[CD] Oceansize - Frames

Eindrücke, Klangchecks aktueller aber auch älterer Scheiben im Review. Dazu Musik DVDs und Konzertberichte.

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Vince
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[CD] Oceansize - Frames

Beitrag von Vince » 07.10.2007, 20:16

Oceansize
Frames (2007)

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Technische Daten
Vertrieb: Superball Music
Laufzeit: 77:41 Min.
Anzahl der Tracks: 9
Extras: Bonustrack "Voorhees"
Booklet: 12 Seiten
Verpackung: Digipak

Besetzung

• Mike Vennart - Gesang, Gitarre
• Steve Durose - Gitarre, Gesang
• Gambler - Gitarre, Keyboard
• Steven Hodson - Bass, Keyboard, Cymbals
• Mark Heron - Schlagzeug, Percussion

Gastmusiker:
• Paula Simpson - Violine
• Justin Lingard - Viole
• Semay Wu - Cello

Tracklist

1. Commemorative _ _ _ _ T-Shirt - 8:37
2. Unfamiliar - 6:32
3. Trail of Fire - 8:06
4. Savant - 8:07
5. Only Twin - 7:22
6. An Old Friend of the Christies - 10:19
7. Sleeping Dogs and Dead Lions - 6:42
8. The Frame - 10:08
9. Voorhees - 11:10 (Bonus Track)

Kritik
freeman hat geschrieben:Ich hatte das Ding heute mal zur Probe im Laden laufen und ja, außer belanglos fällt mir echt gar nichts ein ... hab mir danach nur minimal kurz das neue Adema Album angehorcht und das gleich mitgenommen ...
Ein Satz über das neue Epos der britischen Wunderknaben Oceansize, der so wörtlich vom freeman geäußert wurde und der natürlich nicht einer gewissen Komik entbehrt - bedenkt man, wer Adema sind und in welchen Graden der Belanglosigkeit die so allgemein operieren. :wink: Aber leider verwandelt sich die Komik recht schnell in Nachdenklichkeit, denn zumindest die erste Hälfte der Aussage beinhaltet einen wahren Kern, den man nicht ganz so einfach abstreiten kann. Es scheint, als habe man sich an der Größe des Ozeans diesmal verhoben.

Nach dem dramaturgisch prägnanteren und auf den Punkt gebrachten “Everyone Into Position”, das sich zum Teil jedoch Vorwürfe anhören musste, man sei zu stark auf die Mainstream-Schiene übergegangen, sollte sich “Frames” wieder dem Meisterwerk “Effloresce” annähern, mit dem Oceansize einst aus dem Grund brachen wie eine lodernder Geysir. Der Titel des Werkes deutet bereits darauf hin, dass mit ausgewogenem Aufbau nicht mehr zu rechnen ist - ein Orkan soll über die Meere wüten und das Wasser aufwühlen.

Problematisch wird es nur, wenn der Herr die Kontrolle über seine Kreatur verliert - genau dies ist hier geschehen. Nach dem Abgang des Bassisten Jon Ellis befinden sich Mike Vennart und seine Jungs mitten im Auge des Sturms und haben keine Kontrolle darüber, was um sie herum zerstört wird. Vennart ist der Doktor Frankenstein seiner Generation und das Monster brach soeben durch die Mauern und richtet nun unkontrolliertes Chaos an.

Ist das ziemlich unkonventionelle, fast 9-minütige “Intro” “Commemorative____T-Shirt” noch ein auf die Folter spannender Opener, lässt er sogar mit dem Herzstück “Unfamiliar” (wäre nach gängigen Kriterien wohl die Single-Auskopplung Nr. 1) und dem von einer Piano-Wall-of-Sound geprägten “Trail of Fire” zwei Songs auf den Hörer los, wie man sie sich von Oceansize wünscht. Vennart stöhnt, jammert, schreit, krächzt und himmelt um sein Leben, ruft wie gehabt sein gigantisches Spektrum ab und zeigt, weshalb seine Band das letzte Pixel auf der Speerspitze des New Artrock darstellt.

