Crimson Peak

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McClane
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Crimson Peak

Beitrag von McClane » 14.10.2015, 15:36

Crimson Peak

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Originaltitel: Crimson Peak
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2015
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Mia Wasikowska, Charlie Hunnam, Jessica Chastain, Tom Hiddleston, Doug Jones, Burn Gorman, Jim Beaver, Leslie Hope, Javier Botet, Kimberly-Sue Murray, Bruce Gray u.a.

Eine Gothic Romance von Guillermo del Toro: Die Amerikanerin Edith Cushing heiratet den Adligen Thomas Sharpe und zieht mit ihm in sein Schloss auf dem blutroten Berggipfel. Doch etwas ist faul in diesem prächtig ausgestatteten Gruselfilm, in dem Stil nicht über die Substanz geht, sondern vielmehr Substanz ist.

:liquid7:,5

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LivingDead
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Beitrag von LivingDead » 25.03.2016, 12:37

War doch recht enttäuscht von dem Streifen, auch wenn er auf jeden Fall toll anzusehen ist:

Wenn Guillermo del Toro drauf steht, dann ist meist auch eine optisch opulente Inszenierung mit inbegriffen. Und so ist "Crimson Peak" vor allem eins: Ein optischer Leckerbissen, an dem man sich kaum satt sehen kann. Dabei macht er auch gar keinen Hehl daraus und zelebriert schon im Prolog ganz ungeniert den ersten Geist in seiner Gänze. Auf Suspense oder echten Grusel wollte del Toro offenbar gar nicht hinaus, sodass sich "Crimson Peak" eher als Kostüm- und Setdesign-Spektakel entpuppt. Die Geschichte spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, die so vorhersehbar wie auch schon zigfach in anderen Filmen ausgebreitet, daherkommt. Denn letztlich ist der Film viel zu vorhersehbar, als dass die vermeintlichen Wendungen noch jemanden überraschen könnten. An dieser Stelle verstehen es vor allem die Darsteller, dem etwas seelenlosen Drehbuch Leben einzuhauchen. Mia Wasikowska ("Jane Eyre") und Tom Hiddleston ("Thor") bieten tolle Leistungen, wohingegen Jessica Chastain ("Interstellar") ebenfalls eine gute, aber doch eher einseitige Darbietung abliefert.
Insgesamt also bietet "Crimson Peak" del Toro-typische Opulenz mit inhaltlicher Leere, und ähnelt somit eher einem "Pacific Rim" denn einem "Pan's Labyrinth".
:liquid6:
Mit freundlichem Gruß
LivingDead

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Vince
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Beitrag von Vince » 17.04.2016, 08:17

Wäre der Zuschauer es gewohnt, von Filmhandlung wenig Notiz zu nehmen und sich ganz auf die „Bildmalerei“ zu konzentrieren, bestünde Filmkunst also darin, ein konstantes Filmset zum Kunstwerk auszuformulieren - Guillermo del Toro hätte mit „Crimson Peak“ eine neue Referenz geschaffen. Was in den ersten Sequenzen trotz der hübschen Ausstattung noch an Jan de Bonts Fehlschlag „Das Geisterschloss“ denken lässt, entwickelt sich alsbald zu einem einzigartigen Idiom der Bildsprache. Die Offenheit des verschwenderisch aufgeteilten Schlosses, das Schnee und Laub Einlass in die pompöse Eingangshalle gewährt, Ton und Schlamm blutende Wände sowie wilde Schmetterlinge wühlen die Kompositionen mit befreiender Wirkung auf. Sie legen nahe, dass sich inmitten der rostroten bis dottergelben Farbgestaltung jede vorstellbare Form bilden kann. Vom Naturalismus sind wir weit entfernt; selbst die Geisterbegegnungen nimmt man nicht mit der meist wirkungsvollen Mischung aus Situationsgebundenheit („das passiert gerade tatsächlich“) und Surrealismus („das kann nicht sein“) wahr, sondern wie durch den Schleier eines Traums.

Grusel erzeugt del Toro mit seinen computergenerierten Schreckgestalten daher nicht, obwohl er einige Sequenzen genau darauf anlegt; Schauspielkino liefert er ebenfalls nicht, sondern eine wenig einfallsreiche Konstellation typischer 50er-Jahre-Leidenschaftstragödien mit einem Hauch von Grusel als Gefühlskatalysator. Der schon in „Pacific Rim“ blasse Charlie Hunnam wird endgültig transparent, Hiddleston und Wasikowska spielen ihre Typen herunter (er den moralisch zwiegespaltenen Gentleman, sie der Indie-Geist mit verschmähten Wurzeln in der Bourgeoisie) und Chastain wandelt sich immerhin einmal mehr zu einem völlig neuen Charakter, was allerdings auch nicht ganz vor der Hunnam’schen Unsichtbarkeit schützt.

