[CD] JR Ewing - Maelstrom
Verfasst: 23.06.2007, 11:41
JR Ewing - Maelstrom

Technische Daten
Label: Motor
Laufzeit: 35:18 min.
Extras: zwei Musikvideos + Bonustrack
Verpackung: Digi-Pak
Tracklist
1. Change Is Nothing (Everything Is) - 3:43
2. For We Are Dead - 3:21
3. Nihilistic Elitist - 2:16
4. Take A Hint - 4:46
5. Fucking & Champagne - 3:40
6. Insect Intercourse - 3:11
7. Floodlight - 4:59
8. I'm Sorry, You're Sorry, We're All Sorry - 2:15
9. Pitch Black Blonde - 3:48
10. Here I Vanish - 3:14
Bonustrack: Big Exit - 3:32
Ein bohrendes Geräusch. Und schon bricht die Hölle los. Fetteste Gitarrenwände türmen sich auf. Begleitet von einem nicht minder dominaten Schlagzeug. Stop – Go. Eine cleane Gitarrenmelodie setzt ein. Das Schlagzeug hat seinen Rhythmus gefunden. Der Sänger: "Poem for the living dead/kill to this rhythm." Dann die Hook. Die Gitarren erheben sich wieder. Entladen sich im Refrain: "Change is nothing/everything is" wird dort herausgebrüllt, immer wieder. Dann die zweite Strophe, mit gleichem Text wie die erste. Sehr abstrakte Lyric also. Lässt wenigstens Raum für Interpretationen. Hingegen die Musik: genial entrückte Variationen in Strophe und Hook. Das Lied endet schließlich mit einem fuluminanten Instrumentalpart.
Erster Eindruck: Wow! Was für eine Energie!
Irgendwann bekommt man den Eindruck: Wie paradox! Da steht einer ambitionierten Instrumentierung einfachste und klar strukturierte Songs gegenüber. Einem höchst dynamischen Zusammenspiel zwischen Schlagzeug und Gitarren ein eher mittelmäßiger Sänger, der etwas von einem wütenden Geddy Lee hat.
Der Opener "Change Is Nothing (Everything Is)" gibt schon ganz gut die Richtung für die nächste halbe Stunde an. Alle Lieder sind, wie gesagt, sehr strukturiert. Instrumentale Einleitung, Hauptteil, epischer Schluss. Pop-Elemente prallen direkt auf musikalische Ambitionen à la Prog-Rock. Alles unter dem Mantel von Post-Hardcore, versteht sich. Man kommt ja aus dieser Ecke. So richtig raus kann man eben nicht aus seiner Haut. Deshalb sucht man nach einem Ausreißer vergebens. Balladen? Experimente? Fehlanzeige. Es wird durchweg geballert. Und das ist auch gut so.
Bitter nötige Verschnaufspausen gönnen uns die Norweger aber trotzdem, in und zwischen den Songs. Sonst wäre man bei der ersten Hälfte der Platte selbst schon platt. Den Wechsel Laut-Leise-Laut… beherrschen die eh perfekt. Man spielt mit den Erwartungen der Hörer. Zum Teil jedenfalls. Man weiß oft nicht was nach diesem oder jenem Teil kommt. Ein abgehacktes Gitarrenintermezzo oder doch die Hook?
Zum anderen steuert jedes einzelne Lied ganz ungeniert auf den Refrain zu. Und das mit ungeheuer viel Elan. Alles ist auf einen, meist kurzzeiligen, Mitsingpart ausgerichtet. Weitab des Mainstreams scheint dieses Element plötzlich Sinn zu machen. Der Song entlädt seine Energie, pumpt sich erneut auf… nur um am Schluss in einem finale furioso zu enden. Prog-Rock lässt grüßen. Es ist schon fast unanständig mit wie vielen Klischees diese Band kokettiert. Vielleicht mag es naiv klingen, aber solange die Lieder rocken wie die Hölle, wie die meisten es nun einmal tun, können einem die Klischees herzlich egal sein. Zumal alles mit kleineren Earcandys gespickt ist: hier eine herrlich (un)passende Akustikgitarre, dort ein sphärisches Keyboard. "Fucking & Champagne" glänzt in den Strophen sogar mit zwei (!) gleichzeitig gespielten Rhythmen. Der Blick fürs Wesentliche wird immer wieder abgelenkt. Dadurch erscheint die Platte komplexer als sie eigentlich ist.
