[DVD] Pink Floyd - Live at Pompeji

Eindrücke, Klangchecks aktueller aber auch älterer Scheiben im Review. Dazu Musik DVDs und Konzertberichte.

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[DVD] Pink Floyd - Live at Pompeji

Beitrag von gelini71 » 06.09.2011, 16:30

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Originaltitel: Pink Floyd Live at Pompeii
Konzept & Regie: Adrian Maben
Band:
- Roger Waters: Bass , Gesang
- David Gilmour: Gitarre , Gesang
- Nick Mason: Schlagzeug
- Richard Wright: Piano , Orgel , Gesang
sowie die Hündin „Nobs“

Laufzeit: circa 60 Minuten (Konzertfassung) , circa 90 Minuten (Directors Cut)
FSK: ab 0 Jahre

Songliste
- Intro
- Echoes Part 1
- Careful with That Axe, Eugene
- A Saucerful of Secrets
- One of These Days I´m going to cut you in little pieces
- Set the Controls for the Heart of the Sun
- Mademoiselle Nobs (auch bekannt als „Seamus“)
- Echoes Part 2

Copyright aller Bilder: Universal

Eine ungewöhnliche Band an einem ungewöhnlichen Ort – Pink Floyd spielen vor den leeren Rängen des Amphitheaters von Pompeji ein Konzert & haben sogar Spaß dabei

Zwischen den 04. & dem 07 Oktober 1971 gaben die vier Musiker von Pink Floyd ein auf den ersten Blick seltsames Konzert: Sie traten in den Ruinen des alten Amphitheaters des durch einen Vulkanausbruch zerstörten Pompeji ohne Publikum auf – Zeugen dieses Auftritts wurden lediglich ein Filmteam mit seinen Kameras , ein paar Tiere sowie einige Kinder der nahegelegenen Dörfer (die sich aber in einer Ecke versteckten um die Aufnahmen nicht zu stören).

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Super – da geben Pink Floyd ein Konzert & dann ist kein Mensch da

Wer nun mit dem Namen Pink Floyd gefälligen Stadionrock für die breite Masse verbindet der wird bei diesem Konzert Augen & vor allen Dingen Ohren machen: Denn 1971 waren Pink Floyd zwar schon bekannt & eine gewisse Größe , aber beileibe noch nicht die Superstars die sie noch werden sollten. Die Band befand sich zum Drehzeitpunkt in einer Art Zwischenstadium – die Experimentelle Phase mit Alben wie „Ummagumma“ oder „Atom Heart Mother“ war noch nicht ganz abgeschlossen , das Album „Meddle“ stand kurz vor der Veröffentlichung & der spätere Millionenseller „Dark Side of the Moon“ war noch nicht in Sichtweite. So erlebt der Zuschauer hier noch die rohen , unverfälschten Pink Floyd der Frühzeit gleichzeitig aber kann man Soundmäßig hören wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen wird.

Eingerahmt ist das ganze mit dem Zweigeteilten Song „Echos“ der hier am Anfang & Ende der Show zu hören ist. Wobei „Show“ auch nicht ganz richtig ist. Die Songs wurden nämlich einzeln zu verschiedenen Tageszeiten & auch an verschiedenen Tagen aufgenommen , wie man sehr gut am Stand der Sonne sehen kann. Da durch Logistikprobleme von angesetzten sechs Drehtagen nur drei genutzt werden konnten (es fehlte schlichtweg der Strom) wurde am Ende des Jahres 1971 noch Drehtage in einem Pariser Studio nachgeholt wo die Band teilweise vor einem Projektionsschirm agierte oder aber in einem Saal mit lauter Scheinwerfer spielte – wann was gedreht wurde ist übrigens sehr schön an Richard Wrights Bart zu erkennen – in Pompeji hat er noch einen Vollbart , in Paris ist er glattrasiert.

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Roger Waters schlägt den Pausengong

Bei der Auswahl der Songs wird man logischerweise auf die ganz großen späteren Hits verzichten müssen , ganz einfach weil es die zum Drehzeitpunkt noch gar nicht gab. Neben dem episch schönen „Echos“ sticht auch das sehr rockige „One of these Days“ raus , bei dem Nick Mason so dermaßen wild auf sein Schlagzeug haut das er dabei einen seiner Drumsticks verliert – und er ist dann so cool & locker das er einfach weiterspielt , nach unten greift & einen neuen Stick hervorholt. Ebenfalls aus dem Album „Meddle“ stammt „Madmoiselle Nobs“ das auf dem Album noch „Seamus“ hieß. Der Grund für die Namensänderung ist der Hund: Denn dieser reine Bluessong besteht hauptsächlich aus Hundegebell & im Studio war der Hund eben Seamus , bei den Filmaufnahmen war es die Hündin Nobs – deswegen die unterschiedlichen Titel.

