Frames (2007)
Technische Daten
Vertrieb: Superball Music
Laufzeit: 77:41 Min.
Anzahl der Tracks: 9
Extras: Bonustrack "Voorhees"
Booklet: 12 Seiten
Verpackung: Digipak
Besetzung
• Mike Vennart - Gesang, Gitarre
• Steve Durose - Gitarre, Gesang
• Gambler - Gitarre, Keyboard
• Steven Hodson - Bass, Keyboard, Cymbals
• Mark Heron - Schlagzeug, Percussion
Gastmusiker:
• Paula Simpson - Violine
• Justin Lingard - Viole
• Semay Wu - Cello
Tracklist
1. Commemorative _ _ _ _ T-Shirt - 8:37
2. Unfamiliar - 6:32
3. Trail of Fire - 8:06
4. Savant - 8:07
5. Only Twin - 7:22
6. An Old Friend of the Christies - 10:19
7. Sleeping Dogs and Dead Lions - 6:42
8. The Frame - 10:08
9. Voorhees - 11:10 (Bonus Track)
Kritik
Ein Satz über das neue Epos der britischen Wunderknaben Oceansize, der so wörtlich vom freeman geäußert wurde und der natürlich nicht einer gewissen Komik entbehrt - bedenkt man, wer Adema sind und in welchen Graden der Belanglosigkeit die so allgemein operieren. Aber leider verwandelt sich die Komik recht schnell in Nachdenklichkeit, denn zumindest die erste Hälfte der Aussage beinhaltet einen wahren Kern, den man nicht ganz so einfach abstreiten kann. Es scheint, als habe man sich an der Größe des Ozeans diesmal verhoben.freeman hat geschrieben:Ich hatte das Ding heute mal zur Probe im Laden laufen und ja, außer belanglos fällt mir echt gar nichts ein ... hab mir danach nur minimal kurz das neue Adema Album angehorcht und das gleich mitgenommen ...
Nach dem dramaturgisch prägnanteren und auf den Punkt gebrachten “Everyone Into Position”, das sich zum Teil jedoch Vorwürfe anhören musste, man sei zu stark auf die Mainstream-Schiene übergegangen, sollte sich “Frames” wieder dem Meisterwerk “Effloresce” annähern, mit dem Oceansize einst aus dem Grund brachen wie eine lodernder Geysir. Der Titel des Werkes deutet bereits darauf hin, dass mit ausgewogenem Aufbau nicht mehr zu rechnen ist - ein Orkan soll über die Meere wüten und das Wasser aufwühlen.
Problematisch wird es nur, wenn der Herr die Kontrolle über seine Kreatur verliert - genau dies ist hier geschehen. Nach dem Abgang des Bassisten Jon Ellis befinden sich Mike Vennart und seine Jungs mitten im Auge des Sturms und haben keine Kontrolle darüber, was um sie herum zerstört wird. Vennart ist der Doktor Frankenstein seiner Generation und das Monster brach soeben durch die Mauern und richtet nun unkontrolliertes Chaos an.
Ist das ziemlich unkonventionelle, fast 9-minütige “Intro” “Commemorative____T-Shirt” noch ein auf die Folter spannender Opener, lässt er sogar mit dem Herzstück “Unfamiliar” (wäre nach gängigen Kriterien wohl die Single-Auskopplung Nr. 1) und dem von einer Piano-Wall-of-Sound geprägten “Trail of Fire” zwei Songs auf den Hörer los, wie man sie sich von Oceansize wünscht. Vennart stöhnt, jammert, schreit, krächzt und himmelt um sein Leben, ruft wie gehabt sein gigantisches Spektrum ab und zeigt, weshalb seine Band das letzte Pixel auf der Speerspitze des New Artrock darstellt.
Rückblickend gibt die überlange Eröffnung des Albums aber bereits einen Vorgeschmack davon, was sich im folgenden nun an Problemen aufstaut. War das elliptische, dahintreibende und zum Sterben schöne “Music for a Nurse” auf “Everyone Into Position” noch ein ins Gesamtkonzept passendes Medley, erliegt “Frames” nun vollends der Versuchung, eher wild auf die zwölf zu geben anstatt einen Zweck zu verfolgen.
Die raffiniertesten Kompositionen - derer werden selbstverständlich unzählige geboten, sonst wären Oceansize nicht Oceansize - werden jedoch redundant, wenn ein solcher Zweck fehlt. Ein Song wie “An Old Friend of the Christy’s” mag in seinen zehn Minuten ein ganzes Universum beschreiben und man wird vielleicht Monate brauchen, bis man alle Eigenarten verinnerlicht und endgültig begriffen hat; doch wohin führt uns das Stück? Direkt hinein in eine überdeutliche Meshuggah-Reminiszenz, die sich wie selbstverständlich in “Sleeping Dogs and Dead Lions breit macht. Warum hier jedoch plötzlich polyrhythmische Mathcore-Elemente bedient werden, ist nur schwer nachzuvollziehen. Es macht schlichtweg keinen Sinn.
