[Konzert] Marillion - E-Werk Köln 23.07.2017

Eindrücke, Klangchecks aktueller aber auch älterer Scheiben im Review. Dazu Musik DVDs und Konzertberichte.

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[Konzert] Marillion - E-Werk Köln 23.07.2017

Beitrag von gelini71 » 25.07.2017, 11:50

Bild
Die Bühne vor dem Konzertbeginn

Konzertort: E-Werk Köln
Webseite
Datum: 23.07.2017
Beginn: 20:00 Uhr / Ende circa 22:20 Uhr

Besetzung
Steve „H“ Hogarth – Gesang, Gitarre
Steve Rothery – Gitarre
Pete Trewavas – Bass, Backing Vocals
Mark Kelly – Keyboards, Backing Vocals
Ian Mosley - Schlagzeug

Setliste
01. El Dorado
a – Long Shadowed Sun
b – the Gold
c – Demolished Lives
d – F.E.A.R.
e – the Grandchildren of Apes
02. Living in Fear
03. the Leavers
a – Wake up in Music
b – the Remainers
c – Vapour Trails in the Sky
d – the Jumble of Days
e – One Tonight
04. White Paper
05. the New Kings
a – Fuck Everyone and Run
b – Russia´s locked Door
c – A scary Sky
d – Why is nothing ever true ?
06. Tomorrows new Country
07. Beyond you
08. Eastern
09. Man of Thousand Faces
10. Sounds that can´t be made
11. King

Zugabe
12. This strange Engine

Perfekt und trotzdem Menschlich – Marillion zeigen in Köln wie das perfekte Rockkonzert funktioniert...und das (fast) ohne Hits in der Setliste

Marillion sind ein Phänomen - Seit Jahren fliegen sie konsequent unter dem Radar der Musikpresse, haben nicht einmal einen Plattenvertrag in der Tasche aber sie besitzen etwas viel Wertvolleres: loyale Fans. Fans die deren Tonträger gerne ein Jahr vor der Veröffentlichung im voraus bezahlen ohne einen Ton vorher gehört zu haben. Fans die konsequent auf die vielen Konzerte pilgern die die Band immer wieder spielen. Mag die Fangemeinde von Marillion überschaubar sein – loyal und kaufkräftig sind diese allemal.
Fast ein Jahr nach der Veröffentlichung von „F.E.A.R.“ (was für Fuck Everyone and Run steht) sind Marillion auf großer Deutschlandtour. Die Livequalitäten des Quintetts aus Großbritanien werden immer wieder groß gelobt – Zeit für mich diese mal zu überprüfen.

Also auf nach Köln Mühlheim, wo sich das E-Werk befindet. Das E-Werk ist – wie der Name schon sagt – ein ehemaliges Elektrizitätswerk das seit über 25 Jahren auch über die Stadtgrenzen Kölns als Konzertstätte bekannt ist. Gegründet wurde das E-Werk (zusammen mit der größeren Schwesterlocation „Paladium“ genau gegenüber) übrigens von der Kölner Rockgruppe Bap und ist zur Karnevalszeit die Heimat der ebenfalls bekannten Stunksitzung. Nach problemloser Anreisen und ebensolcher Parkplatzsuche und langen warten vor der Türe (zeitweise hat es sogar geregnet, zum Glück hatte ich noch einen Platz unter dem Vordach ergattern können und blieb trocken) ging um kurz vor 19 Uhr die große Eingangstür auf.

Das Securitypersonal war leider nicht gerade das freundlichste, da bin ich von der Rockhal in Luxemburg wesentlich besseres und vor allen Dingen freundlicheres gewohnt – die vielen kritischen Stimmen die man zu diesem Thema im Internet lesen kann haben sich leider bestätigt. Die Halle selber hat eine schöne Atmosphäre, man hat den Charakter der alten Industrieruine erhalten was ich persönlich toll finde. Die Halle füllte sich recht schnell, ausverkauft war es nach meinem Wissen nicht aber wohl kurz davor denn es war gut voll. Dank meiner rechtzeitigen Anreise hatte ich auch wieder das Glück einen Platz direkt vorne an der Bühne in der ersten Reihe zu bekommen.

