Provocateur - Liebe war nicht ihr Auftrag
Provocateur - Liebe war nicht ihr Auftrag
Originaltitel: Provocateur
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1996
Regie: Jim Donovan
Darsteller: Jane March, Stephen Mendel, Lillo Brancato, Nick Mancuso, Cary-Hiroyuki Tagawa, Sarah May, …
Eine aus der cineastischen Geschichte gezogene Lehre ist die Feststellung, dass sich die Devise „Sex sells“ nur in genau dosierter Form auf den Kinosektor anwenden lässt, denn einschlägige Erfahrungen haben den Verantwortlichen immer wieder schmerzhaft (sprich: verlustreich) vor Augen geführt, dass derartige Filme eher in heimischen Wohnzimmern als öffentlichen Kinopalästen konsumiert werden, weshalb sich Gewinne in diesem Bereich vorwiegend über die Videotheken einfahren lassen. Der Kombination Verhoeven/Stone gelang 1992 mit „Basic Instinct“ eine eindrucksvolle Ausnahme, doch die Fortführung der Taktik scheiterte bereits bei den jeweiligen Nachfolgeprojekten (“Showgirls“/Sliver“). Für Darstellerinnen ist es besonders schwierig, ihr Image im Anschluss an eine solche Produktion anderweitig auszurichten – Sharon gelang das mit Werken wie „Casino“ oder „Last Dance“, diverse Kolleginnen hatten jedoch weniger Glück: Elizabeth Berkley etwa, die nach ihrer freizügigen Rolle als Showgirl fast wie eine Branchen-Aussätzige behandelt wurde und sich bis heute nur in Theateraufführungen oder Independentstreifen (wie „Taxman“) beweisen durfte.
Ferner wäre da unbedingt noch Jane March zu nennen, welche mit der Hauptrolle in der von den Medien zum „Skandalfilm“ aufgebauschten Duras-Adaption „L´Amant“ debütierte. Seriöse/anspruchsvollere Parts blieben in der Folgezeit aus, und als sie Jahre später zugunsten des Sex-Thrillers „Color of Night“ doch nachgab, besiegelte das ihr Schicksal endgültig. Seither spielte ausschließlich in nahezu unbedeutenden „DTV“-Produktionen mit, zu denen auch „Provocateur“ (´96) zählt, was angesichts ihres Karrierepotentials wirklich schade ist. Tja, so ist das halt im Business – und zudem gibt es leider gar bis heute noch Individuen, die den dümmlichen Gerüchten tatsächlich glauben (wollen), Jane hätte damals bei ihrem Debüt echten Sex vor der Kamera gehabt…zum Kopfschütteln!
Nachdem alle Familienmitglieder der jungen Nordkoreanerin Sook Hee (Jane March) bei einem Unfall ums Leben gekommen sind, wird sie vom Regime jenes Landes rekrutiert und zu einer Spezialagentin ausgebildet. Ihr erster richtiger Feldeinsatz führt sie dann südlich der Grenze, wo sie zusammen mit einer Kollegin geheime Daten vom PC einer inoffiziellen CIA-Einrichtung stehlen soll. Zwar wird das Ziel erreicht, doch kurz vor Abschluss der als unauffällig konzipierten Mission kommt es schließlich zu einem Zwischenfall, aus welchem sich Sook nur noch den Weg freischießen kann sowie im Verlauf dessen der Agent Bates (Nick Mancuso) verwundet wird und einige weitere Beamte tot zurückbleiben. Wieder im Norden, zeigt sich die Partei sehr zufrieden mit ihrer Arbeit, obwohl einige Stimmen Zweifel an ihrer Vertrauenswürdigkeit anmelden, da sie nur ein „Halbblut“ sei (ihr Vater stammte aus Russland). Da aber die Leistungen überzeugen und ihr westlich-angehauchtes Äußeres einen entscheidenden Vorteilsfaktor bei derartigen Einsätzen darstellt, schickt man sie erneut zurück ins Feld, allerdings auf einer gewichtigeren Ebene: Zusammen mit dem erfahrenen Kollegen Jong (Cary-Hiroyuki Tagawa) wird sie auf einer amerikanischen Militärbasis in Südkorea eingeschleust – sie (unter dem Namen „Mia“) als Haushälterin der Familie des Colonels Greg Finn (Stephen Mendel), er als dessen Adjutant (die „Vorgänger“ jener „Posten“ wurden zuvor professionell ausgeschaltet).
