StS schlängelt:
Anacondas: Die Jagd nach der Blut-Orchidee
Originaltitel: Anacondas: The Hunt for the Blood Orchid
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2004
Regie:
Dwight H. Little
Darsteller: Johnny Messner, KaDee Strickland, Matthew Marsden, Eugene Byrd, Karl Yune, Salli Richardson, Morris Chestnut, …
Nachdem sich im Jahre 1997 Luis Llosas gut besetzter Riesenschlangen-Edel-Trash „Anaconda“ an den Kinokassen als erstaunlich lukrativer Überraschungserfolg entpuppte, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich clevere Produzenten an die Produktion einer Fortsetzung machen würden – schließlich konnten sich selbst zweitklassige, direkt für den Videothekenmarkt konzipierte Ableger wie „Python“ oder „King Cobra“ in den Folgejahren beachtlicher Beliebtheit erfreuen.
2004 sollte es schließlich soweit sein, doch da das Geld des Publikums inzwischen nicht mehr so locker wie damals saß und aufwändigere Filme mit übergroßen Schlangen doch ein gewisses Floppotential mit sich bringen, bewilligte man zur Risikominimierung nur ein um rund 10 Millionen Dollar geringeres Budget als das des Originals, beharrte auf ein massenkompatibles „PG-13“-Rating und ließ etliche Drehbuchautoren das Konzept des ersten Films ohne inhaltliche Experimente variieren. Angesichts der begrenzten finanziellen Mittel verzichtete man zudem auf große Namen zugunsten einer soliden B-Film-Besetzung und verpflichtete als Regisseur den Action- (“Rapid Fire“/“Marked for Death“), Fortsetzungs- (“Halloween 4“/“Free Willy 2“) und TV-Serien- (“X-Files“/“Millenium“) erprobten Routinier Dwight H.Little – und tatsächlich ging das Konzept ein weiteres Mal auf: Allein in den USA spielte der Film sein Budget locker wieder ein…
Eine Gruppe junger Wissenschaftler und Geschäftsleute glaubt entdeckt zu haben, dass ein Element der seltenen „Blutorchidee“ den Alterungsprozess verlangsamen kann, weshalb sie sich zum Sichern eines Beweisexemplars im Auftrag eines Pharmakonzerns auf den Weg nach Borneo machen, wo jene Pflanze nur alle sieben Jahre für rund sechs Monate blüht – und da sich dieses Zeitfenster gerade dem Ende entgegenneigt, ist Eile angesagt. Während der vorherrschenden Regenzeit will es aber kein örtlicher Kapitän riskieren, flussaufwärts ins Zielgebiet zu fahren – in Anbetracht einer nicht unbedeutenden Summe erklärt sich der etwas heruntergekommene (aber verflucht durchtrainierte) Skipper Bill Johnson (Johnny Messner) jedoch schließlich dazu bereit…
Begleitet von Bills Partner Tran (Karl Yune) sowie einem kleinen Äffchen, macht sie sich die Gruppe sogleich auf den Weg, hat aber unter etlichen „inneren Konflikten“ (wie einem Zickenkrieg zwischen den beiden weiblichen Expeditionsteilnehmern Gale und Sam) zu leiden. Außerdem sind die Beteiligten gegenüber der Qualifikation ihres Kapitäns leicht misstrauisch – bis sich dieser bewährt, indem er Gale (Salli Richardson) mit bloßen Händen vor einem Krokodil rettet. Zeitgleich mehren sich die Probleme: Der Flussverlauf wird zunehmend gefährlicher, und als Bill deshalb umkehren will, kann ihn der skrupellose Byron (Matthew Marsden) gerade noch so durchs Verdoppeln des Honorars umstimmen…
Kurz darauf beschädigt jedoch ein Stück Treibholz ihr Ruder derart, dass sie die eigentliche Flussabzweigung verpassen und in Folge dessen einen Wasserfall hinunterstürzten, wobei das Boot sinkt und ein Großteil der Ausrüstung verloren geht. Fernab der Zivilisation spaltet sich die Gruppe bezüglich der Frage, ob die Expedition abgebrochen oder weitergeführt werden soll – lockender Reichtum contra klaren Menschenverstand. Während des unumgänglichen Fußmarsches durch den Dschungel müssen sie sich nun mit einigen lästigen Geschöpfen der Tierwelt (Spinnen, Blutegel) auseinandersetzen, doch das ist nichts im Vergleich zur bisher unentdeckten Gefahr: Unwissentlich führt die eingeschlagene Route geradewegs durch das Revier etlicher übergroßer Anacondas, die sich zudem inmitten ihrer Paarungszeit befinden und daher besonders aggressiv sind…
Es kommt, wie es kommen muss: Einer nach dem anderen fällt den gefräßigen Riesenreptilen zum Opfer, und letztendlich wendet sich der profitgierige Byron gar mit Waffengewalt gegen die verbleibenden Gruppenmitglieder – auf keinen Fall will er ohne die Blutorchidee zurückkehren, doch jene wächst unglücklicherweise genau am Paarungsplatz der Schlangen…
Okay: Wer Anspruch, Charakterentwicklung oder eine bahnbrechende Story erwartet, liegt bei einem Film dieser Art sowieso falsch, weshalb es sich auch gar nicht lohnt, jene zweifellos vorhandenen Defizite im Detail aufzuführen – Fans dieses (Sub-)Genres werden bei „Anacondas“ allerdings recht gut auf ihre Kosten kommen, zumal vergleichbare Werke (a la „Boa vs Python“) angesichts der soliden Produktionseigenschaften deutlich schwächer abschneiden. Nur an den ersten Teil kommt diese Fortsetzung nicht ganz heran – dazu fehlt einfach ein stärkerer Trash-Faktor, der beim Vorgänger ausgeprägter war.