Rückblickend gibt die überlange Eröffnung des Albums aber bereits einen Vorgeschmack davon, was sich im folgenden nun an Problemen aufstaut. War das elliptische, dahintreibende und zum Sterben schöne “Music for a Nurse” auf “Everyone Into Position” noch ein ins Gesamtkonzept passendes Medley, erliegt “Frames” nun vollends der Versuchung, eher wild auf die zwölf zu geben anstatt einen Zweck zu verfolgen.

Die raffiniertesten Kompositionen - derer werden selbstverständlich unzählige geboten, sonst wären Oceansize nicht Oceansize - werden jedoch redundant, wenn ein solcher Zweck fehlt. Ein Song wie “An Old Friend of the Christy’s” mag in seinen zehn Minuten ein ganzes Universum beschreiben und man wird vielleicht Monate brauchen, bis man alle Eigenarten verinnerlicht und endgültig begriffen hat; doch wohin führt uns das Stück? Direkt hinein in eine überdeutliche Meshuggah-Reminiszenz, die sich wie selbstverständlich in “Sleeping Dogs and Dead Lions breit macht. Warum hier jedoch plötzlich polyrhythmische Mathcore-Elemente bedient werden, ist nur schwer nachzuvollziehen. Es macht schlichtweg keinen Sinn.

In seiner anti-konzeptionellen Ausrichtung ist “Frames” indes unglaublich abwechslungsreich, was einen bestimmten Teil der Anhängerschar zweifellos zufriedenstellen und über Monate hinweg beschäftigen dürfte. Das Medium wird voll und ganz ausgereizt, die Scheibe läuft gemeinsam mit dem 11-minütigen Bonustrack “Vorhees” so lange, dass kaum mehr auch nur ein Dreiminüter darauf Platz hätte. Und bei Berücksichtigung der Tatsache, dass jeder einzelne Song nochmals auf unzählige Fragmente bzw. Ausschnitte heruntergebrochen ist, lässt sich vielleicht deutlich machen, welch farbenfrohes Spektrum einmal mehr beschrieben wird. Aber es folgt dem Muster der Beliebigkeit. “Frames” ist austauschbar in jeder Sekunde. So grandios im Detail, aber jedes Detail wäre einfach zu ersetzen - zumindest von dieser Band selbst.

Ich will nicht unterschlagen, dass “Frames” immer noch 90 Prozent des Materials mit dem kleinen Finger niederwalzt, das es an die Oberfläche der überwiegend belanglosen Welt des Mainstreams schafft (wie unter anderem eben eine gewisse Band namens “Adema”). Gemessen an den Ansprüchen, die Oceansize an ihr Publikum und an sich selbst stellen, ist ihr dritter Longplayer allerdings eine mittelschwere Enttäuschung. Wenn die Weltmeere zum vierten Mal ausgehoben werden auf der ewigen Suche nach der universalen Kernmaterie, die in einem Feuerwerk erlischt, bleibt zu hoffen, dass Frankenstein und seine Söhne wieder die besseren Rahmenbedingungen besitzen und der Fokus ihres Lebenswerkes wieder mehr darauf liegt, worauf es wirklich ankommt: Das Funktionieren der einzelnen Teile als ein Gesamtes.
:liquid6:

Extras
Was war das für ein Chaos bei der Listung von Amazon vor VÖ. Zunächst wurde eine reguläre Variante für 14,99€ angeboten, parallel zu einem UK-Import im Digi mit zwei CDs, die knapp 13 Euro kosten sollte. Letztere wurde im Preis zunächst auf 18 Euro erhöht und dann ganz gestrichen; schließlich war die "normale" Version dann im Digi und mit einem Bonustrack, der dann auch das einzige Extra der CD ist. Der meines Wissens tatsächlich auf die Horrorfilm-Figur Jason Vorhees anspielende, dicke 11 Minuten laufende Track macht aber richtig was her und bereichert das Album, das ja eh keine konzeptionelle Spur verfolgt durchaus.
:liquid2:

Artdesign
Schon merkwürdig, dass hier so ein Recycling verfolgt wird. Schließlich kennt man das Cover schon von der "Music for Nurses"-EP - dort nur eben schwarz-weiß anstatt rot-schwarz. Natürlich passt das zum Albumtitel, aber irgendwie hätte man sich das ja auch mal vorher überlegen können - das gleiche Ding (ohnehin ja schon nicht das aufregendeste Cover) nochmal aufgelegt ist nun nicht so der Bringer. Immerhin kommt das Digipak mit dem Effekt, dass die schwarzen Lücken, die bei genauem Hinsehen den Schriftzug "Oceansize" ergeben, tatsächlich aus der Front ausgeschnitten sind. Dahinter scheint das schwarze Booklet durch. Das ist von innen ganz hübsch verziert mit Glanzeffekt, mit dem auch die Produktionsdetails niedergeschrieben sind, so dass man sie nur lesen kann, wenn man sie gegen das Licht hält. Designtechnisch ist das alles aber ein wenig eintönig und vor allem eben schon mal dagewesen.
:liquid4:

Fazit
Für Fans sollte das trotz aller Schwächen ein klarer Pflichtkauf sein; ich denke sogar, manchen wird das "arbiträre" Konzept der Scheibe sogar sehr gefallen. Ich fühlte mich ein wenig auf den Kopf gestoßen und musste feststellen, dass die von mir am meisten herbeigesehnte Scheibe des Jahres 2007 nicht die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen konnte. Glücklicherweise kam zeitgleich Riverside mit "Rapid Eye Movement" und sorgte für die Krönung des noch drei Monate laufenden Jahres.

Testequipment
AIWA NSX-SZ315

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Beitrag von freeman » 08.10.2007, 00:28

Also die ersten zwei Alben von Adema rocken schon ordentlich ... also imo ... ich Armer ... :cry: ... i moag die halt ... menno ... immer werd ich gedisst!

:lol:

Sehr schönes Review und ich werde in Zukunft einfach mehr das Maul halten. Wer jetzt gerade denkt, zum Glück, wird von mir gesperrt! ;-)

Die doch niedrige Note bestätigt mir persönlich dann aber schon ziemlich eindeutig meinen ersten Eindruck, der die Songs 2 und 3 als stärkste Songs empfand ... wie du es dann sogar ähnlich herausstellst ... :shock: zur Zeit fühle ich mich in meinem Kauf nur bestätigt. ABER wenn die Scheibe hier im Nice Price Segment angekommen ist, schlage ich sicher zu ...

In diesem Sinne:
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Beitrag von Sir Jay » 03.03.2010, 00:06

Ist zwar schon lange her, dass ich mir die kleine Zwischenscheibe "Music for Nurses" angehört hatte, aber so wie ichs in Erinnerung hatte, war mir die Scheibe insgesamt etwas zuwider, ich meine war nichts von der faszinierenden, ozeanischen atmosphäre, sondern einfach nur schriller Krach mit einem Mike Vennart, der viel zu sehr auf Geschreie als auf etwas erträglicheres fixiert ist.
:liquid4:
Kann sein, dass ich mich irre und es handelt sich bei meinen Kritikpunkten nur um einen von den 4 tracks, aber der hat sich dann wohl so sehr eingebrannt, dass ich den Rest vergessen habe, habs wohl nicht oft genug gehört; aber ich möchte festhalten, dass ich Effloresce und Everyone into Position großartig finde, und heute noch regelmäßig einwerfe (das Debutalbum habe ich erst vor 2 Tagen wieder komplett durchlaufen lassen über Kopfhörer...herrlich :D).

Jetzt beräue ich es fast, mir Ellforesce damals bei amazon als mp3 load besorgt zu haben, dabei müsste ich es im Zuge meiner neugewonnenen Leidenschaft für Original CDs fast nochmal als harte Ware kaufen, aber der Gedanke dasselbe Album im Prinzip zweimal zu "kaufen"?? Na ich weiß nicht, mal schauen ;)

Vor in Frames halte ich mich jetzt dann btw doch erstmal noch distanziert, oder kann es mir evtl gefallen, wenn ich einfach die Erwartungen nach unten schraube? ;)

Neulich im Blöd Markt bin ich übrigens über ein fettes "Feed to Feed" - Set gestolpert, das alle bisherigen veröffentlichungen enthielt; sah chick aus das teil, aber 50 euro waren mir da erstmal doch zu happig 8-)

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Beitrag von Vince » 03.03.2010, 08:06

Sorry Jay, du bist zu sehr ne Wundertüte, als dass man das bei dir voraussagen könnte. :lol: Aber versuchs einfach mal, wird schon irgendwie klappen.

Das "Feed to Feed"-Set ist ziemlich geil. Hab bei Erscheinen glaub ich um die 35 Euro gelöhnt. Es ist auch limitiert auf gar nicht mal so wenige Teile. Die Box sieht super aus, nur die siebte Disc ist etwas lieblos in einer Papphülle im Bookletfach beigefügt.

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Beitrag von Sir Jay » 03.03.2010, 10:48

woher dieses wundertüten dasein herrührt, würde mich zwar mal interessieren, aber ja mal austesten, was da so dahinter steckt ;)

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Beitrag von gelini71 » 03.03.2010, 10:58

Wundertüte ist ja noch nett ausgedrückt - der Jay wäre der größte Horoor für jeden Schallplattenverkäufer weil der in keinster Weise irgendwie in eine Schublade zu packen ist :lol:
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von Sir Jay » 03.03.2010, 13:27

ey das ist doch alles kacke was ihr hier labert :lol:

Ich grenze mich ganz klar von bestimmten genres ab, bzw weiß welche Stilmittel mir nicht zusagen, und es gibt musik für die ich schwärme.

Ich würde eigentlich sagen, dass der vince einen weitaus breiter gefächerten Musikgeschmack hat als ich, oder was wollt ihr mit "nicht in eine schublade steckbar" ausdrücken? ;)

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Beitrag von gelini71 » 03.03.2010, 17:28

Beispiel:
Wenn zu mir ein Depeche Mode Fan kommt & mich fragt was man ihm sonst noch so empfehlen kann dann würde ich z.B. Nitzer Ebb sagen , oder vielleicht the Human League (wenn er die frühen Depeche Mode mag). Oder wenn jemand die frühen Genesis mag dann könnte ihm auch relativ sicher Marrillion gefallen.
Bei Dir ist das etwas schwieriger - die Chance das Dir eine Vergleichbare Band gefallen könnte ist relativ gering.
Das ist jetzt nix schlimmes - bloß macht es das nur schwieriger etwas passendes für Dich zu finden. Deshalb bist Du imo der größte Horror für jeden Schallplattenverkäufer. :wink:
Ich mache keine Rechtschreibfehler, ich gebe Wörtern lediglich eine individuelle Note

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Beitrag von Sir Jay » 03.03.2010, 17:41

Und wie sieht es mit einem CD-Verkäufer aus? :lol:

warum es bei mir so schwer zu sagen ist, weiß ich immernoch nicht; ich habe bisher lediglich mit mars volta überrascht, aber ansonsten die Erwartungen "erfüllt" :lol:
Ich meine, dass mir indukti nicht gefällt hat der vince mir versichert, und hatte Recht, genauso wie er mit den CDs die er mir geschickt hat, eigentlich prinzipiell meinen geschmack getroffen hat.
also hört doch auf ihr knalltüten ;)

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