Das Verwehren gegen eine eindeutige Gattungszuordnung ermöglicht allerdings gerade die Freiheiten bei der Nutzung des Schauplatzes. Kein Film um ein viktorianisches Schloss verströmt eine vergleichbare Aura wie dieses; die Kamera kombiniert Baufälligkeit mit architektonischer Pracht und erschafft so eine Akzeptanz für das Unvollkommene, sie bevorzugt Großzügiges gegenüber dem Ökonomischen. Und überhaupt stellt sie Mauerwerk vor den Menschen, der daneben agiert. Dem Schauplatz wird spürbar eine größere Bedeutung zugemessen als jenen, die ihn zeitweise bevölkern.

Hat man dies akzeptiert, darf man „Crimson Peak“ mit all seiner visuellen Pracht genießen. Dass diese Pracht längst nicht mehr für das Inhaltliche gilt, ist die weniger anziehende Seite, die zur Erkenntnis führt, dass del Toro mit den Jahren ebensoviel Substanz verloren wie Auge für das Handwerk gewonnen hat.
:liquid6:

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Beitrag von freeman » 01.01.2018, 13:16

Zugegeben, die Optik, die Ausstattung, die Kostüme, die Ideen um die Tonförderung und damit verbundene Begleiterscheinung: Alles ganz großes Augenfutter. An dem man sich auch niemals wirklich satt sieht, zumal del Toro und sein Kameramann gefühlt immer neue Sets aus dem Hut zaubern.

Aber was sich in all der Pracht abspielt, erfüllte für mich kaum mehr als den Tatbestand von Schmierentheater. Nichts gegen naive Charaktere. Manche Filme brauchen die. Auch um Entwicklungen usw. aufzuzeigen. Wenn aber die Heldin in "Crimson Peak" 75!!! Minuten braucht, um festzustellen, dass ihr Kopf nicht nur zum Haareschneiden da ist (was bei der öden Frise echt angebracht wäre!), fühlt man sich aufgrund offensichtlichst platzierter Denkanstöße doch ein wenig verarscht. Die Dynamik zwischen den Figuren von Chastain und Hiddleston hat für mich ebenfalls kein Stück funktioniert und Hunnam ist imo vor allem deshalb so blass, weil del Toro ihn schlichtweg viel zu krass aus dem Film heraushält. Ich fand Hunnams Einlagen, dem Vorbild des von ihm verehrten Conan Doyle nachzueifern, noch das Spannendste am Film. Zumal del Toro seine paranormalen Erscheinungen erneut nur als Katalysator für eine 0815 Story nutzt und die immer gleichen "Schockeffekte" nicht einmal zündeten.

Kurzum: Not my Cup of Tea <-- in Anbetracht eines Details im Film setze ich hier mal ein Hihihihi
:liquid4:

In diesem Sinne:
freeman

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MarS
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Re: Crimson Peak

Beitrag von MarS » 02.08.2021, 10:08

Bei Crimson Peak ist die Handschrift von Guillermo del Toro klar erkennbar. Im Kern ein klassisches Drama, lyrisch erzählt, angereichert mit Horror-Elementen, eingekleidet in optischer Bilderpracht die immer mal wieder von stumpfer Gewalt hinterlegt wird. Im Ergebnis geht es mir wie so oft mit Guillermo del Toro, irgendwie wird es nie erreicht, dass das Ganze einen Gesamtkontext ergibt.

Insbesondere die Einbettung des Horror-Anteils funktioniert für mich gar nicht. Der Film fängt mit einer Horror-Szene an, baut diesen danach aber nur selten ein und lässt ihn am Ende ganz fallen. Hinsichtlich der Bedeutung der Geister ergibt das auch einen Sinn, aber dass Setting gaukelt einem insbesondere ab der 2. Hälfte aber permanent vor, dass der Horror weitaus präsenter sein sollte. Die Allerdale Hall ist das pure Sinnbild eines Spukhauses. Das ist es schon ziemlich blöd, wenn der Horror immer mehr verschwindet und praktisch bedeutungslos ist. Im Finale ist der Horror nicht mehr existent, geopfert für ein lyrisches Ende.

Es ist ja durchaus interessant, wenn man mit der Erwartungshaltung des Zuschauers spielt, aber für mich fühlte sich das Gesehene einfach nicht homogen an. Fasziniert war ich aber dennoch ein Stück weit. Das langsame Erzähltempo fand ich sehr angenehm, vor allem weil es sich wunderbar mit der Bildgewalt ergänzte.

Crimson Peak ist somit wieder mal ein Film von Guillermo del Toro, welcher zwar gut anzusehen ist, aber einfach nicht so richtig satt machen will. :liquid6:,5

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