Die Lieder leben vornehmlich von der Dynamik der Instrumente. Im Zweifelsfall wäre "Maelstrom" noch als recht ordentliches Instrumentalalbum weggekommen. Immerhin verschlechtert Sänger Andreas Tylden die Lieder nicht, trägt aber auch wenig positives bei. Sein Gesang hat oft etwas von einem angepissten Chihuahua. Leicht schräg singt und "bellt" er. Meist in höherer Tonlage. In den Refrains wechselt er dafür oft ins Hymnenhafte. Besonders eindrucksvoll auf "Here I Vanish".
Dass JR Ewing nicht nur auf Lautstärkenregler 10 spielen können zeigen sie bei gerade mal zwei Liedern. "Take A Hint" kann man deshalb fast vergessen. Vor allem das Finale wird hier durch eine Noise-Kulisse grandios vergeigt. Um sich zwischen all den Kloppern behaupten zu können braucht ein Song auf Lautstärke 8 schon mehr. "Floodlight" zeigt wie es geht. Der Song nimmt sich Zeit um richtig loszulegen. Und der totale Ausbruch, wie auf den übrigen Songs, findet nicht statt. Es scheint so als ob sich die Jungs hier einfach mehr Gedanken gemacht hätten. Neben "Floodlight" wirkt der Rest eher skizzenhaft. Mitunter auch absichtlich, bedenkt man den Hardcore-Hintergrund. So schnell wie möglich die Songs runterspielen, lautet dort die Devise. Der Vorgänger "Ride Paranoia" war schon nach ca. 25 Minuten fertig. Insofern fällt "Floodlight" sehr positiv auf, da man besonders hier eine Weiterentwicklung feststellen kann.
Daran hapert es "Maelstrom" allerdings auch sonst nicht. Immerhin haben sich alle Bandmitglieder hörbar verbessert. Die Produktion ist zudem fetter denn je. Fast schon New Metal, im guten Sinne.
Woran die Platte kränkelt ist die häufige Gleichförmigkeit der Lieder. Innerhalb derer mag der Spannungsbogen enorm angezogen sein. Auf Albumlänge ist davon jedoch kaum etwas zu spüren. Von dichter Atmosphäre keine Spur. In schwachen Momenten hat man den Eindruck sich mit einer Single-Collection oder einer Greatest Hits zu befassen.
Irgendwie auch passend. Denn kurz nach Veröffentlichung von "Maelstrom" lösten sich JR Ewing auf…
Eine Post-Hardcore-Band, die sich nach ihrem Opus Magnum auflöst? Kommt doch bekannt vor. Refused haben es vor- und At The Drive-In nachgemacht. Ihre Überalben spielen allerdings eine Liga über dem der Norweger. So sind "The Shape Of Punk To Come" und "Relationship Of Command" musikalisch abwechslungsreicher und textlich ausgereifter.
Doch haben JR Ewing mit ihrem Hauptwerk geschafft, was die anderen beiden nicht taten. Nämlich sich ordentlich zu verabschieden. Wenn sich bei "Here I Vanish" die Stimmen zum letzten Refrain erheben und kurz darauf zum Abschluss ein "Stop!!" herausgebrüllt wird, bekommt man, die Bandgeschichte im Hinterkopf, schneller eine Gänsehaut als einem lieb ist. Die wenigsten Bands schaffen es so in Würde abzutreten. Und das bezieht sich auf das ganze Album.


