Death Tunnel
Verfasst: 16.10.2008, 06:50
Originaltitel: Death Tunnel
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2005
Regie: Philip Adrian Booth
Darsteller: Steffany Huckaby, Annie Burgstede, Kristin Novak, Jason Lasater, Melanie Lewis, Yolanda Pecoraro, ...
Trailer:
http://german.imdb.com/title/tt0418627/trailers
Es ist kein Geheimnis, dass ich ein Faible für modern inszenierte Filme aller Genres besitze – bei mir also Produktionen, die in einer ansehnlichen optischen Verpackung daherkommen, allgemein schon von Anfang an einen gewissen Stein im Brett haben. Mit in diese Kategorie bzw Umschreibung schließe ich auf jeden Fall auch die so genannte „Videoclipästhetik“ ein – was möglicherweise (u.a.) darauf zurückzuführen ist, dass ich mit „MTV“ aufgewachsen bin und mir seit jeher selbst schnellste Schnittfolgen kaum Probleme bereiten (z.B. hinsichtlich der Orientierung oder des Überblicks im Kontext). Vermutlich ist es aber wohl einfach nur so, dass ich eine stilvolle, originelle und/oder inspiriert eingesetzte Bildersprache grundsätzlich zu schätzen weiß. Das mit Abstand vollkommenste Beispiel einer solchen (audiovisuellen) Harmonie stellt in meinen Augen übrigens Rupert Wainwright´s „Stigmata“ (1999) dar – nicht nur deshalb dürfte es leicht nachzuvollziehen sein, dass mich der Trailer des 2005er Horror-Flicks „Death Tunnel“ verhältnismäßig stark angesprochen hat, denn das Gezeigte deutete in jeder Sekunde auf einen fiesen kleinen B-Film in cooler Optik hin, weshalb ich dem Erscheinungstag der DVD entsprechend erwartungsvoll entgegenfieberte. Denkwürdig nur, dass beinahe jede Kritik von einer totalen Katastrophe in nahezu allen Belangen sprach. Egal – es wäre ja nicht das erste Mal, dass sich meine persönliche Meinung von jener der breiteren Masse abheben bzw unterscheiden würde…
Beginnen möchte ich mit der Betrachtung des wohl größten, eigentlich unschlagbaren Trumpfs der Produktion – der Location: Gedreht wurde nämlich im Waverly Hills Sanatorium (Louisville, Kentucky), welches offiziell als einer der gruseligsten Orte der Welt gilt, u.a. weil es dort (angeblich) immer wieder zum Auftreten paranormaler Phänomene kommen soll, was selbst seriöse Untersuchen zu bekräftigen scheinen. Errichtet am Anfang des 20. Jahrhunderts, diente das Gebäude als „Sammelstätte“ für Tuberkulose-Kranke. Insgesamt starben rund 63.000 (!) Menschen dort an TBC (ebenfalls bekannt als „the White Plague“), was eindeutig nachgewiesen und bestätigt wurde – zu „Spitzenzeiten“ (so um 1928) verschied im Schnitt einer pro Stunde, während die Ärzte zugleich gar mit neuartigen (potentiellen) Heilverfahren an den Patienten experimentierten (z.B. künstliche Lungen-Erweiterungen). Um die vielen Leichen unauffällig wegzuschaffen, so dass die anderen Erkrankten nichts von der hohen Sterberate mitbekamen (um ihnen nicht die Hoffnung zu rauben), nutzte man den so genannten „Death Tunnel“ (hierzulande als „Körperrutsche“ bekannt) – eigentlich ein 500 Fuß langer Versorgungsgang, welcher von dem auf einem Hügel gelegenen Hospital hinunter zu einer Bahnlinie führte. Auf Bahren ließ man die Toten einfach hinunterrollen, wo sie dann „lagerten“, bis man sie letzten Endes per Leichenwagen oder Zug abtransportierte (Belüftung war gewährleistet, da der Stollen zugleich als Luftschutzbunker konstruiert worden war). In den 80er Jahren wurde die Institution schließlich geschlossen – seither stehen die Gebäude leer. Jüngst hat man nun damit begonnen, einige ausgewählte Bereiche zu renovieren und vor dem völligen Verfall zu retten, da viele von der Geschichte sowie den urbanen Legenden angelockte Menschen (Touristen, Forscher etc) jenen Ort immer wieder fasziniert aufsuchen. In dieser fantastischen Kulisse nun einen Horrorstreifen drehen – hört sich eigentlich nach einem absoluten Selbstläufer an, oder…?
