Die Regeln des Horrorfilms sind nach den 90er Jahren zu seiner größten Achillesferse geworden. Sie wurden exzessiv wiederholt, produzierten Klischees, machten die Filme vorhersehbar und lenkten die Aufmerksamkeit nur noch auf die handwerklichen Qualitäten.
Auch „It Follows“ erfindet das Rad beileibe nicht mehr neu, setzt sich mit den Regeln aber ganz bewusst auseinander und zieht aus ihnen eine Substanz, die in dieser Weise interpretiert unverbraucht wirkt und aus dem Bekannten etwas Unbekanntes, sprich: Beunruhigendes formt.
Die fast völlige Abwesenheit von Erwachsenen lässt die Welt von „It Follows“ wie eine isolierte Early-Twen-Zwischenhölle wirken, die das meist unverstandene Zwischenleben der Protagonisten perfekt symbolisiert und in einer von Zwielicht getränkten, herbstlichen Alptraumwelt nach außen transportiert, deren Suburbia-Häuserreihen stark an John Carpenters „Helloween“ erinnern. So ist überhaupt die ganze Atmosphäre, die auf Anhieb zeitlos wirkt, an die späten 70er Jahre angelehnt; ein schwelender Synthie-Soundtrack bereitet den Übergang in die 80er und verbindet diese Generationen Jugendlicher auf fast spirituelle Weise mit denen der Jetztzeit.
Aus der Unumstößlichkeit einiger simpler Regeln erzeugt das Skript eine Stimmung nicht enden wollender Bedrohung, wobei Anleihen aus Slasher, Zombiefilm, J-Horror und Home Invasion genommen werden, ohne diese stupide zu kopieren. Gegenteilig werden mit diesen Bauteilen einige starke Angriffssequenzen konstruiert, mit denen David Robert Mitchell überdurchschnittlich viel Originalität beweist.
Der psychologische Subtext um die sexuelle Entfremdung junger Erwachsener sollte nicht überbewertet werden, doch schon audiovisuell ist „It Follows“ von einer Kreativität gesegnet, wie sie höchstens einmal im Jahr anzutreffen ist; wenn überhaupt.