Watchmen
Verfasst: 10.03.2009, 11:11
Watchmen
Originaltitel: Watchmen
Herstellungsland: Großbritannien / USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Zack Snyder
Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Malin Akerman, Carla Gugino, Patrick Wilson, Billy Crudup, Jackie Earle Haley, Matthew Goode, Stephen McHattie, Matt Frewer, Laura Mennell u.a.
Who watches the Watchmen?
Eine Frage, die weit zurückgeht. Und zwar bis in die späten 80er, als Alan Moore von dem Comiclabel DC den Auftrag erhielt, ein ultimatives Crossover zu erschaffen, das möglichst viele Superhelden des DC Universums vereinen sollte. Doch Moore, ganz der bekannte Querulant, hatte keine Lust ein „normales“ Crossover zu lancieren. Ihm schwebte etwas anderes vor, war doch seiner Meinung nach der Markt inzwischen übersättigt mit strahlenden Superhelden! Also zerlegte er die DC Stars in ihre Einzelteile und präsentierte eine düstere Mär, in deren Verlauf die heldenhaftesten aller Helden zu Säufern und Normalos mutierten oder/und das Ende der Geschichte nicht mehr erlebten.
DC lehnte diese Version verständlicherweise ab, empfahl Moore aber, diese Geschichte zu erzählen, nur eben mit eigenen Superhelden. Und genau das tat Moore und erschuf die ultimative, lange als unverfilmbar geltende Dekonstruktion des Superheldenmythos - Watchmen. Dabei schillerten auch in Moores Version die DC Helden durch, denn beispielsweise ist ein Nite Owl kaum von Batman zu unterscheiden, Dr. Manhattan gemahnt in seiner Gottgleichheit an Superman und Silk Spectre hat viel von Catwoman. Die Grundidee aber war es, Helden zu zeichnen, die keiner kennt und die eigentlich auch gar keine Helden sind.
Vielmehr entstanden die Superhelden in Watchmen eher zufällig. Denn irgendwann begannen die Verbrecher in einer Art Paralleluniversum dazu überzugehen, Masken bei ihren Überfällen aufzusetzen. Die Folge: Zeugen konnten sie nicht mehr identifizieren und man musste selbst das schlimmste Gesindel wieder freilassen. Bald fühlten sich einige Polizisten gemüßigt, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen und benutzten ihrerseits ebenfalls Kostümierungen und Masken. Die Superhelden waren geboren, hatten aber keinerlei echte Heldeneigenschaften. Nur technische Hilfsmittel und speziell antrainierte Fähigkeiten machten sie zu etwas „Besonderem“.
Darauf setzt nun die Verfilmung des Comics Watchmen auf. Wir haben das Jahr 1985 in der alternativen Parallelwelt. Nixon bestreitet seine dritte Amtsperiode, der Vietnamkrieg wurde gewonnen und die Superhelden, die teilweise sogar in Vietnam intervenierten, wurden verboten! Viele der „Helden“ sahen das als willkommene Möglichkeit, das meistens doch sehr verhasste Alter Ego in den Kleiderschrank zu sperren und ihrem echten Leben nachzugehen, das sich allerdings als weitaus weniger glamourös herausstellte, als man annehmen sollte. Doch Alkohol, Tabletten und Drogen machen diesen Alltag erträglich. Da wird die Ruhe empfindlich gestört. The Comedian, ein Mitglied der berühmten Heldentruppe Watchmen, findet den Tod durch einen Assassinen! Insbesondere sein ehemaliger Mitstreiter, Rohrschach, ein opportunistischer Zyniker mit durchaus rechtsradikalen Ansichten, vermutet hinter dem Attentat Größeres und versucht die anderen Teammitglieder zu warnen, dass auch ihr Leben in Gefahr ist.
Wie recht Rohrschach damit haben soll und welch weitgreifende Veränderungen auf den Anschlag auf den Comedian folgen werden, kann zu diesem Zeitpunkt freilich keiner ahnen. Zumindest weiß man, dass es wohl auf einen Atomkrieg zwischen den Supermächten USA und Russland hinauslaufen wird.
