[CD] Dieter Meier - Out of Chaos

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[CD] Dieter Meier - Out of Chaos

Beitrag von gelini71 » 17.05.2014, 16:37

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Staatsakt 2014

Offizielle Webseite zum Album

• Dieter Meier - Gesang
sowie diverse Musiker, eine komplette Auflistung würde den Rahmen sprengen

Produziert von Nackt (alias Patrick Christensen)
Co Produziert von Ben Lauber und T.Raumschmiere

Aufgenommen im Chez Chérie Studio / Berlin
Abgemischt im Hansa Tonstudio / Berlin
Mastering im Sterling Sound / New York


Tracklist
01. Lazy Night – 3:25
02. Paradise Game – 3:01
03. Buzy going nowhere – 4:03
04. Night Porter – 3:25
05. Loveblind – 4:05
06. the Ritual – 3:40
07. Another Day – 3:17
08. Jimmy – 3:11
09. Buffon – 3:12
10. Fat Fly – 2:41
11. Annabelle – 3:54
12. Schüüfele – 4:16


Dieter Meier in der Rolle seines Lebens: ein moderner Tom Waits im elektronischen Umfeld

Das Jahr 2014 ist für manche Überraschung gut – so hätte man sicherlich nicht gedacht das die seit über 35-jährige Musikalische Partnerschaft von Boris Blank und Dieter Meier auf einmal Pausiert. Yello sind auf Stand-by, Boris Blank kam bekannterweise zusammen mit der Sängerin Malia vor einigen Monaten mit einem elektronischen Jazz Album um die Ecke und nun will es Dieter Meier mit fast 70 Lebensjahren auch einmal als Solist wissen. Dabei handelt es sich bei „Out of Chaos“ nicht um sein Solodebüt, wie es fälschlicherweise in einigen Presseartikeln zu lesen war – denn bereits 1978 hat Meier zwei 7“ Vinylsingles mit Punkrock (!!!) unter seinem Namen veröffentlicht. Da dies aber auf einem kleinen Schweizer Indielabel passierte, diese sich nur recht bescheiden verkauften und diese Platten mittlerweile zu gesuchten Sammlerstücken geworden sind ist dieser kleine Fehler verzeihbar.

Die Idee zu „Out of Chaos“ kam auf einer Lesereise wo Meier sein Buch Hermes Baby promotet hat. Neben Textlesung gab es auch Musik, woraus sich schließlich die Produktion des Albums ergab. Dieter Meier zog es dazu nach Berlin (einem seiner vielen Wohnsitze) und suchte sich mit Nackt, Ben Lauber (Hälfte von Apparat) sowie T.Raumschmiere drei angesagte Köpfe aus der großen Electronicszene der Deutschen Hauptstadt als Produzenten aus.

Eines sollte klar sein: Ein Dieter Meier Soloalbum ist kein Yello Album ! Bei Yello ist Meiers Stimme lediglich ein Baustein im Klangkosmos von Boris Blank, hier bei seinem Soloalbum gibt es Meier pur und in einer verdammt großen Dosis. Grundsätzlich macht Meier das was er aber auch bei Yello macht – er erzählt Geschichten, diesmal allerdings Wortreicher, ausführlicher. Zudem macht der ausgewiesenen Nichtsänger was neues: Er singt ! Das klingt zugegebenermaßen recht Gewöhnungsbedürftig, denn singen ist sicherlich nicht eine von Dieter Meiers Stärken.

So gibt es hier einen Haufen typischer Dieter Meier Geschichten von unerfüllter Liebe, einsamen Typen auf leeren, verregneten Straßen von New York und den üblichen Fragen nach Vergänglichkeit, dem Platz in der Gesellschaft und jede Menge Frauennamen. Meier nutzt das gesamte Spektrum seiner unverwechselbaren und Charismatischen Stimme: er flüstert, er schreit, mal ganz tiefe, bedrohliche Töne – dann auf einmal locker lustig, das gesamte Spektrum von Emotionen. Meier schlüpft in die Rolle des schrägen Geschichtenerzähler, den des etwas anderen Chansonniers – einer Rolle, die er ja schon seit 35 Jahren bei Yello besetzt aber hier nun vollkommen komplett alleine und zu voller Größe auslebt.

Musikalisch ist „Out of Chaos“ ein ziemlicher Misch-Masch aus diversen Elementen moderner Electronica. Das Spektrum reicht von Ambienten Soundscapes über fette Downbeats bis hin zu minimalen Technotracks. Abwechslung im Sound gibt es durch echte Instrumente wie Violine oder Schlagzeug, Jazzige Töne wie beim letzten Yello Album „Touch“ sind zwar vorhanden aber bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie bei eben selbigen. „Out of Chaos“ klingt einerseits sehr modern und trendy, gleichzeitig ist es eigenwillig und in kein Schema passend – wodurch es sehr Abwechslungsreich klingt, gleichzeitig auch beim ersten hören etwas sperrig klingt.

Denn einige Durchläufe sollte man dem Album gönnen, den es wächst mit jedem hören. Das schwelgerische „Loveblind“ bei dem man tatsächlich fühlt das Meier blind vor Liebe ist, das Wortreiche „Another Day“ mit seiner Dramatischen Pianolinie, das ganz große „Annabelle“ oder Minimal Elektronische „Jimmy“, bei dem Dieter Meier in Drei Minuten über zweihundertmal den Namen Jimmy sagt sind die Höhepunkte. Das lustige „Buffon“ mit seinem Seefahrerchor im Refrain sollte man nicht ganz nehmen, am Ende gibt es dann noch eine Lektion in Schweizerdeutsch mit „Schüüfele“ - um was es da genau geht habe ich irgendwie nicht ganz raus finden können. Generell ist bei aller Ernsthaftigkeit und leichter Melancholie immer ein kleines Augenzwinkern in der Musik, auch dies eben typisch Dieter Meier.

Dieter Meier ist ein sehr hörenswertes und vor allen ein so in dieser Form unerwartetes Album gelungen. Er Positioniert sich als moderner Tom Waits, als Beobachter und Geschichtenerzähler, er wird niemals langweilig und hat dennoch immer dieses kleine Augenzwinkern für den Hörer parat. Hits gibt es keine aber dafür Haufenweise gute Musik die man gerne auch mal über eine längere Zeit hören kann. Wer Dieter Meier schon immer mochte, ja ihn sogar cool findet der kann dieses Album bedenkenlos kaufen.

Anspieltip: „Loveblind“, „Jimmy“, „Annabelle“

Das Album gibt es als CD (Digipack), als Vinylalbum (mit beigelegter CD) sowie als Download.

Hier zwei Musikvideos, eines zu „Loveblind und eines zu „Buffon“

:arrow: LOVEBLIND

:arrow: BUFFON

:liquid9:
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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