[CD] OSI - Office of Strategic Influence

Eindrücke, Klangchecks aktueller aber auch älterer Scheiben im Review. Dazu Musik DVDs und Konzertberichte.

Moderator: gelini71

Antworten
Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20172
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

[CD] OSI - Office of Strategic Influence

Beitrag von Vince » 02.07.2007, 18:34

OSI
Office of Strategic Influence (2003)
Limited Edition

Bild

Technische Daten
Vertrieb: Snapper Music (Re-Release)
Laufzeit: insg. 76:07 Min.
Anzahl der Tracks: 10 + 3
Extras: Videoclip zu"Horseshoes and B-52's", Bonus-CD mit 3 zusätzlichen Tracks und einer Dokumentation
Booklet: 20 Seiten
Verpackung: Jewelcase mit Pappschuber

Tracklist

CD 1:
1. The New Math (What He Said) – 3:36
2. OSI – 3:48
3. When You're Ready – 3:09
4. Horseshoes And B-52's – 4:18
5. Head – 5:19
6. Hello, Helicopter! – 3:44
7. shutDOWN – 10:24
8. Dirt From A Holy Place – 5:10
9. Memory Daydreams Lapses – 5:56
10. Standby (Looks Like Rain) – 2:11

CD 2:
1. Set The Controls For The Heart Of The Sun – 8:49 (Pink Floyd Cover)
2. New Mama – 2:22 (Neil Young Cover)
3. The Thing That Never Was – 17:21


Kritik
Moderne progressive Musik verhält sich nicht selten paradox gegenüber ihrem eigenen Gegenstand. Viele Bands lehnen sich heute sehr stark an die Hochphase des klassischen Progrock an, die 60er und 70er. Verständlich auf der einen Seite, denn lange war die Sparte nicht mehr so interessant für die Musikwelt wie in den letzten Jahren und der letzte Anknüpfpunkt liegt nun mal mitunter dreißig, vierzig Jahre in der Vergangenheit. Aber ist es nicht manchmal widersprüchlich, wie sich eine Stilrichtung, die für den Fortschritt steht, an der Vergangenheit orientiert?

Die Supergroup “OSI” besteht aus alten Haudegen, die schon bei Dream Theater, Fates Warning und Chroma Key geknüppelt haben und dies auch teilweise noch tun: Jim Matheos (Fates Warning) und Kevin Moore (Chroma Key) teilen sich das Haupt und holen sich Verstärkung durch Kevin Portnoy (Dream Theater), Sean Malone (Gordian Knot) und für einen Song Steven Wilson (Porcupine Tree), der ursprünglich sogar als Vollzeit-Sänger engagiert werden sollte. Eine illustre Runde von kreativen Köpfen, die sich in ihrer Hauptberufszeit nicht unbedingt am Trend orientieren. Aber OSI geht diesen modernen Weg nun doch, der ein wenig mainstreamlastig anmutet, durch seine hohe Komplexität aber wohl dennoch nie so wirklich im Mainstream ankommen wird.

Das quasi selbstbetitelte Debüt (und die Band wiederum benannte sich kurioserweise nach einer amerikanischen Militäreinrichtung, die nach dem 11. September ins Leben gerufen wurde, um dem Ausland die amerikanische Außenpolitik zu verkaufen; das Amt wurde dann wenig später wegen des Vorwurfs “schwarzer Propaganda” wieder geschlossen) verarbeitet stringent moderne Einflüsse aus der alternativen Rockszene. “Office of Strategic Influence” klingt trotz des zurückhaltenden, aber angenehmen Gesangs von Kevin Moore über die volle Laufzeit dynamisch, energisch und mit aufgestauten Aggressionen vollgeladen. Lückenfüller gibt es keine, dafür jede Menge Abwechslung in der hörenswerten Verquickung der Progressive Rock-Schiene mit den Ambient- und Elektronikeinflüssen aus Kevin Moores “Chroma Key”. Das Ergebnis ist am ehesten als Verbund aus Tool und den späten Porcupine Tree mit dominantem Elektronik-Einschlag zu bezeichnen, und auch es sich eher um ein Album handelt, das sofort einschlägt und dann nicht mehr sonderlich wächst: Es zieht den Fans der erwähnten Vergleichsbands die Schuhe aus.

Im Mittelpunkt steht das überragend starke, von Steven Wilson eingesungene “shutDOWN”, das atmosphärisch hervorragend auf “In Absentia” gepasst hätte; gefolgt wird es dann gar von einer psychedelischen (aber dennoch sehr melodischen und später rhythmischen) Spielerei in “Dirt From A Holy Place”, das von Moores Keyboards dominiert wird und die E-Gitarre nur zur Verdichtung des Sounds benötigt.