Genau wie die Vorlage zu Watchmen, kommt die Verfilmung zu einem Zeitpunkt, der eigentlich nicht besser gewählt sein könnte. Damals wie heute überfluten Superhelden in allen Farben und Formen unsere Wahrnehmung. Und wie Watchmen damals die papierne Comicwelt revolutionierte, erwartete man von Zack Snyders Filmversion nicht viel weniger als genau diese Revolution der Kinoheroen. Leider kommt Snyder selbst für eine solche Revolution ein wenig zu spät, denn der eigentliche Kinowatchman, der den Superheldenmythos für die bewegten Bilder von Grund auf auf den Kopf stellte und umdeutete, war spätestens Bruce Wayne alias Batman in der Version von Christopher Nolan. Und auch ein Spiderman zeigte einen an sich und seinen Fähigkeiten hadernden Helden der nicht alltäglichen Art. Von daher ist Snyder definitiv ein Stück weit zu spät dran, macht aber trotz dieses kleinen Handycaps verdammt viel verdammt richtig.
Das beginnt schon bei der Symphonie in blutrot, die den Film brachialst einleitet und eine unvergleichliche, beinahe fast schon poetisch anmutende Gewalteskalation präsentiert, in deren Verlauf der Comedian auf knochenbrechende Art und Weise das Zeitliche segnet. Untermalt wird das wüste Treiben von einem Song, der eine vollkommen gegenläufige Atmosphäre aufbaut, die vor dem Auge des Zuschauers in der Verschmelzung von Bildern, Musik und Tönen in eine Art Gewaltwalzer oder ein Brachialballett kulminiert. Immer wieder schaltet Snyder bereits in dieser Szene (was im Folgenden noch häufiger passieren wird) in eine megaedle Zeitlupe, die fast anmutet, als wolle Snyder das Gefühl erwecken, man würde durch eine Folge von Einzelbildern (oder wie es im Comic heißt: Panels) blättern. Absolut grandios und ein Einstieg nach Maß!
Kombiniert man diesen Einstieg mit den im Vorfeld veröffentlichten grandiosen Trailern, könnte man nun Gefahr laufen, sich in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen, denn dieser Einstieg und die Eye Candy liefernden Trailer stehen in einem enormen Kontrast zu dem, was sich nun vor dem Auge des Zuschauers entfaltet. Denn Watchmen legt nun erst einmal den Actionbombast beiseite und entfaltet seine Geschichte in aller Ausführlichkeit.
Dabei weiß die Nähe zur gezeichneten Vorlage definitiv zu begeistern. Nur in wenigen Punkten geht Snyder aus dramaturgischen Gründen leicht von der Vorlage weg (Tales of the Black Freighter wird er ja noch nachliefern, das Ende hebt sich definitiv von der Vorlage ab), behält ansonsten aber alles bei, was Moores Watchmen ausmachte. Und das sind in erster Linie keine bombastischen Weltuntergangsszenarien. Nein, in Watchmen liegt das Hauptaugenmerk auf der teils sehr verzwickten, nur scheinbar als simple Whodunit Story aufgezogenen Handlung und vor allem den Charakteren, die selten plastischer anmuteten als in diesem Streifen.
Die Folge sind grandiose, im Falle von Rohrschach, dem Comedian und Dr. Manhattan fast schon geniale Figuren und Charaktere, die alleine schon faszinierend genug sind, um den Film über die gesamte Laufzeit (und die ist mit 2,5 Stunden nicht unerheblich!) sehr fesselnd geraten zu lassen. Gerade für das superheldenverwöhnte Kinopublikum könnte aber genau dieser Ansatz zum echten Problem auswachsen. Denn wie Moore hält Snyder den Actionpegel weit unten. Will man die Actiondichte oder auch den Augenfutteranteil umschreiben, sollte man die Mooreverfilmung V for Vendetta bemühen, die von den Schauwerten her absolut identisch aufgebaut ist. Sprich: Es gibt zwar Action und die sieht fantastisch aus, aber es gibt nicht viel davon. Und genau das könnte viele Zuschauer, die dank geringer Verbreitung der Vorlage in unseren Breiten eher unvorbereitet auf die Watchmen treffen sollten, ziemlich überfordern – um nicht zu sagen langweilen ...
