Turistas
Verfasst: 15.06.2007, 00:16
Turistas
Originaltitel: Turistas
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: John Stockwell
Darsteller: Josh Duhamel, Melissa George, Olivia Wilde, Desmond Askew, Beau Garrett, Max Brown, Polly Brown, Raul Guterres, Andréa Leal u.a.
Eines vorweg: Ich bin kein Fan von Hostel! Ich wollte den Film eigentlich auch außen vor lassen, doch gerade bei Turistas funktioniert das NULL. Sollte dem geneigten Leser also mein Verriss zu Eli Roths Hostel schon nicht zugesagt haben, sollte er diesem Review hier lieber fern bleiben! Falls ihr euch dennoch zum Lesen durchringen solltet, kann ich euch schon jetzt sagen, dass ihr erneut Zeugen meines wahnhaften Hasses auf bestimmte Filme / Personen werdet. (Personen bezieht sich beispielsweise auf den Rush Hour Dilettanten ;-) ... gegen Eli hab ich nämlich nichts, finde seinen Cabin Fever sogar richtig cool!). Genug des Geplänkels ... Ihr seid gewarnt
Brasilien. Der Bus einer Reisegruppe mit Touristen aus aller Herren Länder slidet kunstvoll über eine alles andere als wegsame Straße. Spätestens als der Busfahrer beginnt, Motorradfahrer von der Straße zu drängen, wird der Reisegruppe mehr als mulmig und man verflucht die Idee, anstelle mit einem Flugzeug mit dem Bus unterwegs sein zu wollen. So könne man mehr von der Natur sehen ... hieß es. Diese verlockende Aussicht ist spätestens dann nichts mehr wert, als der Busfahrer drei plötzlich auftauchenden Fußgängern ausweichen muss und dabei nur knapp vor einem Abhang zum Stehen kommt. Eilig stürzen alle Insassen aus dem Bus, um kurz darauf fassungslos mit ansehen zu müssen, wie sich der Bus mit krachenden Geräuschen dem Punkt Normalnull annähert. Aus dem Wrack birgt man dann zumindest seine gesamten Habseligkeiten und hofft auf baldige Hilfe. Als davon die Rede ist, dass Selbige erst in knapp zehn Stunden vor Ort sein wird, brechen eine Handvoll Amerikaner und zwei Briten auf, um aus der Situation wenigstens noch das Beste zu machen. Und wirklich, sie finden das Paradies auf Erden. Eine wundervolle Lagune mit weißem Strand, blauem Wasser, willigen Frauen und äußerst zuvorkommenden Einwohnern in dem kleinen Dörfchen in der Nähe der Lagune.
Nach einer wild durchzechten Nacht erwachen unsere Touristen am nächsten Morgen und müssen feststellen, dass sie komplett ausgeraubt wurden! Plötzlich sind auch die Einwohner alles andere als nett. Es kommt sogar zu Übergriffen zwischen Einwohnern und Touristen! Die Situation beginnt sich mehr und mehr zuzuspitzen. Da taucht ein junger Kerl, namens Kiko, auf, den man den Abend zuvor kennen gelernt hatte, und der ihnen anbietet, sie in ein sicheres Haus unweit des Dörfchens zu verfrachten, wo sie auf Hilfe warten können. Die Gruppe ist über dieses Hilfsangebot sehr erfreut und folgt dem jungen Brasilianer ... und zwar direkt in den eigenen Untergang, denn Kiko führt die jungen Leute direkt zur Schlachtbank eines Arztes, der mit dem Organhandel sein täglich Brot verdient ...
So weit so Hostel ... junge Leute auf einem Urlaubstrip und beständig auf der Suche nach dem ultimativen Kick. Ein zufällig aufgetanes Paradies, nette Leute und plötzlich sich häufende, sehr seltsame Vorkommnisse und das Zusammentreffen mit vollkommen entmenschlichten Gestalten, gegen die man sich irgendwann zur Wehr setzen muss. Das ist in groben Zügen die Story von Hostel und auch von Turistas. Und diesen Vorwurf muss sich Turistas definitiv gefallen lassen, denn der Streifen ist nun mal handlungstechnisch fast 1:1 ein Wiedergänger des Eli Roth Backpackerunsinns. Doch Turistas weiß im Gegensatz zu Hostel dank einiger echter Pluspunkte absolut zu überzeugen.
