Yeah, endlich ist der Toxie hier! Ich mag den ollen Beulenmann im Tütü auch. Meine Kurzkommentare nochmal zusammengefasst:
The Toxic Avenger
erstmals veröffentlicht: 19.08.2013
Tromas wohl größter Erfolg und eine Machtdemonstration dessen, was Trash sein kann und sein sollte. Der „Toxic Avenger“ ist nicht nur eine tiefschwarze Superheldenparodie, sondern gleichzeitig eine Frontalattacke auf Soziales, im Geiste ein logischer Abkömmling der „Freaks“, der sich mit den Restbeständen und dem Abgestoßenen einer Gesellschaft, die menschlichen Wert mit Schönheit und Leistung aufwiegt, beschäftigt und all das genrebedingt plakativ mit Atommüll in Zusammenhang bringt – was wiederum zugleich zu einem Seitenhieb Richtung Wirtschaft und Industrie verführt. All diese Diskurse werden natürlich völlig unernst vorgetragen und teilweise sogar der Lächerlichkeit preisgegeben, wobei absolute Dilettanten vor der Kamera hilfreich ihren Dienst leisten. Derart lächerlich seine Darsteller inszenieren kann nur Troma (und vielleicht noch Helge Schneider), ob nun ärschewackelnd im Tuschelkreis, euphorisch kreischend beim Überfahren eines hilflosen Jungen oder selbstgefällig den armen Teufel auslachend, der gerade in ätzende Säure gefallen ist, als wären wir mitten in „Dumbo“. Toxie geht nach der obligatorischen Neumischung der Karten dann auch geschmacklos genug vor, um den Mainstream die Nase rümpfen und Abstand halten zu lassen, bleibt aber menschlich genug, dass er mit der Zeit zur Underground-Ikone werden konnte. Diese Tinktur aus launiger Prämisse, absichtsvollem Trash und postmodernem Spiel mit Filmregeln haben weder Troma selbst noch deren Konkurrenz in diesem ausgewogenen Mischungsverhältnis wieder hinbekommen.
The Toxic Avenger 2
erstmals veröffentlicht: 26.07.2014
Konsequent doofe Fortsetzung des Trashklassikers “Toxic Avenger“, obwohl dessen subversive Kraft nicht reproduziert werden kann, was auch daran liegen mag, dass in der Verwandlung des Pimpfs zum mutierten Rächer mehr Potenzial liegt als im Erhalt des Superheldenstatus. So setzt der zweite Teil alles daran, den Blick über Tromaville hinaus schweifen zu lassen und konfrontiert seinen Titelhelden mit dem fernen Osten, weil es dort gilt, einer ominösen Firma auf die Schliche zu kommen, die in Tromaville Chaos angerichtet hat. Kabukimänner, Ninjas und nackte Asiatinnen sorgen für Klamauk und einen Anstieg des Blutzolls, wobei man von der Political Incorrectness des Originals wieder weit entfernt ist. Interessant auch: Michael Jai Whites erster Auftritt, in dem er beweist, dass er seine Karriere durchaus auf Selbstironie aufgebaut hat, auch wenn man ihm das nicht immer ansieht.
The Toxic Avenger 3
erstmals veröffentlicht: 28.09.2014
Lokalgeschöpf Toxie auf Besuch im fernen Japan strickte das herrlich subversive Trash-Original schlüssig weiter und war insofern auch eine Parodie auf Sequels per se - dem Regionalen musste die zwangsläufige Ausbreitung auf das Globale folgen. Obwohl der dritte Teil eigentlich nur ein Produkt des überschüssigen Drehmaterials war, das Lloyd Kaufman als zu wertvoll erachtete, um es in der Schublade versauern zu lassen, verspricht der Auftakt eine weitere Entwicklung, die sich durchaus mit den postmodernen Superheldenfilmen der heutigen Zeit à la "Super" oder "Kick-Ass" messen kann: Was passiert eigentlich, wenn der Held dermaßen aufgeräumt hat, dass es keine größeren Probleme mehr gibt als Omas, die beim Kartenspielen betrügen?