In seiner anti-konzeptionellen Ausrichtung ist “Frames” indes unglaublich abwechslungsreich, was einen bestimmten Teil der Anhängerschar zweifellos zufriedenstellen und über Monate hinweg beschäftigen dürfte. Das Medium wird voll und ganz ausgereizt, die Scheibe läuft gemeinsam mit dem 11-minütigen Bonustrack “Vorhees” so lange, dass kaum mehr auch nur ein Dreiminüter darauf Platz hätte. Und bei Berücksichtigung der Tatsache, dass jeder einzelne Song nochmals auf unzählige Fragmente bzw. Ausschnitte heruntergebrochen ist, lässt sich vielleicht deutlich machen, welch farbenfrohes Spektrum einmal mehr beschrieben wird. Aber es folgt dem Muster der Beliebigkeit. “Frames” ist austauschbar in jeder Sekunde. So grandios im Detail, aber jedes Detail wäre einfach zu ersetzen - zumindest von dieser Band selbst.
Ich will nicht unterschlagen, dass “Frames” immer noch 90 Prozent des Materials mit dem kleinen Finger niederwalzt, das es an die Oberfläche der überwiegend belanglosen Welt des Mainstreams schafft (wie unter anderem eben eine gewisse Band namens “Adema”). Gemessen an den Ansprüchen, die Oceansize an ihr Publikum und an sich selbst stellen, ist ihr dritter Longplayer allerdings eine mittelschwere Enttäuschung. Wenn die Weltmeere zum vierten Mal ausgehoben werden auf der ewigen Suche nach der universalen Kernmaterie, die in einem Feuerwerk erlischt, bleibt zu hoffen, dass Frankenstein und seine Söhne wieder die besseren Rahmenbedingungen besitzen und der Fokus ihres Lebenswerkes wieder mehr darauf liegt, worauf es wirklich ankommt: Das Funktionieren der einzelnen Teile als ein Gesamtes.
Extras
Was war das für ein Chaos bei der Listung von Amazon vor VÖ. Zunächst wurde eine reguläre Variante für 14,99€ angeboten, parallel zu einem UK-Import im Digi mit zwei CDs, die knapp 13 Euro kosten sollte. Letztere wurde im Preis zunächst auf 18 Euro erhöht und dann ganz gestrichen; schließlich war die "normale" Version dann im Digi und mit einem Bonustrack, der dann auch das einzige Extra der CD ist. Der meines Wissens tatsächlich auf die Horrorfilm-Figur Jason Vorhees anspielende, dicke 11 Minuten laufende Track macht aber richtig was her und bereichert das Album, das ja eh keine konzeptionelle Spur verfolgt durchaus.
Artdesign
Schon merkwürdig, dass hier so ein Recycling verfolgt wird. Schließlich kennt man das Cover schon von der "Music for Nurses"-EP - dort nur eben schwarz-weiß anstatt rot-schwarz. Natürlich passt das zum Albumtitel, aber irgendwie hätte man sich das ja auch mal vorher überlegen können - das gleiche Ding (ohnehin ja schon nicht das aufregendeste Cover) nochmal aufgelegt ist nun nicht so der Bringer. Immerhin kommt das Digipak mit dem Effekt, dass die schwarzen Lücken, die bei genauem Hinsehen den Schriftzug "Oceansize" ergeben, tatsächlich aus der Front ausgeschnitten sind. Dahinter scheint das schwarze Booklet durch. Das ist von innen ganz hübsch verziert mit Glanzeffekt, mit dem auch die Produktionsdetails niedergeschrieben sind, so dass man sie nur lesen kann, wenn man sie gegen das Licht hält. Designtechnisch ist das alles aber ein wenig eintönig und vor allem eben schon mal dagewesen.
Fazit
Für Fans sollte das trotz aller Schwächen ein klarer Pflichtkauf sein; ich denke sogar, manchen wird das "arbiträre" Konzept der Scheibe sogar sehr gefallen. Ich fühlte mich ein wenig auf den Kopf gestoßen und musste feststellen, dass die von mir am meisten herbeigesehnte Scheibe des Jahres 2007 nicht die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen konnte. Glücklicherweise kam zeitgleich Riverside mit "Rapid Eye Movement" und sorgte für die Krönung des noch drei Monate laufenden Jahres.
Testequipment
AIWA NSX-SZ315
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