Beginnen wir mit dem Setting. Ostblocklook, abgerissene Hinterhöfe und Ostblockhackfressen in Hostel gegen wundervolle Naturpanoramen, den Regenwald Brasiliens und exotisch schöne "Eingeborene". Wer wie ich dank diverser Steven Seagal Kracher die Nase mehr als nur voll von dem Ostblockchic hat, der dürfte wissen, zu wessen Gunsten diese Kommpetition ausfallen wird. Natürlich gewinnt Turistas. Denn was John Stockwell hier mit seinem Produktionsteam teils für herrlich unberührte Fleckchen Erde aufgetan hat, macht einfach nur Staunen und lässt im Zuschauer extremes Fernweh ausbrechen. Und diese tollen Locations werden von John Stockwell auch optisch absolut gelungen eingefangen.
Und somit sind wir bei dem Punkt Optik. Eli Roths Streifen war rau, roh, ungeschliffen, erstickte aber geradezu in oben erwähnten Ostblockmief und konnte auch innerhalb des Horrorgenres keinerlei Duftmarke hinterlassen. Dagegen nun John Stockwell. Er schafft es, über die Optik des Filmes die Befindlichkeiten seiner Protagonisten spürbar zu machen. Zunächst ist alles sonnendurchflutet. Der Urlaub rockt, das Leben ist schön, die Frauen wollen nur das Eine und der Alkohol strömt in Mengen (wer sich die Deleted Scenes zu Gemüte führt, wird im Übrigen feststellen, dass ALLE Szenen mit Drogenmissbrauch komplett gestrichen wurden!). Die Farben von Turistas sind hier knallig, satt, strahlend und Stockwell erschafft einige Postkartenmotive scheinbar unberührter Natur für die große Leinwand. Doch dann bricht das Chaos über die Helden herein. Alles scheint sich gegen sie verschworen zu haben. Stockwell entzieht dem Film nun massiv seine Farbigkeit. Wird fast sogar ein wenig grobkörnig, was das Filmmaterial angeht. Es setzt vor allem Shoots bei strömenden Regen und der Zuschauer weiß: Hier stimmt etwas absolut nicht. Und auch die zunehmend schlechter werdende Laune und das Gefühl der Verunsicherung der Protagonisten wird so fast schon greifbar. Kurz wird Stockwell dann noch mal in den farbenfrohen Mode schalten. Doch dies auch nur dann, wenn die Protagonisten endlich mal wieder Licht am Ende des Tunnels sehen und sie meinen, die Strapazen vorerst überstanden zu haben. Mühelos switcht Stockwell hier zwischen Brasilien, das Paradies und Brasilien, die Vorhölle hin und her. Obendrein gibt es hier ein paar wundervolle Unterwasseraufnahmen, für die Stockwell in Blue Crush und Into the Blue ja ausgiebig üben durfte, was man jeder einzelnen dieser Szenen anmerkt. Der erste Tauchgang ist einfach wunderschön gefilmt und hat ein paar herrliche Aufnahmen unterirdischer Gesteinsformationen an Bord. Diese werden in dem spannenden Showdown noch einmal wichtig werden, werden dann aber konsequenterweise ganz anders gefilmt, denn im Showdown bricht die Hölle über unsere Touristen herein und da sind tiefschwarze Gesteine und verschlungene Unterwasserhöhlen eine mehr als passende optische Entsprechung für. Im Showdown schaltet Stockwell dann wie Roth in den pechschwarzen Düsterlook mit knalligen Farben an den rechten Stellen und ansonsten einem massiven Schwarzwert, der auch einiges an Details schluckt und so vor allem auch das blutige Treiben auf der Leinwand ein wenig entschärft.