Technische Daten
Label: Motor
Laufzeit: 35:18 min.
Extras: zwei Musikvideos + Bonustrack
Verpackung: Digi-Pak
Tracklist
1. Change Is Nothing (Everything Is) - 3:43
2. For We Are Dead - 3:21
3. Nihilistic Elitist - 2:16
4. Take A Hint - 4:46
5. Fucking & Champagne - 3:40
6. Insect Intercourse - 3:11
7. Floodlight - 4:59
8. I'm Sorry, You're Sorry, We're All Sorry - 2:15
9. Pitch Black Blonde - 3:48
10. Here I Vanish - 3:14
Bonustrack: Big Exit - 3:32
Ein bohrendes Geräusch. Und schon bricht die Hölle los. Fetteste Gitarrenwände türmen sich auf. Begleitet von einem nicht minder dominaten Schlagzeug. Stop – Go. Eine cleane Gitarrenmelodie setzt ein. Das Schlagzeug hat seinen Rhythmus gefunden. Der Sänger: "Poem for the living dead/kill to this rhythm." Dann die Hook. Die Gitarren erheben sich wieder. Entladen sich im Refrain: "Change is nothing/everything is" wird dort herausgebrüllt, immer wieder. Dann die zweite Strophe, mit gleichem Text wie die erste. Sehr abstrakte Lyric also. Lässt wenigstens Raum für Interpretationen. Hingegen die Musik: genial entrückte Variationen in Strophe und Hook. Das Lied endet schließlich mit einem fuluminanten Instrumentalpart.
Erster Eindruck: Wow! Was für eine Energie!
Irgendwann bekommt man den Eindruck: Wie paradox! Da steht einer ambitionierten Instrumentierung einfachste und klar strukturierte Songs gegenüber. Einem höchst dynamischen Zusammenspiel zwischen Schlagzeug und Gitarren ein eher mittelmäßiger Sänger, der etwas von einem wütenden Geddy Lee hat.
Der Opener "Change Is Nothing (Everything Is)" gibt schon ganz gut die Richtung für die nächste halbe Stunde an. Alle Lieder sind, wie gesagt, sehr strukturiert. Instrumentale Einleitung, Hauptteil, epischer Schluss. Pop-Elemente prallen direkt auf musikalische Ambitionen à la Prog-Rock. Alles unter dem Mantel von Post-Hardcore, versteht sich. Man kommt ja aus dieser Ecke. So richtig raus kann man eben nicht aus seiner Haut. Deshalb sucht man nach einem Ausreißer vergebens. Balladen? Experimente? Fehlanzeige. Es wird durchweg geballert. Und das ist auch gut so.
Bitter nötige Verschnaufspausen gönnen uns die Norweger aber trotzdem, in und zwischen den Songs. Sonst wäre man bei der ersten Hälfte der Platte selbst schon platt. Den Wechsel Laut-Leise-Laut… beherrschen die eh perfekt. Man spielt mit den Erwartungen der Hörer. Zum Teil jedenfalls. Man weiß oft nicht was nach diesem oder jenem Teil kommt. Ein abgehacktes Gitarrenintermezzo oder doch die Hook?
Zum anderen steuert jedes einzelne Lied ganz ungeniert auf den Refrain zu. Und das mit ungeheuer viel Elan. Alles ist auf einen, meist kurzzeiligen, Mitsingpart ausgerichtet. Weitab des Mainstreams scheint dieses Element plötzlich Sinn zu machen. Der Song entlädt seine Energie, pumpt sich erneut auf… nur um am Schluss in einem finale furioso zu enden. Prog-Rock lässt grüßen. Es ist schon fast unanständig mit wie vielen Klischees diese Band kokettiert. Vielleicht mag es naiv klingen, aber solange die Lieder rocken wie die Hölle, wie die meisten es nun einmal tun, können einem die Klischees herzlich egal sein. Zumal alles mit kleineren Earcandys gespickt ist: hier eine herrlich (un)passende Akustikgitarre, dort ein sphärisches Keyboard. "Fucking & Champagne" glänzt in den Strophen sogar mit zwei (!) gleichzeitig gespielten Rhythmen. Der Blick fürs Wesentliche wird immer wieder abgelenkt. Dadurch erscheint die Platte komplexer als sie eigentlich ist.