Kurz nach 20 Uhr geht das Saallicht aus und die Show beginnt – einen Supportact gab es nicht. Als erstes springt Sänger Steve Hogarth auf die Bühne und setzt sich direkt mal direkt mit einem dicken Grinsen im Gesicht an den Bühnenrand um das Intro von „El Dorado“ anzustimmen. Ja – die Band fängt mit diesem eher etwas sperrigen Song aus dem aktuellen Album „F.E.A.R.“ an, eine mutige Entscheidung. Ebenso mutig ist es die erste Hälfte des Konzertabends mit eben jenem Album komplett zu bestreiten – und zwar in der Songreihenfolge wie es auch auf der CD zu finden ist. Ohne Frage ist „F.E.A.R.“ ein großartiges Album mit starken Songs – nur eben kein Hittaugliches Material für den Massengeschmack. Wer an dem Abend womöglich alte Hits hören wollte der wurde richtig enttäuscht, denn die haben Marillion in der Kiste gelassen.

Stattdessen setzte man auf atmosphärische, lange Songs. So gab es „This strange Engine“ oder das rockige „King“ aber eben kein „Kayleigh“ „Lavender“ oder „Garden Party“. Die Fish-Ära wurde sogar komplett außen vor gelassen, stattdessen gab es zwei Songs aus dem Album „Afraid of Sunlight“, ein Album das man schon fast vergessen hatte. Marillion haben in ihrer fast 40-jährigen Karriere eine Unmenge an Songs geschrieben und können somit natürlich nach belieben ihre Setliste zusammenstellen und so für Überraschungen (und Abwechslung) sorgen. An jenem Abend gab es sogar ein Live Premiere als erstmalig der Song „Tomorrows new Country“ gespielt wurde, denn den hatte die Band bei den bisherigen Konzerten außen vor gelassen.

Für die technischen Umsetzung gibt es nur ein Wort: brillant ! Der Sound kommt Kristallklar aus den Boxen, keine Verzerrung oder Übersteuern sondern reiner, feiner Klang aber mit viel Druck ohne das der Bass jetzt dominant wird und alles übertönt – Soundmäßig das bis dato beste Konzert was ich erleben dürfte. Dazu eine große, bunte Lightshow sowie eine riesige Leinwand wo über den gesamten Konzertzeitraum Filme zu den jeweiligen Songs liefen. Diese sind auch wirklich einen Blick wert weil verdammt gut gemacht wie der Clip zu „the Leavers“ mit dem rennenden Computermann über die Autobahn (dem hätte ich Stundenlang zuschauen können) oder die sehr gelungene Umsetzung von „the new Kings“ (nicht beschreibbar – muß man gesehen haben). Bei „King“ flimmern passend zum Text immer wieder Aufnahmen von (teilweise jung) verstorbenen Musik- und Filmstars über die Leinwand – bloß warum da auf einmal Britney Spears zu sehen war hat sich mir nicht so ganz erschlossen, weilt diese doch meines Wissens nach noch unter den Lebenden.

Aber da ist auch noch was auf der Bühne los – denn ganz vorne stehen zwei äußerst unterschiedliche Bühnenpersönlichkeiten die Gegensätzlicher nicht sein könnten. Zum einen Steve Hogarth – voller Energie, immer aktiv, immer am lachen und voller Leben. Man nimmt ihm von der ersten Sekunde ab das er das was er auf der Bühne macht auch wirklich so meint. Er lebt seine Songs, es macht einfach Spaß ihm zuzusehen, auch wenn seine Theatralik manchmal vielleicht etwas dick aufgetragen ist. Mich erinnerte er direkt an ein anderes Energiebündel: Neal Morse – die beiden könnten Brüder sein was die Bühnenpräsens angeht. Er versucht sich auch an der Deutschen Sprache, sein „Danke schön“ klang immer wieder putzig mit dem breiten Britischen Akzent.