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Hündin Nobs findet das alles einfach nur zum jaulen

Dann gibt es noch drei Titel aus der Floyd Frühphase – das Orientalisch klingende „Set the Control for the Heart of the Sun“ , das sehr epische , etwas nach the Doors klingende „Careful with that axt Eugene“ sowie das sehr experimentelle „Saucerful of Secret“ – besonders letzterer Song wird die Nerven des unbedarften Zuschauers fordern: Gilmour bearbeitet im Schneidersitz seine Gitarre mit diversen Gerätschaften & Effektgeräten , Mason trommelt stur einen Beat , Wright haut ziemlich Ziellos auf dem Piano rum während Waters wild auf diverse Becken einschlägt. Kurzum: Kakophonie at his Best , findet man entweder komplett genial oder aber unglaublich blöde & krank.

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Mit Drei-Wetter-Taft wären die Haare an ihrem Platz geblieben

Der Verzicht auf ein jubelndes Publikum sowie das Fehlen einer Lightshow oder Diaprojektionen reduziert das ganze natürlich gewaltig – die Musik & die vier Musiker stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Trotzdem wirkt das ganze zu keiner Sekunde langweilig. Adrian Maben schneidet die Bilder teilweise recht flott hintereinander , lässt aber manchmal auch die Kamera sehr lang auf einen Musiker stehen (Nachwuchsgitaristen können also in aller Ruhe studieren wie David Gilmour so seine Gitarre bearbeitet & den für ihn typischen Sound produziert) , dazu kommen einige schöne Effekte sowie Bilder vom antiken Pompeji & dem danebenliegende Vulkan. Obwohl 40 Jahre alt & somit zu einer Zeit entstanden als Konzertmitschnitte noch in den Kinderschuhen steckten wirkt „Live at Pompeji“ immer noch frisch & Zeitgemäß – sieht man mal von der Kleidung sowie den Frisuren ab (Haare Haare – nix als Haare).

Die verschiedenen Schnittfassungen
Von „Live at Pompeji“ existieren drei Schnittfassungen , welche von diesen nun die beste ist muß der geneigte Fan selber rausbekommen. Ich persönlich bevorzuge die Originale Konzertversion von 1972.
1.) Original Kinofassung (1972)
Diese Schnittfassung enthält nur das Konzert & hat eine Laufzeit von circa 60 Minuten. Sie ist auf der DVD im Bonusmaterial zu finden.
2.) Erweiterte Kinofassung (1974)
Um das Album „Dark Side of the Moon“ zu promoten wurde 1974 eine erweiterte Fassung erstellt. Die einzelnen Songs werden von Interviews der Bandmitglieder sowie Impressionen aus der Abbey Road Kantine (wo Nick Mason seinen berühmten Apple Pie Spruch sagt) & Bildern aus dem Tonstudio wo die Band gerade vorgibt Teile von „Dark Side of the Moon“ aufzunehmen unterbrochen – vorgibt deshalb weil die Mitglieder Jahre später zugaben das diese Studioaufnahmen nachgestellt sind da zum Drehzeitpunkt die Aufnahmen für das Album bereits abgeschlossen waren. Die Laufzeit dieser Version betrug etwa 80 Minuten & ist nach meinem Wissen nicht auf DVD erhältlich sondern wurde nur Ende der 80iger Jahre auf VHS veröffentlicht.
3.) Der „Diectors Cut“ (2003)
Auf Basis der erweiterten Kinofassung von 1974 wollte Adrian Maben für die DVD Veröffentlichung eine neuere , bessere Schnittfassung anfertigen , wo er bestimmte Kameraeinstellungen durch Alternativmaterial ersetzen wollte. Doch leider war das 1971 gedrehte Alternativmaterial unauffindbar so das sich Maben mit NASA & ESA Bildern , Ausschnitten einer BBC Doku über den Kosmos , einer CGI Animation des antiken Pompeji sowie neu gedrehten Material u.a. aus dem Museum vom Pompeji behelfen musste. Das Ergebnis ist ein ziemlicher Misch-Masch der weder Fisch noch Fleisch ist , viele Einstellungen passen gar nicht zur Musik (z.B. die Londoner U-Bahn bei „Echos“) & das ganze wirkt einfach unrund. Das viele alte Einstellungen gekürzt wurden (u.a. die schöne lange Zoomfahrt vom Theaterrand auf die Band am Anfang & Ende des Films) ist zudem ziemlich Ärgerlich , da ist das leichte Ändern der Songreihenfolge noch das kleinere Übel. Kurzum: Der DC ist das perfekte Beispiel dafür wie man etwas Gutes Nachträglich verschlimmbessern kann.