Dabei ist Watchmen sicher vieles, nur nicht langweilig. Hier werden schon in Nebensätzen Punkte angerissen und abgehandelt, die für Filme wie „Elektra“ oder „Catwoman“ gereicht hätten, um sie in ihrer Gänze massivst aufzuwerten. Die großartig gezeichneten Figuren unterstreichen diesen Eindruck nur und Zack Snyder macht auf der optischen Schiene alles richtig, um den idealen Weg in unsere Sehzentren zu erschaffen. Neben den bereits erwähnten detailverliebten Zeitlupenszenen bestechen hier vor allem die Sets und Schauplätze, die anmuten, als seien sie direkt aus der Comicvorlage entsprungen und auch die transportierte Atmosphäre entspricht nahezu gänzlich der Moore’schen Kopfgeburt. Ok, die Kostüme unterscheiden sich schon von der Vorlage, aber auf den entwickelten Düsterlook passen sie definitiv besser als bunte Strampelanzüge.
Auch sonst ist Regisseur Zack Snyder absolut souverän unterwegs und entwirft grandios choreographierte und gefilmte, brechend harte Prügelszenen, tolle Eye Candy Einlagen und auch extrem witzige Szenen, wie die Sexszene zwischen Nite Owl und Silk Spectre, die er mit einer genialen Version von Leonard Cohens „Hallelujah“ unterlegt, um dann mit einem genial dämlichen Schlussgag zu punkten. Auch der Gefängnisaufenthalt von Rohrschach ist ein Meisterwerk der schwarzen Komik, das in einem genial inszenierten Schlussakt gipfelt, der mit einer auf- und zuschlagenden Pendeltür zu tun hat. Allgemein geht Snyder die Verquickung wirklich komischer Momente (diese sind meist ungemein zynisch und von einem teils zutiefst menschenverachtenden Grundton durchsetzt) mit der allgemein sehr düsteren Grundstimmung hervorragend von der Hand und die Art, wie er beinahe kongenial Musik und grandiose Bilderwelten in echten Gänsehautszenen vereint, hat etwas ganz Großes!
Auch in der Schauspielführung weiß Snyder absolut zu überzeugen. Dabei griff er auf weitgehend eher unbekannte Gesichter zurück, ganz dem Moore’schen Vorbild folgend, der ja auch - gezwungenermaßen - „No Names“ zu „Helden“ werden ließ. Am meisten wissen dabei Jeffrey Dean Morgan (Supernatural) als ungemein fleischig muskulöser Comedian, Patrick Wilson als Batman Widergänger Nite Owl, Malin Akerman als sexy Lack- und Lederbraut Silk Spectre und Jackie Earle Haley als Rohrschach zu überzeugen. Auch Billy Crudup als Dr. Manhattan weiß zu gefallen, auch wenn man von ihm selber nicht viel sieht, da seine Figur auf Gollumart am Rechner entstanden ist (und der offenherzigste Hollywood - Kommentar zum Nudismus sein dürfte ;-) ). Wer mir erstmals nicht so recht gefallen wollte, war Matthew Goode als Ozymandias. Seine Figur bleibt unverhältnismäßig blass, was verwundert, da Snyder diese Figur mit am Dringendsten benötigt. Auch sieht Goode einfach schrecklich aus, als leide er an Bulimie ... sehr seltsam. Ansonsten gibt es aber wirklich keinerlei Probleme in dem grandiosen und vor allem treffenden Cast.
Doch leider gibt es auch einige Probleme in Watchmen zu beklagen. Dass der Ansatz dank Batman (vor allem The Dark Knight) auf der großen Kinoleinwand bei Weitem nicht mehr so originär ist, wie er das zu Comiczeiten war, habe ich ja bereits erwähnt. Obendrein braucht die komplexe Geschichte verdammt lange, um richtig in Bewegung zu kommen, da Snyder, und in diesem Falle auch der Vorlage, keine richtige Verschmelzung von Charakterzeichnung und Storyantrieb gelingt. Es ist fast so, als dürfe das eine nicht mit dem anderen verknüpft werden, weshalb der Film auch für Kenner der Materie hier und da recht zäh gerät. Auch die steten Sprünge in der Erzählperspektive lassen den Film ein wenig unrund wirken. Hier hätte ich mir persönlich einen Charakter als echte Orientierung gewünscht – was im Falle von Rohrschach ja auch versucht wird ... mit der Betonung auf versucht. Was obendrein ziemlich enttäuscht, ist der etwas arg unspektakuläre Showdown. Dieser ist zwar auch in der Vorlage kein überkandideltes Brachialgewitter an Action, aber nach dem langen Weg hätte man sich schon etwas bedeutend Spektakuläreres erhofft als das hier gebotene Ende mit seiner zu harmlosen Botschaft (hier ist Moore dann deutlich kompromissloser gewesen). Auch fehlt den grandios gezeichneten „Heldenfiguren“ eine echte böse Entsprechung. Denn wie genial hätte ein Superschurke bei dieser meisterhaften Figurenzeichnung ausfallen müssen, um den Zynismus der Watchmen und deren negatives Weltbild noch zu toppen? Freilich ist dies auch ein Kritikpunkt an der gezeichneten Vorlage, in dem die Watchmen ebenfalls nur gegen eine abstrakte Bedrohung (Atomkrieg) kämpfen.
