Underworld: Evolution
Originaltitel: Underworld: Evolution
Produktionsjahr: 2006
Regie: Len Wiseman
Darsteller:
Kate Beckinsale, Scott Speedman, Tony Curran, Derek Jacobi, Bill Nighy, Shane Brolly, Brian Steele, Zita Görög, Michael Sheen u.a.
Vor ein paar Jahren geschah es, da hatte in Hollywood jemand das, was allgemein als Mangelware in der Traumfabrik gilt: Eine Idee ... ach was red ich ... 2!!! Die Erste versuchte etwas, auf das man in Fankreisen (insbesondere in Rollenspielen war diese Idee eigentlich schon uralt) schon lange gewartet hatte: Man versuchte auf halbwegs schlüssige Art und Weise die Subgenres Werwolffilm und Vampirfilm zu vereinen ... das Ergebnis war zwar teils heillos überfrachtet und musste langwierig erklärt werden, was den fertigen Film im Mittelteil arg ausbremste, aber: es funktionierte! So gut, dass andere Studios mit Filmen wie Van Helsing nachzogen und noch mehr Gruselfiguren mit den beiden Klassikerviechern zusammenbrachten.
Die zweite, wesentlich interessantere Idee - zumindest von einem rein chauvinistischen Standpunkt aus gesehen - ist diese hier:
Alleine für die Eingebung, Kate Beckinsale, dieses kleine, zerbrechlich wirkende Wesen, in eine Kampfamazone mit einem schwarzen, hautengen Lack- und Lederoutfit zu pimpen, gehören dem Ideengeber jahrelang die Füße geküsst. Hammergenial. Das bleich Schminken von Kate und die tiefschwarz gefärbten Haare machten inklusive des langen Ledermantels den Gothchic Look perfekt und glücklicherweise übertrug man diesen Look auf den ganzen Film. Es entstand ein von der internationalen Kritik gebashtes Style over Substance Werk allererster Kajüte, dass sich vor allem optisch bei allen Filmen bediente, die damals Rang und Namen hatten ... Doch solange dabei ein Film herauskommt wie Underworld soll mir das recht sein. So dachte auch Len Wiseman und verkündete schon beim Start von Underworld, dass er bezüglich der Story noch einiges in Petto habe und den Film nicht ohne Grund habe enden lassen, wie er endet ...
"Blut tropft auf die Schlafstelle des wohl mächtigsten aller Vampire ..."
Dieser heißt Marcus und entstammt dem Geschlecht der Corvin Familie. Diese zeugte einst 2 Kinder. Eines wurde von einer Fledermaus gebissen, eines von einem Wolf und beide veränderten sich daraufhin. Marcus wurde zum Ur-Vampir, dem ersten Blutsauger überhaupt und William, sein Bruder, zum ersten Werwolf. Beide brachten in der Folgezeit viel Leid über das Land und bevölkerten es mit ihresgleichen. Insbesondere die Vampire entwickelten aber bald den Drang zu herrschen - auch über die Werwölfe und so kam es, dass sie William und Marcus gegeneinander ausspielten und beide voneinander getrennt "einsperrten". Während sie in ihren Verliesen dahindarbten, wurde der Krieg zwischen Vampiren und Werwölfen immer heftiger - wovon ja Underworld berichtete.
Zu Beginn von Teil 2 erwacht nun Marcus wieder. Er verschafft sich einen Überblick über die vorherrschenden Zustände, säubert die Linien der Vampire von Verrätern und allerlei zwielichtigen Gesocks und macht sich nun auf die Suche nach Selene. Diese ist - seit sie den vorgeblich mächtigsten Vampir Viktor in der eins getötet hat - mit Michael auf der Flucht vor diversen Häschern und trägt unwissentlich den wichtigsten Hinweis auf Williams Verbleib in sich! Und da Marcus seinen Bruder wieder an seiner Seite haben will, um die Welt gemeinsam mit ihm ins Chaos zu stürzen, verfolgt er Selene mit unnachgiebiger Härte.
