten und Schaulustige nur aus der Ferne betrachten und kommentieren können, die Familie in Gefahr, der auf sich alleine gestellte Held und eine Schar von fiesen Typen, die mit ihren Sturmgewehren die Etagen durchkämmen.
Vieles geht aber auch auf die Blaupause "Titanic" zurück. Wann immer eine Geschichte damit beginnt, dass der Mensch seine neueste technische, wissenschaftliche oder handwerkliche Höchstleistung und damit sich selbst feiert, kann man davon ausgehen, dass es in einer Katastrophe endet. Ob man sich dabei nun auf hoher See befindet, in einem Dino-Park oder auf der höchsten Etage des größten Gebäudes der Welt, ist zweitrangig. Rawson Marshall Thruber befolgt diese Regeln akribisch; er lässt die Kamera schwungvoll um die Fassade des fiktiven Gebäudes kreisen, demonstriert seine überlegene Größe am Maßstab des Burj Khalifa und protzt mit dem allerneuesten Stand der Technik, fast so, als wolle er das böse Erwachen herausfordern. Blinkende Stahlgerüste, futuristische Elektronik und modernste Ausstattung, wohin das Auge blickt; weder Putzfrau noch Hausmeister beneidet man so recht beim Anblick dieses Bauwerkes. Doch wenn das Drehbuch erst einmal damit fertig ist, quittieren die Beiden ohnehin ihren Job.
Dwayne Johnson als einbeiniger Ex-Einsatzleiter des FBI und privater Sicherheitsberater ist in diesem Hi-Tech-Wahnsinn weder Fisch noch Fleisch. Als einer der wenigen verbliebenen Darsteller, dessen Filme immer noch nach dem alten Star-System funktionieren, nimmt man ihm die kleine Ein-Mann-Firma im großen Haus kaum ab, gerade wenn er vor dem Treffen mit dem Besitzer des Bauwerks nervös an seiner Krawatte fummelt. Als der schmächtige Steve McQueen in "Flammendes Inferno" einer vergleichbaren Katastrophe ins Auge blicken musste, wirkte das trotz des auch hier angewandten Star-Systems authentischer und wesentlich realistischer.
Natürlich lässt sich "Skyscraper" trotzdem als flotte Zwischenmahlzeit gut einschieben. Das Setting lädt jedenfalls zu einigen Spaziergängen auf der Messerklinge mit teils ungewöhnlichen Auflösungsansätzen ein, auch wenn keine der Actionszenen, egal ob innerhalb oder außerhalb des Gebäudes, allzu lange von sich reden machen wird.
Um allerdings die Warnung an Ikarus vor dem Flug Richtung Sonne mit voller Strenge auszusprechen, nehmen die Chinesen ihre architektonischen Superkräfte und die Amerikaner ihren Wiederauferstehungs-Pathos zu ernst. Man darf also Wetten darauf abschließen: So wie größere Schiffe als die Titanic gebaut wurden und der Spinosaurus den T-Rex überragte, so wird auch die "Pearl" irgendwann in den Schatten gestellt werden. Ob nun in dieser Franchise oder in einer anderen.