Was bleibt ist eine Comicverfilmung, die zeigt, dass heutzutage eigentlich nichts mehr unverfilmbar ist. Zack Snyder beweist zum zweiten Mal, dass er es versteht, ein Medium in ein anderes zu transferieren und den Grundton der Vorlage bis zum bitteren oder besser zynischen Ende beizubehalten. Dafür gebührt ihm jegliche Form der Anerkennung. Der Regisseur liefert grandiose Bilderwelten, die er mit genialen Musikstücken kombiniert, um so absolut einzigartige Bild- und Klangwelten zu erschaffen, in denen sich Charaktere tummeln, die man sich plastischer niemals hätte vorstellen können. Gerade der grandiose Dr. Manhattan und der Soziopath Dr. Rohrschach hätten eigene Franchises verdient, soviel Potential steckt in diesen Figuren. Kurzum: Snyder adaptiert Moores Vorlage kongenial für die große Leinwand. Die Frage wird nur sein, wer dies außerhalb der USA (wo die Vorlage eine riesige Fanbase hat) würdigen wird, denn Watchmen als anspruchsvoll zu umschreiben, wäre eine der Untertreibungen des aktuellen Kinojahres ... und trotz Wegbereitern wie Batman - The Dark Knight wird dem Gros der Zuschauer die Kombination aus Comichelden und Anspruch nicht wirklich hundertprozentig geheuer sein ...
In diesem Sinne:
freeman
Originaltitel: Watchmen
Herstellungsland: Großbritannien / USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Zack Snyder
Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Malin Akerman, Carla Gugino, Patrick Wilson, Billy Crudup, Jackie Earle Haley, Matthew Goode, Stephen McHattie, Matt Frewer, Laura Mennell u.a.
Who watches the Watchmen?
Eine Frage, die weit zurückgeht. Und zwar bis in die späten 80er, als Alan Moore von dem Comiclabel DC den Auftrag erhielt, ein ultimatives Crossover zu erschaffen, das möglichst viele Superhelden des DC Universums vereinen sollte. Doch Moore, ganz der bekannte Querulant, hatte keine Lust ein „normales“ Crossover zu lancieren. Ihm schwebte etwas anderes vor, war doch seiner Meinung nach der Markt inzwischen übersättigt mit strahlenden Superhelden! Also zerlegte er die DC Stars in ihre Einzelteile und präsentierte eine düstere Mär, in deren Verlauf die heldenhaftesten aller Helden zu Säufern und Normalos mutierten oder/und das Ende der Geschichte nicht mehr erlebten.
DC lehnte diese Version verständlicherweise ab, empfahl Moore aber, diese Geschichte zu erzählen, nur eben mit eigenen Superhelden. Und genau das tat Moore und erschuf die ultimative, lange als unverfilmbar geltende Dekonstruktion des Superheldenmythos - Watchmen. Dabei schillerten auch in Moores Version die DC Helden durch, denn beispielsweise ist ein Nite Owl kaum von Batman zu unterscheiden, Dr. Manhattan gemahnt in seiner Gottgleichheit an Superman und Silk Spectre hat viel von Catwoman. Die Grundidee aber war es, Helden zu zeichnen, die keiner kennt und die eigentlich auch gar keine Helden sind.