Denn im Gegensatz zu Hostel - der Splatterorgie des Jahrhunderts, wenn man manchen Kritiken glauben darf - hat Turistas einiges an unschönen Szenen an Bord. Augen werden ausgestochen, Schädel werden von Schusseinwirkungen zerrissen, Finger fliegen durch die Gegend und auch Macheten dürfen bei einem Film mit Regenwaldsetting freilich nicht fehlen. Höhepunkt der blutigeren Einlagen ist dann eine recht ausführliche und unappetitliche Ausweidungsszene im Operationssaal des Organhändlerarztes. Alleine mit welcher Selbstverständlichkeit dieser auf einmal an sein Werk geht und dabei zynischerweise seinem Opfer seine Motive offen legt, während er es verbluten lässt, ist schlicht und ergreifend hochgradig schockierend in seiner Beiläufigkeit und dürfte eigentlich bei niemandem seine Wirkung verfehlen. Hier klingt dann auch ein weiterer Punkt an, der Hostel immer wieder zu Gute gehalten wird. Seine sozialkritischen Einschläge. Blöd nur, dass diese ebenso platt daherkommen, wie es der ganze Streifen ist. Und daher verhallen sie eben irgendwo weitestgehend absolut ungehört, bzw. gehen im Gekröse und Geschrei unter. Ich werde jetzt nicht behaupten, dass Turistas dahingehend eine echte Mission verfolgt und dem Zuschauer eine Botschaft ins Hirn hämmern will, mitnichten. Alles was ich behaupte, ist, dass die in der Operationsszene dargebotene Kapitalismuskritik weitaus mehr Durchschlagskraft hat, als alle Kinderbanden und abgestumpften Vollidioten in Eli Roths Hostel. Aber wie gesagt, einen echten erzieherischen/sozialkritischen Wert werde ich keinem der beiden Filme zuerkennen ...
Ein wichtiger Grund, warum diese Einlage um das Ausweidungsopfer so gut funktioniert, ist, dass einem in Turistas die Figuren bei Weitem nicht so egal sind, wie in Hostel. Zwar sieht es auch in Turistas bezüglich der Charakterzeichnung zappenduster aus und erfährt man beispielsweise vom Ausweidungsopfer nur Folgendes: Freundin der Schwester des Hauptcharakters, geile Moppen, fatales Arsch frisst Bikinihöschenproblem. Und dennoch ist dem Zuschauer ihr Schicksal nicht egal. Überhaupt nicht. Das gilt unisono für alle anderen Figuren, von denen einige aber einen deutlich ausgereifteren Background abbekommen haben. Keine Angst, eine reine Fressen, Ficken, Saufen Hackfressenparade wie in dem anderen Backpackerfilmchen muss man hier nicht befürchten. Einen großen Anteil daran haben die mehr als ordentlichen Darsteller. Allen voran Josh Duhamel als moralische Instanz Alex, der zunächst die undankbarste Rolle schultern muss, sich dann aber zum milden Actionman wandeln darf und dahingehend voll überzeugt. Quasi ein gutes Training für seinen nächsten Superhit: Transformers. Ansonsten ist er bisher nur aus der Serie Las Vegas bekannt. Als seine Schwester Bea überzeugt die talentierte und überaus hübsche Olivia Wilde, die mir bisher nur aus Alpha Dog ein Begriff ist, ihren Weg aber noch gehen wird und in Turistas einen schönen Konterpart zu dem besonnenen Bruder Alex darstellt. Als Love Interest von Alex dürfen wir der schönen Melissa George beim Wirken zuschauen. Zuletzt eher im TV vertreten, dank ausgiebiger Gastrolle in Alias Staffel 3, dürfte sie jedem Fan düsterer Horrorszenarien dank formidablem Nacktauftritt in Dark City ein Begriff sein (ich weiß, ich bin ein Proll ;-) ). Der Rest des Castes ist durch die Bank sehr ansehnlich geraten, wirkt ungemein sympathisch und stemmt seine jeweilige Aufgabe auf den Punkt und ohne viele Schnörkel.