Fazit
„Live at Pompeji“ ist ein Musikhistorisches Dokument von einer Band die sich zum Drehzeitpunkt vom Insidertip & Kritikerliebling langsam zum Big Name mauserte. Musikalisch gibt es sowohl klassischen Prog Rock als auch Experimentelles Material - letzteres dürfte aber für die breite Masse wohl eher zu durch sein - , große bekannte Radiotaugliche Hits sollte man also nicht erwarten. Filmtechnisch wirkt dieser Film immer noch frisch & zu keinem Zeitpunkt angestaubt.
Wer also die rohen , nahezu ungeschliffenen Pink Floyd erleben will der sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren , wobei der neue „DC“ sicherlich Diskussionswürdig ist. Da allerdings die Originalfassung mit an Bord ist kann man als Fan wählen.
:liquid9:

Die DVD – die technischen Details
Menü
Dezent Animiertes Menü mit Musik , etwas seltsame Navigation – man muß etwas rumprobieren um die Bedeutung der Symbole rauszubekommen. Groß etwas Einstellen läßt sich allerdings eh nix.

Bild
Grundsätzlich sieht das Bild fantastisch aus , sehr hell & scharf – im Anbetracht des Alters schon mal ein Pluspunkt. Schmutz ist manchmal auch ab & zu da , was aber nicht weiter stört. Der DC wurde allerdings aufgezoomt um auf ein 16:9 Format zu kommen , so das oben & unten Bildinformationen verloren gehen. Für Verfechter des Original Bildformates wie ich es bin ein No-Go.
Die Original Kinofassung ist im Originalformat 1,33:1 & ebenfalls von sehr guter Qualität – lediglich bei Nahaufnahmen der kleinen Mosaiksteine in den Wandbildern sowie bei den Gittern der Lautsprecherboxen ist ein starkes Fimmern zu bemerken. Ab & zu griselt es etwas , geht aber in Ordnung – alles in allem sah der Film wohl noch nie so gut aus.
:liquid7:

Ton
Nur 2.0 Stereo , ist zwar im ersten Moment etwas Verwunderlich (schließlich waren Pink Floyd zum Drehzeitpunkt Pioniere in Sachen Quadrophonie) aber es ist die Originaltonspur. Dank damals aufwendiger 24 Kanal Aufnahmetechnik klingt das ganze trotzdem ziemlich fett , mit vielen schönen Effekten. Der Subwoofer brummt auch schön.
Die rote Karte bekommt aber der Mensch der sowohl beim DC als auch der Originalversion den Layerwechsel mitten in die Musik gelegt hat – geht’s noch ?
:liquid7:

Extras
Neben einem knapp 30 Minütigen neuem Interview mit Adrian Maben & der Original Kinofassung gibt es jede Menge Bildergalarien zum durchklicken (Besonders witzig: Die Bootleg Covergalerie) .
-keine Wertung-

Die DVD kommt von Universal – getestet wurde von mir die UK Version die aber Inhaltsgleich mit der Deutschen Version ist (einziger Unterschied ist das es bei der Deutschen auch Deutsche UTs gibt).
Alle Screenshoots sind aus der Original Kinofassung.

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Hannibal
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Beitrag von Hannibal » 06.09.2011, 18:45

Klingt sehr interessant, werde ich mal im Auge behalten. Tolle Review btw!

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gelini71
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Beitrag von gelini71 » 06.09.2011, 19:12

Hannibal hat geschrieben:Klingt sehr interessant, werde ich mal im Auge behalten.
Zur Probe bei YouTube einfach mal "Pink Floyd live at Pompeii" eingeben :wink:
Tolle Review btw!
:D Danke schön

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