Vielmehr entstanden die Superhelden in Watchmen eher zufällig. Denn irgendwann begannen die Verbrecher in einer Art Paralleluniversum dazu überzugehen, Masken bei ihren Überfällen aufzusetzen. Die Folge: Zeugen konnten sie nicht mehr identifizieren und man musste selbst das schlimmste Gesindel wieder freilassen. Bald fühlten sich einige Polizisten gemüßigt, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen und benutzten ihrerseits ebenfalls Kostümierungen und Masken. Die Superhelden waren geboren, hatten aber keinerlei echte Heldeneigenschaften. Nur technische Hilfsmittel und speziell antrainierte Fähigkeiten machten sie zu etwas „Besonderem“.
Darauf setzt nun die Verfilmung des Comics Watchmen auf. Wir haben das Jahr 1985 in der alternativen Parallelwelt. Nixon bestreitet seine dritte Amtsperiode, der Vietnamkrieg wurde gewonnen und die Superhelden, die teilweise sogar in Vietnam intervenierten, wurden verboten! Viele der „Helden“ sahen das als willkommene Möglichkeit, das meistens doch sehr verhasste Alter Ego in den Kleiderschrank zu sperren und ihrem echten Leben nachzugehen, das sich allerdings als weitaus weniger glamourös herausstellte, als man annehmen sollte. Doch Alkohol, Tabletten und Drogen machen diesen Alltag erträglich. Da wird die Ruhe empfindlich gestört. The Comedian, ein Mitglied der berühmten Heldentruppe Watchmen, findet den Tod durch einen Assassinen! Insbesondere sein ehemaliger Mitstreiter, Rohrschach, ein opportunistischer Zyniker mit durchaus rechtsradikalen Ansichten, vermutet hinter dem Attentat Größeres und versucht die anderen Teammitglieder zu warnen, dass auch ihr Leben in Gefahr ist.
Wie recht Rohrschach damit haben soll und welch weitgreifende Veränderungen auf den Anschlag auf den Comedian folgen werden, kann zu diesem Zeitpunkt freilich keiner ahnen. Zumindest weiß man, dass es wohl auf einen Atomkrieg zwischen den Supermächten USA und Russland hinauslaufen wird.
Genau wie die Vorlage zu Watchmen, kommt die Verfilmung zu einem Zeitpunkt, der eigentlich nicht besser gewählt sein könnte. Damals wie heute überfluten Superhelden in allen Farben und Formen unsere Wahrnehmung. Und wie Watchmen damals die papierne Comicwelt revolutionierte, erwartete man von Zack Snyders Filmversion nicht viel weniger als genau diese Revolution der Kinoheroen. Leider kommt Snyder selbst für eine solche Revolution ein wenig zu spät, denn der eigentliche Kinowatchman, der den Superheldenmythos für die bewegten Bilder von Grund auf auf den Kopf stellte und umdeutete, war spätestens Bruce Wayne alias Batman in der Version von Christopher Nolan. Und auch ein Spiderman zeigte einen an sich und seinen Fähigkeiten hadernden Helden der nicht alltäglichen Art. Von daher ist Snyder definitiv ein Stück weit zu spät dran, macht aber trotz dieses kleinen Handycaps verdammt viel verdammt richtig.
Das beginnt schon bei der Symphonie in blutrot, die den Film brachialst einleitet und eine unvergleichliche, beinahe fast schon poetisch anmutende Gewalteskalation präsentiert, in deren Verlauf der Comedian auf knochenbrechende Art und Weise das Zeitliche segnet. Untermalt wird das wüste Treiben von einem Song, der eine vollkommen gegenläufige Atmosphäre aufbaut, die vor dem Auge des Zuschauers in der Verschmelzung von Bildern, Musik und Tönen in eine Art Gewaltwalzer oder ein Brachialballett kulminiert. Immer wieder schaltet Snyder bereits in dieser Szene (was im Folgenden noch häufiger passieren wird) in eine megaedle Zeitlupe, die fast anmutet, als wolle Snyder das Gefühl erwecken, man würde durch eine Folge von Einzelbildern (oder wie es im Comic heißt: Panels) blättern. Absolut grandios und ein Einstieg nach Maß!
Kombiniert man diesen Einstieg mit den im Vorfeld veröffentlichten grandiosen Trailern, könnte man nun Gefahr laufen, sich in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen, denn dieser Einstieg und die Eye Candy liefernden Trailer stehen in einem enormen Kontrast zu dem, was sich nun vor dem Auge des Zuschauers entfaltet. Denn Watchmen legt nun erst einmal den Actionbombast beiseite und entfaltet seine Geschichte in aller Ausführlichkeit.