Und damit möchte ich zum wichtigsten Punkt kommen. Der Spannung. Diese ist in Hostel NICHT existent, was freilich hauptsächlich an den wirklich miesen Pappkameraden im Film liegt, die jedwede Form des Involvements im Keim ersticken. Dank des mehr als sympathischen Castes und den durch die Bank weg charmanten Figuren sieht das bei Turistas wirklich ganz anders aus. Zu einem echten Nägelkauer gerät dahingehend dann der Unterwassershowdown, der seine Wucht nicht nur aus der Tatsache bezieht, dass die Helden gejagt werden, sondern auch durch die Tatsache, dass sowohl Helden als auch Verfolger mit einer beständigen Luftknappheit zu kämpfen haben, was die eine oder andere - durchaus auch hoch klaustrophobische - spannende Situation zur Folge hat. Gerade in diesen Abschnitten zeigt dann Paul Haslinger, dass er weiß, wie spannungsfördernde Musik auszusehen hat. Er entwirft im ganzen Film einige sehr nette Themen, die mit einigen verstörenden Elementen deutliche Anleihen bei dem aktuellen Terrorkino nehmen.
Das Ergebnis ist dann schlicht und ergreifend Hostel PLUS Spannung, sympathische Figuren, gute, interessante und vor allem sehr hübsche Darsteller, ein tolles Setting und einem wirklich spannenden Showdown. Man kann nur hoffen, dass Eli vor den Dreharbeiten zu Hostel II nicht nur seinen eigenen Streifen ausgiebig studiert hat. Bei Turistas könnte er sich einiges abschauen ...
Zu den Fassungen. In Deutschland ist "nur" die R-Rated Fassung von der Firma Universum auf einer technisch hervorragenden DVD im Steelcase mit coolem Hologrammcover erhältlich. Diese Fassung macht IMO einen angenehm runden Eindruck und schaut man sich die Deleted Scenes und den Schnittbericht an, kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass man lieber ein paar der Deleted Scenes im Film integriert gesehen hätte, anstelle der alternativen Einstellungen bei der zentralen Operation. Allerdings sollte ich hinzufügen, dass mich schon die diversen Unrated Fassungen bei Saw und Co. nicht die Bohne interessiert haben, da ich den Begriff Unrated als ähnliche Mogelpackung empfinde, wie die deutschen Extended Versionen von Filmen. Mit dieser Information im Rücken muss nun jeder selbst abschätzen, ob er die Unrated von 20th Century Fox aus Amerika braucht, oder ihm die "deutsche" Fassung reicht. Leihen für einen ersten Eindruck soll manchmal helfen ;-).
In diesem Sinne:
freeman
Originaltitel: Turistas
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: John Stockwell
Darsteller: Josh Duhamel, Melissa George, Olivia Wilde, Desmond Askew, Beau Garrett, Max Brown, Polly Brown, Raul Guterres, Andréa Leal u.a.
Eines vorweg: Ich bin kein Fan von Hostel! Ich wollte den Film eigentlich auch außen vor lassen, doch gerade bei Turistas funktioniert das NULL. Sollte dem geneigten Leser also mein Verriss zu Eli Roths Hostel schon nicht zugesagt haben, sollte er diesem Review hier lieber fern bleiben! Falls ihr euch dennoch zum Lesen durchringen solltet, kann ich euch schon jetzt sagen, dass ihr erneut Zeugen meines wahnhaften Hasses auf bestimmte Filme / Personen werdet. (Personen bezieht sich beispielsweise auf den Rush Hour Dilettanten ;-) ... gegen Eli hab ich nämlich nichts, finde seinen Cabin Fever sogar richtig cool!). Genug des Geplänkels ... Ihr seid gewarnt
Brasilien. Der Bus einer Reisegruppe mit Touristen aus aller Herren Länder slidet kunstvoll über eine alles andere als wegsame Straße. Spätestens als der Busfahrer beginnt, Motorradfahrer von der Straße zu drängen, wird der Reisegruppe mehr als mulmig und man verflucht die Idee, anstelle mit einem Flugzeug mit dem Bus unterwegs sein zu wollen. So könne man mehr von der Natur sehen ... hieß es. Diese verlockende Aussicht ist spätestens dann nichts mehr wert, als der Busfahrer drei plötzlich auftauchenden Fußgängern ausweichen muss und dabei nur knapp vor einem Abhang zum Stehen kommt. Eilig stürzen alle Insassen aus dem Bus, um kurz darauf fassungslos mit ansehen zu müssen, wie sich der Bus mit krachenden Geräuschen dem Punkt Normalnull annähert. Aus dem Wrack birgt man dann zumindest seine gesamten Habseligkeiten und hofft auf baldige Hilfe. Als davon die Rede ist, dass Selbige erst in knapp zehn Stunden vor Ort sein wird, brechen eine Handvoll Amerikaner und zwei Briten auf, um aus der Situation wenigstens noch das Beste zu machen. Und wirklich, sie finden das Paradies auf Erden. Eine wundervolle Lagune mit weißem Strand, blauem Wasser, willigen Frauen und äußerst zuvorkommenden Einwohnern in dem kleinen Dörfchen in der Nähe der Lagune.