Die Lieder leben vornehmlich von der Dynamik der Instrumente. Im Zweifelsfall wäre "Maelstrom" noch als recht ordentliches Instrumentalalbum weggekommen. Immerhin verschlechtert Sänger Andreas Tylden die Lieder nicht, trägt aber auch wenig positives bei. Sein Gesang hat oft etwas von einem angepissten Chihuahua. Leicht schräg singt und "bellt" er. Meist in höherer Tonlage. In den Refrains wechselt er dafür oft ins Hymnenhafte. Besonders eindrucksvoll auf "Here I Vanish".
Dass JR Ewing nicht nur auf Lautstärkenregler 10 spielen können zeigen sie bei gerade mal zwei Liedern. "Take A Hint" kann man deshalb fast vergessen. Vor allem das Finale wird hier durch eine Noise-Kulisse grandios vergeigt. Um sich zwischen all den Kloppern behaupten zu können braucht ein Song auf Lautstärke 8 schon mehr. "Floodlight" zeigt wie es geht. Der Song nimmt sich Zeit um richtig loszulegen. Und der totale Ausbruch, wie auf den übrigen Songs, findet nicht statt. Es scheint so als ob sich die Jungs hier einfach mehr Gedanken gemacht hätten. Neben "Floodlight" wirkt der Rest eher skizzenhaft. Mitunter auch absichtlich, bedenkt man den Hardcore-Hintergrund. So schnell wie möglich die Songs runterspielen, lautet dort die Devise. Der Vorgänger "Ride Paranoia" war schon nach ca. 25 Minuten fertig. Insofern fällt "Floodlight" sehr positiv auf, da man besonders hier eine Weiterentwicklung feststellen kann.
Daran hapert es "Maelstrom" allerdings auch sonst nicht. Immerhin haben sich alle Bandmitglieder hörbar verbessert. Die Produktion ist zudem fetter denn je. Fast schon New Metal, im guten Sinne.
Woran die Platte kränkelt ist die häufige Gleichförmigkeit der Lieder. Innerhalb derer mag der Spannungsbogen enorm angezogen sein. Auf Albumlänge ist davon jedoch kaum etwas zu spüren. Von dichter Atmosphäre keine Spur. In schwachen Momenten hat man den Eindruck sich mit einer Single-Collection oder einer Greatest Hits zu befassen.
Irgendwie auch passend. Denn kurz nach Veröffentlichung von "Maelstrom" lösten sich JR Ewing auf…
Eine Post-Hardcore-Band, die sich nach ihrem Opus Magnum auflöst? Kommt doch bekannt vor. Refused haben es vor- und At The Drive-In nachgemacht. Ihre Überalben spielen allerdings eine Liga über dem der Norweger. So sind "The Shape Of Punk To Come" und "Relationship Of Command" musikalisch abwechslungsreicher und textlich ausgereifter.
Doch haben JR Ewing mit ihrem Hauptwerk geschafft, was die anderen beiden nicht taten. Nämlich sich ordentlich zu verabschieden. Wenn sich bei "Here I Vanish" die Stimmen zum letzten Refrain erheben und kurz darauf zum Abschluss ein "Stop!!" herausgebrüllt wird, bekommt man, die Bandgeschichte im Hinterkopf, schneller eine Gänsehaut als einem lieb ist. Die wenigsten Bands schaffen es so in Würde abzutreten. Und das bezieht sich auf das ganze Album.