Dabei weiß die Nähe zur gezeichneten Vorlage definitiv zu begeistern. Nur in wenigen Punkten geht Snyder aus dramaturgischen Gründen leicht von der Vorlage weg (Tales of the Black Freighter wird er ja noch nachliefern, das Ende hebt sich definitiv von der Vorlage ab), behält ansonsten aber alles bei, was Moores Watchmen ausmachte. Und das sind in erster Linie keine bombastischen Weltuntergangsszenarien. Nein, in Watchmen liegt das Hauptaugenmerk auf der teils sehr verzwickten, nur scheinbar als simple Whodunit Story aufgezogenen Handlung und vor allem den Charakteren, die selten plastischer anmuteten als in diesem Streifen.
Die Folge sind grandiose, im Falle von Rohrschach, dem Comedian und Dr. Manhattan fast schon geniale Figuren und Charaktere, die alleine schon faszinierend genug sind, um den Film über die gesamte Laufzeit (und die ist mit 2,5 Stunden nicht unerheblich!) sehr fesselnd geraten zu lassen. Gerade für das superheldenverwöhnte Kinopublikum könnte aber genau dieser Ansatz zum echten Problem auswachsen. Denn wie Moore hält Snyder den Actionpegel weit unten. Will man die Actiondichte oder auch den Augenfutteranteil umschreiben, sollte man die Mooreverfilmung V for Vendetta bemühen, die von den Schauwerten her absolut identisch aufgebaut ist. Sprich: Es gibt zwar Action und die sieht fantastisch aus, aber es gibt nicht viel davon. Und genau das könnte viele Zuschauer, die dank geringer Verbreitung der Vorlage in unseren Breiten eher unvorbereitet auf die Watchmen treffen sollten, ziemlich überfordern – um nicht zu sagen langweilen ...
Dabei ist Watchmen sicher vieles, nur nicht langweilig. Hier werden schon in Nebensätzen Punkte angerissen und abgehandelt, die für Filme wie „Elektra“ oder „Catwoman“ gereicht hätten, um sie in ihrer Gänze massivst aufzuwerten. Die großartig gezeichneten Figuren unterstreichen diesen Eindruck nur und Zack Snyder macht auf der optischen Schiene alles richtig, um den idealen Weg in unsere Sehzentren zu erschaffen. Neben den bereits erwähnten detailverliebten Zeitlupenszenen bestechen hier vor allem die Sets und Schauplätze, die anmuten, als seien sie direkt aus der Comicvorlage entsprungen und auch die transportierte Atmosphäre entspricht nahezu gänzlich der Moore’schen Kopfgeburt. Ok, die Kostüme unterscheiden sich schon von der Vorlage, aber auf den entwickelten Düsterlook passen sie definitiv besser als bunte Strampelanzüge.
Auch sonst ist Regisseur Zack Snyder absolut souverän unterwegs und entwirft grandios choreographierte und gefilmte, brechend harte Prügelszenen, tolle Eye Candy Einlagen und auch extrem witzige Szenen, wie die Sexszene zwischen Nite Owl und Silk Spectre, die er mit einer genialen Version von Leonard Cohens „Hallelujah“ unterlegt, um dann mit einem genial dämlichen Schlussgag zu punkten. Auch der Gefängnisaufenthalt von Rohrschach ist ein Meisterwerk der schwarzen Komik, das in einem genial inszenierten Schlussakt gipfelt, der mit einer auf- und zuschlagenden Pendeltür zu tun hat. Allgemein geht Snyder die Verquickung wirklich komischer Momente (diese sind meist ungemein zynisch und von einem teils zutiefst menschenverachtenden Grundton durchsetzt) mit der allgemein sehr düsteren Grundstimmung hervorragend von der Hand und die Art, wie er beinahe kongenial Musik und grandiose Bilderwelten in echten Gänsehautszenen vereint, hat etwas ganz Großes!