Nach einer wild durchzechten Nacht erwachen unsere Touristen am nächsten Morgen und müssen feststellen, dass sie komplett ausgeraubt wurden! Plötzlich sind auch die Einwohner alles andere als nett. Es kommt sogar zu Übergriffen zwischen Einwohnern und Touristen! Die Situation beginnt sich mehr und mehr zuzuspitzen. Da taucht ein junger Kerl, namens Kiko, auf, den man den Abend zuvor kennen gelernt hatte, und der ihnen anbietet, sie in ein sicheres Haus unweit des Dörfchens zu verfrachten, wo sie auf Hilfe warten können. Die Gruppe ist über dieses Hilfsangebot sehr erfreut und folgt dem jungen Brasilianer ... und zwar direkt in den eigenen Untergang, denn Kiko führt die jungen Leute direkt zur Schlachtbank eines Arztes, der mit dem Organhandel sein täglich Brot verdient ...
So weit so Hostel ... junge Leute auf einem Urlaubstrip und beständig auf der Suche nach dem ultimativen Kick. Ein zufällig aufgetanes Paradies, nette Leute und plötzlich sich häufende, sehr seltsame Vorkommnisse und das Zusammentreffen mit vollkommen entmenschlichten Gestalten, gegen die man sich irgendwann zur Wehr setzen muss. Das ist in groben Zügen die Story von Hostel und auch von Turistas. Und diesen Vorwurf muss sich Turistas definitiv gefallen lassen, denn der Streifen ist nun mal handlungstechnisch fast 1:1 ein Wiedergänger des Eli Roth Backpackerunsinns. Doch Turistas weiß im Gegensatz zu Hostel dank einiger echter Pluspunkte absolut zu überzeugen.
Beginnen wir mit dem Setting. Ostblocklook, abgerissene Hinterhöfe und Ostblockhackfressen in Hostel gegen wundervolle Naturpanoramen, den Regenwald Brasiliens und exotisch schöne "Eingeborene". Wer wie ich dank diverser Steven Seagal Kracher die Nase mehr als nur voll von dem Ostblockchic hat, der dürfte wissen, zu wessen Gunsten diese Kommpetition ausfallen wird. Natürlich gewinnt Turistas. Denn was John Stockwell hier mit seinem Produktionsteam teils für herrlich unberührte Fleckchen Erde aufgetan hat, macht einfach nur Staunen und lässt im Zuschauer extremes Fernweh ausbrechen. Und diese tollen Locations werden von John Stockwell auch optisch absolut gelungen eingefangen.