Scheinbar haben die Macher selbst erkannt, dass ihre Schlangen trotz der Fortschritte auf dem CGI-Sektor nicht vollkommen überzeugen können, weshalb man diese Tatsache unauffällig zu verschleiern versuchte: In den ersten zwei Dritteln tauchen die Reptilien immer nur kurz auf oder werden aus ihrer Blickperspektive heraus in Szene gesetzt – als die Anacondas dann gegen Ende in den Vordergrund rücken, ist die Nacht hereingebrochen, so dass man die Texturen nicht allzu deutlich erkennen kann. Eine clevere, erfolgreiche Vorgehensweise, wodurch ein etwas besserer Eindruck zurückbleibt als von dem Exemplar des Originals.
Natürlich ist es unglaubwürdig, dass sich ein derartig riesiges Reptil im seichten Gewässer mehr oder minder unbemerkt zwischen den Gruppenmitgliedern hindurchschlängelt, doch die so arrangierte Aufnahme erzeugt zweifellos eine gewisse Wirkung, wie man sie von einem Film dieser Art erhofft. Es wird sogar eine nachvollziehbare Erklärung für die Größe der Schlangen geliefert: Da Anacondas bis zu ihrem Tode konstant wachsen, bewirken die lebensverlängernden Eigenschaften der Blutorchidee (welche sie mit der Nahrung aufnehmen) eine längere Lebens- und somit Wachstumsdauer…
Im Endeffekt wirkt der Film in seinen ersten zwei Dritteln eher wie ein klassischer Abenteuerstreifen (was zwar auf Kosten der Spannung, nicht aber der Unterhaltung geht) und kann dabei mit der großartig in Szene gesetzten Wasserfall-Sequenz auftrumpfen, bevor in den letzten 30 Minuten die Spannung nochmals anzieht (vor allem beim Gang durch die Höhle) und ein guter Showdown ober- und innerhalb der Schlangen-Paarungsgrube einsetzt. Härten gibt es angesichts des Ratings kaum, die meisten Tötungen finden im Off statt. Zusätzlich kommt dem Film seine gekonnte Inszenierung sowie die saubere und hochwertige Optik zugute.
Die Rolle des Bill Johnson entspricht dem klassischen Action- und Abenteuerhelden (= ein ganzer Mann, der sich mit dem Jagdmesser am Lagerfeuer rasiert, früher bei den Special Forces war und ne gewisse Portion Machoattitüden mit sich bringt), wie man sie heutzutage nur noch selten zu sehen bekommt – und Messner passt hervorragend zu der Figur (derart, dass ich ihn gerne in der Hauptrolle einer „Far Cry“-Verfilmung sehen würde). Insgesamt liefert die Besetzung (Matthew Marsden („Black Hawk Down“),“J-Lo“-Verschnitt Salli Richardson („Biker Boyz“) sowie Morris “Half Past Dead“ Chestnut) passable Vorstellungen ab (mit Ausnahme des afroamerikanischen Klischee-Sidekicks, der mit seinen Sprüchen auf Dauer nervt), wobei KaDee Strickland („the Grudge“) und Johnny Messner („Tears of the Sun“) ein wirklich gutes Hauptgespann bilden.
Fazit: „Anacondas - Hunt for the Blood Orchid“ ist ein routinierter B-Film, der aufgrund seines Abenteuer-Flairs und einigen guten Szenen passabel zu unterhalten vermag …
Die deutsche DVD von „Columbia TriStar Home Entertainment“ ist mit ihrer „FSK 12“-Freigabe ungeschnitten und bietet eine vom Label gewohnt gute Bild- und Tonqualität.