Während sie sich auf Anhieb mit der jungen Audrey (Bryn McAuley) versteht, ist deren jugendlicher Bruder Chris (Lillo Brancato) deutlich abweisender – deren Mutter war vor einigen Jahren bei einem Anschlag auf ein Flugzeug ums Leben gekommen, für welchen sich der benachbarte „Axis of Evil“-Staat verantwortlich zeichnete. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten lebt sie sich aber gut in die Familie ein und wartet immerzu auf die Gelegenheit, sich per PC des Colonels in die Militärdatenbank einzuklinken und so an sensible Daten zur Übertragungsentschlüsselung zu gelangen, während Jong ihr auf dem militärischen Sektor den Rücken freihält. Je länger die Mission andauert, desto stärker lernt Mia die Vorzüge der „westlichen Lebensart“ zu schätzen – außerdem kommt sie dem inzwischen „aufgetauten“ Chris zunehmend näher. Dann verstirbt jedoch der nordkoreanische Parteivorsitzende, und der damit einhergehende Machtwechsel spannt die politische Lage angesichts einer unsicheren zukünftigen Ausrichtung der Beziehungen merklich an, weshalb man Finn übergangsweise einen Spezialisten der CIA zur Seite stellt, nämlich (den inzwischen am Stock gehenden) Bates. Verunsichert weist Jong Mia an, aufgrund der neuen Situation zügiger vorzugehen, während sie selbst immer stärker mit persönlichen Zweifeln zu kämpfen hat. Als ein Zugriffsversuch ihrerseits dann aber misslingt, spitzen sich die Ereignisse immer weiter zu: Ein Kumpel von Chris erkennt Mia auf Archivmaterial (über den verstorbenen Führer des Nordens) wieder, ein Informant versucht drohend, neue Bedingungen der Zusammenarbeit aufzustellen, und Jong ordnet die Tötung Bates´ an…
Die Eröffnungsszene lässt den Zuschauer einen kurzen Blick auf die finalen Momente des Films werfen, worauf alles dazwischen quasi eine lange Rückblende darstellt – an sich kein schlechtes Stilmittel, doch mit jenen Bildern im Hinterkopf war es mir schon recht bald möglich, die weiteren Schritte vorauszuahnen, was sicher so nicht Sinn und Zweck der Sache war. Das liegt allerdings gar nicht unbedingt an jenem gewählten Aufbau, sondern vielmehr daran, dass die Handlung schlichtweg vorhersehbar abläuft und mit keinen wirklichen Überraschungen auftrumpfen kann. Natürlich wird die Antwort darauf, was am Ende wohl aus Mia wird, nicht vorm Showdown geklärt, was aber immerhin die Mindestanforderung an einen Thriller ist – die Art des Ausgangs hat man (meiner Meinung nach) sogar recht gut aus den von der Story her möglichen Varianten ausgewählt. Das Problem liegt vielmehr offensichtlich im zentralen Drittel, denn während der Anfang interessant daherkommt und die ganze Spionage-Sache viel versprechend einleitet, läuft das Geschehen im Mittelteil schlichtweg auf Grund: Mias Auftrag, welcher ohnehin zugunsten der Integration in die Familie und Umgebung in den Hintergrund tritt, wird nie genau spezifiziert, weshalb er oberflächlich daherkommt sowie kein Interesse generieren kann, was wiederum auf Kosten der Spannung geht. Die aufkeimende Beziehung zu Chris, private Probleme wegen verstorbenen Angehörigen, der Arbeitsalltag des Colonels – diese Punkte sind derart banal und uninteressant umgesetzt worden, dass man beinahe vollständig die Geduld verliert (wenn nicht die Macher gerade in diesem Teil auf die Reize von Frau March zurückgegriffen hätten). Der letzte Akt hingegen ist durchaus gelungen, da die Verstrickungen dort ihren Höhepunkt finden sowie Action- und Tempogehalt (vergleichsweise) merklich erhöht werden.
