*klopf, klopf* Wer ist da? So beginnen immer mal wieder dämliche Gags in Filmen, bei denen man sich immer wieder aufs neue fragt, was daran irgendwie witzig sein soll und ob man Leute, die diese Art Witze gut finden, wirklich zum Freund haben würde wollen. Im Fall von The Strangers folgt auf diesen Einstieg eher eine Tour de Force des Grauens, bei der man zwar hin und wieder auch aufgrund unfreiwillig humorigen Momenten kichern muss, weitestgehend aber doch mehr mit der hausgemachten Gänsehaut beschäftigt ist.
Um was geht es? Es kriselt im Beziehungsgefüge eines jungen Pärchens. Er hat ihr einen Antrag gemacht, den sie ablehnen musste, da sie sich noch nicht bereit fühlte für eine Ehe. Dementsprechend gedrückt ist die Stimmung, als er zum Zigarettenholen losfährt und sie allein zurückbleibt. Doch sie hat kaum Möglichkeit ihren düsteren Gedanken nachzuhängen, als es nämlich auch schon an ihrer Tür klopft und sie sich fortan mit drei Maskierten konfrontiert sieht, die offensichtlich zu allem bereit zu sein scheinen ...
Es beginnt das große Rennen, Retten, Flüchten und Schreien und vor dem Auge des Zuschauers entfaltet sich ein Streifen, der doch recht recht offensichtlich an den gelungenen französischen Thriller Them angelehnt ist. Dieser vermochte aus der gleichen, sehr reduzierten Grundsituation Großes zu machen und fand immer wieder Wege, um den Zuschauer aufs Neue zu verstören bzw. dessen Adrenalinpegel hoch zu halten. Auch in The Strangers gelingt es vor allem zu Beginn, den Angriff auf das traute Heim, das Refugium unserer Privatsphäre, mit allen bedrohlichen Insignien zu versehen und jedem Zuschauer einen wohligen Schauer über den Rücken zu jagen. Denn seien wir ehrlich: Was ist gruseliger, als stetes Klopfen an die heimische Wohnungstür durch uns unbekannte Personen? Was eine größere Horrorvorstellung, als Maskierte, die zum Fenster hereinstarren und was könnte schlimmer sein, als das Fremde in unseren eigenen vier Wänden ein- und ausgehen, wie es ihnen gerade beliebt?
Und genau in diesen Momenten ist The Strangers allerfeinstes Horrorfutter und mundet gar köstlich. Leider tritt Regisseur Bryan Bertino irgendwann ziemlich auf der Stelle und wiederholt die einzelnen Schockeffekte bis zum Erbrechen. Wo das französische Vorbild irgendwann recht wirkungsvoll den Schauplatz wechselte und damit etwas Abwewchslung ins bedrohliche Treiben bringen konnte, verharrt The Strangers weitgehend am gleichen Ort (einmal geht’s in den angrenzenden Garten), weshalb irgendwann die Ideen auszugehen scheinen, wie man den Zuschauer nun noch packen könnte. Und so taucht dann selbst in den letzten 20 Minuten immer noch ein Maskierter bedrohlich hinter einer Hauptfigur auf, ohne irgendetwas zu unternehmen oder anzugreifen. Vermutlich einfach aus dem Grund heraus, dass sich dieser Effekt in den ersten 45 Minuten schon so blendend bewährt hat. So schafft es der Film vor allem gegen Ende nicht mehr, genauso eindrücklich mitzureißen wie noch in der ersten Filmhälfte, da man wirklich alles bereits in x-facher Wiederholung vorgesetzt bekommen hat.