„5 Floors, 5 Girls, 5 Hours – 5 Ghosts.“ So lautet die offizielle Tagline des Films, welche den Inhalt eigentlich optimal wiedergibt, denn viel mehr ist nur schwerlich zusammenzutragen. Hier trotzdem mal ein Versuch: Auf einer „Truth or Scare“-Uni-Party werden fünf Mädels betäubt und entführt – die drei pseudo-beliebten „Rich Bitches“ Elizabeth (Yolando Pecoraro), Devon (Melanie Lewis) und Ashley (Kristin Novak) sowie die zwei leichten Außenseiterinnen Tori (Annie Burgstede) und Heather (Steffany Huckaby, ihres Zeichens übrigens unsere Hauptprotagonistin). Als sie nach ihrer Bewusstlosigkeit wieder zu sich kommen, stecken ihre Köpfe in verschnürten Säcken (leichte Ähnlichkeiten mit einer Gasmaske sind durchaus vorhanden), sie tragen nur noch Unter- bzw Schlafwäsche, auf welche man jeweils die Anfangsbuchstaben ihrer Namen geschrieben hat (kleines Spielchen am Rande: Welches Wort lässt sich daraus wohl bilden?), und befinden sich je auf einer verlassenen Etage des berühmt-berüchtigten „Vanguard Sanatoriums“. Nachdem es ihnen gelingt, sich von den Kapuzen zu befreien, beginnen sie das gruselige, baufällige Gebäude zu erkunden, wobei ihnen eine verzerrte Stimme per Sprechanlage mitteilt, dass sie volle fünf Stunden durchhalten müssen, um den Test zu bestehen. Es ist nämlich so, dass ihre beiden Kommilitonen Richie (Jason Lasater) und Cameron (Jesse Bernstein) die ganze Sache inszeniert haben (Kameras plus Lautsprecher inklusive) sowie sich jetzt einen Spaß daraus machen, ihre „Opfer“ zu erschrecken und sich an deren Furchtreaktionen zu ergötzen. Leider haben sie aber nicht mit den echten Dämonen der geschichtsträchtigen Gemäuer gerechnet, welche aus dem Spiel schnell blutigen Ernst werden lassen: Einer nach dem anderen findet ein grausames Ende – und schon bald müssen sich die Verbliebenen tatsächlich die Frage stellen, ob sie nicht wohlmöglich den Verstand verlieren, denn hauptsächlich sehen sie sich mit makaberen Erscheinungen konfrontiert, die psychisch nur schwer zu verkraften sind. Als sie später gar herausfinden, dass sie nicht ohne Grund auserwählt wurden, erscheint es angesichts der erfahrenen Hintergründe eher unwahrscheinlich, dass sie zum Abschluss der Nacht noch unter den Lebenden verweilen werden…
Im Einklang mit den traditionellen Feedback-Regeln beginne ich mal mit den positiven Aspekten: „Death Tunnel“ sieht hervorragend aus – vor allem für ein Werk, das nur rund eine Million Dollar gekostet haben soll! Von der ersten Sekunde an wird der Betrachter mit Bildkompositionen konfrontiert, welche die gängige optische Gestaltung von „Dark Castle“-Produktionen bieder und subtil wirken lässt: Einblendungen von künstlerisch gestalteten Texttafeln, ungewöhnliche Kameraperspektiven, Staccato-Schnittfolgen, Farbfilter, Bildmontagen, digitale Verfremdungen sowie Zeitlupen- und Zeitraffer-Sequenzen kommen genauso regelmäßig zum Einsatz wie Jump-Cuts, für Bruchteile einer Sekunde auftauchende Images, bewusste Unschärfen und Verzerrungen, Bildüberlagerungen, unterschiedliche Kameraauflösungen oder interessant arrangierte Rückblenden. Zusätzlich werden echte Archivaufnahmen und Fotos der Institution in den Verlauf eingebunden, wie auch „fiktives“ Material, welches man „auf alt getrimmt“ und passend integriert hat. Es wirkt, als sei nahezu jede einzelne Einstellung (teils sehr intensiv) nachbearbeitet worden – besonders gefallen hat mir der Effekt des „beschädigten Filmmaterials“. Zusätzlich wird das gewünschte Ambiente dank der angepassten Ausleuchtung sowie diversen wirkungsvollen Musikeinspielungen erschaffen: Klänge aus vergangenen Epochen wechseln sich mit aktuellen Hard-Rock- und Nu-Metal-Stücken ab und werden von vielen „creepy Geräuschen“ (Schritte, Schreie, tropfendes Wasser, Geflüster etc) dienlich unterstützt – alles in allem auf eine moderne (an „Saw“ angelehnte) Art und Weise. Die Gestaltung der Geister (primär der Leichen-Abholer in seiner grotesken Seuchenschutzkleidung) sowie die natürliche Umgebung der Location (die gesamte sanierungsbedürftige Architektur, inklusive alter Arzt- und Behandlungsräume etc) kommen da ebenfalls mit hinzu. Wie gesagt: Das Styling ist düster, schön anzusehen und ansatzweise verstörend – ich will mir gar nicht ausmalen, wieviel Arbeit in die Post-Production-Phase investiert wurde...