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Vince zischelt mit:
Und noch einmal: AnacondaS
“Womit habe ich das verdient?”, fragte der Quotenschwarze, als er von einer Anaconda durch die Pampa gejagt wurde.
Das kann ich beantworten. Jede Figur, die dermaßen klischeehaft zum x-ten mal die Horrorfilm-Verhaltensweisen schabloniert, hat es verdient, zu sterben. Und in diesem Fall schlägt die Gerechtigkeit noch viel zu selten zu.
Anacondas. Nur ein Konsonant steht zwischen dem Original von 1997 und seinem etwas überraschenden Sequel. Der Effekt: Eine Pluralisierung, was gleichzeitig eines der typischsten Versprechen einer Fortsetzung ist. Mehr Monster, mehr Tote, mehr Action, mehr Spannung.
Wer sich dabei jetzt aber an die ersten beiden “Alien”-Teile erinnert fühlt, ist selbst schuld. Lieber sollte man sich ins Gedächtnis rufen, dass schon “Anaconda” grandioser B-Schrott war, der aber bestens unterhalten hat. Dann kann eigentlich nix mehr schiefgehen - oder?
Mit weniger Starpower versehen als der Jon Voigt/Ice Cube/Jenny Lopez-Film konnten hohe Erwartungen nämlich eigentlich nicht das Problem sein. Höchstens verwirrend war der Umstand, dass “Anacondas” es tatsächlich ins Kino geschafft hat und nicht à la “Mimic 2 & 3” in die Videotheken verbannt wurde. Aber ansonsten hat niemand genial animierte Schlangen erwartet, niemand hat auf eine brillante Story gehofft, niemand ging ins Kino, um exquisite Schauspielkunst erleben zu dürfen. Und keine Sorge, von den genannten Punkten wird auch nichts geboten. Alles, was man sich von dem Film erhoffte, damit er mit seinem Vorgänger gleichauf zog, war Unterhaltung. Und die ist leider nur bedingt gegeben.
Schematisch beginnt jedenfalls alles wie gehabt. Ein Prolog zeigt mal wieder am Beispiel eines menschlichen Opfers (damals Danny Trejo, jetzt ein unbekannter Einheimischer), wie gefährlich die Schlangen sind - inklusive einem Tiger, der sich vor Angst ins Fell macht. Ein abrupter Schnitt führt uns in die zivilisierte Welt, mal wieder unterlegt mit dem penetranten Gehupe des Straßenverkehrs, das nach den vorhergehenden Naturaufnahmen die Andersartigkeit des Stadtlebens verdeutlichen soll. Neue Ideen wären mal willkommen.
Kurz darauf lernen wir langsam die Crew kennen, die im folgenden als Schlachtplatte für das Dschungelgetier dient. Hier wird klar, dass Stars auch vollkommen unnötig sind, denn unbekannte Gesichter geben ein ebenso buntes Potpourri. Man war sichtlich bemüht, keine zwei identischen Charaktere auf Blumenjagd gehen zu lassen.
Apropos Blumen. Das Hauptmotiv für die Urwaldreise ist ein derart offensichtlicher McGuffin, dass es sich nur um ein B-Movie handeln kann. Optik und Location wirken zwar durchweg professionell, aber spätestens, als von einer lebensverlängernden Orchidee die Rede ist, sollte man aufhorchen. Ich begrüße diese unsinnig aufgezogene Handlung sogar, denn so kann niemals der missverständliche Eindruck entstehen, dass es sich um einen ernsthaften Horrorfilm handelt. Wobei man von einem Horrorfilm sowieso nicht reden kann, da Schockeffekte vollkommen auf der Strecke bleiben. Es ist eher eine Art Abenteuerfilm mit Monster-Beteiligung.
In der ersten Hälfte wird noch ganz frech der Handlungsverlauf von “Anaconda” kopiert. Nach dem Prolog sucht man sich einen erfahrenen Bootsmann (gut, auf Jäger Jon Voigt traf man erst auf dem Amazonas) und schifft durch den Fluss (vielleicht auch in den Fluss, aber das geschieht dann im Off). Als zusätzliches Nerven-Zuckerli begleitet ein kleines Äffchen die Crew. Och, wie süß. Wenn Herr Nilsson sich im Wald verirrt und auf die Schlange trifft, ist das für den Zuschauer natürlich noch viel schlimmer, als wenn ein böses Menschlein verputzt wird. Gerade, wenn man das Original gesehen hat und weiß, wie lecker kleine Äffchen für Anacondas sind. Das ist natürlich auch ein abgegriffenes Mittel des Horrorfilms, welches nur normalerweise in urbanen Horrorgeschichten mit Hunden und Katzen ausgeführt wird. Hier geht’s dann halt was exotischer zu, aber es kann nicht verleugnet werden, dass sich “Anacondas” jeglicher Mittel bedient, die das Genre üblicherweise so hergibt.