Auch in der Schauspielführung weiß Snyder absolut zu überzeugen. Dabei griff er auf weitgehend eher unbekannte Gesichter zurück, ganz dem Moore’schen Vorbild folgend, der ja auch - gezwungenermaßen - „No Names“ zu „Helden“ werden ließ. Am meisten wissen dabei Jeffrey Dean Morgan (Supernatural) als ungemein fleischig muskulöser Comedian, Patrick Wilson als Batman Widergänger Nite Owl, Malin Akerman als sexy Lack- und Lederbraut Silk Spectre und Jackie Earle Haley als Rohrschach zu überzeugen. Auch Billy Crudup als Dr. Manhattan weiß zu gefallen, auch wenn man von ihm selber nicht viel sieht, da seine Figur auf Gollumart am Rechner entstanden ist (und der offenherzigste Hollywood - Kommentar zum Nudismus sein dürfte ;-) ). Wer mir erstmals nicht so recht gefallen wollte, war Matthew Goode als Ozymandias. Seine Figur bleibt unverhältnismäßig blass, was verwundert, da Snyder diese Figur mit am Dringendsten benötigt. Auch sieht Goode einfach schrecklich aus, als leide er an Bulimie ... sehr seltsam. Ansonsten gibt es aber wirklich keinerlei Probleme in dem grandiosen und vor allem treffenden Cast.
Doch leider gibt es auch einige Probleme in Watchmen zu beklagen. Dass der Ansatz dank Batman (vor allem The Dark Knight) auf der großen Kinoleinwand bei Weitem nicht mehr so originär ist, wie er das zu Comiczeiten war, habe ich ja bereits erwähnt. Obendrein braucht die komplexe Geschichte verdammt lange, um richtig in Bewegung zu kommen, da Snyder, und in diesem Falle auch der Vorlage, keine richtige Verschmelzung von Charakterzeichnung und Storyantrieb gelingt. Es ist fast so, als dürfe das eine nicht mit dem anderen verknüpft werden, weshalb der Film auch für Kenner der Materie hier und da recht zäh gerät. Auch die steten Sprünge in der Erzählperspektive lassen den Film ein wenig unrund wirken. Hier hätte ich mir persönlich einen Charakter als echte Orientierung gewünscht – was im Falle von Rohrschach ja auch versucht wird ... mit der Betonung auf versucht. Was obendrein ziemlich enttäuscht, ist der etwas arg unspektakuläre Showdown. Dieser ist zwar auch in der Vorlage kein überkandideltes Brachialgewitter an Action, aber nach dem langen Weg hätte man sich schon etwas bedeutend Spektakuläreres erhofft als das hier gebotene Ende mit seiner zu harmlosen Botschaft (hier ist Moore dann deutlich kompromissloser gewesen). Auch fehlt den grandios gezeichneten „Heldenfiguren“ eine echte böse Entsprechung. Denn wie genial hätte ein Superschurke bei dieser meisterhaften Figurenzeichnung ausfallen müssen, um den Zynismus der Watchmen und deren negatives Weltbild noch zu toppen? Freilich ist dies auch ein Kritikpunkt an der gezeichneten Vorlage, in dem die Watchmen ebenfalls nur gegen eine abstrakte Bedrohung (Atomkrieg) kämpfen.
Was bleibt ist eine Comicverfilmung, die zeigt, dass heutzutage eigentlich nichts mehr unverfilmbar ist. Zack Snyder beweist zum zweiten Mal, dass er es versteht, ein Medium in ein anderes zu transferieren und den Grundton der Vorlage bis zum bitteren oder besser zynischen Ende beizubehalten. Dafür gebührt ihm jegliche Form der Anerkennung. Der Regisseur liefert grandiose Bilderwelten, die er mit genialen Musikstücken kombiniert, um so absolut einzigartige Bild- und Klangwelten zu erschaffen, in denen sich Charaktere tummeln, die man sich plastischer niemals hätte vorstellen können. Gerade der grandiose Dr. Manhattan und der Soziopath Dr. Rohrschach hätten eigene Franchises verdient, soviel Potential steckt in diesen Figuren. Kurzum: Snyder adaptiert Moores Vorlage kongenial für die große Leinwand. Die Frage wird nur sein, wer dies außerhalb der USA (wo die Vorlage eine riesige Fanbase hat) würdigen wird, denn Watchmen als anspruchsvoll zu umschreiben, wäre eine der Untertreibungen des aktuellen Kinojahres ... und trotz Wegbereitern wie Batman - The Dark Knight wird dem Gros der Zuschauer die Kombination aus Comichelden und Anspruch nicht wirklich hundertprozentig geheuer sein ...
In diesem Sinne:
freeman