Kaufman und Herz lassen also einen arbeitslosen Toxic Avenger täglich beschämt in seine Müllkippe zu seiner blinden Freundin zurückkehren. Hier, wie auch später, wenn sich das Blatt wendet und der einstige Held von Tromaville zum Yuppie mutiert, hat die zweite Fortsetzung ihre besten Momente. Ron Fazio sieht unter seiner Gummimaske mit dem beweglichen Kunstauge einfach so bescheuert aus wie eh und je, erst recht, wenn er Lacoste-Poloshirts trägt und arrogant auf seine Umwelt herabschaut. Auch dass in einer Videothek wahrhaftig der Bär steppt (eine 80er-Trainingstusse mit Dauerwelle im glänzenden Body wackelt da mit den Hüften, während sie den Rücken einer VHS liest, und ein 70er-Pimp mit dreifacher weiblicher Begleitung markiert den King of the Jungle), muss heute als visionäre Satire gelesen werden, fast so, als sei sich Troma des Aussterbens des Videokultes vollkommen bewusst gewesen.
Sobald aber Apocalypse Inc. auf den Plan tritt, macht sich bemerkbar, warum der dritte Teil als schlechtester der Reihe gilt. Da kann Rick Collins als gegnerischer Fiesling im Anzug bzw. in grüner Teufelshaut noch so Tim-Curry-esk vom Leder ziehen, er ändert nichts an der langatmigen Wiederholung der Storyelemente des zweiten Teils. Insbesondere das kindisch in Prüfungen aufgeteilte Finale lässt jede subversive Kraft vermissen. „The Last Temptation Of Toxie“ hat wie jeder Teil seine Momente, es ist aber zu verstehen, dass man in der vierten Auflage vor allem die Gewaltschraube wieder mächtig andrehte und sich gar selbstironisch für Teil 2 und 3 entschuldigte.
The Toxic Avenger IV
erstmals veröffentlicht: 22.09.2013
Troma empfiehlt, die ersten beiden Fortsetzungen des „Toxic Avenger“ einfach auszulassen, und entschuldigt sich auch noch mit flapsigem Ton für diese Filme. Der Vierte sei das einzig wahre Sequel. Ob sich die Wissenslücken wirklich empfehlen, kann ich nicht beurteilen, da ich der Troma-Empfehlung – wenn auch aus anderen Gründen – gefolgt bin: „Citizen Toxie“ ist erst mein zweiter Film mit dem mutierten Antihelden und es fühlt sich in der Tat nicht so falsch an. Dass Troma sich 11 Jahre nach dem letzten Teil und gar 16 nach dem Original selbst an Geschmacklosigkeiten übertreffen wollten, ist an jeder Ecke spürbar. Insbesondere in der ersten halben Stunde wird der Bildschirm mit einem wahren Shitload an kleinen Anspielungen überhäuft, dass man nur mit Zeitlupe nachkommt. Dies allerdings wäre angesichts der grafischen Widerwärtigkeiten eine äußerst unangenehme Erfahrung, denn die verführen schon in Normalgeschwindigkeit zum luftdichten Verschluss der Popcorn- und Chipstüten. Appetitlich ist bereits die erste Szene nicht, als eine Gruppe von Behinderten, die gerade auf ekligste Art und Weise Nachos verspeist, von einer kaum bemittelteren Gang in Babykostümen geentert wird. Und das ist nur die Spitze eines ganzen Berges aus Blut, Gedärmen, Kot, Urin und Schleim, der nahezu zwei Stunden lang nicht zu versiegen scheint.
Der Plot um das böse Paralleluniversum (Toxie aus Tromaville vs. Noxie aus Amortville) ist spätestens seit „Mario vs. Wario“ und „Springfield vs. Shelbyville“ allerbestes Trash-Fundament und wird hier insofern nochmal aufs Äußerste ausgereizt, dass der böse Noxie bescheuerterweise in Rap-Montur inkl. Goldkettchen aufkreuzt.
Der darauf folgende Verwechslungsplot rechtfertigt dann wohl auch die mit knapp 2 Stunden lange Laufzeit, auch wenn der Film nach 80 Minuten massiv mit Längen zu kämpfen hat; die volle Ladung Bullshit hält man eben nur eine begrenzte Zeit lang aus. Ansonsten aber ein wahres Feuerwerk der Grenzdebilität, das die Abwesenheit memorabler Momente wie im ersten Teil durch ein Dauersperrfeuer des schlechten Geschmacks ausgleichen will. Das gelingt zumindest in Teilen.