Zwar verhindert die Konzeption von Janes Rolle, dass ihr Auftreten hier rein aufs Äußere reduziert wird, doch den Verantwortlichen war die Tatsache natürlich bewusst, dass es sich bei ihr um eine Schauspielerin handelt, deren perfekter Körper von keinem großen Meister der Kunstgeschichte hätte besser erschaffen werden können, weshalb man diese Eigenschaft vorteilhaft in die Umsetzung einzubeziehen versuchte: Man sieht sie also im Verlauf beim Liegestütz-Training in Unterwäsche, beim Undercover-Einsatz als Prostituierte, unter der Dusche sowie in einer recht freizügigen Sex-Szene – klar handelt es sich dabei um „unnecessary T&A“, allerdings recht geschmackvoll umgesetzt. Darstellerisch überzeugt sie vor allem in leiseren Szenen, zum Beispiel bei Interaktionen mit der Familie, während sie als knallharte Spionin etwas an Glaubwürdigkeit einbüßt – aber auch dort stimmt immerhin die Optik in Form von einigen Martial Arts Moves und Schießereien im knappen Lederdress. Sie und Kollege Cary-Hiroyuki Tagawa spielen hier Nordkoreaner, was jeweils von den charakteristischen Aussehensmerkmalen nicht so ganz passt – das aber sollte man „Provocateur“ nicht allzu gewichtig ankreiden, denn der Zielgruppe wird es ohnehin nicht auffallen bzw egal sein. Da für viele „alle Asiaten gleich aussehen“, war es Tagawa in der Vergangenheit ohnehin oftmals „problemlos“ möglich, neben seiner (eigentlichen) japanischen Abstammung („Rising Sun“) auch Chinesen („Art of War“), südpazifische Piraten („the Phantom“) oder selbst ganz generell Personen aus jenem Teil der Welt zu verkörpern (in „Twins“ wurde er bloß als „Oriental Man“ in den Credits aufgeführt). Hier ist er erneut als Villain besetzt worden – eine Rolle, welche er bereits im Schlaf beherrscht. Die besten Momente besitzt allerdings Nick Mancuso („Rapid Fire“) als Bates, welcher allen gegenüber misstrauisch ist sowie seine Erfahrungen und gemachten Fehler zum aktuellen Vorteil gekonnt einzusetzen vermag – seine Auftritte sind die gelungensten. Stephen Mendel („Stepfather 3“) verbleibt als Col.Finn blass, vor allem da ihn das Skript zeitweise extrem unsympathisch wirken lässt, zB als er seinem Sohn unbedingt eine Prostituierte zum Geburtstag spendieren will. Der absolute darstellerische Schwachpunkt ist allerdings Lillo Brancato („the Sopranos“) als Chris, der nicht nur wie eine Pfeife vor dem Herren aussieht, sondern sich zudem noch so verhält! Sowohl optisch als auch vom (fehlenden) Talent her ist er eine absolut ärgerliche Fehlbesetzung – schließlich soll man glauben, eine Frau wie Mia würde (ernst gemeint) etwas mit ihm anfangen…wohl kaum!
Das Drehbuch stammt aus der Feder von Roger Kumble, der nur wenige Jahre später mit „Cruel Intentions“ bewies, dass er gar mehr als eine Handvoll guter Dialoge pro Skript vorbringen kann. Ferner bestätigte er mit seiner Choderlos de Laclos Neuinterpretation, mit subversiver Erotik tatsächlich umgehen zu können, während „Provocateur“ einfach zu steif daherkommt, sich selbst zu ernst nimmt sowie seinen „sexy Spionin“-Ansatz zugunsten der Integrations-Thematik vernachlässigt. Es gibt keine Twists zu entdecken, die enthaltenen politischen Motive sind bestenfalls oberflächlich und zeichnen das gängige Bild von den bösen Nordkoreanern ohne Differenzierungen, der Ablauf (mitsamt der obligatorischen Rückblenden) folgt dem Standardpfad. Leider nerven zudem einige Szenen aufgrund der Verhaltensweisen der Charaktere, wie etwa dass Finn und Bates erst einmal allein zum Showdown auftauchen oder Audreys anhängliches Verhalten gegenüber Mia im Finale. Da das begrenzte Budget nicht viele Möglichkeiten zur kreativen Entfaltung aller Beteiligten ließ (gedreht wurde ausschließlich in und um Montreal), sucht man besondere Schauwerte (von der Hauptdarstellerin mal abgesehen) vergeblich. Regisseur Jim Donovan (MTV´s“Undressed“) peppt die Story gegen Anfang und Ende mit einigen unspektakulären Schießereien sowie einer routinierten Explosion auf, wobei er in dynamischen Einstellungen die Kamera zusätzlich schräg platziert – warum auch immer (eine schnellere Schnittfolge wäre wirkungsvoller gewesen). Die Inszenierung ist demnach bestenfalls solide, nie aber mehr.
Fazit: „Provocateur“ ist eine „Direct to Video“-Produktion mit dem Feeling eines „Made for TV“-Movies, welche etliche Klischees erfolgreich zu umgehen sowie mit einigen annehmbaren Elementen aufzuwarten vermag, allerdings ebenfalls an diversen Limitierungen und Problemen (Budget, Skript, eine zentrale Fehlbesetzung) krankt – letztendlich belanglos, aber einigermaßen unterhaltsam, weshalb ich mich für abschließende „4 von 10“ entschieden habe.
Bislang ist der Film noch nicht auf DVD erschienen - in Deutschland ist er allerdings 1998 von "BMG Video/UFA" auf Video veröffentlicht worden.
Feines Review zu einem wohl eher unterdurchschnittlichen Film. :)
Tja, Jane March hätte ich auch gerne mal öfters in größeren Rollen gesehen anstatt von vielen Talentnullbolzen, die frei nach Laune in Major-Produktionen umherwandern dürfen, wie sie wollen. Aber wie du schon schreibst: So läuft das Geschäft...
Tja, Jane March hätte ich auch gerne mal öfters in größeren Rollen gesehen anstatt von vielen Talentnullbolzen, die frei nach Laune in Major-Produktionen umherwandern dürfen, wie sie wollen. Aber wie du schon schreibst: So läuft das Geschäft...
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