Nun allerdings das große „ABER“ an der Sache: Regie-Newcomer Philip Adrian Booth, welcher sich gleichwohl am Skript und an der Editing-Arbeit beteiligte, setzte die genannten Techniken derart extrem ein, dass der Zuschauer im Verlauf irgendwann eine regelrechte Überdosis erleidet (Epileptiker dürften kaum die ersten zwei Minuten überstehen). Da man einer konstanten Kombination aus morbiden Bildern, Terror-Musik, Kameraspielchen und wüsten Schnittfolgen ausgesetzt ist, stumpft man geradezu ab – zwangsweise entsteht eine gewisse Distanz zum Geschehen, die gute alte Habitualisierungs-These kommt einem unweigerlich in den Sinn. Diese Kluft verläuft zugleich zwischen dem Inhalt und seiner Verpackung, denn potentielles Interesse für die Charaktere verpufft bereits nach dem ersten Akt unwiederbringlich. Die unlineare Erzählweise der Anfangshälfte, in der ständig mit hohem Tempo sowie ohne jeglichen Rhythmus zwischen verschiedenen Personen, Orten und Zeiten gewechselt wird, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls kontraproduktiv, da keinerlei Verbindung zu den Figuren aufgebaut werden kann – man ist viel zu sehr damit beschäftigt, das (vermeintliche) Puzzle zusammenzusetzen und/oder mit der Bildersprache klarkommen zu wollen (das hat mich persönlich zwar nicht sonderlich gestört, doch das Problem war deutlich zu erkennen). Am schlimmsten ist allerdings, dass Booth´s Holzhammer-Herangehensweise jegliche Spannung und (vor allem) Atmosphäre vernichtet: Wenn man schon die Gelegenheit erhält, an einem der unheimlichsten Plätze auf unserer Erde zu drehen, ist es umso erschreckender, wenn das Endprodukt vollkommen unberührend und langweilig daherkommt. Verdammt: Jene Gemäuer besitzen doch eigentlich quasi eine eingebaute Gruselstimmung! Wenn man in einem billigen alten Industriegebiet dreht, kann man ja getrost jede Einstellung digital verfremden, um so von der eigentlichen Umgebung abzulenken – aber doch nicht in diesem Sanatorium! Wozu solch „flashy“ Effekte, wenn es reicht, die Korridore oder Räumlichkeiten absolut „unverfälscht“ einzufangen? Auf diese Weise erhält alles hier einen künstlichen, unwirklichen Touch. Dabei hat es Brad Anderson im Prinzip doch perfekt vorgemacht – sein „Session 9“ stellt in allen Punkten das glatte Gegenteil von „Death Tunnel“ dar, was leider auch für die Qualität gilt. [Keiner Exkurs am Rande: „Session 9“ wurde 2001 in der verlassenen Danvers State Mental Institution gedreht – sowohl sie als auch dieses betreffende Gebäude wurden vom selben Architekten entworfen.] Letztendlich ist es allerdings die teils geradezu öde Spannungslosigkeit, welche das Zuschauen zu solch einem Ärgernis macht. Wenn man sich allgemein nicht wenigstens etwas an den Stilmitteln, dem gelegentlich aufblitzenden unfreiwilligen Humor oder den leicht bekleideten Damen erfreuen kann, hält man die (sich ohnehin lange hinziehenden) 97 Minuten kaum durch – und das trotz der passablen Schauwerte und gelegentlichen „Jump Scares“.
