
Originaltitel: The Texas Chainsaw Massacre
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2003
Regie: Marcus Nispel
Darsteller: Jessia Biel, Jonathan Tucker, Eric Balfour, Erica Leerhsen, Mike Vogel, R. Lee Ermey, David Dorfman, Lauren German
Nach Jahren des durch Wes Cravens Genrehit „Scream“ begründeten Teenies-Slasher-Booms und einer danach folgenden Welle im Fahrwasser von M. Night Shyamalans Mysteryerfolg „The Sixth Sense“ entstandener Suspense-Thriller orientierte sich das Horrorgenre mit Fortschreiten der ersten Dekade des neuen Jahrtausends um und wurde neben einem durch „The Ring“ induzierten Asia-Grusel-Remakewahn vor allem von einer Strömung dominiert: Der Renaissance des Terrorfilms der 70er-Jahre und splattrigem Survival-Horror im allgemeinen. Sanfte Mystery war nicht mehr gefragt und bis heute hat sich keine Trendwende abgezeichnet, im Gegenteil werden die Lichtspielhäuser von immer weiteren „Saw“- und „Hostel“-Sequels samt einfallslosen Klonen überschwemmt, was bei der FSK für wenig Freude sorgt, den Genrefans aber noch immer gelegen zu kommen scheint. Nicht nur Folterfilme à la „Saw“ versuchen allerdings auf der Splatter-Welle mitzuschwimmen, schon davor wurden allerlei Klassiker der 70er-Jahre quer durch alle Subgenres neu aufgelegt: Noch bevor Zack Snyder George A. Romeros Zombiekult „Dawn of the Dead“ oder Alexandre Aja Wes Cravens Frühwerk „The Hills Have Eyes“ adaptierte, wagte sich 2003 der Deutsche Marcus Nispel, der einige Jahre später für die unterhaltsame Wikinger-Metzelei „Pathfinder“ engagiert werden sollte, an ein Remake von Tobe Hoopers Terrorkult „Blutgericht in Texas“ aka „The Texas Chainsaw Massacre“, dessen uncut-Fassungen in Deutschland allesamt ungeprüft auf dem Index stehen. Für Hooper („Poltergeist“, „Lifeforce“) bedeutete der Film damals den Durchbruch und Kettensägen-Schlächter Leatherface durfte sich bis 1994 durch drei Sequels metzeln.
10 Jahre später machte sich Actionkrawall-Papst Michael Bay („Bad Boys“, „The Rock“) als Produzent an eine Reanimation des Stoffs und ließ Nispel den Klassiker neu auflegen. Das Ergebnis ist durchschnittliche Horrorkost, die weder mit plumpem Splatter noch der nur teils gelungenen Atmosphäre auch nur die Nähe des oberen Durchschnitts erreicht.
Wir schreiben das Jahr 1974: Eine Gruppe Jugendlicher (u.a. Jessica Biel) braust auf dem Weg zu einem Lynyrd-Skynyrd-Konzert durch die amerikanische Wüste, als sie über eine vollkommen verstörte Frau am Straßenrand stolpern. Die Idee, sie mitzunehmen und in den nächsten Ort zu bringen, gerät dem Quintett schnell zum Verhängnis: Ohne Vorwarnung jagt sich die Frau auf der Rückbank eine Kugel in den Kopf. Die jungen Leute einigen sich, an der nächsten Tankstelle den örtlichen Sheriff zu verständigen und werden angewiesen, sich mit diesem in der Nähe einer alten Windmühle zu treffen. Anstatt zu enden fängt der Alptraum hier aber erst richtig an: Die Jugendlichen fallen einer degenerierten Hillbillie-Familie in die Hände, deren Sohn gerne mit der Kettensäge zugange ist und eine Maske trägt, die sich aus Gesichtsfetzen Dahingemetztelter zusammensetzt. Die Präsenz des Sheriffs ist da nur im ersten Moment eine tröstliche Aussicht…
„Michael Bay’s Texas Chainsaw Massacre“ steigt wahrlich gelungen ein, indem durch in bewusst auf alt getrimmtem schwarz-weiß gehaltene fiktive Realaufnahmen einer Tatortbegehung im Haus von Leatherface’s Familie zusammen mit der historischen Charakter simulierenden Zeit der Handlung, 1974, eine kribbelige Atmosphäre generieren und das eigentliche Geschehen mit einer Fahrt über einen leergefegten Highway zu Lynyrd Skynyrds Überhymne „Sweet Home Alabama“ eingeleitet wird. Der Selbstmord der verstörten Frau sorgt kurz darauf für den ersten derben Splattereffekt, der gleichzeitig einer chic konzipierten, sich durch den durchschossenen Hinterkopf und das in die Heckscheibe gerissene Loch aus dem Wagen entfernenden Kamerafahrt dient.
Kaum sind unsere Protagonisten allerdings im Wirkungsbereich der Psychopathen-Family angelangt, flacht das Geschehen zum so konventionellen wie nur durchschnittlich unterhaltsamen Run-and-Slay-Spektakel ab, das sich von einem abartigen Goreexzess zum nächsten per Kettensäge um diverse Extremitäten erleichterten Teenager hangelt und die Kämpfe gegen Leatherface als zwar kurzweilige, aber nicht wirklich überragende Überbrückungen dazwischenschaltet. Einige stylishe Sequenzen, in denen der Kultkiller seine Opfer durch vernebelte Outdoor-Locations hetzt und mit ratternder Säge durch Marcus Nispels kühle Düsteroptik (die er erst in „Pathfinder“ perfektionieren sollte) rennt, evozieren hin und wieder jedoch tatsächlich eine gelungene Atmosphäre, die aber nicht über die gesamte Laufzeit anhalten will.
Wenn die Handlung mal nicht weiter weiß, wird einfach Star Jessica Biel – zumeist optisch vorteilhaft in Schlammpfützen oder Regenschauer gebadet – vorteilhaft ins Bild gerückt und ist damit (fürs männliche Publikum) allein Grund genug, beim „TCM“-Remake mal einen Blick zu riskieren. Recht viel mehr Highlights gibt es aber schon nicht mehr zu verzeichnen, mit einer Ausnahme: R. Lee Ermeys Darstellung des sadistischen Sheriffs Hoyt, der erst denkbar makaber mit der im Van verstauten Leiche umgeht, dann die verschreckten Teens zu quälen beginnt und sich schlussendlich selbst als Mitglied der Psychopathenfamilie herausstellt, strahlt eine wahrlich brillante Aura aus.
Fazit: Sägen, rennen, sterben – die simple Erfolgsformel dient auch in Michael Bays Remake von Tobe Hoopers Terrorklassiker „Blutgericht in Texas“ (den ich nicht kenne, um das mal zu ergänzen


Der Film ist in Deutschland mit einem "KJ"-Siegel uncut auf DVD erhältlich.