Auf der anderen Seite ist da Steve Rothery – ruhig, in sich selbst versunken, die Augen fast immer geschlossen und den Kopf leicht schief liegend spielt er in aller Seelenruhe seine Gitarre und scheint immer irgendwie ganz woanders zu sein. Selbst bei großen Solos wie bei „Eastern“ (dem einzigen Hitsong des Abends) geht er nicht aus sich raus sondern bleibt ruhig in seiner Ecke stehen. Lediglich bei „King“ geht er mal in die Mitte direkt am Bühnenrand und läßt sich vom Publikum feiern.

Der Rest der Band ? Bassist Pete Trewavas ist dafür dann fast der Rocker den man sich wünscht, immer wieder springt er mit seinem Bass über die Bühne und animiert das Publikum, meist zusammen mit Hogarth. Keyboarder Mark Kelly und Schlagzeuger Ian Mosley bleiben da schon fast unsichtbar im Hintergrund, besonders Mosley ist kaum zu sehen hinter seiner Schlagzeugbatterie und kommt selbst am Konzertende bei der Verabschiedung nicht dahinter hervor sondern winkt nur mal kurz.

Die Band spielt perfekt zusammen, dank der modernen Digitaltechnik ist es auch kein Problem mit nur fünf Mann auf der Bühne die Songs so originalgetreu wie von den Studioaufnahmen bekannt zu spielen. Nur einmal verspielt sich Steve Rothery (und zwar so richtig) was mit einem fetten leicht hämischen Grinsen von Steve Hogarth beantwortet wird während Rothery den Fauxpax mit einem Lächeln einfach übergeht.
Kurze Zeit später wird dann das Mikrophon von Steve Hogarth ausfallen was aber cool und ohne Probleme übergangen wird weil Hogarth schnell zu einem anderen rennt und weitersingt.

Das Publikum (Altersmäßig im 40+ Umfeld zu finden) steht von Anfang an hinter der Band, obwohl die offensichtlichen Hits fehlen und eher sperriges Material geliefert wird. Die Stimmung ist gut, die Handykameras halten sich im erträglichen Rahmen. Störend fand ich nur die Diskussionsfreudige Gruppe hinter mir die das ganze Konzert hindurch diverse private Probleme erörtern mußte – aber nun bin ich bestens über die Beziehungsprobleme eines gewissen Axels aufgeklärt. Warum man das bei einem Rockkonzert erörtern muß wird mir immer ein Rätsel bleiben.

Um zwanzig nach zehn nach nur einer Zugabe (die allerdings mit „This strange Engine“ mal eben über fünfzehn Minuten lang war) ist das Konzert dann auch leider zu Ende. Die sagenumwobenen Live Qualitäten von Marillion haben sich als wahr herausgestellt, vor allen wegen Steve Hogarth dem zuzuschauen einfach eine helle Freude ist. Ein Abend wo wirklich alles paßte: eine gut aufgelegte Band, toller Sound und Licht und eine perfekte technische Umsetzung machten den Sonntagabend zu einem kurzweiligen Erlebnis. Logisch das man der Musik von Marillion grundsätzlich was abgewinnen muß um zu solch einem Urteil zu kommen aber ich hatte meinen Spaß, vor allen weil man auf die offensichtlichen Hits verzichtet hat. Um es im E-Bay Sprache zu sagen: Schöner Abend – gerne wieder.
:liquid9:
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Beitrag von Sir Jay » 25.07.2017, 14:11

morgen sind sie bei mir in nürnberg - ich hätte schon bock drauf, weiß aber nicht, ob mir das 50 euro wert ist :/

so wahnsinnig gefragt sind sie scheinbar nicht mal, wenn ich jetzt immernoch ne karte kriegen könnte :lol:

