Hatte Kathryn Bigelow mit "Zero Dark Thirty" einen Spielfilm vorgelegt, der dokumentarische Nüchternheit anstrebt, so ist Matthew Heinemans von ihr produzierte Doku "Cartel Land" fast schon das Gegenstück, eine Doku mit Spielfilmästhetik, siehe die Bebilderung der Patrouillengänge oder der Freiluft-Meth-Küchen. Dabei nimmt sich Heineman eines komplexen Problems an, das keine einfachen Lösungen kennt und lässt seine Protagonisten facettenreich erscheinen. Der amerikanische Bürgerwehrchef, der sich klar ist, dass sich Rassisten seiner Bewegung anschließen (von denen auch einer zu Wort kommt), der Vorstellungen von Vigilante Justice aus dem Wilden Westen anhängt, aber auch sehr reflektiert spricht, wenn er sagt, dass er sich für den Guten
hält und die anderen für die Bösen - nicht, dass er es zwangsläufig ist. Brisanter, interessanter und dementsprechend auch mit mehr Screentime sind die Autodefensas in Mexiko bedacht, deren Anführer als charismatischer Redner und Idealist, aber Sturkopf und rumvögelnder Die-Familie-im-Stich-Lasser gezeigt wird. Das ist teilweise sehr intensiv, gerade was die Schilderung von Gewalt angeht, aber auch in den Szenen, in denen Heineman in Schießereien gerät. Die Erkenntnis, dass es keine einfachen Lösungen gibt, ist richtig, aber manchmal würde man sich mehr Kontext oder einen Kommentar wünschen, gerade was die Methoden der Autodefensas angeht: Wie viele Leute foltern sie und bringen sie um? Was etwa geschieht mit dem Verdächtigen, dessen Verhaftung Heineman ausführlich zeigt? Das ändert aber nichts daran, dass "Cartel Land" Probleme aufzeigt, sie aus vielen Perspektiven beleuchtet und dem Zuschauer ungewohnte Einblicke gewährt. Und das kann man sich von einer Doku nur wünschen.
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