Mit den Mitteln des Actionfilms drückt Renny Harlin explosionsartig Horror-Elemente in seinen frühen Gefängnisschocker und empfiehlt sich damit eigentlich für ganz andere Aufgaben, die er später in seiner Karriere auch bevorzugt wahrnehmen würde. Nicht, dass die ungewöhnliche Nutzung der stimmungsvollen Gefängniskulissen nicht ihren Reiz hätte. Hinter marodem Mauerwerk und feuchten Kellern würde man gerade in Anwesenheit eines rachsüchtigen Geistes mehr Grusel erwarten; der zum Teil aus Egoperspektive gezeigte letzte Gang eines zum Tode Verurteilten scheint diese Richtung auch einzuschlagen, wenn von unten bestrahlte Gesichter ihn durch U-Boot-artige Schaufenster hindurch anstarren, doch am Ende füllt Harlin die bis zuletzt sehr stimmungsvollen Kulissen (immer wieder veredelt durch ungewöhnliche Kameraperspektiven auf den Gefangenenhof oder die Gefängnisflure) mit Insassen-Stereotypen, wie um dem Geist beim Filetieren die reizvolle Wahl zwischen Dummheit, Geschwätzigkeit und Sadismus zu bieten. Einen "Con Air" hat das acht Jahre später aber auch nicht vom Erfolg abgehalten.
Das Gegeneinander von Horror-Flair und Figuren-Stumpfsinn führt zu sehr plötzlichen Attacken, bei denen sich die Regie mitunter durch harte Schnitte zwischen kreischenden Schauspielern und in Flammen stehenden, durchbohrten oder mit Stacheldraht umwickelten Puppen selbst überrumpelt. Derartige Unvollkommenheiten allerdings wirken heute durchaus charmant und stellen angesichts der einfältigen Figurenanlage auch keinen Stilbruch mehr dar. Vielmehr wünscht man sich nach einer gewissen Zeit sogar eine möglichst drastische Umsetzung der Attacken und genießt den speziellen Charme der Gitter und Zellen eher hintergründig, ebenso wie die für die 80er typische Manifestation des Geistes durch Blitze und grelle Lichtquellen.
Bei alldem spielt die restliche Außenwelt keinerlei Rolle; für den Film existiert nur das, was innerhalb der Mauern geschieht. Das ermöglicht selbst bei eingeschaltetem Verstand, der minutiös Logikfehler lokalisiert, ein unkompliziertes Abtauchen in den Mikrokosmos; auch weil selbst klassische Villain-Figuren wie der böse Gefängnisdirektor charakterstark eingefangen werden. Viggo Mortensen indes mag am Anfang seiner Karriere noch etwas hüftsteif agieren, weiß aber das Coole ebenso gut zu bedienen wie das Sympathische.
Damit nimmt "Prison" bereits die Besonderheiten vieler Nachfolgefilme Harlins im Positiven wie im Negativen vorweg und fungiert gerade für seine Szenarien auf begrenztem Raum ("Mindhunters", "Deep Blue Sea", in gewisser Hinsicht auch "Stirb Langsam 2") als Blaupause.
Blu-ray gibt's ja inzwischen (seit Februar 2016) von Koch Media als 3-Disc-Digibook. Zum Glück mit einem Cover, das eher den hier abgebildeten Varianten ähnelt.