Und somit sind wir bei dem Punkt Optik. Eli Roths Streifen war rau, roh, ungeschliffen, erstickte aber geradezu in oben erwähnten Ostblockmief und konnte auch innerhalb des Horrorgenres keinerlei Duftmarke hinterlassen. Dagegen nun John Stockwell. Er schafft es, über die Optik des Filmes die Befindlichkeiten seiner Protagonisten spürbar zu machen. Zunächst ist alles sonnendurchflutet. Der Urlaub rockt, das Leben ist schön, die Frauen wollen nur das Eine und der Alkohol strömt in Mengen (wer sich die Deleted Scenes zu Gemüte führt, wird im Übrigen feststellen, dass ALLE Szenen mit Drogenmissbrauch komplett gestrichen wurden!). Die Farben von Turistas sind hier knallig, satt, strahlend und Stockwell erschafft einige Postkartenmotive scheinbar unberührter Natur für die große Leinwand. Doch dann bricht das Chaos über die Helden herein. Alles scheint sich gegen sie verschworen zu haben. Stockwell entzieht dem Film nun massiv seine Farbigkeit. Wird fast sogar ein wenig grobkörnig, was das Filmmaterial angeht. Es setzt vor allem Shoots bei strömenden Regen und der Zuschauer weiß: Hier stimmt etwas absolut nicht. Und auch die zunehmend schlechter werdende Laune und das Gefühl der Verunsicherung der Protagonisten wird so fast schon greifbar. Kurz wird Stockwell dann noch mal in den farbenfrohen Mode schalten. Doch dies auch nur dann, wenn die Protagonisten endlich mal wieder Licht am Ende des Tunnels sehen und sie meinen, die Strapazen vorerst überstanden zu haben. Mühelos switcht Stockwell hier zwischen Brasilien, das Paradies und Brasilien, die Vorhölle hin und her. Obendrein gibt es hier ein paar wundervolle Unterwasseraufnahmen, für die Stockwell in Blue Crush und Into the Blue ja ausgiebig üben durfte, was man jeder einzelnen dieser Szenen anmerkt. Der erste Tauchgang ist einfach wunderschön gefilmt und hat ein paar herrliche Aufnahmen unterirdischer Gesteinsformationen an Bord. Diese werden in dem spannenden Showdown noch einmal wichtig werden, werden dann aber konsequenterweise ganz anders gefilmt, denn im Showdown bricht die Hölle über unsere Touristen herein und da sind tiefschwarze Gesteine und verschlungene Unterwasserhöhlen eine mehr als passende optische Entsprechung für. Im Showdown schaltet Stockwell dann wie Roth in den pechschwarzen Düsterlook mit knalligen Farben an den rechten Stellen und ansonsten einem massiven Schwarzwert, der auch einiges an Details schluckt und so vor allem auch das blutige Treiben auf der Leinwand ein wenig entschärft.
Denn im Gegensatz zu Hostel - der Splatterorgie des Jahrhunderts, wenn man manchen Kritiken glauben darf - hat Turistas einiges an unschönen Szenen an Bord. Augen werden ausgestochen, Schädel werden von Schusseinwirkungen zerrissen, Finger fliegen durch die Gegend und auch Macheten dürfen bei einem Film mit Regenwaldsetting freilich nicht fehlen. Höhepunkt der blutigeren Einlagen ist dann eine recht ausführliche und unappetitliche Ausweidungsszene im Operationssaal des Organhändlerarztes. Alleine mit welcher Selbstverständlichkeit dieser auf einmal an sein Werk geht und dabei zynischerweise seinem Opfer seine Motive offen legt, während er es verbluten lässt, ist schlicht und ergreifend hochgradig schockierend in seiner Beiläufigkeit und dürfte eigentlich bei niemandem seine Wirkung verfehlen. Hier klingt dann auch ein weiterer Punkt an, der Hostel immer wieder zu Gute gehalten wird. Seine sozialkritischen Einschläge. Blöd nur, dass diese ebenso platt daherkommen, wie es der ganze Streifen ist. Und daher verhallen sie eben irgendwo weitestgehend absolut ungehört, bzw. gehen im Gekröse und Geschrei unter. Ich werde jetzt nicht behaupten, dass Turistas dahingehend eine echte Mission verfolgt und dem Zuschauer eine Botschaft ins Hirn hämmern will, mitnichten. Alles was ich behaupte, ist, dass die in der Operationsszene dargebotene Kapitalismuskritik weitaus mehr Durchschlagskraft hat, als alle Kinderbanden und abgestumpften Vollidioten in Eli Roths Hostel. Aber wie gesagt, einen echten erzieherischen/sozialkritischen Wert werde ich keinem der beiden Filme zuerkennen ...
