Limp Bizkit im Haus Auensee
Limp Bizkit wollte ich Ende der 90er herum mal in einem Konzert erleben. In Berlin. Leider hat sich da Fred Durst im Vorfeld am Rücken verletzt und die Show musste abgesagt werden. Neuerliche Anläufe waren mir immer zu weit weg. Und jetzt, wo kaum ein Hahn mehr nach LB kräht, kommt der gute Fred nach L.E. (Leipzig, für de Nichtsachsen)! Ins idyllisch gelegene Haus Auensee. Nix wie hin!
Konzert war erstaunlicherweise schnell ausverkauft, was man dann auch merkte. Habe die Location nie so brechend voll gesehen. Einlass war auch direkt leicht überfordert, so dass ich fast den gesamten Auftritt der Vorband "Sangre" verpasst habe. Die Songs, die ich mitbekommen habe, klangen aber eh nicht nach Musik, die mir jemals gefallen würde.
10 nach Neun erschienen Fred und Co. zu einem Django-Thema auf der Bühne und starteten einfach mal so mit Break Stuff los. Mitten in die Fresse. Poging bis in die letzte Reihe. Beim ersten Song. Und sofort eine irre Stimmung. Von Null auf Hundert in einem Song. Danach entfaltet sich eine ungewöhnliche Setlist. "9teen 90Nine", "Why Try?", "Bring it Back" mit erstaunlichem Gejamme zwischen den Songs, in dem andere LB-Songs durchscheinen dürfen. Doch die Fans gehen richtig krass mit, kennen auch von den Songs jede Zeile. Ich erstaunlicherweise auch...
Mit Rollin' reißen LB dann das Haus ein. Stage Diving, fliegende Bierbecher, Poging, von der Ballustrade fliegende Fans, Chaos pur. Und Fred steht vorne auf der Bühne, macht die typischen Lenkbewegungen und schaut sich beinahe andächtig durch seine "Schutzscheibe" an, was er angerichtet hat. Genialer Moment. Danach geht es ungewöhnlich weiter. "Armpit", "Hot Dog" und dann erst mit "Eat you Alive" einer aus dem eigentlichen Hitköcher. Danach ein Cover-Medley und eher unbekanntere Songs ala I'm Broke oder die "3 Dollar Bill Yall" Stücke Pollution und "Counterfeit". Danach dröhnten alle Ohren.
Das war im Grunde aber nur die Vorstufe für das Finale Grande: "My Generation", "Living it up", "Nookie" und "My Way" sorgen dafür, dass die Fans fein säuberlich das Haus abtragen. Und "Take a look around" wird so richtig aufgezogen. Ewig lang, megabrachial und einfach nur aufputschend bis zum geht nicht mehr.
Danach der Coitus Interruptus: Staying Alive von den Bee Gees wird eingespielt. Fred dirigiert die gröhlende Masse. Dann ein "Gute Nacht" und weg ist er. Die Band auch. Sofort stürmen Rowdies die Bühne und bauen das komplette Instrumentarium ab. Absolutes Staunen im Zuschauerraum. Es reicht nicht mal für ein verdutztes "Zugabe"...
So gerät das Konzert zum perfekten Quickie. Kein Vorspiel, volle Lotte rauf auf die Alte, abspritzen und ohne Kuscheln weg. Die Band beklatscht und verabschiedet hätte man aber dennoch gerne.
Zur Show: Fred hatte neben einem bräunlichen Hemd das gewohnte Baseball-Cap am Start. Ein fetter Hippster-Bart macht ihn zum tollen Weihnachtsmann-Ersatz. Wes Borland rangierte irgendwo zwischen Joker und Leatherface und hatte zu Beginn einen geilen Sommerhut am Start. Der Auftritt war sehr geerdet, sehr down to earth. Gab kaum große Showelemente. Auch keine Bildschirme oder ähnliches. Stattdessen nur eine relativ zurückhaltende Lightshow. Die Jungs waren nur zum Rocken da. Fred hatte schnell einen Draht zum Publikum und band es cool ein. Seine Show war auch eher cooler Natur. Keine fetten Posen. Der Rocker aus Jacksonville ist wohl erwachsen geworden. Aber klar gabs auch Mittelfinger und wir waren seine kleinen Motherfucker... ;-)
Ein Zuschauer übernahm btw. bei "My Way" Borlands Part! Komplett und richtig geil. Keine Ahnung, ob er das im Vorfeld über den veranstaltenden Radiosender gewonnen hat. Dazu höre ich zu wenig SAW. Sound war mörderfett und die Location ein dankbarer Abnehmer der brachialen Bässe. Was mich persönlich nervte, war die Second Screen Erfahrung dank hunderter Handys, die einem immer wieder im "Bild" hingen. Dazu wurde jede Pause genutzt, um irgendwas zu posten oder nachzuschauen, ob andere schon Bilder des Konzertes gepostet haben. Dabei waren die doch selber live vor Ort... Ich kann mich nur wiederholen: Social Media Sucks...
Schade auch, dass es kein neues Material zu hören gab. Immerhin meinte Fred irgendwann, dass das neue Album auf dem Weg sei...
Der schönste Moment für mich: Als Fred "9teen 90Nine" ausklingen lässt und das Publikum das letzte 1999 immer länger zieht, denke ich daran, wo ich 1999 war und sehe mich zu LB-Sounds auf dem Tisch eines Clubs in Ilmenau, wo ich studiert habe, tanzen. Scheiße, heute würde ich mir vermutlich schon beim Hochklettern auf den Tisch etwas zerren oder ich hätte Angst, dass meine Hose reißt. Wo ist die Zeit nur hin, Leute?
In diesem Sinne:
Das war der ganz heiße Scheiß!
freeman
[Konzert] Limp Bizkit im Haus Auensee
Moderator: gelini71
Hui, cooler Bericht zu meiner ehemaligen Lieblingsband
Die Jungs scheinen es ja immer noch zu bringen live...hab sie zuletzt 2009 gesehen und die Show hat auch damals enormen Spaß gemacht, auch wenn die prollige Mucke schon da nicht mehr so gut funktioniert hat wie zu ihrer Hoch-Zeit.
Setlist klingt auch ganz gut...v.a. dass Pollution und Counterfeit (aber nur in Medley-Form?) ihren Weg ins Set gefunden haben.
Lustig auch das Gehate auf die Second-Screen-Fraktion
Zum Teil gebe ich dir da Recht, zum anderen mache ich auch immer während 1-2 Songs ein paar Bilder, allerdings mit ner vernünftigen Kamera und nicht mit dem Handy, wo die Konzertaufnahmen meistens eh nur abstrakte Kunst werden. Lustigerweise haben mir bei dem Bericht nämlich jetzt ein paar Bildchen gefehlt 