Die Darsteller sehen zwar allesamt ziemlich attraktiv aus (müssen sie auch, da sie fast durchgehend in Unterwäsche herumlaufen) – aber dieses Plus machen sie mit fehlendem Talent schnell wieder zunichte. Steffany Huckaby („Starkweather“) kommt als Lead noch vergleichsweise gut weg, die anderen scheitern dafür umso gravierender – besonders wenn bestimmte Emotionen gefragt sind. Manchmal kann man über ihre Performances noch lachen, oftmals nur den Kopf schütteln. Kirsten Novak („Cemetery Gates“) ging mir mit jeder Minute mehr auf die Nerven, was jedoch primär an ihrem „Mega-Bitch“-Part lag. Trotzdem liefert gerade sie zwei der einprägsamsten Augenblicke ab: Ein blutiger Angriff mit einer Glasscherbe sowie eine der wohl überflüssigsten Duschszenen der Geschichte – eingesperrt in einer verfluchten Anstalt, lässt sie es sich nämlich nicht nehmen, zwischendurch mal ausgiebig (vor einer an der Wand montierten Kamera) zu duschen! Hinzu kommt, dass sich der dreckige Gemeinschaftsraum zudem in einem fortgeschrittenen Verfallsstadium befindet. Immerhin ist das Wasser noch nicht abgeschaltet worden und sehr sauber (na ja, bis…). Gratuitous unessecary nudity at it´s best! Ferner tauchen gelegentlich zwei sexy halbnackte Geister auf, die (unabhängig ihres Zustands) noch immer als „sehr ansehnlich“ einzustufen sind. Trotz solcher Ansätze driftet der Streifen aber (leider!) nie in Trash-Gefilde ab, denn der generelle Ton ist durch die Bank weg vollkommen ernst, was die Erkenntnis festigt, dass es sich bloß um einen weiteren schwachen B-Film handelt, der Elemente von „13 Ghosts“, „House on Haunted Hill“ und dem in gewissen Kreisen als „kultig“ angesehenen „Hell Night“ halbherzig miteinander vereint sowie zu guter Letzt an dem fehlendem Geschick der für die Realisierung Verantwortlichen scheitert.
Warum nur hat man die gegebenen Ressourcen (die Location mitsamt der creepy Vorgeschichte) derart vernachlässigt und stattdessen einen fiktiven, veränderten Ansatz verfolgt? Ja, die Verschmelzung der wahren und erdachten Hintergründe funktioniert reibungslos, degradiert so aber alles im Endeffekt zu einer reinen 08/15-Geisterstory. Das Skript, von Regisseur Booth, seinem Zwillingsbruder Christopher Saint und Shane Dax Taylor verfasst, ist ein hoffnungsloses, einfältiges Chaos – bis hin zur schwachen bzw schwachsinnigen Auflösung, welche (u.a.) eine ganze Reihe Fragen unbeantwortet lässt. Nichts ist glaubwürdig: Die eingesperrten Teens sind Medizin-(!)-Studenten, weshalb man eigentlich denken würde, sie wären clever und einem gewissen Stresslevel gewachsen – zudem kommt im Übrigen nicht einmal wirklich heraus, was die Aktion (noch im Zustand eines Streiches) eigentlich überhaupt bezwecken sollte. Ferner ist anzuführen, dass den Autoren anscheinend weder die Begriffe Charakter-Zeichnung noch -Entwicklung gewahr oder geläufig waren. Angereichert mit miesen Dialogen, einigen unbedarften CGI-Shots sowie ziemlich viel Langeweile ist demnach ein Werk entstanden, das sehr schick anzusehen ist, darüber hinaus allerdings in nahezu allen Rubriken komplett versagt. Vielleicht entwickeln die „Booth-Brothers“ bei zukünftigen Projekten ja mehr Erfolg, Feingefühl oder zumindest eine brauchbare Handlung. Irgendwie würde ich es ihnen sogar wünschen, denn im Rahmen einer inspirierteren Verwendung könnten ihre technischen Fähig- und Fertigkeiten durchaus effektiv zur Geltung kommen…
Fazit: Zwar gelang es den Machern von „Death Tunnel“, mit einem geringen Budget einen wirklich interessant bebilderten Film umzusetzen, doch letztendlich führte ein gnadenloses Überstrapazieren genau jener modernen Bildersprache dazu, dass jegliches Aufkommen von Spannung oder Atmosphäre bereits im Keim erstickt wird…
enttäuschende sowie gerade mal knappe
In Deutschland hat "Sony Pictures Home Entertainment" den Film auf DVD veröffentlicht - uncut mit einer "FSK 16"er Freigabe.