Diese und alle anderen Songs sind in erster Linie darum bemüht, eine dunkle Szenerie aufzubauen. Der Einsatz der Drums und Percussion wirkt ungeduldig, manchmal tribal-ähnlich, und wabernde, verzerrte Sounds entfahren den Keyboards, bis sich die Gitarre in den Chor einfügt; Moores Stimme ist dabei nurmehr Beiwerk. Das Wechselspiel innerhalb der Songstrukturen entfaltet eine elektrische Spannung, wirkt brüchig und auf eine unwiderstehliche Art zugleich doch sehr eingängig. Das Album ist schnell ins Blut übergegangen, aber Mitsing-Refrains oder dergleichen gibt es nicht - nur düstere, technologisierte, keineswegs nostalgische Atmosphäre. Abgeschlossen wird mit einer konventionellen Ballade, ein Korken auf ein Gefäß voller Einzelpartikel, die miteinander wundersame chemische Verbindungen eingehen.
:liquid8:

Extras
Die Special Edition ist definitiv empfehlenswert, denn den Käufern der normalen Variante wird ein Cover von Pink Floyd (Set The Controls For The Heart Of The Sun”), von Neil Young (“New Mama”) und ein deftiger 17-Minüter vorenthalten - eine weitere halbe Stunde nicht gerade belangloser Musik. Außerdem bekommt man eine rund 19-minütige Videodokumentation. Auf der ersten Scheibe befindet sich weiterhin noch ein Videoclip zu “Horseshoes And B-52's”.
:liquid8:

Artdesign
Das Doppel-Disc-Jewelcase der Special Edition beherbergt das normale Cover, eine Fotografie einer Akte des “OSI” auf einem Schreibtisch. Jene Akte wird auf dem zugehörigen Pappschuber sozusagen “gezoomt”, so dass man nun quasi nicht eine Fotografie der Akte in der Hand hält, sondern die Akte selbst. Das Booklet ist im Stil eines Passports aufgemacht: Mit Stempeln, Bemerkungsfeldern etc.
:liquid7:

Fazit
Debüt einer Progressive Rock-Supergroup mit ungewöhnlich modernem Sound, der ebenso abwechslungsreich wie eingängig daherkommt. Auf den Punkt gebracht: Domestizierte Tool mit den späten Porcupine Tree abgeschmeckt und in ein Chroma Key-Bad eingelegt.

Testequipment
AIWA NSX-SZ315

Weitere Bilder

Bild
Bild
Bild
Bild

Benutzeravatar
Frances TM
Disney Fan
Beiträge: 170
Registriert: 04.06.2007, 16:20

Beitrag von Frances TM » 03.07.2007, 16:42

Cool, wunderbare Review. Und von der Band hab ich auch noch nie etwas gehört. Tool + Porcupine Tree hört sich jedenfalls ziemlich interessant an.

Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20172
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

Beitrag von Vince » 03.07.2007, 16:52

Danke!
Ja, Tool und Porcupine Tree (Spätphase) passt imo schon ganz gut, obwohl beide Bands insgesamt imo den längeren Atem haben - d.h. OSI sind eben (wie geschrieben) sehr schnell im Ohr, wachsen aber weniger als Tool und PT bzw. eigentlich sogar kaum. Aber die Scheiben rocken trotzdem. Ich bin da irgendwann mal beim Stöbern durch die Progressive Rock-Abteilung von Amazon drauf gestoßen.

Benutzeravatar
The Punisher
Action Experte
Action Experte
Beiträge: 6765
Registriert: 11.08.2004, 22:02
Wohnort: I am Groot

Beitrag von The Punisher » 03.07.2007, 18:08

Die Abkürzung is wohl der Hammer, OSI :lol: zuerst dachte ich das wäre eine Band ausm Osten die nicht wusten wie sie sich nennen sollen :lol: :lol: :wink:
Bild

"And shepherds we shall be, for Thee, my Lord, for Thee. Power hath descended forth from
Thy hand.That our feet may swiftly carry out Thy command. So we shall flow a river forth
to Thee, and teeming with souls shall it ever be. In nomine Patri Et Filii.Spiritus Sancti"

Benutzeravatar
Carcass77
Kinderkommando
Kinderkommando
Beiträge: 841
Registriert: 23.11.2005, 19:32
Wohnort: Blackwater Park

Beitrag von Carcass77 » 03.07.2007, 20:38

Schönes Review, Vince! Vielleicht werde ich der Band auch mal ein Ohr schenken. Demnächst muss ich mir aber mit der neuen Behemoth die Lauscher durchspülen... :wink:

Benutzeravatar
Sir Jay
Palmenkicker
Palmenkicker
Beiträge: 11781
Registriert: 12.06.2006, 13:30
Wohnort: Bei den Pflasterkackern

Beitrag von Sir Jay » 02.03.2010, 23:53

ach ja, das war ja eines der alben die ich vom vince bekommen hatte.
Ich glaube ich habe die scheibe 2 oder gar 3 mal durchlaufen lassen, und war doch einigermaßen angetan, hat schon gut gerockt, aber mehr ist daraus auch nicht geworden. Großes Wachstumpotential hat das nicht, wobei ich sagen muss, dass mir der 8te Track besonders gut gefiel, da er mir mich mit seinem instrumentalen Part irgendwie an Castlevania erinnerte; hatte echt irgendwie was von so einer "dukle dracula burg" Musik :lol: aber fand ich geil, wogegen ich steve wilsons gastauftritt dann eher durchschnitt fand, und die restlichen songs eben ja ganz gut gerockt haben...
:liquid7:,5

Benutzeravatar
Vince
Actioncrew
Actioncrew
Beiträge: 20172
Registriert: 30.09.2005, 18:00
Wohnort: Aachen

Beitrag von Vince » 03.03.2010, 08:03

Hm. Imo ist der das Highlight der Platte, und mit der Meinung steh ich nicht alleine da. Aber so is dat halt mit de Geschmäcker. ;)

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste