Es ist nicht der psychologisch anspruchsvolle Horrorthriller geworden, den die Reaktionen der Kinogänger suggerierten, wenn man sie mit den Erfahrungen aus Pascal Laugiers bisherigen Arbeiten kombinierte. Schon durch das einführende Lovecraft-Zitat, mitsamt filmischer Einbettung durch ein Zitat der Hauptfigur ÜBER Lovecraft, werden leere Intensionen ausgelegt, die anschließend ziel- und motivationslos in unverbindlicher symbolischer Funktion weiter mitgeschleppt werden. Wie bedeutungslose Hülsen, voller Selbstzweck, als reines Blendwerk für die Galerie.
Mit der frühen Zuwendung zum zentralen Setpiece, den mit altem Tand verstopften Innereien eines abgelegenen Landhauses inmitten von endlosen Kornfeldern, wird dagegen die eigentliche Natur des Films früh offenbart. "Ghostland" ist trotz seines verkopften Anscheins in erster Linie Fast Food, dem die einst strahlenden Farben abgeschliffen wurden; wie ein mit verführerischen Schnörkeln verzierter Süßigkeitenwaggon in einem längst verlassenen Themenpark aus der Twilight Zone. Der Star des Films ist offenbar dieses bewohnbare Horrorkabinett, dessen Ausstattung alleine bis an die Anfänge des Horrorfilms zurückführt. Es lässt dem mit modernem Schnitt und Sounddesign ausgestatteten Film etwas auf bizarre Weise Altmodisches in die Glieder fahren. Auf schnelle, harte Schockeffekte ist Laugier aus, hat dabei jedoch längst ein größeres Publikum als zu Beginn seiner Karriere. In Sachen Physis allerdings fühlt man sich immer wieder an den existenzialistischen Terror aus "Martyrs" erinnert. Wie Gegenstände (Puppen) werden die Protagonistinnen in die Höhe gehalten, an ihren Hälsen gepackt oder gegen Wände geworfen; das Gesicht der unglückseligen Vera-Darstellerin Taylor Hickson dokumentiert das gnadenlose Vorgehen für den Rest ihres Lebens, ist sie doch durch einen Unfall am Set von einer großen Narbe gezeichnet. Durch das Verhalten der Invasoren, deren Motivation bewusst im Dunklen gelassen wird, verstärkt sich die physische Wirkung des Überlebenskampfes noch einmal.
Früh, nämlich zur Mitte hin, löst der Regisseur dann auch schon seinen zentralen Plottwist auf. Vordergründig tut er dies, um auf Basis neuer Erkenntnisse die Geschichte zu Ende zu erzählen. Allerdings hätte man einem solchen Twist die Tauglichkeit zur Schlusspointe wohl auch abgesprochen. Sofern man ihn (zu jenem Zeitpunkt in der Filmmitte) nicht hat kommen sehen, dann nur, weil ungewöhnliche erzählerische Mittel verwendet werden, um ihn zu verbergen; denn schwelende Verdachtsmomente keimen immer wieder auf. Doch auch der Überlebenskampf in der zweiten Hälfte bleibt seltsam leer; fast so, als würden die Charaktere vom Grund eines tiefen Schwimmbeckens an die Oberfläche tauchen, nur um dort festzustellen, dass sie direkt an den Grund des nächsten Beckens geschwommen sind. Dieser ungewöhnliche Effekt mag typisch für Laugier sein und verstärkt zweifellos die nihilistische Wirkung, doch anders als bei "Martyrs" fehlt etwas, das den Terror rechtfertigen würde, eine tief verborgene Essenz, die es zu bergen gilt.
Immerhin, als klassisches "Scary Movie" mit unheimlicher Kulisse und einem Drehbuch voller zermürbender Sackgassen findet "Ghostland" ersatzweise seinen Platz und erfüllt seinen Zweck dort sogar relativ gut. Enttäuschung macht sich breit, weil höher hängende Früchte in Aussicht gestellt, aber nicht geerntet werden. So bleibt "Hereditary" im Kampf um den besten Horrorfilm des Jahres ohne Konkurrenz. Im Kampf um einen fiktiven William-Castle-Gimmick-Award wäre "Ghostland" aber wahrscheinlich der große Abräumer. Das hat auch einen Wert, der immer gerne unterschätzt wird.