Dies ist der Rahmen für Underworld: Evolution, der die Story von Teil 1 nahtlos fortführt und auch gar nicht viel aus Underworld erklärt. Es gibt immer wieder einmal kurze Flasbacks in die Eins, die aber wahrlich nur dem Kenner ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Für Unkundige, die sich zufällig in den zweiten Teil der Saga verirrt haben, wird dadurch NICHTS erklärt. Eine Sichtung des ersten Teils vor dem Kinobesuch sei daher allen von mir herzlichst an die Pumpe des roten Lebenssaftes gelegt. Wer nun aber denkt: Hoi, die Story klingt aber dünne, der sei gewarnt. Der von mir dargelegte Storyverlauf ist wahrlich nicht viel mehr als die Klammer, die den Film zusammenhält. Die eigentliche Story dagegen protzt wieder mit Verwicklungen, Rückblicken in die Vergangenheit beider Spezies, falschen Fährten, plötzlichen Entwicklungen und diversen Subplots inklusive immer neuen Figuren, dass dem geneigten Actionfan schon schnell einmal der Kopf rauchen kann. Kurzum: Die Überfrachtung der Story hat Wiseman noch immer nicht in den Griff bekommen. Er will zuviel hineinpacken und muss darum auch verdammt viel erklären. Im Gegensatz zur 1 kann er hierbei dennoch IMMER das Tempo auf einem recht hohen Level halten und im Grunde stört eigentlich nur die Liebesgeschichte zwischen Selene und Michael und wirkt eben überflüssig. Beim Rest kann ich nur sagen, dass ich die Überfrachtung der Story registriert habe, dies mich aber nicht störte ... im Gegenteil, ich finde dass die Geschichte, die in der Eins so wundervoll angeschnitten wurde, prächtig weitergeführt wird. So kann ich konstatieren, dass ich auf eine baldige Fortsetzung der Geschichte hoffe, vor allem, da ich glaube, dass Wiseman auf einen Clou hinarbeitet, der die Geschichte vermutlich mehr als trefflich abrunden könnte. Die Weichen hat er zumindest schon einmal gestellt ...
Alles andere als weich (was ne Überleitung ... boah ey) ist das, worauf es bei Underworld: Evolution dann aber doch am meisten ankommt. Die Action. Und Jesus, Maria und Josef, was geht die nach vorne! Endlich mal wieder perfekt durchgestylte, fabulös choreographierte Action vom Allerfeinsten! Hier steppt der Werwolf, das kann ich euch sagen! Es wird aus allen Rohren geballert, dass die Leinwand zu glühen beginnt und es wird ein riesiger Mangel der Eins ausgebügelt: Die ultimativen Aufeinandertreffen von Vampiren und Werwölfen wurden endlich weitestgehend von den Ballereinlagen befreit! Das Dauerfeuer der Vampire, das die Werwölfe entweder rechtzeitig tötete oder eben das Schicksal des feuernden Vampirs besiegelte, wich druckvoll archaischen, wuchtig brutalen Infights! Hier wird gestochen, gehauen, geschlitzt, zerrissen, zerbrochen und zermantscht, dass es eine einzige wahre blutspritzende Freude ist. Highlights setzen hierbei der geniale Einstieg und der ausgiebigst zelebrierte Showdown. Wenn hier eine der beiden Spezies ins Gras beisst, dann meist in ziemlich splattrigen Einlagen. Auch bei den Ballereinlagen steht das Blut im Raum, spritzen Fontänen aus den Wunden und wabern Blutwolken durch die Gegend, was endlich mal wieder ordentlich Härte ins PG 13 Kino heutiger Zeiten pumpt. Wie die FSK hier auf eine FSK 16 kam - vor allem im Vergleich zum deutlich zahmeren Vorgänger - wird eines dieser ewigen Rätsel bleiben, die nur Fox Mulder und Dana Scully