Spätestens hier wurde mir als Kenner des kleinen aber feinen französischen Streifens Them noch offensichtlicher, warum der von mir einst beklagte Schauplatzwechsel in den Wald wirklich dringend geschehen musste. Einfach weil in dem Waldabschnitt und der sich anschließenden Tunnelsystemszenerie ganz andere Möglichkeiten zum Schocken und Verstören des Zuschauers da waren. Diese hat es nun in The Strangers nicht und so bleibt die Erkenntnis, dass es den Amis mit einer Quasieneuauflage eines Filmes wirklich einmal gelungen ist, das Original noch einmal deutlich aufzuwerten! Da hat es doch direkt einen echten Sinn. ;-)
Die einzig logische Konsequenz aus meinen bisherigen Ausführungen ist, dass The Strangers mit zunehemender Laufzeit mehr und mehr an Zugkraft und Stringenz verliert. Obendrein muss er vermehrt zu teils haarsträubend schlecht konstruierten Szenen greifen (genannt sei der witzlose und grauenerregend vorhersehbare Auftritt des Kumpels Mike) und vermehrt reißen diverse Logiklöcher auf, die es nun nicht gebraucht hätte (Warum agieren die Maskierten nie im Verbund? Wo sind die beiden anderen Mitstreiter hin, wenn der keuchende Maskierte zur Hetzjagd bläßt? N’ Burger futtern, oder was? Obendrein war die Omnipräsenz der Maskierten auch recht seltsam ... immerhin tauchten sie immer zur rechten Zeit an genau dem Ort auf, wo gerade etwas geschah. Hatten wohl den beiden Helden nen GPS Sender oder so angehängt ...).
Zudem fällt mit zunehmender Laufzeit auch auf, dass Scott Speedman und vor allem Liv Tyler mit ihren Rollen teils ziemlich überfordert sind. Insbesondere Liv Tylers Repertoire ist irgendwann zur Hälfte der Laufzeit komplett ausgereizt und viele ihrer folgenden Auftritte geraten nur noch nervig oder unfreiwillig komisch. Dabei leistet dann die deutsche Synchronisation noch peinliche Schützenhilfe, denn mieseres Angstgeschrei als das von Frau Tyler hat man wirklich noch nirgends gehört. Erheiterung anstelle von Schock waren die Folge in meinem gut besuchten Kinosaal.
Was gefiel, war, dass die Angreifer - wie weitgehend auch in Them - gesichtslos blieben und dass ihr Motiv letztlich genauso schockierend nichtig war. Auch die Inszenierung selbst wusste durchaus zu gefallen. Die unmittelbare, sehr nervöse Kamera zog ins Geschehen hinein, die ungewöhnliche Filmmusik war gewöhnungsbedürftig, aber gut und das Sounddeppartement leistete eine herkulische Arbeit, denn viele Schocks in The Strangers kommen einzig und allein von der Tonspur und dass teils wirklich mächtig gewaltig. Gewalt spielt dagegen keine große Rolle in The Strangers, weshalb die erstaunlich hohe Altersfreigabe nur über die recht interessante und beklemmende Grundstimmung des Filmes erklärt werden kann, und dass eben ein Happy End ziemlich konsequentz ausgeklammert wird.
Was bleibt ist eine Quasieneuauflage eines wirklich gelungenen französischen Horrorfilmes, die die Stärken des Vorbildes vor allem zu Beginn sehr eindrücklich zu übernehmen versteht, mit zunehmender Laufzeit (und damit beim vermehrten Abweichen vom indirekten Original) aber eine Vielzahl an Mankos und einen deutlichen Spannungseinbruch zu verzeichnen hat. Obendrein wussten die Hauptdarsteller über weite Strecken absolut nicht zu begeistern und fragte man sich irgendwann schon, welche Gemütszustände Frau Tyler noch alles darüber zum Ausdruck bringen wollte, dass sie sich in den unpassendsten Momenten auf den Boden hockte und vor sich hinflennte. Dennoch konnte man bei der Grundidee gar nicht so viel verkehrt machen und so bleiben auch solide:
(Copyright der Bilder: Kinowelt)
In diesem Sinne:
freeman