Ebenso geben sich die Dialoge innerhalb der Gruppe. Die eine Hälfte heult, weil sie nach Hause will, die andere sagt in ihrer unendlichen Coolness kein Wort, und einer geht mal wieder über Leichen und hat nur Dollarzeichen in den Augen. Die ganze Chose ist ein Schmierentheater erster Güte und wird unterlegt mit den nervigsten Klischeeverhalten, die man sich vorstellen kann. Der anfangs angesprochene Quotenschwarze ist nur die Spitze eines Eisberges.
All das ist aber noch zu vertragen, wenn denn nur Action und Atmosphäre stimmen. Letztere stimmt dann tatsächlich auch halbwegs. Spannung, die die Luft zerteilt, sucht man zwar vergebens, aber die Location ist sehr schön anzusehen und übertrifft stellenweise sogar den Vorgänger. Es werden zwar nur selten weitflächigere Landschaftsaufnahmen gezeigt, aber es gibt wieder saftiges Grün mit viel Kleingetier, das für Vielfalt sorgt. Nur etwas mehr Regen hätte es gerne sein dürfen.
Aber ausgerechnet mit Action hapert es. Ausgerechnet mit dem, was uns der Titel unterschwellig suggeriert. Mit dem Hinweis auf mehrere Schlangen in der Paarungszeit erwartet man auch, von einem Anaconda-Overkill erschlagen zu werden. Statt dessen zeigen sich die eigentlichen Attraktionen des Films etwa so oft, wie sich ein wildes Tier in Gefangenschaft den Zoobesuchern zeigt. Die Angriffe der Schlangen sind darüber hinaus, wie es der Zahn der Zeit erfordert, viel zu schnell geschnitten; wahrscheinlich auch in dem Wissen, nicht gerade die beste Animationsarbeit geleistet zu haben. “Anaconda” traute sich dagegen durchaus, das computeranimierte Vieh mal längere Zeit auf einmal zu zeigen. Ein Verbergen der schlechten Animationsarbeit ist da meiner Meinung nach überhaupt nicht notwendig, denn solange man sich des B-Charakters des Films bewusst ist und die gezeigten Bilder dynamisch aussehen, macht das überhaupt nix. Anaconda Nr. 1 konnte sich zeitweise wundervoll präsentieren. Die Unterwasserschlange mit dem Bauch in Menschenform war ein Bild für die Götter, der Angriff auf den Kahn bei Nacht wirkte wie der furiose Angriff eines einarmigen Octalus, und die Attacke in der verlassenen Holzhütte sah trotz fehlenden Realismus sehr spektakulär aus; ich bin fast geneigt zu sagen, wie die Light-Version der finalen Raptoren-Attacke auf den T-Rex in “Jurassic Park”. Solche denkwürdigen Szenen fehlen in der Fortsetzung leider vollends. Es gibt ein paar Verfolgungsjagden, die in ihrem Schnitte- und Verwischungswahn den Autoverfolgungsjagden der Bourne-Filme Konkurrenz machen. Ekliges wie das Verschlingen eines Menschen bei lebendigem Leibe wird ebenfalls vermieden. Nur das Bild einer toten Schlange mit aufgeschlitztem Bauch, aus dem die Beine des im Prolog verspeisten Opfers herausragen, kann einen ähnlichen Ekel erzeugen. Ansonsten gefällt aus Action-Sicht noch die Szene mit dem Wasserfall, aber das war’s auch schon. Die Orchideen, das eigentliche Ziel, kommen gar nicht mehr zum Vorschein; dabei hätte ein riesiges Orchideenfeld den perfekten Untergrund gegeben für eine finale Schlacht.
So ist “Anacondas” ein optisch tadelloses, inhaltlich aber vollkommen misslungenes Sequel, das an den eigenen Grenzen des Machbaren scheitert. Die teilweise schon unverfrorenen Klischees mag man noch verzeihen, aber nur mit deutlich angehobener Action hätte man das Interesse des Zuschauers gewinnen können. Fakt ist aber, dass “Anaconda” die erinnerungswürdigeren Schlüsselbilder zu bieten hatte, an denen es hier trotz höherer Schlangenzahl mangelt. Zumindest vom Aufwand her gegenüber “Mimic 2" und vor allem “3" die bessere Wahl; trotzdem setzt man lieber aufs Original oder auf Renny Harlins Haischocker “Deep Blue Sea”.