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Beitrag von gelini71 » 25.07.2017, 14:45

Also ich habe die 47 Euro plus Gebühr nicht bereut - aber Du magst ja Live Konzert generell nicht sonderlich wenn ich mich richtig erinnere :wink:

Für Köln gab es auch noch Karten an der Abendkasse, voll war es aber. Das E-Wek hat imo eine Kapazität von 2000 Leuten und ich denke mal da waren wir fast dran....
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Beitrag von Vince » 25.07.2017, 17:14

Arbeitskollege von mir war auf dem gleichen Konzert in Köln, der war auch recht begeistert.

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Beitrag von gelini71 » 25.07.2017, 17:16

Hätte ich das gewußt hätte ich schöne Grüße ausgerichtet :lol:
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Beitrag von Sir Jay » 26.07.2017, 07:17

dann geh ich vllt sogar spontan noch hin :lol:

aber ich bin gar nicht mal richtig vorbereitet.
Deren aktuellstes Album hab ich bisher nur einmal durchgehört - also keinmal. Entsprechend sagen mir die Songtitel - inklusive der Zugabe - gar nichts...

Auf der anderen Seite bin ich aber ein großer Fan von Songs wie "Neverland"...

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Beitrag von gelini71 » 26.07.2017, 15:15

Der jay ist ja wirklich TOP vorbereitet :lol:
Übrigens: Marillion schmeißen bei fast jedem Konzert die Setliste um - gestern in Frankfurt wurde "Ocean Cloud" als Zugabe gespielt und "This strange Engine" rausgeworfen - was immer gleich ist sind die ersten Songs vom "F.E.A.R." Album.
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Beitrag von Sir Jay » 26.07.2017, 16:23

ich bin jetzt generell nicht so bewandert mit Marillion.

ich hab misplaced childhood als einziges album aus der fish ära und sonst eben seasons end, Brave, marbles, sound that can't be made und das neue FEAR.

Marbles und Misplaced Childhood sind mir noch am vertrautesten - da die mir wirklich noch mit abstand am besten gefallen haben.
Brave und Seasons End fand ich gemessen an ihren Ruf doch recht enttäuschend "nett".

Ich weiß, dass ich FEAR beim ersten durchlauf mochte, habe es aber irgendwie noch zu keinem zweiten durchlauf gebracht seintdem :lol:

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Beitrag von gelini71 » 26.07.2017, 17:22

Die "F.E.A.R." ist ein Grower Album - ich mochte es am Anfang überhaupt nicht mittlerweile finde ich es richtig stark.
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Beitrag von C4rter » 26.07.2017, 18:37

Bin ja großer Classic Rock Fan (um einen allgemeinen Terminus zu nutzen) und gehe ja im Grunde zu jeder Band hin die mal wieder nach Deutschland kommt und entfernt was damit zu tun hat und aus der Zeit kommt. Whitesnake, Deep Purple, The Sweet, Kansas, Journey, Foreigner, Aerosmith und so weiter.

Aber von Marillion kenne ich nur Kayleigh und Lavender. Und wenn ich in "F.E.A.R." reinhöre klingt das nicht ganz nach dem was ich erwartet hätte wenn die nochmal auf Tour gehen. Bin jetzt auch nicht der große Prog-Rock Fan, über Rush gehts da bei mir nicht hinaus und da mag ich auch mehr die zugänglicheren Nummern.

Aber freut mich, dass Marillion es schaffen ein Publikum zu finden ohne dafür nur die alten Hits zu spielen auf den Fall. Nur für mich ist das dann eher nichts. :lol:

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Beitrag von gelini71 » 29.07.2017, 15:28

Die Kollegen von Musikreviews waren auch dort und haben eine Review geschrieben
:arrow: Review
Dort findet sich auch eine schöne Bildergalarie
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