irgendwann werden klären können! Das Ganze kommt übrigens fast vollkommen ohne CGI Shots aus, denn abgesehen von einigen Werwolfverwandlungen und einigen Komplettansichten der haarigen Gestalten setzt es kaum Bits und Bytes Monster oder Einlagen, was dem Film hervorragend zu Gesicht steht, zumal die wenigen CGIs nicht wirklich überzeugen können. Die Action selber wurde vor allem durch zwei Punkte unheimlich dynamisiert: Zum einen erinnert Marcus mehr an eine riesige Fledermaus oder einen Gargoyle und kann fliegen und seine Flügel als spitze Waffen gebrauchen. Dies eröffnet völlig neue Dimensionen für die Underworldaction, denn nun kann ein Vampir schon einmal neben einem Laster herfliegen und ihn rammen oder eben plötzlich aus der Luft zustoßen. So kommt ein Schwung in die Action, der einfach Adrenalinschub um Adrenalinschub lanciert. Und mittendrin in diesem durchchoreographierten Chaos ist Punkt zwei, der die Action beleben kann: Selene bzw. die fragile Kate Beckinsale, die einiges an Kampfsporteinlagen beigebracht bekommen hat und richtig abgehen darf! Hossa!
Und die Kate ist es auch, die den Film erneut mühelos trägt, sich deutlich wohler in ihrer Rolle zu fühlen scheint und tougher und cooler als im Vorgänger auftreten darf. Klar, schauspielern muss sie in diesem Film nicht viel, aber wen juckt das schon, wenn er erfahren darf, dass Selene unter ihrem Kampfanzug bis auf ihre Brustwarzen NICHTS hat, was sich irgendwann, irgendwie unter dieser zweiten Haut abzeichnen könnte. Allmächt kann ich da nur sagen, allmächt! Dann haben eigentlich alle wichtigen Darsteller von Underworld noch einen Gastauftritt erhalten. Darunter Michael Sheen, Bill Nighy, Shane Brolly und die wie immer bezaubernde, ungarische Schönheit Zita Görög. Wichtiger für den zweiten Teil sind dann allerdings ein furioser Tony Curran als Marcus, ein leider unpassend passiver Derek Jacobi und freilich Scott Speedman als Michael. Speedman ist wie in der Eins unglaublich fade, austauschbar und langweilig und mit jedem Mal, wo ich Underworld sehe, glaube ich, dass die Macher gar nicht so recht wissen, was sie mit seiner Figur anfangen sollen. Dieser Eindruck bestätigt sich in Evolution, wo er mitten im Film einfach mal komplett rausgenommen wird ... was dem Film allerdings eher bekommt, als dass es ihm schadet!
Gelungen ist wieder dieser fantastische Gothic Look, der ja schon bei Underworld einen wesentlichen Anteil am reizvollen Gesamteindruck hatte. Das zieht sich durch die Interieurs der Räume und Bauten, die Kostüme und die wirklich netten Settings. Der Film selber wurde denn auch in dem monochrom-blaustichigen Look der eins belassen und fügt der Farbpalette von Schwarz bis Blau nicht viel mehr bei als Weiß und Blutrot ... Just perfect! Unter die Bilder legte Marco Beltrami einen permanent wummernden, industrial angehauchten Soundtrack, der sich diesmal deutlich mehr auf instrumentelle Stücke verlegt und erst im Abspann drei rockige Songs präsentiert.
Die Story will zuviel, Speedman ist schwach und einige CGIs wollen nicht so recht ins Gesamtbild passen. Kleine Fehler, die meines Erachtens mein - und damit schließt sich der Kreis - chauvinistisches Urteil nicht trüben können: Underworld Evolution ist der feuchte Traum eines jeden Actionfans! Reingehen, Spaß haben, gerockt werden ...
In diesem Sinne:
freeman