Setlist klingt auch ganz gut...v.a. dass Pollution und Counterfeit (aber nur in Medley-Form?) ihren Weg ins Set gefunden haben.
Lustig auch das Gehate auf die Second-Screen-Fraktion


Jip, sehr sehr cooler Bericht mit einem wahrlich schmerzenden Abschlusswort. Limp Bizkit stehen für mich in der Tat genauso für die längst vergangenen, wilden Zeiten. Wahrscheinlich würde ich heute auch kein Konzert mehr von denen besuchen, weil ich mich fehl am Platz fühlen würde und das Gepose heute eher albern finde, aber zu Hause verirrt sich manchmal schon noch die ein oder andere Platten von denen in den CD-Player. Eben der guten alten Zeiten wegen und weil es immer noch Druck hat.
Second-Screen-Kritik ist bei mir immer Einrennen in offene Türen. Ob nun Kino, Konzerte oder sonstige Gemeinschaftserlebnisse... man hat das Gefühl, die Leute können sich nicht mehr auf das Event selbst konzentrieren und müssen direkt alles in einen Social-Media-Instant-Kontext setzen. Ich verstehe zumindest bei Konzerten das Bedürfnis des Einzelnen, sich ein paar Bilder als Erinnerung zu behalten, aber in vielen Fällen ist es so, dass es den Leuten darum geht, sich selbst gegenüber anderen mit möglichst coolen Bildern zu inszenieren, anstatt dass man einfach den Moment genießt.
Second-Screen-Kritik ist bei mir immer Einrennen in offene Türen. Ob nun Kino, Konzerte oder sonstige Gemeinschaftserlebnisse... man hat das Gefühl, die Leute können sich nicht mehr auf das Event selbst konzentrieren und müssen direkt alles in einen Social-Media-Instant-Kontext setzen. Ich verstehe zumindest bei Konzerten das Bedürfnis des Einzelnen, sich ein paar Bilder als Erinnerung zu behalten, aber in vielen Fällen ist es so, dass es den Leuten darum geht, sich selbst gegenüber anderen mit möglichst coolen Bildern zu inszenieren, anstatt dass man einfach den Moment genießt.
@ Hanni:
), ich immer auf der Jagd nach dem einen Bild bin. Weiß auch net. Man hat dann ja immer was: Plötzlich mal geile Sicht. Oder das "Lustobjekt" macht grad was Cooles. Usw. Immer passiert was, das einen die Kamera hochreißen lässt. Habe dann irgendwann für mich bemerkt, dass ich infolgedessen ganz viel auch mehr durch den Screen/Sucher der Kamera wahrnehme als richtig bewusst was für mich mitzunehmen. Seitdem lasse ich vor allem bei Konzerten jeglichen ablenkenden Tand weg. Bei LB kam noch hinzu, dass ich befürchtete, dass die Cam den Auftritt wohl nicht überleben würde. Und ich glaube, da lag ich ziemlich richtig 
In diesem Sinne:
freeman
Genau deshalb gibt es keine Bilder bei dem Bericht. Ich habe bemerkt, dass sobald ich die Kamera dabei habe (dann auch ne Richtige, mein Handy kann nur SMS und manchmal spricht es sogarman hat das Gefühl, die Leute können sich nicht mehr auf das Event selbst konzentrieren


In diesem Sinne:
freeman

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