Ein wichtiger Grund, warum diese Einlage um das Ausweidungsopfer so gut funktioniert, ist, dass einem in Turistas die Figuren bei Weitem nicht so egal sind, wie in Hostel. Zwar sieht es auch in Turistas bezüglich der Charakterzeichnung zappenduster aus und erfährt man beispielsweise vom Ausweidungsopfer nur Folgendes: Freundin der Schwester des Hauptcharakters, geile Moppen, fatales Arsch frisst Bikinihöschenproblem. Und dennoch ist dem Zuschauer ihr Schicksal nicht egal. Überhaupt nicht. Das gilt unisono für alle anderen Figuren, von denen einige aber einen deutlich ausgereifteren Background abbekommen haben. Keine Angst, eine reine Fressen, Ficken, Saufen Hackfressenparade wie in dem anderen Backpackerfilmchen muss man hier nicht befürchten. Einen großen Anteil daran haben die mehr als ordentlichen Darsteller. Allen voran Josh Duhamel als moralische Instanz Alex, der zunächst die undankbarste Rolle schultern muss, sich dann aber zum milden Actionman wandeln darf und dahingehend voll überzeugt. Quasi ein gutes Training für seinen nächsten Superhit: Transformers. Ansonsten ist er bisher nur aus der Serie Las Vegas bekannt. Als seine Schwester Bea überzeugt die talentierte und überaus hübsche Olivia Wilde, die mir bisher nur aus Alpha Dog ein Begriff ist, ihren Weg aber noch gehen wird und in Turistas einen schönen Konterpart zu dem besonnenen Bruder Alex darstellt. Als Love Interest von Alex dürfen wir der schönen Melissa George beim Wirken zuschauen. Zuletzt eher im TV vertreten, dank ausgiebiger Gastrolle in Alias Staffel 3, dürfte sie jedem Fan düsterer Horrorszenarien dank formidablem Nacktauftritt in Dark City ein Begriff sein (ich weiß, ich bin ein Proll ;-) ). Der Rest des Castes ist durch die Bank sehr ansehnlich geraten, wirkt ungemein sympathisch und stemmt seine jeweilige Aufgabe auf den Punkt und ohne viele Schnörkel.
Und damit möchte ich zum wichtigsten Punkt kommen. Der Spannung. Diese ist in Hostel NICHT existent, was freilich hauptsächlich an den wirklich miesen Pappkameraden im Film liegt, die jedwede Form des Involvements im Keim ersticken. Dank des mehr als sympathischen Castes und den durch die Bank weg charmanten Figuren sieht das bei Turistas wirklich ganz anders aus. Zu einem echten Nägelkauer gerät dahingehend dann der Unterwassershowdown, der seine Wucht nicht nur aus der Tatsache bezieht, dass die Helden gejagt werden, sondern auch durch die Tatsache, dass sowohl Helden als auch Verfolger mit einer beständigen Luftknappheit zu kämpfen haben, was die eine oder andere - durchaus auch hoch klaustrophobische - spannende Situation zur Folge hat. Gerade in diesen Abschnitten zeigt dann Paul Haslinger, dass er weiß, wie spannungsfördernde Musik auszusehen hat. Er entwirft im ganzen Film einige sehr nette Themen, die mit einigen verstörenden Elementen deutliche Anleihen bei dem aktuellen Terrorkino nehmen.
Das Ergebnis ist dann schlicht und ergreifend Hostel PLUS Spannung, sympathische Figuren, gute, interessante und vor allem sehr hübsche Darsteller, ein tolles Setting und einem wirklich spannenden Showdown. Man kann nur hoffen, dass Eli vor den Dreharbeiten zu Hostel II nicht nur seinen eigenen Streifen ausgiebig studiert hat. Bei Turistas könnte er sich einiges abschauen ...
Zu den Fassungen. In Deutschland ist "nur" die R-Rated Fassung von der Firma Universum auf einer technisch hervorragenden DVD im Steelcase mit coolem Hologrammcover erhältlich. Diese Fassung macht IMO einen angenehm runden Eindruck und schaut man sich die Deleted Scenes und den Schnittbericht an, kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass man lieber ein paar der Deleted Scenes im Film integriert gesehen hätte, anstelle der alternativen Einstellungen bei der zentralen Operation. Allerdings sollte ich hinzufügen, dass mich schon die diversen Unrated Fassungen bei Saw und Co. nicht die Bohne interessiert haben, da ich den Begriff Unrated als ähnliche Mogelpackung empfinde, wie die deutschen Extended Versionen von Filmen. Mit dieser Information im Rücken muss nun jeder selbst abschätzen, ob er die Unrated von 20th Century Fox aus Amerika braucht, oder ihm die "deutsche" Fassung reicht. Leihen für einen ersten Eindruck soll manchmal helfen ;-).
In diesem Sinne:
freeman